Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen durch den Verkauf unbebauter Grundstücke nach vorausgegangener Parzellierung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden.

 

Normenkette

EStG § 15 Nr. 1; GewStG § 2; GewStDV § 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war durch Erbfolge Eigentümerin eines unbebauten (früher landwirtschaftlichen) Grundstücks geworden, das eine Größe von 7 827 qm hatte. Sie beauftragte im Jahre 1965 einen Makler, für das Grundstück einen Aufteilungsplan zu fertigen. Danach ergaben sich acht Bauplätze, Straßengrund zu 918 qm und ein Abrundungsstreifen zu 58 qm. Der Antrag auf Genehmigung des Aufteilungsplanes wurde am 16. August 1965 dem Baureferat der Stadt vorgelegt. Die Klägerin trug die Kosten des Bewilligungsbescheides und der Vermessung. Der Plananfertiger beanspruchte kein Honorar, weil er von der Klägerin mit der Verkaufsvermittlung der Grundstücke betraut worden war.

Im Streitjahr 1966 veräußerte die Klägerin drei Bauplätze und den Abrundungsstreifen an vier verschiedene Personen. Auf einem weiteren Bauplatz errichtete die Klägerin 1966/1967 ein Zweifamilienhaus, in dem sie selbst eine Wohnung bezog. Die restlichen Bauplätze befanden sich zur Zeit der Entscheidung durch das FG am 9. August 1971 noch im Eigentum der Klägerin.

Im Anschluß an eine Steuerfahndungsprüfung beurteilte der Beklagte und Revisionskläger (das FA) die Grundstücksverkäufe als Gewerbebetrieb der Klägerin und ermittelte den darauf entfallenden Gewinn mit 38 213 DM. Durch endgültigen Steuerbescheid setzte das FA die Einkommensteuer aus einem zu versteuernden Einkommensbetrag von 39 121 DM auf 8 604 DM fest.

Nach vorausgegangenem Einspruch, der keinen Erfolg hatte, erhob die Klägerin Klage. Das FG gab der Klage statt und setzte die Einkommensteuer 1966 auf 0 DM herab. Das FG führte zur Begründung aus: Ein Gewerbebetrieb liege nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das FG anschließe, so lange nicht vor, als die im Verfolg der Grundstücksverkäufe entfaltete Tätigkeit auf diejenigen Maßnahmen beschränkt bleibe, die für einen reinen Verkauf der Grundstücke erforderlich seien und zu denen auch die technisch bedingte Parzellierung der zum Verkauf bereitgestellten Grundstücke rechne. Der Rahmen der danach steuerunschädlichen Maßnahmen werde überschritten, wenn der Eigentümer durch zusätzliche Handlungen, etwa durch den Beginn der Baureifmachung des zum Verkauf bereitgestellten Geländes, die Voraussetzungen für die Erzielung besonderer Gewinne schaffe (BFH-Urteile vom 5. Dezember 1968 IV R 164/68, BFHE 94, 457, BStBl II 1969, 236, und vom 22. Oktober 1969 I R 61/68, BFHE 97, 120, BStBl II 1970, 61). Danach liege im Streitfall keine gewerbliche Betätigung der Klägerin vor. Es fehle an einer nachhaltigen Betätigung, die sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstelle.

Mit seiner Revision rügt das FA, das FG habe unter Verstoß gegen allgemeine Auslegungsgrundsätze den für den Bereich der Einkommensteuer maßgeblichen Begriff des Gewerbebetriebs (§ 15 EStG, § 1 GewStDV; § 1 Abs. 3 StAnpG) verkannt. Ferner wird ungenügende Sachaufklärung gerügt. Diese liege darin, daß das FG auf die Einvernahme des seinerzeit mit der Veräußerung der Parzellen beauftragten Maklers verzichtet habe. Es sei nicht auszuschließen, daß durch dessen Aussage das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht bei der Klägerin hätte aufgeklärt werden können.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einspruchsentscheidung sowie den ihr zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheid 1966 wieder herzustellen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Nach Auffassung der Klägerin ist das Urteil des FG frei von Fehlern.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Ein gewerbliches Unternehmen (§ 15 Nr. 1 EStG) liegt nur vor, wenn im Einzelfall der Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschritten wird. Zur Begründung verweist der Senat im einzelnen auf sein Urteil vom 17. Januar 1973 I R 191/72 (BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260). Ob eine Tätigkeit den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschreitet und unter den in § 1 GewStDV genannten Voraussetzungen gewerblichen Charakter annimmt, entscheidet sich nach den Umständen des einzelnen Falles.

