Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldzinsen aus Pflichtteilsverbindlichkeit keine Betriebsausgaben - Belastungen des Erben mit Erbfallschulden führen nicht zu Anschaffungskosten - Pflichtteilsverbindlichkeit keine Betriebsschuld

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Pflichtteilsanspruch aufgrund Vereinbarung mit dem Erben eines Betriebs verzinslich gestundet, sind die Schuldzinsen mangels Vorliegens einer Betriebsschuld nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Entsprechendes gilt für den in eine KG eingetretenen Erben eines Kommanditanteils hinsichtlich des Abzugs von Sonderbetriebsausgaben. Soweit die BFH-Urteile vom 19.Mai 1983 IV R 138/79 (BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380), vom 2.April 1987 IV R 92/85 (BFHE 149, 567, BStBl II 1987, 621), vom 28.April 1989 III R 4/87 (BFHE 156, 497, BStBl II 1989, 618) und vom 17.April 1985 I R 101/81 (BFHE 143, 563, BStBl II 1985, 510) hiervon abweichen, sind sie durch die Beschlüsse des Großen Senats vom 4.Juli 1990 GrS 2-3/88 (BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817) und vom 5.Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) überholt.

 

Orientierungssatz

1. An dem BFH-Urteil vom 22.1.1991 VIII R 310/84, in dem der Senat bei Umwandlung einer Zugewinnausgleichsschuld in ein verzinsliches Darlehen eine Betriebsschuld insoweit anerkannt hat, als sie wirtschaftlich auf das Betriebsvermögen entfällt, hält der Senat nicht mehr fest.

2. Die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs kann nicht als entgeltliches Geschäft angesehen werden. Belastungen des oder der Erben mit Erbfallschulden wie Vermächtnisverbindlichkeiten, Pflichtteilsverbindlichkeiten oder Erbersatzverbindlichkeiten führen nicht zu Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter des Nachlasses (vgl. BFH-Rechtsprechung).

3. Pflichtteilsverbindlichkeiten, die mit dem Erbfall eines Betriebsvermögens entstanden sind, bilden regelmäßig keine Betriebsschulden i.S. des § 103 Abs. 1 BewG. Die Annahme einer Betriebsschuld ist allerdings möglich, wenn die Erbfallschuld zunächst durch Entnahme liquider Mittel aus dem Betriebsvermögen getilgt wird und anschließend betriebliche Aufwendungen mit Kreditmitteln bestritten werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).

4. Der Abzug von Schuldzinsen als Betriebsausgaben hängt grundsätzlich davon ab, daß die Zinsen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlaßt ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Die Grundsätze des Großen Senats des BFH im Beschluß vom 4.7.1990 GrS 2-3/88 gelten entsprechend für den Abzug von Schuldzinsen als Sonderbetriebsausgaben.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 4, § 5 Abs. 1, § 12 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2; BewG 1974 § 103 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betreibt eine Maschinenfabrik in A. Streitig ist noch, ob Zinsen für eine Pflichtteilsschuld zweier Kommanditisten im Streitjahr 1980 Sonderbetriebsausgaben darstellen und ob die Pflichtteilsverbindlichkeit bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens auf den 1.Januar 1981 als Betriebsschuld anzusetzen ist.

Der ursprünglich alleinige Kommanditist der Klägerin, B, hatte mit Testament vom 7.Februar 1980 zu Erben seines Gesellschaftsanteils seine zwei Kinder C und D sowie den minderjährigen Enkel E zu je 1/3 eingesetzt. Nach dem Erbfall vom 29.Februar 1980 schlug der Vater des E für diesen am 29.März 1980 das Erbe aus, während die Erben C und D als Kommanditisten in die Klägerin eintraten. Nach anwaltlichen Verhandlungen wurde mit notariellem Vertrag vom 12.September 1980 der Pflichtteil des E auf 4 640 000 DM festgelegt. Davon wurden ein Betrag von 110 000 DM zum 30.September 1980 mit dem Kaufpreis für ein Haus auf ... und der Betrag von 30 000 DM zum 1.Oktober 1980 mit dem Kaufpreis für ein zum Nachlaß gehörendes Boot verrechnet. Der verbleibende Restbetrag von 4 500 000 DM war in Raten von 1 Mio DM zum 30.September 1980 und sodann in Höhe von je 500 000 DM halbjährlich bis 31.Dezember 1983 zu zahlen. Für den jeweils noch offenen Betrag wurde eine Verzinsung von jährlich 6 v.H. ab 1.Oktober 1980 vereinbart. In Höhe von 3 500 000 DM sollte eine Grundschuld an allen Nachlaßgrundstücken eingetragen werden.

