Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildung einer Pachterneuerungsrückstellung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch für die noch nicht fällige Verpflichtung zur Erneuerung unbrauchbar gewordener Pachtgegenstände (Gebäudebestandteile und Betriebsvorrichtungen) kann eine Rückstellung - Pachterneuerungsrückstellung gebildet werden (Bestätigung der Rechtsprechung).

 

Orientierungssatz

1. Bilanzierung einer Pachterneuerungsrückstellung: Die Frage, ob ein Erfüllungsrückstand vorliegt, ist nicht stets nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. An der im Urteil vom 22.11.1983 VIII R 133/82 vertretenen gegenteiligen Auffassung hält der Senat nicht mehr fest.

2. Die Höhe einer Pachterneuerungsrückstellung bemiß sich nach den steigenden Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag. Die Rückstellung ist nicht abzuzinsen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Restaurant nach dem McDonalds System. Die Berechtigung hierzu hatte sie aufgrund eines Franchise-Vertrages von der McDonalds Corporation erworben. Danach war sie u.a. verpflichtet, auf eigene Rechnung Kücheneinrichtungen, Leuchtschriften und sonstige Ausstattung sowie Sitzgelegenheiten entsprechend den Richtlinien des Franchise-Gebers zu erwerben und zu erhalten. In Erfüllung dieser Verpflichtungen hat die Klägerin ca. 500 000 DM für die Einrichtung des Restaurants aufgewendet.

Das Restaurant wurde in gepachteten Räumen betrieben. Verpächterin war die McDonalds Immobilien GmbH, die die Räume im Rohbauzustand angemietet und für 1 500 391 DM ausgebaut hatte. Nach Art.4 des Unterpachtvertrages ist die Klägerin verpflichtet, auf ihre Kosten die Pachträume nebst Zubehör sowie die von ihr selbst eingebrachten weiteren Zubehör- und Ausrüstungsgegenstände jederzeit in gutem und ordentlichem Zustand zu erhalten, alle zerstörten, beschädigten oder fehlenden Gegenstände oder Zubehör und Ausrüstungsteile zu ersetzen und die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Es ist nach dem Vertrag "eindeutiger Wille der Parteien, daß die Klägerin sämtliche notwendig werdenden Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, Ersatzbeschaffungen und Reparaturen auf eigene Kosten vornimmt, soweit sie nicht aufgrund des Hauptmietvertrages dem Hauseigentümer obliegen".

Der Unterpachtvertrag wurde für die Dauer von 20 Jahren abgeschlossen. Der Pachtzins war monatlich zu entrichten.

Beginnend mit der Betriebseröffnung im Herbst 1979 bildete die Klägerin hinsichtlich der von der Verpächterin vorgenommenen Ein- und Ausbauten (ggf. mit Zubehör) Pachterneuerungsrückstellungen nach folgendem Plan:

Bezeichnung Herstellungs- ND Rückstg. Stand jährliche

kosten Jahre in % 1.1.1981 Erhöhung

DM

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1.Lüftungsanlage 328 085 10 10 49 212 32 808

2.Heizungsanlage 165 444 10 10 24 816 16 544

3.Elektroinstallation 133 170 10 10 19 974 13 316

4.Sanitärinstallation 135 450 10 10 20 316 13 544

5.Fliesen etc. 116 600 20 5 8 745 5 830

6.Deckenverkleidung 10 397 20 5 780 520

7.Kühlräume 32 147 20 5 2 409 1 606

8.Metallbau 42 943 20 5 3 219 2 146

9.Bauschreiner 238 937 20 5 17 925 11 950

10.Metallarbeiten 25 318 5 20 7 593 5 062

11.WC-Trennwandanlagen 8 494 10 10 1 272 848

12.Sonstiges, Honorare

etc. 264 406 20 5 19 830 13 220

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1 501 391 176 091 117 394.

