Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einkommensteuerveranlagung eines beschränkt Steuerpflichtigen mit ausschließlich dem Steuerabzug unterliegenden inländischen Einkünften

 

Leitsatz (NV)

Ein beschränkt Steuerpflichtiger ist nicht zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn er im Veranlagungszeitraum außer Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine weiteren inländischen Einkünfte erzielte. Dies gilt auch dann, wenn der Lohnsteuerabzug unterblieb.

 

Normenkette

EStG 1975 §§ 19, 38 Abs. 1, §§ 39d, 49 Abs. 1 Nr. 4, § 50 Abs. 5, § 50a; FGO § 96 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger war 1973 und 1974 für seine Arbeitgeberin - eine ausländische Bank - in deren Zweigniederlassung in . . . tätig. Er hatte mit der Arbeitgeberin eine Nettolohnvereinbarung getroffen, nach der die Arbeitgeberin seine im Inland anfallende Einkommensteuer übernahm. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Arbeitgeberin und dem für deren inländische Zweigniederlassung zuständigen Finanzamt wurde vom Arbeitslohn des Klägers keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt. 1975 (Streitjahr) erhielt der Kläger, der zu dieser Zeit nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig war, von seiner Arbeitgeberin für seine frühere Tätigkeit in . . . rund . . . DM zur Begleichung seiner Einkommensteuerschulden aus den Vorjahren. Auch von diesem Arbeitslohn behielt die Arbeitgeberin keine Lohnsteuer ein. Aufgrund eines Antrags des Klägers veranlagte der Beklagte den Kläger für das Streitjahr zur Einkommensteuer. Im anschließenden Einspruchs- und Klageverfahren war streitig, welche Freibeträge bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abzuziehen seien. Die Klage hatte nur geringen Erfolg. Die Revision des Klägers war begründet. Der BFH führt aus:

 

Entscheidungsgründe

Der Einkommensteuerbescheid und das angefochtene Urteil waren aufzuheben, weil - was die Verfahrensbeteiligten und das FG übersehen haben - der Kläger für das Streitjahr nicht zur Einkommensteuer zu veranlagen ist.

1. Nach § 50 Abs. 5 Einkommensteuergesetz 1975 (EStG) gilt die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn oder vom Kapitalertrag oder dem Steuerabzug aufgrund des § 50 a EStG unterliegen, bei beschränkt Steuerpflichtigen durch den Steuerabzug als abgegolten, wenn die Einkünfte nicht Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind. Deshalb ist ein beschränkt Steuerpflichtiger nicht zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn er im Veranlagungszeitraum nur derartige inländische Einkünfte hatte (s. z. B. BFH-Urteile vom 10. April 1975 I R 261/72, BFHE 115, 389, BStBl II 1975, 586; vom 10. August 1983 I R 241/82, BFHE 139, 261, BStBl II 1984, 11; vom 22. Oktober 1986 I R 107/82, BFHE 148, 507, BStBl II 1987, 293). Dies gilt auch, wenn der Steuerabzug unterblieben ist (s. BFH-Urteile vom 20. November 1974 I R 1/73, BFHE 114, 530 und vom 26. April 1978 I R 97/76, BFHE 125, 375, BStBl II 1978, 628).

2. Der Kläger war im Streitjahr nur beschränkt einkommensteuerpflichtig . . . Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, hatte der Kläger im Streitjahr außer den Einkünften aus der in den Vorjahren im Inland ausgeübten nichtselbständigen Arbeit keine weiteren inländischen Einkünfte i. S. des § 49 Abs. 1 EStG. Seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG) unterliegen nach dem Gesetz (§ 38 Abs. 1 i. V. m. § 39 d EStG) dem Steuerabzug vom Arbeitslohn. Daß die Arbeitgeberin des Klägers mit Zustimmung des für ihre inländische Zweigniederlassung zuständigen Finanzamts den Lohnsteuerabzug unterließ, ändert nichts daran, daß es Einkünfte sind, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen. Da es sich um Einkünfte handelt, die der Kläger als Arbeitnehmer erzielte, sind sie keine Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs.

3. Obwohl der Kläger nur die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Änderung des Einkommensteuerbescheids beantragt hat, war der Senat befugt, auch den Einkommensteuerbescheid aufzuheben. Zwar darf der Senat gemäß § 121 i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO dem Kläger nicht mehr zusprechen als er begehrt. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht, wenn - wie im Streitfall - der Kläger die Abänderung eines Steuerbescheids hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Steuer begehrt und das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, daß der Bescheid insgesamt rechtswidrig ist (s. BFH-Urteile vom 20. Oktober 1970 II 167/64, BFHE 100, 56 [65], BStBl II 1970, 826 [830]; vom 11. Dezember 1985 I R 31/84, BFHE 146, 196, BStBl II 1986, 474).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417494

BFH/NV 1991, 805

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