Die Klägerin erfaßte die im Streitjahr 1980 gezahlten Schuldzinsen von 52 500 DM als Betriebsausgaben. Dagegen stellte sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nach einer Außenprüfung auf den Standpunkt, daß es sich bei der Pflichtteilsverbindlichkeit um eine private Erbfallschuld handele und änderte den Feststellungsbescheid 1980 dementsprechend. Ferner ließ es diese Schuld im geänderten Bescheid über die Einheitsbewertung des gewerblichen Betriebsvermögens auf den 1.Januar 1981 unberücksichtigt. Einspruch und Klage blieben --letztere nach Beiladung der Kommanditisten-- erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß der Betriebsausgabenabzug der Schuldzinsen das Vorliegen einer Betriebsschuld voraussetze. Hier sei jedoch eine notwendige Privatschuld gegeben. Die Annahme einer geborenen, erfolgsneutral einzubuchenden Betriebsschuld widerspreche dem für die Abgrenzung maßgebenden Veranlassungsprinzip. Die Pflichtteilsverbindlichkeit sei auch nicht im Wege der Novation zu einer betrieblichen Schuld geworden. Die Beteiligten hätten sich vielmehr lediglich auf eine verzinsliche Stundung der Pflichtteilsschuld geeinigt, durch die sich diese nicht in eine Betriebsschuld verwandelt habe.

Mit der vom FG zugelassenen Revision wird Verletzung materiellen Rechts gerügt. Entgegen dem FG-Urteil sei eine Novation gegeben. Hinsichtlich des Betrags von 4 500 000 DM sei anstelle des Pflichtteilsanspruchs ein verzinsliches und grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen vereinbart worden. Der Nachlaß bestehe zudem ausschließlich aus Betriebsvermögen, wie dargelegt wird. Die Geltendmachung des Pflichtteils komme wirtschaftlich einer Erbauseinandersetzung gleich. Insoweit habe das FG auch nicht berücksichtigt, daß E in der notariellen Vereinbarung auf sämtliche Ansprüche an den Nachlaß verzichtet habe, u.a. auf den Einwand der Nichtigkeit des Erbvertrags vom 7.Februar 1980.

Die Klägerin beantragt, zum Teil sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils sowie der Einspruchsentscheidung den Gewinnfeststellungsbescheid 1980 vom 21.Juli 1983 und den Einheitswertbescheid auf den 1.Januar 1981 vom 28.Juli 1983 dahingehend zu ändern, daß im Rahmen der Gewinnfeststellung Schuldzinsen in Höhe von 52 500 DM je zur Hälfte als Sonderbetriebsausgaben der Beigeladenen und bei der Einheitswertfeststellung der E zum 1.Januar 1981 geschuldete Betrag von 3 552 500 DM als Betriebsschuld berücksichtigt werden, hilfsweise festzustellen, daß es sich bei der Pflichtteilsschuld gegenüber E von Anfang an um eine betriebliche Verbindlichkeit handle.

Das FA beantragt unter Hinweis auf die Unzulässigkeit des Hilfsantrags sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist hinsichtlich des Hilfsantrags gemäß §§ 41 Abs.2 Satz 1, 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 41 Rz.32-33), im übrigen nicht begründet. Das FG hat rechtsfehlerfrei den Betriebsausgabenabzug der strittigen Schuldzinsen im Rahmen des Sonderbetriebsvermögens der Kommanditisten abgelehnt und hinsichtlich der Einheitswertfeststellung auf den 1.Januar 1981 der Pflichtteilsverbindlichkeit die Eigenschaft als Betriebsschuld versagt.