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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat demgegenüber im Anschluß an eine bei der Klägerin im Jahre 1984 durchgeführte Betriebsprüfung die Ansicht, daß die Rückstellungen nicht zulässig seien. Demgemäß löste er die für die Jahre 1979 bis 1981 gebildeten Rückstellungen in der Schlußbilanz zum 31.Dezember 1981 --der ersten noch offenen Bilanz-- auf, berichtigte die Schlußbilanzen für die Jahre 1982 und 1983 um die jeweiligen jährlichen Rückstellungsbeträge und änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Gewinnfeststellungs-, Gewerbesteuer- und Gewerbesteuermeßbescheide 1981 und 1982 entsprechend. Für das Jahr 1983 erließ er erstmalige Gewinnfeststellungs-, Gewerbesteuer- und Gewerbesteuermeßbescheide.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§§ 4 Abs.1, 5 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, 152 Abs.7 des Aktiengesetzes --AktG-- a.F.).

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und unter Änderung der Feststellungsbescheide 1981 bis 1983 vom 30.Januar 1985 und der Einspruchsentscheidung vom 23.April 1985 den Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1981 um 293 485 DM sowie für 1982 und 1983 um je 117 394 DM niedriger festzustellen und die Gewerbesteuer unter Änderung der Gewerbesteuermeßbescheide und Gewerbesteuerbescheide vom 19.Februar 1985 und der Einspruchsentscheidung vom 23.April 1985 entsprechend herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Klägerin mußte hinsichtlich ihrer Verpflichtung zur Erneuerung der Pachtsache --Einbauten und Betriebsvorrichtungen-- bereits in den Streitjahren eine Rückstellung (Pachterneuerungsrückstellung) bilden.

1. Für ungewisse Verbindlichkeiten sind Rückstellungen zu passivieren. Das entspricht einem allgemeinen Grundsatz ordnungsmäßiger Bilanzierung (§ 152 Abs.7 AktG a.F. i.V.m. § 39 des Handelsgesetzbuches --HGB-- a.F. --jetzt: § 249 Abs.1, § 266 Abs.3 Abschn.B HGB n.F.-- und § 5 Abs.1 EStG; vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28.Juni 1989 I R 86/85, BFHE 157, 416, BStBl II 1990, 550 m.w.N.).

Liegt allerdings ein gegenseitiger Vertrag vor, der von der zur Sach- oder Dienstleistung verpflichteten Partei noch nicht voll erfüllt ist (schwebendes Geschäft), sind auch ungewisse Verbindlichkeiten nicht zu bilanzieren; das ist ausnahmsweise nur dann anders, wenn aus diesem Geschäft Verluste drohen oder das Gleichgewicht der Vertragsbeziehung durch schuldrechtliche Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände gestört ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12.Dezember 1990 I R 153/86, BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479, unter A 4. m.w.N.). Das gilt auch für Dauerschuldverhältnisse (BFH-Urteile vom 3.Juli 1980 IV R 138/76, BFHE 131, 57, BStBl II 1980, 648; vom 27.Juli 1988 I R 133/84, BFHE 154, 121, BStBl II 1988, 999 m.w.N.; in BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479).

2. Die Pachterneuerungsverpflichtung ist sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich nach den für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätzen zu behandeln.

a) Als zivilrechtliche Rechtsgrundlage der künftigen Leistungsverpflichtung der Klägerin kommt hier nur Art.4 des Unterpachtvertrages i.V.m. den für die Raum- und Einrichtungspacht geltenden Vorschriften der §§ 581 f., 581 Abs.2, 535 f. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Betracht.

