Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbringung von Grundstücken in eine personenidentische GbR kein Anschaffungsvorgang; Schuldzinsen als Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bringen Bruchteilseigentümer Grundstücke zu unveränderten Anteilen in eine personenidentische Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Vermietungseinkünften ein, liegt steuerrechtlich kein Anschaffungsvorgang vor, weil die Gesellschafter gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 weiterhin im bisherigen Umfang als Bruchteilseigentümer der Grundstücke anzusehen sind.

2. Schuldzinsen sind als Werbungskosten abziehbar, wenn sie für ein Darlehen gezahlt worden sind, das tatsächlich zum Erzielen von Einkünften verwendet worden ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2; EStG §§ 9, 21

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (Entscheidung vom 18.09.2001; Aktenzeichen 1 K 4061/99; EFG 2002, 12)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine mit Vertrag vom 31. Oktober des Streitjahres (1997) gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, an der die Eheleute B je zur Hälfte beteiligt sind. Der Gesellschaftsvertrag bestimmte u.a., dass zwei den Gesellschaftern zu je 1/2 Miteigentum gehörende Grundstücke in die Gesellschaft zur gesamten Hand eingebracht werden, die die Klägerin gewinnbringend verwalten und vermieten sollte; weiter ist in dem Vertrag festgelegt, dass die auf den eingebrachten Grundstücken lastenden Grundschulden bzw. Hypotheken mit dem Nominalwert von der Klägerin übernommen werden.

Bei den Grundstücken handelte es sich um ein Einfamilienhaus in X mit einem ―von der Klägerin geschätzten― Verkehrswert von 640 000 DM, das die Eheleute B im Jahre 1973 entgeltlich erworben hatten. Das Grundstück war bis einschließlich 1995 (s. dazu noch unten) schuldenfrei; es wurde bis zum 31. Oktober des Streitjahres von den Eheleuten B selbstgenutzt und ist ab dem 1. November des Streitjahres fremdvermietet. Das andere in die Klägerin eingebrachte Grundstück war ein fremdvermietetes Einfamilienhaus in Y mit einem ―von der Klägerin geschätzten― Verkehrswert von 485 000 DM.

Darüber hinaus hatten die Eheleute B im Jahre 1995 in Z noch ein weiteres Einfamilienhausgrundstück erworben und zu einem Zweifamilienhaus umgebaut; in diesem nutzen sie seit der Bezugsfertigkeit (1. November des Streitjahres) eine Wohnung selbst und überlassen die andere unentgeltlich an Angehörige. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Zweifamilienhausgrundstücks in Z finanzierten die Eheleute B durch die gemeinsame Aufnahme von Darlehen u.a. bei der Sparkasse A; für diese wurden als zusätzliche Sicherheiten auch Grundschulden auf den Grundstücken in X und Y eingetragen.

Die Klägerin ging davon aus, dass sie für die Einbringung des Grundstücks in X die zuvor genannten Darlehen der Sparkasse A (entsprechend dem geschätzten Grundstücksverkehrswert) bis zur Höhe von insgesamt 640 000 DM als Gegenleistung übernommen habe, sah hierin einen Anschaffungsvorgang und machte die darauf entfallenden Schuldzinsen sowie die Absetzung für Abnutzung (AfA) von einer entsprechend erhöhten Bemessungsgrundlage (Gebäuderestwert 63 800 DM zuzüglich 384 000 DM Gebäudeanteil Schuldübernahme) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Entsprechend berücksichtigte die Klägerin auch bei dem Grundstück in Y als Gegenleistung für die Einbringung u.a. eines der oben genannten Darlehen der Sparkasse A und begehrte den Werbungskostenabzug für die daraus resultierenden Schuldzinsen sowie die Gebäude-AfA von einer (um die Schuldübernahme erhöhten) Bemessungsgrundlage von insgesamt 374 840 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) sah in der Schuldübernahme keinen Anschaffungsvorgang und ließ im Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung für 1997 (vom 12. April 1999) weder die höheren AfA-Beträge noch die Schuldzinsen zum Abzug zu.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 12 veröffentlichten Urteil ab.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Streitjahres statt positiver Einkünfte von 6 616 DM einen Werbungskostenüberschuss festzustellen mit der Maßgabe, dass sich die Absetzung für Abnutzung und die Schuldzinsen an den sich aus den in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) überreichten Wertgutachten ergebenden geringeren Verkehrswerten (Grundstück in X statt bisher geschätzter 640 000 DM nunmehr 510 000 DM; Grundstück in Y statt bisher geschätzter 485 000 DM nunmehr 376 000 DM) orientieren solle.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