1. a) Sonderbetriebsausgaben von Gesellschaftern einer Personengesellschaft sind nach ständiger Rechtsprechung in die Gewinnermittlung der Personengesellschaft nach § 15 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einzubeziehen (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9.April 1981 IV R 178/80, BFHE 133, 293, 295, BStBl II 1981, 621, und vom 19.Mai 1983 IV R 138/79, BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380). Sie setzen entsprechend der Definition der Betriebsausgaben in § 4 Abs.4 EStG Aufwendungen voraus, die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlaßt sind. Eine betriebliche Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb (Sonderbetriebsvermögen) zusammenhängen und ihm subjektiv zu dienen bestimmt sind. Der Abzug von Schuldzinsen als Betriebsausgaben hängt, wie der Große Senat im Beschluß vom 4.Juli 1990 GrS 2-3/88 (BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, Ziffer C II 2 a der Gründe) bestätigt hat, grundsätzlich davon ab, daß die Zinsen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlaßt ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Maßgebend ist hiernach der tatsächliche Verwendungszweck des Darlehens. Der Große Senat hat ferner klargestellt (a.a.O., Ziffer C II 3 a der Gründe), daß Schuldzinsen nicht allein kraft einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen, es liege eine Betriebsschuld vor, sondern nur dann als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn mit den Darlehensmitteln betrieblich veranlaßte Aufwendungen getätigt werden. Auch ein Darlehen, das zur Ablösung eines Kredits aufgenommen wurde, ist daher nur insoweit als Betriebsschuld passivierbar, als die getilgte Kreditschuld dem Betriebsvermögen zuzurechnen war (BFH-Beschluß in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, Ziffer C II 3 d der Gründe). Da es entscheidend auf den tatsächlichen Verwendungszweck des Kredits ankommt, ist für den betrieblichen Zusammenhang unbeachtlich, ob der Steuerpflichtige die mit Darlehen finanzierten Aufwendungen auch durch eigene Mittel hätte bestreiten können oder ob der Betrieb über aktives Betriebsvermögen oder stille Reserven verfügt, die zur Deckung der Betriebsschuld hinzugezogen werden könnten (a.a.O., Ziffer C II 3 e der Gründe).

Diese Grundsätze gelten entsprechend für den Abzug von Sonderbetriebsausgaben.

b) Schuldzinsen sind jedenfalls dann betrieblich veranlaßt, wenn der sie auslösende Kredit zur Finanzierung von Anschaffungskosten für Wirtschaftsgüter verwendet wird, die zur Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte aus Gewerbebetrieb genutzt werden sollen (Senatsurteil vom 14.Juni 1988 VIII R 252/82, BFHE 154, 72, BStBl II 1988, 992). Dies ist bei einer Pflichtteilsschuld nicht der Fall. Das FG-Urteil steht mit der ständigen BFH-Rechtsprechung in Einklang, wenn es die hier gegebene Pflichtteilsverbindlichkeit als private Schuld gewertet hat. Denn der Pflichtteilsanspruch entsteht gemäß § 2317 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch den Erbfall, der nach ständiger Rechtsprechung ausschließlich der Privatsphäre zuzuordnen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.April 1985 I R 101/81, BFHE 143, 563, BStBl II 1985, 510). Ist der Erbfall in einkommensteuerrechtlicher Sicht notwendig ein privater (außerbetrieblicher) Vorgang und damit der Erwerb durch Erbfall ein privater Erwerb, so müssen notwendig auch Erbfallschulden, insbesondere Vermächtnis- und Pflichtteilsschulden private Verbindlichkeiten sein. Die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs kann mithin nicht als entgeltliches Geschäft angesehen werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2.April 1987 IV R 92/85, BFHE 149, 567, BStBl II 1987, 621). Den von der ständigen BFH-Rechtsprechung seit den Urteilen vom 6.Oktober 1959 I 115/59 U (BFHE 70, 2, BStBl III 1960, 2) und vom 12.Februar 1960 IV 184/58 U (BFHE 70, 459, BStBl III 1960, 172) vertretenen Grundsatz, daß Belastungen des oder der Erben mit Erbfallschulden wie Vermächtnis-, Pflichtteils- oder Erbersatzverbindlichkeiten nicht zu Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter des Nachlasses führen, hat der IV.Senat zuletzt im Urteil vom 17.Oktober 1991 IV R 97/89 (BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392, Ziffer III 1 der Gründe) bestätigt. Von dieser Rechtsprechung ist auch der Große Senat im Beschluß vom 5.Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) ausgegangen, wenn er ausführt, daß die Erbauseinandersetzung nach der gesetzlichen Regelung des BGB mit der Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten, insbesondere der Erbfallschulden, z.B. aus Pflichtteilen und Vermächtnissen, eingeleitet wird (Ziffer C II 1 c der Gründe). Dementsprechend stellt die Erfüllung eines Sachvermächtnisses aus einem Betriebsvermögen nach der Entscheidung des Großen Senats (a.a.O.) einen privaten Vorgang dar, der zu einer Entnahme führt. Dies schließt es aus, in der Tilgung einer Erbfallschuld einen Anschaffungsvorgang durch den Erben zu sehen.