Das gilt unabhängig davon, daß dieser Vertrag mit dem Franchise- Vertrag eine rechtliche Einheit bildet (zur einheitlichen Behandlung zusätzlicher Pacht- und Mietverträge nach den Grundsätzen des Franchise-Vertrages vgl. Oberlandesgericht --OLG-- Düsseldorf, Urteil vom 15.Januar 1987 6 U 149/86, Der Betrieb --DB-- 1987, 928). Der Franchise-Vertrag ist den Typenverschmelzungsverträgen zuzurechnen (Gitter, Handbuch des Schuldrechts, Band 7, 1988, S.496 und --zum Betriebs-Franchising nach dem McDonalds System-- S.496, 477). Die an solche Verträge geknüpften Rechtsfolgen sind aber jedenfalls dann, wenn sich aus einem zusätzlich abgeschlossenen Vertrag ein entsprechender Wille der Vertragsparteien ergibt, nach den für diesen zusätzlichen Vertrag maßgeblichen Grundsätzen zu beurteilen (Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 50.Aufl., Einführung 12, 23, 24 vor § 305 und Palandt/Putzo, a.a.O., Einführung 22 vor § 581 jeweils m.w.N.).

Die Vorschriften über die Raum- und Einrichtungspacht sind auch unabhängig davon anzuwenden, daß der Vertrag die Merkmale eines Unternehmenspachtvertrages aufweist. Für Unternehmenspachtverträge gelten sowohl bei reiner Raumpacht als auch bei mitverpachtetem Inventar die §§ 581 f. BGB entweder unmittelbar oder --bei fehlender Grundstücksbindung-- zumindest entsprechend (vgl. Erman/Schopp, Bürgerliches Gesetzbuch, 8.Aufl., Anm.1 vor § 582; Gelhaar in Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, herausgegeben von Mitgliedern des Bundesgerichtshofs --BGB-RGRK--, § 586 Rn.4 und Anm.1 vor § 586; Staudinger/ Emmerich, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12.Aufl., § 586 Rz.2; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 5 EStG Anm.1455 m.w.N.). Auch insoweit ist das Vertragsverhältnis nicht einheitlich zu beurteilen (BFH-Urteile vom 30.November 1965 I 70/60 S, BFHE 84, 138, BStBl III 1966, 51, und vom 5.Mai 1976 I R 166/74, BFHE 119, 478, BStBl II 1976, 717). Ob im Streitfall nur die Vorschriften für die Raumpacht oder daneben auch diejenigen für die Einrichtungspacht anzuwenden sind, kann der Senat jedoch offenlassen. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Rückstellungsplan ergibt sich, daß die Rückstellung nur wegen der Erhaltung und Erneuerung der von der Verpächterin hergestellten, den besonderen Bedürfnissen des Restaurants Rechnung tragenden Einbauten gebildet wurden. Art.4 des Unterpachtvertrages erweitert aber insoweit die für das Inventar dem Pächter obliegende Instandhaltungs- und Erneuerungsverpflichtung (§ 586 BGB a.F., § 582 BGB n.F.) und erstreckt diese erweiterte Verpflichtung auch auf die dem Betrieb dienenden Gebäudebestandteile und Betriebsvorrichtungen.

b) Die Unterscheidung zwischen Raumpacht mit und ohne Überlassung von Inventar ist entgegen der Auffassung des FG im Streitfall auch steuerrechtlich ohne Bedeutung.

aa) Nach der Rechtsprechung des BFH hat der Pächter eines Unternehmens hinsichtlich der übernommenen Verpflichtung, auf eigene Kosten unbrauchbar gewordene Pachtgegenstände durch neue zu ersetzen, eine Rückstellung zu bilden (BFH-Urteile vom 2.November 1965 I 51/61 S, BFHE 84, 171, BStBl III 1966, 61; vom 21.Dezember 1965 IV 228/64 S, BFHE 84, 407, BStBl III 1966, 147; vom 23.Juni 1966 IV 75/64, BFHE 86, 625, BStBl III 1966, 589; BFHE 119, 478, BStBl II 1976, 717). Entsprechend muß der Verpächter den Substanzerhaltungsanspruch aktivieren. Im Falle der Ersatzbeschaffung ist der Erlös für das ausgeschiedene Wirtschaftsgut als Betriebseinnahme des Pächters zu behandeln. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Ersatzgutes sind bis zur Höhe der Rückstellung mit dieser zu verrechnen; ein übersteigender Betrag wird als Wertausgleichsanspruch aktiviert (vgl. insbesondere BFHE 84, 407, BStBl III 1966, 147). Beim Verpächter ist das Ersatzgut mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Pächters zu aktivieren; gleichzeitig hat der Verpächter den Substanzerhaltungsanspruch aufzulösen (BFH, a.a.O.).

