Leitsatz (amtlich)

Ein gewerblicher Unternehmer, der Erfahrungen im Rahmen seines Gewerbebetriebs dritten Personen gegen Entgelt überläßt, erzielt - auch bei beschränkter Steuerpflicht - Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1; EStG § 49 Abs. 1 Nrn. 2-3, 6

 

Tatbestand

Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige), eine englische Kapitalgesellschaft mit Sitz in London, unterhält in der BRD keine Betriebstätte. Sie hat von einem anderen englischen Unternehmen das alleinige Recht erworben, das von diesem in der Herstellung und Einrichtung von Heizungs- und Kühlanlagen entwickelte Verfahren auszunutzen und die damit verbundenen Zeichen, Handelsmarken und Patente zu verwenden. Darüber hinaus besitzt die Steuerpflichtige durch eine holländische Tochtergesellschaft Zeichen, Handelsmarken und Patente hinsichtlich der Heizung und Kühlung von Gebäuden. Am 6. Oktober 1949 schloß die Steuerpflichtige mit zwei deutschen Unternehmen gleichlautende Verträge, nach denen sie verpflichtet ist, die technischen, praktischen und kaufmännischen Informationen und Kenntnisse, die sie auf diesem Gebiete besitzt, ihren deutschen Vertragspartnern zur Verfügung zu stellen. Die Verträge waren - abgesehen von außerordentlichen Kündigungsgründen - erstmals zum 31. Dezember 1959 kündbar. Sofern eine Kündigung nicht erfolgte, sollten sie bis zum 31. Dezember 1969 in Kraft bleiben (Nr. 8 des Vertragstextes). Nach diesen Verträgen haben die deutschen Vertragspartner das Recht, jedes Zeichen und jede Handelsmarke der Steuerpflichtigen zu benützen und jegliche Erfindung, auf die die Steuerpflichtige ein Anrecht hat, zu verwenden. Die Steuerpflichtige wurde durch die Verträge verpflichtet, technische Versuche zur Verbesserung ihrer Systeme durchzuführen und deren Ergebnisse ihren Vertragspartner mitzuteilen. Schließlich mußte die Steuerpflichtige auf Grund der Verträge Zusammenkünfte veranstalten, die dem Austausch technischer Informationen unter allen Vertragspartnern der Steuerpflichtigen dienen sollten. Für diese Leistungen der Steuerpflichtigen mußten die deutschen Vertragspartner Zahlungen leisten, die dem Vertrage zufolge "als aus zwei verschiedenen und voneinander getrennten Teilen bestehend betrachtet werden sollen". Der Vertrag bestimmt, daß 1/6 des Entgelts auf die "Rechte an Patenten und Handelsmarken" und 5/6 auf die "Beratungstätigkeit, Versuche, das Sammeln technischer Unterlagen und Berichte sowie die Verwaltungsarbeit" entfallen.

Der Revisionskläger (FA) sah 5/6 der Beträge, die der Steuerpflichtigen im Streitjahr 1958 auf Grund dieser Verträge zugeflossen waren, als Einkünfte aus der Verwertung selbständiger Arbeit im Inland im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG an und erteilte einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid für 1958.

Nach erfolglosem Einspruch der Steuerpflichtigen hob das FG auf deren Klage den Körperschaftsteuerbescheid 1958 sowie die Einspruchsentscheidung des FA ersatzlos auf.

Zur Begründung führte es aus, die Steuerpflichtige habe im Streitjahr keine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte erzielt.

§ 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) scheide als Besteuerungsgrundlage aus, weil für den Gewerbebetrieb der Steuerpflichtigen im Inland weder eine Betriebstätte unterhalten worden noch ein ständiger Vertreter bestellt gewesen sei.

Auch auf § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus selbständiger Arbeit) könne die Inanspruchnahme der Steuerpflichtigen entgegen der Auffassung des FA nicht gestützt werden, denn aus dieser Vorschrift ergebe sich zweifelsfrei, daß für die Annahme von Einkünften aus selbständiger Arbeit die Voraussetzungen des § 18 EStG erfüllt sein müßten. Selbständige Arbeit im Sinne von § 18 EStG sei aber dadurch gekennzeichnet, daß sie ausschließlich auf der persönlichen Arbeitsleistung des selbständig Tätigen beruhe. Körperschaften könnten daher ihrem Wesen nach keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit haben (vgl. van der Velde, DB 1961, 716). Die sogenannte isolierende Betrachtungsweise greife in Fällen dieser Art nicht ein.