2. Der BFH hat sich wiederholt mit der Frage befaßt, unter welchen Voraussetzungen der Verkauf unbebauter Grundstücke, die vorher zu einem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen oder zu privatem Grundvermögen gehörten, eine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Danach sind private Grundstücksverkäufe, auch wenn sie in größerer Zahl getätigt werden, als solche noch keine gewerbliche Betätigung. Sie liegen dann noch im Bereich privater Vermögensverwaltung, wenn sich die vom Veräußerer entfaltete Tätigkeit auf die für den bloßen Verkauf erforderlichen Handlungen beschränkt, zu denen auch die nur technisch bedingte Parzellierung der Flächen zu rechnen ist. Andererseits liegt eine gewerbliche Tätigkeit nicht erst dann vor, wenn der Verkäufer die planmäßige Aufschließung des Geländes selbst durchführt oder durch Dritte bewirken läßt, sondern schon dann, wenn er maßgeblich bei der Vorbereitung (Planung) der künftigen Erschließung mitwirkt oder auf die Erschließung und künftige Bebauung durch entsprechende Anträge, Anfertigung von Entwürfen usw. bei der Gemeinde Einfluß nimmt und dadurch auch die Aufstellung eines Bebauungsplans durch die Gemeinde herbeiführt. Eine solche zusätzliche Tätigkeit zum Zwecke der Erschließung und Bebauung des Geländes kann darin liegen, daß die Parzellenkäufer vertraglich verpflichtet werden, die Erschließungskosten über ihre gesetzlichen Beitragskosten hinaus zu tragen oder die Architektenaufträge ausschließlich den Personen zu erteilen, die auch im Interesse des Verkäufers den Parzellierungsund Bebauungsplan angefertigt haben. Grundstücksverkäufe sind auch gewerblich, wenn sich der Eigentümer eines für Verkaufszwecke parzellierten Baugeländes gegenüber der Gemeinde verpflichtet, die Erschließung der Fläche vorzunehmen und die Erschließungskosten im wesentlichen selbst zu tragen, und zwar selbst dann, wenn der Verkäufer die Kosten auf die Käufer überwälzt.

Diese Grundsätze ergeben sich aus den BFH-Urteilen IV R 164/68, vom 13. März 1969 IV 132/68 (BFHE 95, 488, BStBl II 1969, 483), I R 61/68, und vom 14. November 1972 VIII R 71/72 (BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239). Die Entscheidungen lassen die Absicht der Rechtsprechung erkennen, im Gegensatz zu den älteren BFH-Urteilen (vom 26. Januar 1961 IV 138/58, HFR 1961, 219; vom 28. September 1961 IV 5/59 U, BFHE 74, 80, BStBl III 1962, 32, und vom 20. Dezember 1963 VI 313/62 U, BFHE 78, 352, BStBl III 1964, 137) die bloße Parzellierung und Veräußerung von Baugrundstücken ohne Rücksicht auf die Zahl der Verkäufe grundsätzlich nicht mehr als gewerbliche Grundstücksgeschäfte zu behandeln, sondern nur noch die Verkäufe, bei denen der Eigentümer zum Zwecke des Verkaufs die Grundfläche selbst als Bauland erschlossen oder zumindest bei der Erschließung aktiv mitgewirkt hat. Denn erst dadurch hat der Verkäufer eine Tätigkeit entfaltet, die über die Verwaltung und Nutzung des Vermögens, wozu auch die Veräußerung einzelner Vermögensteile oder des ganzen Vermögens in Teilen gehört, hinausgeht (vgl. hierzu auch das zu einem Sonderfall ergangene BFH-Urteil vom 17. Dezember 1970 IV R 286/66 (BFHE 101, 520, BStBl II 1971, 456). Der IV. Senat des BFH hat in der nicht zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidung vom 5. Oktober 1972 IV R 77/69 diese Grundsätze nochmals herausgestellt und deutlich gemacht, daß es keinen Unterschied mache, ob die Grundstücke vorher zu einem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen oder zu privatem Grundvermögen gehört haben.

3. Die Ansicht der Vorinstanz, im Streitfall sei die Klägerin nicht gewerblich tätig geworden, ist schon aufgrund des von der Vorinstanz festgestellten, vom FA nicht angegriffenen und daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO für das Revisionsgericht bindenden Sachverhalts nicht zu beanstanden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin mit Gewinnabsicht und nachhaltig gehandelt und sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat. Denn diese Merkmale können, wie der Senat im Urteil I R 191/72 im einzelnen dargelegt hat, auch bei privater Vermögensverwaltung vorliegen. Die Parzellierung von Grundbesitz durch die Klägerin und der spätere Verkauf von Grundflächen hält sich noch im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Die Feststellung des FG, der am 16. August 1965 gestellte Antrag auf Genehmigung des Aufteilungsplans sei allein auf die Parzellierung des Grundstücks gerichtet gewesen, ist nicht zu beanstanden. Sie stimmt mit den Vorschriften des Bundesbaugesetzes (BBauG) vom 23. Juni 1960 überein. Danach bedarf die Teilung eines Grundstücks der behördlichen Genehmigung (§ 19 BBauG). Daß die Klägerin über die Parzellierung und den Verkauf von Grundstücken hinaus auch an der Erschließung von Bauland aktiv mitgewirkt hat, hat das FG nicht festgestellt. Im Gegensatz zur bloßen Parzellierung eines Grundstücks umfaßt die Erschließung diejenigen Maßnahmen, welche die bauliche oder gewerbliche Nutzung durch Herstellung der für die Allgemeinheit bestimmten Verkehrs- und sonstigen Anlagen ermöglichen (Heitzer/Oestreicher, Bundesbaugesetz, 4. Aufl., Anm. 1 zu § 123). Das FA hat die Feststellungen des FG, soweit sie den Umfang der von der Klägerin getätigten Handlungen betreffen, nicht gerügt.

Die vom FA erhobene Rüge, das FG habe die Einvernahme des von der Klägerin beauftragten Maklers zu Unrecht unterlassen, ist nicht begründet. Denn die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin, zu der sich der benannte Zeuge hätte äußern sollen, würde der Annahme nicht entgegenstehen, daß sich die Tätigkeit der Klägerin im Rahmen privater Vermögensverwaltung gehalten hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70499

BStBl II 1973, 642

BFHE 1973, 308

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