Diese Bilanzierungsgrundsätze sind von der Finanzverwaltung übernommen worden (vgl. die gleichlautenden Ländererlasse vom 9.Mai 1967, BStBl II 1967, 156 und 157; Erlaß des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 2.April 1970 IV B/2 S 2170 - 83/69, Betriebs-Berater --BB-- 1970, 522, und --für land- und forstwirtschaftliche Betriebe-- die einheitlichen Ländererlasse vom 15.März 1979, vgl. dazu Erlaß des Finanzministeriums Niedersachsen vom 2.Oktober 1979 S 2230 - 1 - 311, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1980, 40); sie werden im Schrifttum allgemein gebilligt (Blümich/Ehmcke, Einkommensteuergesetz, 14.Aufl., § 7 Rz.155; Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 5 Anm.287; Hartmann/Böttcher/Nissen/ Bordewin, Einkommensteuergesetz, §§ 4, 5 Rz.176; Herrmann/ Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Anm.1466; Birkholz in Lademann/Söffing/Brockhoff, Einkommensteuergesetz, §§ 4, 5 Anm.151; Nieland in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 EStG Rdnr.949 "Miet- und Pachtverhältnisse"; Knoppe, Betriebsverpachtung, Betriebsaufspaltung, 7.Aufl. 1985, S.118 f.).

bb) Der veröffentlichten Rechtsprechung des BFH lagen durchweg Unternehmenspachtverträge zugrunde, die nach den Grundsätzen der Raum- und Einrichtungspacht zu beurteilen waren, weil in allen Fällen auch Inventar instandzuhalten und zu ersetzen war. Sie betraf jedoch in diesem Rahmen auch die regelmäßig gleichlautende Verpflichtung des Pächters zur Reparatur und Erneuerung von Gebäuden und Gebäudeteilen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19.Juli 1955 I 149/54 S, BFHE 61, 174, BStBl III 1955, 266; in BFHE 84, 171, BStBl III 1966, 61; in BFHE 86, 625, BStBl III 1966, 589). Die Rechtsprechung hat zwar aus steuerrechtlichen Gründen im Rahmen der Einrichtungspacht zwischen zum Anlage- und zum Umlaufvermögen gehörendem Inventar (s. insbesondere in BFHE 119, 478, BStBl II 1976, 717; zur entsprechenden Unterscheidung in der Vertragspraxis U.H. Schneider, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht --JbFSt-- 1982/83, S.397 f.) und innerhalb des Anlagevermögens zwischen Erhaltungsaufwand und Kosten für die Ersatzbeschaffung unterschieden (BFHE 84, 171, BStBl III 1966, 61, 64; Knoppe, a.a.O., S.117 und 126).

Eine weitergehende Differenzierung innerhalb des Anlagevermögens ist aber nicht geboten; wie im Falle der Verpflichtung zum Ersatz des Inventars trägt auch bei der Erneuerung von Gebäudeteilen und Betriebsvorrichtungen bei fehlendem Kostenersatzanspruch des Pächters dieser das Risiko der wirtschaftlichen Entwicklung bei steigenden Wiederbeschaffungskosten, mindestens aber den Wertverzehr auf der Grundlage der historischen Anschaffungskosten oder Herstellungskosten (BFHE 86, 625, BStBl II 1966, 589; Knoppe, a.a.O., S.119 f.). Die Unterscheidung des FG nach Instandhaltungs- und Erneuerungsverpflichtungen, die nur Geschäftsräume betreffen, und solchen, die --nur oder auch-- auf das Inventar bezogen sind, ist damit weder nach Zivilrecht noch nach Steuerrecht begründet.