Schließlich könnten die streitigen Einkünfte auch nicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) besteuert werden. Denn Einkünfte aus der zeitlichen Überlassung von gewerblichen Erfahrungen seien nur dann den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen, wenn sie nicht begrifflich unter eine andere Einkunftsart fielen. Hier zählten die streitigen Einkünfte aber zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Hinzu komme, daß § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG die Steuerpflicht der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einschränke. Sie trete nämlich nur ein, "wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebstätte verwertet werden". Nach zutreffender allgemeiner Auffassung seien bei der Erfahrungshingabe Rechte in diesem Sinn nicht Gegenstand des Vertrages (vgl. Debatin, DB 1961, 785, unter VII, 1; van der Velde, DB 1959, 1205, und Knoppe, Die Besteuerung der Lizenz und Know-how-Verträge, S. 70).

Mit der Revision beantragt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen. Gerügt wird die unrichtige Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus selbständiger Arbeit) in Verbindung mit §§ 2, 6 KStG, § 15 KStDV. Im wesentlichen wird vorgetragen, daß § 49 EStG zwar keine neuen Einkunftsarten schaffe, daß aber der Tatbestand, der der rechtlichen Merkmalprüfung zugrunde zu legen sei, gleichwohl ein anderer sein könne als bei unbeschränkter Steuerpflicht. Wenn das FG meine, daß auch die im Ausland liegenden Verhältnisse mit zu berücksichtigen seien, so setze es sich in Widerspruch zu der für die Auslegung des § 49 EStG vom RFH entwickelten und vom BFH übernommenen isolierenden Betrachtungsweise. Nach dieser Theorie bestimme sich ausschließlich nach den im Inland gegebenen Besteuerungsmerkmalen, welche Einkunftsart in Betracht komme. Es sei daher nur zu prüfen, ob im Inland die Tatbestandsmerkmale des § 18 EStG erfüllt seien. Dies sei zu bejahen, denn entgegen der Auffassung des FG müsse seit dem Inkrafttreten des StÄndG 1960, das insoweit rückwirkend ab 1955 gelte, die selbständige Arbeit nicht mehr ausschließlich auf der persönlichen Arbeitsleistung des selbständig Tätigen beruhen. Unter Berücksichtigung dieser Gesetzesänderung seien die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht ausreichend, um die Zugehörigkeit der streitigen Einkünfte zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu verneinen. In dem Verfahren sei bisher nicht geklärt worden, ob die Steuerpflichtige in England selbst einen Betrieb zur Herstellung und Einrichtung von Heizungs- und Kühlanlagen unterhalte oder unterhalten habe und in welchem Umfang sie entwickelte Verfahren übernommen und inwieweit sie diese Verfahren weiter entwickelt habe. Sollte es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits darauf ankommen, welche Tätigkeit die Steuerpflichtige in England ausgeübt habe, so werde eine weitere Sachaufklärung für erforderlich gehalten.

Die Steuerpflichtige beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Der BdF, der dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 FGO beigetreten ist, beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und über die Revision nach Maßgabe des angefochtenen Steuerbescheids des FA zu entscheiden. Er vertritt die Auffassung, daß bei Anwendung der isolierenden Betrachtungsweise Einkünfte ausländischer Kapitalgesellschaften unter gewissen Umständen anders zu qualifizieren seien als Einkünfte inländischer Kapitalgesellschaften, bei denen sie als gewerbliche Gewinne angesehen werden müßten. Dies gelte auch dann, wenn eine ausländische Körperschaft eine Beratungstätigkeit im Inland ausübe. In diesem Falle sei den Inlandsmerkmalen klar zu entnehmen, daß die gezahlten Vergütungen Gegenleistungen einer im Inland verwirklichten, der Gewinnerzielung dienenden Tätigkeit sei. An Hand der Inlandsmerkmale lasse sich weiter feststellen, daß die Beratung Tätigkeitsmerkmale erfülle, die für die in § 18 EStG genannten freiberuflichen Tätigkeiten typisch sei, möge sie auch im Ausland im Rahmen eines dortigen Gewerbebetriebes angefallen sein. Bei den vermittelten Erfahrungen handle es sich um typisches Ingenieurwissen. Es sei weiter erkennbar, daß der Beratende und der inländische Leistungsempfänger sich unabhängig einander gegenüberstehen, was den Verhältnissen bei freiberuflicher Tätigkeit entspreche. Damit sei festgestellt, daß nach der in Betracht kommenden Quellenregel (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG) die Beratungsgebühren im deutschen Inland lokalisiert seien, sofern die Einkünfte - was zunächst unterstellt werden könne - dort verwertet würden. Wie bei den Kapitaleinkünften könne es dann nicht mehr darauf ankommen, daß die Einkünfte nach den im Ausland bestehenden Verhältnissen des Steuerpflichtigen in den Rahmen eines Gewerbebetriebs fallen. Die dargelegte Beurteilung werde mithin auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Einkünfte einer Körperschaft zuflössen.