1. Das FG hat zu Recht (stillschweigend) die Klage der Klägerin als zulässig angesehen und damit deren Beteiligtenfähigkeit (§ 57 FGO) und Klagebefugnis (§ 48 FGO) bejaht.

a) Eine GbR ist im Steuerprozess beteiligtenfähig. Dies hat der Senat unter Aufgabe der früheren anderslautenden Rechtsprechung mit seinem Urteil vom 18. Mai 2004 IX R 83/00 (BFH/NV 2004, 1323) entschieden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe dieser Entscheidung.

b) Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO (i.d.F. des Grenzpendlergesetzes vom 24. Juni 1994, BGBl I 1994, 1395 ―§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO n.F.―); danach können für sie gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen "zur Vertretung berufene Geschäftsführer" Klage erheben. Hierbei kommt es ―entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift― nicht darauf an, ob die Gesellschafter einer GbR nur einzeln oder ―wie im Streitfall― gemeinschaftlich vertretungsberechtigt sind (ebenso z.B. FG Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2001 2 K 762/00, EFG 2002, 157, rkr.; Steinhauff in Hübschmann/ Hepp/Spitaler ―HHSp―, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 48 FGO Rz. 70; Birkenfeld in HHSp, § 352 AO Rz. 69; Szymczak in Koch/Scholtz, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 352 Rz. 10; von Beckerath in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 48 FGO Rz. 77.3; Dumke, in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, § 48 Rz. 10; Dißars/Dißars, Betriebs-Berater 1996, 773 f.; a.A. z.B. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 48 Rz. 28; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 48 FGO Rz. 12; Kühn/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., § 352 AO n.F. Anm. 3; Siegert, Deutsche Steuer-Zeitung 1995, 25, 27; Eberhart, Das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren, 1996, S. 105). Die Klagebefugnis ergibt sich nur dann aus § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO n.F., wenn die GbR eine sog. Publikumsgesellschaft ist (s. dazu BFH-Beschluss vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994, 996), was im Streitfall jedoch nicht zutrifft.

2. Das FG hat zutreffend die von der Klägerin (über den vom FA bereits anerkannten Betrag hinaus) geltend gemachte AfA und die Schuldzinsen unberücksichtigt gelassen.

a) Zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) abziehbaren Werbungskosten gehört gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG auch die AfA für das Gebäude. Bemessungsgrundlage sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 4 und 5 EStG). Welche Aufwendungen hierzu zählen, ist für die Gewinn- und Überschusseinkünfte ―und damit auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung― unter Rückgriff auf § 255 des Handelsgesetzbuches zu bestimmen (z.B. BFH-Urteil vom 25. Februar 2003 IX R 31/02, BFH/NV 2003, 775, m.w.N.). Danach sind Anschaffungskosten u.a. alle Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen.