c) Die Bilanzierung der Pachterneuerungsrückstellung nach den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung steht mit den in der neueren Rechtsprechung des BFH entwickelten allgemeinen Grundsätzen zur Passivierung von Rückstellungen bei schwebenden Geschäften in Einklang.

aa) Die Pachterneuerungsverpflichtung ist wie die Verpflichtung zur Instandhaltung der Sache Teil der im Rahmen des Pachtverhältnisses zu erbringenden Gegenleistung (BFH-Urteile vom 11.November 1964 I 38/62 U, BFHE 84, 144, BStBl III 1966, 53, und in BFHE 119, 478, BStBl II 1976, 717 unter 3. bb).

Das hat der BFH mehrfach für die künftigen Instandhaltungsaufwendungen eines Vermieters entschieden, dessen Instandhaltungsverpflichtung auf einer vertraglichen Vereinbarung beruht; die Verpflichtung zur Erhaltung der vermieteten oder verpachteten Sache gehört --gleichgültig, ob sie auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung beruht (vgl. §§ 536, 586 BGB)-- zum Inhalt eines grundsätzlich ausgeglichenen Vertragsverhältnisses, das nach den Grundsätzen des schwebenden Vertrages nicht bilanziert werden darf (BFH-Urteile vom 17.Februar 1971 I R 121/69, BFHE 101, 513, BStBl II 1971, 391; vom 26.Mai 1976 I R 80/74, BFHE 119, 261, BStBl II 1976, 622). Das gilt auch dann, wenn die Instandhaltung und Instandsetzung von einem Wartungsunternehmen auf eigene Rechnung und Gefahr übernommen wird (BFH-Urteil vom 3.Juli 1980 IV R 138/76, BFHE 131, 57, BStBl II 1980, 648). Entsprechend ist von einem ausgeglichenen Vertragsverhältnis grundsätzlich auch auszugehen, wenn ein Mieter oder Pächter die Kosten für die ihm gesetzlich obliegenden Ausbesserungen oder Erneuerungen zu tragen hat oder wenn er die an sich dem Vermieter oder Verpächter obliegenden Erhaltungs- und Ersatzpflichten vertraglich übernimmt (vgl. bereits RFH-Urteil vom 9.Oktober 1934 I A 237/33, RStBl 1935, 699; vergleichbar --für künftige Instandhaltungsaufwendungen-- auch BFH-Urteil vom 23.Oktober 1985 I R 227/81, BFH/NV 1987, 123). Denn auch die Übernahme dieser Verpflichtung ist Teil des Miet- bzw. Pachtzinses. Dabei kann zwischen der Instandhaltungs- und der Erneuerungsverpflichtung auf Kosten des Nutzungsberechtigten nicht unterschieden werden. Beide Verpflichtungen werden vom Verbot der Bilanzierung schwebender Geschäfte umfaßt, soweit sich Leistung und Gegenleistung im Rahmen des Pachtvertrages ausgeglichen gegenüberstehen.

bb) Die Rechtsprechung hat allerdings auch bei den Instandhaltungsrückstellungen zwischen unselbständigen und selbständigen Nebenverpflichtungen mit genau umrissenem Inhalt unterschieden (vgl. z.B. Urteile in BFHE 119, 261, BStBl II 1976, 622 unter 1., und vom 21.Juli 1976 I R 43/74, BFHE 120, 32, BStBl II 1976, 778; ebenso Herzig, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 1985/86, 70 f.; Woerner StbJb 1984/85, 187: stets selbständige Nebenverpflichtungen).