c) Die Erfüllung einer Pflichtteilsverbindlichkeit kann entgegen der Ansicht der Klägerin nicht einer entgeltlichen Erbauseinandersetzung unter Miterben gleichgestellt werden.

Nach der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837 ist die Erbauseinandersetzung unter Miterben ertragsteuerrechtlich unterschiedlich zu werten je nach dem, welche Gestaltung gewählt wird. Bei einer Naturalteilung des Nachlasses entsprechend den jeweiligen Erbanteilen ist kein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft gegeben; denn an der kraft Gesetzes unentgeltlichen Rechtsnachfolge durch den Erbfall ändert sich nichts, wenn lediglich der erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch erfüllt wird. Anderes gilt nur, falls ein Miterbe im Rahmen der Auseinandersetzung mehr erhält, als ihm erbrechtlich zusteht, und dafür Abfindungszahlungen leistet oder wenn er den Anteil eines weiteren Miterben hinzuerwirbt.

Auch der Hinweis der Klägerin darauf, daß im vorliegenden Fall der Pflichtteilsanspruch des E erst durch Ausschlagung seiner Miterbschaft entstanden sei und diese Ausschlagung durch die testamentarisch angeordnete langjährige Testamentsvollstreckung mit einem Auseinandersetzungsverbot für die Miterben veranlaßt worden sei, fällt bei der ertragsteuerlichen Beurteilung des Sachverhalts nicht entscheidend ins Gewicht. Denn die Entstehung der Pflichtteilsschuld im privaten Bereich bleibt hiervon unberührt. Zudem würden bei einer differenzierenden Wertung von Pflichtteilsverbindlichkeiten entsprechend der Art und Weise ihrer Entstehung mindestens wirtschaftlich gleich liegende Fallgestaltungen ungleich behandelt werden.

Soweit es der Große Senat in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, 845 (Ziffer C II 3 der Gründe) als möglich ansieht, daß durch einen Miterben übernommene private Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft bei ihm zu Betriebsschulden werden, handelt es sich um Fälle der Teilauseinandersetzung unter Miterben. Denn die insoweit vom Großen Senat zitierte BFH-Entscheidung vom 6.Februar 1987 III R 203/83 (BFHE 149, 163, BStBl II 1987, 423) betrifft die Fallgestaltung, daß ein Miterbe ein zum Privatvermögen des Erblassers gehörendes Grundstück gegen Abfindung zur Nutzung in seinem Betrieb erwirbt. Insoweit liegt auch nach der Entscheidung des Großen Senats ein Anschaffungsvorgang im Bereich des Betriebsvermögens des übernehmenden Miterben vor. Für die Beurteilung der Erfüllung von Pflichtteilsverbindlichkeiten läßt sich aus diesem Urteil des III.Senats in BFHE 149, 163, BStBl II 1987, 423 nichts folgern; der III.Senat hat denn auch diese Frage ausdrücklich offen gelassen (Ziffer 2 b ee der Gründe).

Auch aus dem BFH-Beschluß vom 5.Juli 1990 GrS 4-6/89 (BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847) zur vorweggenommenen Erbfolge ergibt sich nichts anderes. In diesem Beschluß hat der Große Senat die Übertragung von Vermögensgegenständen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge als entgeltliches Geschäft beurteilt, wenn im Rahmen dieses Vorgangs vom Übernehmer des Vermögens Gleichstellungsgelder gezahlt werden. Die Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen kann jedoch der Zahlung von Abfindungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge nicht gleichgestellt werden, weil im letzteren Fall der Erwerb des Vermögensgegenstands und die Zahlung der Abfindung auf einem entgeltlichen Rechtsgeschäft der Beteiligten beruhen (ebenso Groh, Der Betrieb --DB-- 1992, 444, 446).