Das FG verkenne die isolierende Betrachtungsweise. Diese schneide den Auslandssachverhalt nicht ab, sondern nehme nur die Beurteilung vom Inlandssachverhalt her auf. Seien danach z. B. Entgelte für Kapitalhingabe festzustellen, so seien die Merkmale der Quellenregel des § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG erfüllt und dementsprechend die beschränkte Steuerpflicht zu bejahen. Weitergehende Feststellungen über den Zufluß an einen ausländischen Gewerbebetrieb seien für diesen erfüllten Rechtstatbestand irrelevant. Der gewerbliche Zufluß werde damit nicht als Tatsache "isolierend" beiseite geschoben, er liege lediglich außerhalb des Kreises von Lebenstatsachen, die bereits die Rechtssubsumtion unter die Quellenregel für Kapitaleinkünfte rechtfertigten. Zwar bleibe zu beachten, daß nach § 20 Abs. 3 EStG persönliche und betriebliche Verhältnisse des Leistungsempfängers die Kapitaleinkünfte zu Einkünften aus Gewerbebetrieb qualifizieren könnten. Hier handle es sich um "zusätzliche Merkmale", die nichts daran ändern könnten, daß die Voraussetzungen der Quellenregel für inländische Kapitaleinkünfte mit der daran anknüpfenden Steuerpflicht erfüllt seien. Lägen die "zusätzlichen" Verhältnisse im Ausland, so habe es damit sein Bewenden, da sie jenseits des Beurteilungsbereichs lägen, der bereits die Steuerpflicht begründe. Entsprechend gehe es in Fällen der vorliegenden Art darum, die Beurteilung nicht auf solche Elemente zu erstrecken, die sich auf die im Ausland lokalisierten persönlichen und betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen bezögen. Zwar sei es im Streitfall nicht so wie im Falle der Kapitaleinkünfte, wo zwei Einkunftsarten (§ 15 und § 20 EStG) konkurrierend übereinandergriffen und dazu eine besondere Zuordnungsbestimmung (§ 20 Abs. 3 EStG) einer der beiden Einkunftsarten den Vorrang gebe. Sachlich unterscheide sich jedoch das Verhältnis zwischen der Einkunftsart "Gewerbebetrieb" und der Einkunftsart "selbständige Arbeit" davon nicht. § 18 EStG grenze einen fest umrissenen Typ von Einkünften aus freier Berufstätigkeit ab. Der so umrissene Einkunftstypus falle in den Bereich der selbständigen Arbeit, falls nicht der betriebliche Zufluß diese Einkunftsart zugunsten der Einkunftsart "Gewerbebetrieb" weichen lasse. Letzteres habe vor allem für die Gewerbesteuer Bedeutung, weshalb das Gesetz auch umfassende und genaue Abgrenzungsvorschriften für den Bereich beider Einkunftsarten habe geben müssen.

Ergänzend weist der BdF darauf hin, daß die Auffassung der Vorinstanz zu einer unterschiedlichen Behandlung wichtiger inländischer Steuerquellen führen würde, je nach dem, ob der ausländische Empfänger der Vergütungen eine natürliche Person oder eine Körperschaft sei.

Der deutsche Steueranspruch werde auch durch das Abkommen zwischen der BRD und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen vom 18. August 1954 (BStBl I 1955, 232) - DBA-Großbritannien 1954 - nicht ausgeschlossen. Zwar weise Art. VII dieses Abkommens das Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren dem Empfängerstaat zu. Unter Lizenzgebühren im Sinne dieser Vorschrift seien aber nur Nutzungsentgelte für die Zurverfügungstellung formalisierter Rechte (z. B. Urheberrecht, Patent) zu verstehen, nicht dagegen die sogenannten know-how-Gebühren der vorliegenden Art. Auch Art. XI DBA-Großbritannien 1954 schließe das deutsche Besteuerungsrecht nicht aus. Diese Vorschrift gelte nur für die Einkünfte, die natürliche Personen aus freiberuflicher Tätigkeit beziehen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet, denn ein Steueranspruch ist nach den Vorschriften des KStG und des EStG nicht entstanden.