Der Senat läßt offen, ob er sich dieser Unterscheidung anschließen könnte (ablehnend z.B. Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Anm.1233; Rohse, DStR 1985, 469). Eine selbständige Nebenverpflichtung liegt im Streitfall nicht vor. Die Verpflichtung zur Erhaltung und Erneuerung einer Pachtsache gehört zum typischen Regelungsinhalt eines Pachtvertrages (BFHE 84, 171, BStBl III 1966, 61; BFHE 119, 478, BStBl II 1976, 717; Knoppe, a.a.O., S.34). Sie kann allenfalls dann als selbständige Nebenverpflichtung angesehen werden, wenn der Pächter hinsichtlich seiner Aufwendungen einen Ersatzanspruch gegenüber dem Verpächter hat. Denn nur in diesem Fall sind die Aufwendungen nicht Nutzungsentgelt für die Überlassung der Pachtsache. So liegt der Fall hier nicht.

3. Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Pachtvertrag stehen sich jedoch nicht ausgeglichen gegenüber, solange die Pachterneuerungsverpflichtung nicht erfüllt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt gleicht die Pachterneuerungsrückstellung einen Erfüllungsrückstand im Rahmen des schwebenden Geschäftes aus.

Ein Erfüllungsrückstand in diesem Sinne liegt vor, wenn eine Schuld, die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr (oder früher) hätte erfüllt werden müssen, von einer der Vertragsparteien nicht erfüllt worden ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24.August 1983 I R 16/79, BFHE 140, 167, BStBl II 1984, 273; vom 12.Dezember 1990 I R 153/86, BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479 unter A 4. m.w.N.; Abschn.31c Abs.10 der Einkommensteuer- Richtlinien 1990 --EStR 1990--; zur systematischen Abgrenzung der Rückstellungen wegen drohender Verluste aus schwebenden Geschäften und wegen Erfüllungsrückstandes Groh, BB 1988, 27; zum Erfüllungsrückstand beim Mietverhältnis vgl. BFHE 119, 261, BStBl II 1976, 622). Erfüllungsrückstand bedeutet aber nicht Nichterfüllung einer bereits fälligen Schuld; in Betracht kommt auch die Nichterfüllung einer noch nicht fälligen Schuld.

a) Das setzt allerdings voraus, daß diese als Gegenleistung für eine (teilweise) bereits früher erbrachte Leistung des anderen Vertragspartners entstanden ist (BFH-Urteile vom 5.Februar 1987 IV R 81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845, und vom 8.Oktober 1987 IV R 18/86, BFHE 151, 153, BStBl II 1988, 57; ebenso Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl., § 5 Anm.45 a, und Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Anm.735 f., jeweils m.w.N.). Ist diese Leistung hinreichend konkretisiert, wie dies regelmäßig bei der zeitraumbezogenen Inanspruchnahme der Leistungen eines Vermieters oder Verpächters anzunehmen ist (BFH-Urteil vom 24.Mai 1984 I R 166/78, BFHE 141, 176, BStBl II 1984, 747 für Darlehensnehmer; Döllerer, BB 1974, 1541, 1544; Woerner, StbJb 1984/85, 177, 185), hat der Vertragspartner seine Verpflichtung aus dem Dauerschuldverhältnis erfüllt. Welcher Zeitraum insoweit maßgeblich ist, ergibt sich aus den Vereinbarungen der Parteien. Bei Pachtverträgen ist dies regelmäßig der Pachtzahlungszeitraum (vgl. auch --für Zinszahlungszeitraum-- BFH in BFHE 141, 176, BStBl II 1984, 747 unter 2.8). Dieser umfaßt im Streitfall einen Monat.

b) Dagegen hat der Pächter bei Vereinbarung einer Pachterneuerungsrücklage seine für diesen Zeitraum geschuldete Gegenleistung noch nicht vollständig erbracht.