d) Der Veranlassungszusammenhang der Schuldzinsen mit dem privaten Vorgang des Erbens wird, wie das FG ebenfalls zutreffend entschieden hat, auch nicht durchbrochen, wenn der Erbe mit den Pflichtteilsberechtigten die verzinsliche Stundung der Pflichtteilsverbindlichkeit vereinbart. Denn durch eine solche Stundungsvereinbarung bleibt der private Charakter der Pflichtteilsschuld unberührt; dabei läßt der Senat unerörtert, ob auf Grund einer Stundungsabrede eine Novation angenommen werden könnte. Hinsichtlich Schuldzinsen für ein Darlehen zur Erfüllung einer Vermächtnisschuld hat der BFH im Urteil vom 28.April 1992 IX R 178/88 (BFH/NV 1992, 658) bereits die Werbungskosteneigenschaft bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verneint, weil die Zinsen nicht durch die Einkunftserzielung, sondern durch eine letztwillige Verfügung veranlaßt seien. Geht es um Schuldzinsen für eine Pflichtteilsverbindlichkeit, kann nichts anderes gelten, da sie ebenfalls eine Erbfallschuld darstellt.

Allerdings hat der IV.Senat in den Urteilen in BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380 und in BFHE 149, 567, BStBl II 1987, 621 bei Ablösung eines Pflichtteilsanspruchs mit Hilfe eines Darlehens die Schuldzinsen dennoch insoweit als Betriebsausgaben anerkannt, als der Pflichtteilsanspruch aus übergegangenem Betriebsvermögen herrühre; in diesem Umfang sei das Darlehen als Betriebsschuld einzubuchen. Dem ist der III.Senat mit Urteil vom 28.April 1989 III R 4/87 (BFHE 156, 497, BStBl II 1989, 618) für den Fall der Umwandlung eines Pflichtteilsanspruchs in ein Darlehen gefolgt; das gelte auch für eine "Stundungsabrede", die in ihrem rechtlichen Gehalt einem Vereinbarungsdarlehen gleichkomme. Dagegen hat der I.Senat im Urteil in BFHE 143, 563, BStBl II 1985, 510 zur Erfüllung einer Erbersatzverbindlichkeit mit Kredit daran festgehalten, daß es sich unabhängig von der buchmäßigen Behandlung und dinglichen Sicherung am betrieblichen Grundvermögen um eine Privatschuld handele; jedoch könne sich diese Privatschuld, soweit entnahmefähige Barmittel vorhanden seien, in eine Betriebsschuld umwandeln.

An dieser Rechtsprechung vermag der Senat im Hinblick auf die bereits wiedergegebenen Entscheidungen des Großen Senats in den Beschlüssen in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 und BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837 nicht mehr festzuhalten (ebenso Groh, DB 1992, 444, 446).

Allein die wirtschaftliche Belastung eines Betriebs als Bestandteil des Nachlasses mit einer Pflichtteilsschuld reicht abweichend von den Urteilen in BFHE 149, 567, BStBl II 1987, 621 und in BFHE 156, 497, BStBl II 1989, 618 für die betriebliche Veranlassung des Schuldzinsenabzugs nicht aus. Der Pflichtteilsanspruch ist nicht gegenständlich konkretisiert in bezug auf das Betriebsvermögen oder einzelne betriebliche Wirtschaftsgüter (vgl. zum Erwerb eines Nacherbrechts Senats- urteil in BFHE 154, 72, BStBl II 1988, 992).

Die betriebliche Veranlassung folgt auch nicht daraus, daß "es der Erhaltung der Erwerbsquelle gewerblicher Betrieb dient, wenn die Erbfallschuld ... zunächst nicht aus Mitteln des Betriebs zurückgezahlt wird" (so aber Reiß in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 16 Rdnr.B 83, S.61 f.). Denn Aufwendungen, um erbrechtliche Ansprüche gegen den Betriebsinhaber abzuwehren, sind nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht betrieblich veranlaßt (vgl. Senatsurteil vom 31.Juli 1985 VIII R 345/82, BFHE 145, 139, BStBl II 1986, 139). Ausnahmen hiervon kommen nur in Betracht, wenn es um eine entgeltliche Erbauseinandersetzung im Sinne des Beschlusses in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837 geht oder die Inhaberschaft eines Unternehmens bzw. einer Mitunternehmerstellung in Frage gestellt wird (vgl. Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., §§ 4, 5 EStG Rdnr.2021).