Die §§ 2, 5, 6 KStG, § 15 KStDV in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) scheiden als Besteuerungsgrundlagen aus, da die Steuerpflichtige im Inland weder eine Betriebstätte unterhielt noch einen ständigen Vertreter bestellt hatte.

Auch auf Grund §§ 2, 5, 6 KStG, § 15 KStDV in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus selbständiger Arbeit) kann die in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Steuer nicht gefordert werden. Denn die im vorliegenden Fall für die Überlassung des knowhow gezahlten Vergütungen sind ihrer Natur nach keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Der RFH hat zwar in seinem Urteil VI A 208/36 vom 5. August 1936 (RStBl 1936, 1132) in einem ähnlichen Falle Einkünfte aus selbständiger Arbeit angenommen. Er hat dies damit begründet, daß die entgeltliche Überlassung eines chemischen Rezepts an dritte Personen als Auswertung einer besonderen geistigen Leistung auf dem Gebiet der chemischen Technik der freiberuflichen Tätigkeit zuzurechnen sei. Dieser Auffassung vermag sich der Senat indes in so allgemeiner Form nicht anzuschließen.

Zur selbständigen Arbeit gehören, wie die in § 18 EStG aufgezählten Beispiele zeigen, im wesentlichen solche Tätigkeiten, die überwiegend durch die Persönlichkeit des Ausübenden geprägt sind. Die Übermittlung praktischer, technischer und kaufmännischer Erfahrung kann danach im Einzelfall vom Begriff der selbständigen Arbeit mitumfaßt sein, nämlich dann, wenn es sich um Erfahrungen oder Verfahren handelt, die von einer der in § 18 EStG genannten Personen im Rahmen einer selbständigen außergewerblichen Tätigkeit entwickelt wurden. So wird der freischaffende Ingenieur oder Architekt, der seine Erfahrungen gegen Entgelt anderen mitteilt, dadurch in der Regel Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielen.

Die Zuordnung der für die Überlassung von Erfahrungen erzielten Erträge zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit ist jedoch nicht zwingend. Durch Erfahrungshingabe können vielmehr auch gewerbliche Gewinne erzielt werden, nämlich dann, wenn ein gewerblicher Unternehmer die in seinem Betrieb gesammelten oder für seinen Betrieb von einem anderen Unternehmen erworbenen Erfahrungen im Rahmen seines Gewerbebetriebs dritten Personen überläßt. In diesem Falle ist die Hingabe der Erfahrungen nicht Ausfluß einer freien Berufstätigkeit, sondern einer gewerblichen Betätigung. Denn der Verkauf der in einem Gewerbebetrieb gesammelten Erfahrungen führt ebenso wie der Verkauf eines jeden anderen Erzeugnisses dieses Betriebs nur zu gewerblichen, nicht aber zu freiberuflichen Einkünften. Diese sich aus dem Verhältnis der §§ 15, 18 EStG zueinander ergebende Rechtsfolge gilt unabhängig von § 16 KStDV gleichermaßen, wenn der Unternehmer eine natürliche oder eine juristische Person ist.

Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht auf Grund der sogenannten isolierenden Betrachtungsweise möglich. Diese Betrachtungsweise knüpft an den objektsteuerartigen Charakter der beschränkten Steuerpflicht an und zieht daraus die Folgerung, die Zuordnung bestimmter Einkünfte zu einer der in § 49 EStG genannten Einkunftsarten könne nur an Hand der Verhältnisse im Inland vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteile I 112/57 S vom 20. Januar 1959, BFH 68, 340, BStBl III 1959, 133, und I 209/60 U vom 13. Dezember 1961, BFH 74, 222, BStBl III 1962, 85). Nur auf das objektive Wesen der aus dem Inland bezogenen Einkünfte komme es an. Die Verhältnisse im Ausland seien demgegenüber außer Betracht zu lassen. Diese Betrachtungsweise, an der der Senat grundsätzlich festhält, kann indes nur in den Fällen zu sinnvollen Ergebnissen führen, in denen die Verhältnisse im Inland eine abschließende Beurteilung gestatten, ob die in Frage stehenden Einkünfte einer der in § 49 EStG genannten Einkunftsarten zuzuordnen sind (so im Ergebnis auch Urteil des BFH I 215/64 vom 30. November 1966, BFH 88, 378, BStBl III 1967, 400 [401 letzter Absatz]). Ist dagegen nur ein Teil des gesetzlichen Steuertatbestandes im Inland verwirklicht, der nicht erkennen läßt, ob der zu beurteilende Sachverhalt unter eine der sieben Einkunftsarten - und ggf. unter welche von diesen - subsumiert werden kann, so müssen die im Ausland bestehenden Verhältnisse insoweit in die Betrachtung miteinbezogen werden, als dies erforderlich ist, um die Einkünfte ihrem objektiven Wesen nach zu bestimmen.