aa) Nach bürgerlichem Recht befindet er sich damit allerdings nicht im Erfüllungsrückstand. Es fehlt insoweit sowohl an einer unbedingt entstandenen als auch an einer fälligen Schuld. Die Frage, ob ein Erfüllungsrückstand vorliegt, ist aber nicht stets nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. An der im Urteil vom 22.November 1983 VIII R 133/82 (BFHE 140, 69) vertretenen gegenteiligen Auffassung hält der Senat nicht mehr fest. Auch der I.Senat des BFH, der einen Erfüllungsrückstand ebenfalls nur dann angenommen hatte, wenn der Anspruch auf die Leistung im Sinne des bürgerlichen Rechts fällig geworden ist (BFH-Urteile in BFHE 119, 261, BStBl II 1976, 622; vom 8.Dezember 1982 I R 142/81, BFHE 137, 448, BStBl II 1983, 369, und in BFHE 140, 167, BStBl II 1974, 273), hat für den Fall, daß sich am Bilanzstichtag die innerhalb einer Leistungsperiode zu erbringenden Leistungen nicht ausgeglichen gegenüberstehen, seine Rechtsprechung inzwischen aufgegeben (BFH in BFHE 141, 176, BStBl II 1984, 747). Entscheidend ist vielmehr, ob bei der gebotenen wirtschaftlichen Beurteilung der gegenseitigen zeitbezogenen Leistungen im Dauerschuldverhältnis mit der künftigen Zahlung nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten wird (BFH-Urteil vom 19.Mai 1987 VIII R 327/83, BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848) und sich die spätere Erfüllung als zusätzliches, lediglich wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles noch nicht entrichtetes Entgelt für eine bereits frühere erbrachte Leistung darstellt (vgl. BFH in BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845, und in BFHE 151, 153, BStBl II 1988, 57).

bb) Solche besonderen Umstände liegen bei der erst künftig fällig werdenden Erneuerungsverpflichtung des Pächters vor.

Der Verpächter hat seine Verpflichtung zur Nutzungsüberlassung und Fruchtziehung während des Jahres vollständig erfüllt. Der Pächter dagegen müßte an sich den Wertverzehr des Wirtschaftsgutes --berechnet auf der Basis von Wiederbeschaffungskosten-- ausgleichen, um seinerseits seine Verpflichtung voll zu erfüllen. Dies wird er regelmäßig durch Zahlung eines entsprechend höheren Pachtzinses tun (zur Kalkulation des Vermieters bei Mietverträgen vgl. BFH-Urteil in BFHE 151, 153, BStBl II 1988, 57). Ist statt dessen vereinbart, daß er die Erneuerung des Wirtschaftsguts selbst vornehmen muß, ist ihm die vollständige Erfüllung seiner --zur Zahlung des Mietzinses hinzutretenden-- (Sachleistungs-)Verpflichtung erst im Zeitpunkt des Ausscheidens des Wirtschaftsguts (Gebäudeteils, Betriebsvorrichtung) über die Ersatzbeschaffung dieser Anlagen und Einrichtungen möglich. Es handelt sich dabei aber nur um eine Modalität bei der Tilgung des mit Ablauf eines jeden Pachtzahlungszeitraums entstehenden Erfüllungsrückstandes. Ähnliches gilt für Rekultivierungs-, Auffüllungs-, Abbruch- und Entfernungsverpflichtungen des Nutzungsberechtigten, für die kontinuierliche jährliche Rückstellungen nach Maßgabe des Abbaus, Abbruchs etc. während des Nutzungszeitraums gebildet werden können (vgl. z.B. BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845, m.w.N.; Abschn.38 Abs.2 EStR 1990; Schmidt, a.a.O., § 5 Anm.57, m.w.N.).

4. Das FG ist von einer anderen Auffassung ausgegangen; das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht selbst in der Sache entscheiden.