b) In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob der ―soweit ersichtlich nicht notariell beurkundete― Gesellschaftsvertrag über die Gründung der Klägerin formgerecht war und sie überhaupt ―zivilrechtlich wirksam― Eigentümerin der Grundstücke geworden ist. Selbst wenn man davon ausgeht, ist steuerrechtlich kein Wechsel des Rechtsträgers erfolgt, weil die (Eheleute B als) Gesellschafter der Klägerin (weiterhin) als Bruchteilseigentümer der Grundstücke anzusehen sind. Dies ergibt sich aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Nach dieser Vorschrift werden Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Im Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 wird damit steuerrechtlich die Gesamthandsgemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft angesehen (z.B. BFH-Urteile vom 11. März 1992 II R 157/87, BFHE 167, 174, BStBl II 1992, 543; vom 13. Juli 1999 VIII R 72/98, BFHE 190, 87, BStBl II 1999, 820; Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 39 AO Tz. 86; Schmieszek in Beermann, a.a.O., § 39 AO Rz. 43).

c) Im Streitfall ist § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 anzuwenden. Die getrennte Zurechnung ist im Sinne dieser Vorschrift für die Besteuerung erforderlich, wenn eine Gesamthandsgemeinschaft nicht selbst Schuldnerin der Steuer ist, aber den Besteuerungstatbestand erfüllt (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 4. Oktober 1990 X R 148/88, BFHE 162, 304, BStBl II 1992, 211, unter 2. b, zu § 23 EStG a.F.). Diese Voraussetzung ist gegeben.

Die Klägerin ist ―anders als z.B. bei Umsatz- und Grunderwerbsteuer, die die Erwerbsvorgänge der Gesamthandsgemeinschaft als solcher besteuern (s. dazu Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 39 AO Tz. 89, m.w.N.)― bei der Ertragsteuer nur insoweit Steuerrechtssubjekt (partielle Steuerrechtsfähigkeit), als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter die Merkmale eines Besteuerungstatbestandes (hier: § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind (z.B. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1987 IX R 170/83, BFHE 152, 101, m.w.N.; s. dazu auch Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 39 AO Tz. 90, m.w.N.).

Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 wird auch nicht durch § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG verdrängt (s. dazu z.B. BFH-Urteil vom 28. November 2002 III R 1/01, BFHE 201, 133, BStBl II 2003, 250, unter II. 1. b; ferner Kruse in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 39 Tz. 91). Die Klägerin ist nicht gewerblich tätig, sondern erzielt als vermögensverwaltende GbR Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

3. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Dies setzt voraus, dass sie für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung ―hier aus Vermietung und Verpachtung― veranlasst ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn mit dem Darlehen die Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudes tatsächlich finanziert worden sind. Ein allein rechtlicher Zusammenhang ―etwa aufgrund einer Besicherung des Grundstücks― reicht ebenso wenig aus wie eine bloße gedankliche Zuweisung des Steuerpflichtigen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 8. April 2003 IX R 36/00, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706, m.w.N.). Ein einmal begründeter wirtschaftlicher Zusammenhang des Darlehens mit der Einkünfteerzielung entfällt nicht, wenn ein mit Darlehensmitteln angeschafftes, bislang zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendetes Wirtschaftsgut veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zwecke der Einkünfteerzielung eingesetzt wird (z.B. BFH-Urteil vom 23. Oktober 2001 IX R 65/99, BFH/NV 2002, 341, m.w.N.). Hieran fehlt es bei den noch streitigen Schuldzinsen.

Die Darlehen der Sparkasse A sind nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) zur Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten des teils selbstgenutzten, teils unentgeltlich an Angehörige überlassenen Zweifamilienhauses in Z verwandt worden; die hierdurch begründete Zweckbestimmung ist unverändert geblieben. Die Klägerin hat die Darlehen nicht im Rahmen eines Anschaffungsvorganges durch eine neue tatsächliche Verwendung den eingebrachten Grundstücken zugeordnet. Dass sie auch auf diesen Grundstücken abgesichert waren, schafft keinen tatsächlichen, sondern allenfalls einen ―nicht ausreichenden― rechtlichen Zusammenhang.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1257618

BFH/NV 2005, 131

BStBl II 2005, 324

BFHE 2005, 24

BFHE 207, 24

BB 2004, 2678

DB 2004, 2728

DStRE 2005, 49

DStZ 2004, 849

HFR 2005, 130

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