Die isolierende Betrachtungsweise besagt in der vom RFH vertretenen Form lediglich, daß die Verhältnisse im Ausland nicht dazu führen dürfen, Einkünfte, die nach ihrem objektiven Wesen einer bestimmten Einkunftsart zuzurechnen sind, in Anwendung einer Subsidiaritätsklausel (z. B. § 20 Abs. 3, § 21 Abs. 3, § 22 Nr. 3 und § 23 Abs. 3 EStG) den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen, nur weil sie einem im Ausland befindlichen Gewerbebetrieb zugeflossen sind oder weil gemäß § 16 KStDV sämtliche Einkünfte einer Kapitalgesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind. Diese Betrachtung ist auf Fälle der vorliegenden Art jedoch schon deshalb nicht anwendbar, weil die Tatbestände des § 18 EStG und des § 15 EStG zueinander nicht im Verhältnis der Subsidiarität stehen. Beide Tatbestände schließen sich vielmehr gegenseitig aus, so daß die isolierende Betrachtung gar nicht dazu führen kann, anstelle des einen den anderen als Besteuerungsgrundlage heranzuziehen.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß die Vorinstanz die Erträge, die der Steuerpflichtigen aus der Hingabe von Erfahrungen zugeflossen sind, zu Recht nicht als Einkünfte aus selbständiger Arbeit angesehen hat. Die Erfahrungen, die den Gegenstand des Vertrages bildeten, konnten - wie die Vorinstanz ohne Rechtsverstoß festgestellt hat - ihrer Art nach nur in einem gewerblichen Betrieb - sei es in einem Unternehmen der Steuerpflichtigen selbst, sei es in einem dritten Betrieb - gewonnen worden sein und wurden von der Steuerpflichtigen im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit den deutschen Vertragspartnern überlassen. Auch das FA behauptet nicht, daß es sich um Erkenntnisse handelte, die außerhalb des gewerblichen Bereichs gewonnen und übermittelt wurden. Die hieraus vom FG gezogene Folgerung, eine auf diese Weise zustande gekommene Erfahrungshingabe könne ihrem Wesen nach nicht zu Einkünften aus selbständiger Arbeit führen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Schließlich sind auch die Voraussetzungen der §§ 5, 6 KStG in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG (Einkünfte aus Vermiedung und Verpachtung) nicht erfüllt. Denn eine zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten oder Erfahrungen (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG) liegt nicht vor. Die von der Steuerpflichtigen vereinnahmten Vergütungen, über deren Besteuerung zwischen den Beteiligten Streit besteht (5/6 des vertraglich vereinbarten Gesamtentgelts), wurden ausweislich des Vertrags vom 6. Oktober 1949 für eine fortlaufende Beratungstätigkeit, für Versuche, für das Sammeln technischer Unterlagen und Berichte sowie für Verwaltungsarbeit entrichtet. Diese so umschriebenen Leistungen der Steuerpflichtigen haben nach Auffassung des Senats im wesentlichen die laufende Übermittlung ungeschützter Erfahrungen zum Gegenstand, deren Nutzung durch die Steuerpflichtige zeitlich nicht begrenzt ist.

Die Frage, ob durch Art. VII DBA-Großbritannien 1954 das Besteuerungsrecht für know-how-Gebühren dem Empfängerstaat - hier Großbritannien - zugewiesen wird, kann auf sich beruhen, da schon nach deutschem innerstaatlichen Recht ein Steueranspruch nicht besteht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68979

BStBl II 1970, 428

BFHE 1970, 420

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