Sie ist nicht spruchreif.

a) Das FG hatte aus seiner rechtlichen Sicht keinen Grund, Feststellungen zur Höhe der Rückstellung zu treffen. Diese bemißt sich nach den Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag (vgl. BFH-Urteile in BFHE 84, 407, BStBl III 1966, 147, und in BFHE 119, 478, BStBl II 1976, 717 m.w.N.); insoweit gilt dasselbe wie für Rekultivierungsverpflichtungen (BFH-Urteil vom 19.Februar 1975 I R 28/73, BFHE 115, 218, BStBl II 1975, 480) und für Entfernungs- und Wiederherstellungsverpflichtungen (BFH-Urteil vom 26.September 1975 III R 15/74, BFHE 117, 257, BStBl II 1976, 110). Die gegen diese Rechtsprechung erhobenen Bedenken (s. z.B. Knoppe, a.a.O., S.123 m.w.N., und Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Anm.740 und 1266 m.w.N.) sind nicht gerechtfertigt. Zwar trifft es zu, daß sich die künftige Verpflichtung des Pächters auf denjenigen Betrag bezieht, den er später tatsächlich aufwenden muß. Unter dem Gesichtspunkt einer wegen Erfüllungsrückständen im Rahmen eines schwebenden Geschäfts gebildeten Rückstellung ist aber von dem Betrag auszugehen, den der Pächter hätte aufwenden müssen, wenn er die ungewisse Verbindlichkeit bereits am Bilanzstichtag hätte erfüllen müssen.

Die Klägerin hat ihre Pachterneuerungsrückstellung auf der Basis der historischen Anschaffungskosten gebildet. Das widerspricht dem Vorsichtsprinzip.

b) Hinzu kommt, daß sich aus Art.4 des Unterpachtvertrages ergibt, daß die Verpflichtung zur Instandhaltung und Erneuerung der Pachtsache erst und nur eintreten soll, wenn diese notwendig werden. Ob das während der Pachtzeit hinreichend wahrscheinlich ist, wird das FG noch festzustellen haben. Dabei ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von der Fortführung des Betriebs durch den Pächter bis zum Ende der Pachtzeit auszugehen. Sollte der Erneuerungsfall bei den einzelnen Anlagen und Einbauten innerhalb der Pachtzeit voraussichtlich nicht eintreten, darf eine Rückstellung nicht gebildet werden; auch für Rückstellungen wegen Erfüllungsrückständen im Rahmen eines schwebenden Vertrages gilt der allgemeine Grundsatz (vgl. BFH-Urteile vom 1.August 1984 I R 88/80, BFHE 142, 226, BStBl II 1985, 44; in BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845; in BFHE 157, 416, BStBl II 1990, 550, und vom 23.Januar 1991 I R 113/88, BFHE 163, 207, BStBl II 1991, 379), daß der Kaufmann mit einer Inanspruchnahme ernstlich rechnen muß. Ist die Nutzungsdauer der Pachtgegenstände kürzer als die Laufzeit des Pachtvertrages oder stimmt sie mit dieser überein, ist die Rückstellung nach der Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter zu bemessen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, daß die Höhe der Rückstellung aufgrund einer typisierenden Betrachtungsweise zu bestimmen ist (vgl. zuletzt BFHE 163, 207, BStBl II 1991, 379 unter 2. am Ende); sie kann deshalb nach dem jährlichen Wertverzehr auf der Basis der Wiederbeschaffungskosten zum jeweiligen Bilanzstichtag gebildet werden. Für die Zeit nach Anschaffung des Ersatzwirtschaftsgutes bzw. nach einer Erneuerung von Einbauten ist die Frage, ob eine Rückstellung dem Grunde oder der Höhe nach zu bilden ist, erneut zu prüfen.

c) Die Rückstellung ist nicht abzuzinsen (vgl. BFH-Urteile vom 12.Dezember 1990 I R 153/86, BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479, und I R 18/89, BFHE 163, 157, BStBl II 1991, 485).

 

Fundstellen

Haufe-Index 63865

BFH/NV 1992, 49

BStBl II 1993, 89

BFHE 167, 322

BFHE 1992, 322

BB 1992, 1389

BB 1992, 1389-1392 (LT)

DB 1992, 1500-1502 (LT)

DStR 1992, 1057 (KT)

HFR 1992, 447 (LT)

StE 1992, 394 (K)

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