Soweit in den Urteilen in BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380; BFHE 149, 567, BStBl II 1987, 621, und in BFHE 156, 497, BStBl II 1989, 618 der Betriebsausgabenabzug der Schuldzinsen damit gerechtfertigt wurde, daß die Schuld in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit künftigen gewerblichen Einkünften stehe, kann dem für die Fallgestaltung nicht mehr gefolgt werden, daß die Schuld oder das zu ihrer Tilgung aufgenommene Darlehen in die Privatsphäre des Schuldners fällt (Großer Senat in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817; Groh, a.a.O.; so auch schon Wolff-Diepenbrock, DB 1989, 1434, und Wassermeyer, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1986, 771, 777; a.A. z.B. Biergans, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1991, 381, 387; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 8.Aufl., 732, und Tiedtke, Finanz-Rundschau --FR-- 1984, 157, 161 f.).

Ebensowenig läßt sich der Betriebsausgabenabzug von Schuldzinsen für eine Pflichtteilsverbindlichkeit damit begründen, daß der Pflichtteilsanspruch anerkanntermaßen (vgl. den dem BFH-Urteil vom 14.Februar 1973 I R 131/70, BFHE 108, 527, BStBl II 1973, 395 zugrunde liegenden Sachverhalt) in eine stille Beteiligung am Unternehmen des Schuldners umgewandelt werden könnte. Denn die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft begründet einen eigenständigen Besteuerungstatbestand, der bei Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen vom Entstehungsgrund unabhängig ist. Die stille Gesellschaft setzt handelsrechtlich (§ 230 des Handelsgesetzbuches --HGB-- n.F., § 335 HGB a.F.) und ertragsteuerrechtlich --abweichend vom Darlehen-- vor allem eine Einlage des Stillen in das Vermögen des Geschäftsinhabers voraus (vgl. Senatsurteil vom 26.Juni 1990 VIII R 81/85, BFHE 161, 472, Ziff.3 c der Gründe m.w.N.). Daß das, was für die stille Gesellschaft Rechtens ist, nicht ohne weiteres für ein Darlehensverhältnis gilt, zeigt sich auch an der gesetzlichen Unterscheidung in § 20 Abs.1 Nr.4 EStG für den stillen Gesellschafter und den Inhaber eines partiarischen Darlehens einerseits und nach § 20 Abs.1 Nr.7 EStG für sonstige Darlehensgläubiger andererseits.

Die Anerkennung einer Betriebsschuld bei Stundung einer Pflichtteilsverbindlichkeit durch das Urteil in BFHE 156, 497, BStBl II 1989, 618 läßt sich nicht mehr aufrechterhalten, weil nach der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 eine private Verbindlichkeit nicht allein auf Grund einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen zu einer Betriebsschuld gemacht werden kann.

Auch die in BFHE 143, 563, BStBl II 1985, 510 vertretene Lösung, es für die Annahme einer Betriebsschuld schon genügen zu lassen, wenn im Betriebsvermögen genügend liquide Mittel zur Tilgung der Pflichtteilsverbindlichkeit vorhanden seien, ist mit der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 (Ziffer C II 5 f der Gründe) insoweit nicht vereinbar, als sie der zwingenden Zuordnung von Verbindlichkeiten nach Maßgabe der tatsächlichen Mittelverwendung widerspricht. Die Annahme einer Betriebsschuld ist hiernach nur noch in der Weise möglich, daß die Erbfallschuld zunächst durch Entnahme liquider Mittel aus dem Betriebsvermögen getilgt wird und anschließend betriebliche Aufwendungen mit Kreditmitteln bestritten werden (BFH-Beschluß, a.a.O., Ziffer C II 3 e der Gründe; Söffing, FR 1991, 189, und Wacker, Betriebs-Berater 1991, 248, 252, 254).

Der IV., III. und I.Senat haben der Abweichung des erkennenden Senats von den bezeichneten Urteilen zugestimmt; der I.Senat mit der --hier nicht entscheidungserheblichen-- Einschränkung, daß eine Privatschuld nach wie vor durch tatsächliche Maßnahmen in eine Betriebsschuld umgewandelt werden könne.

Der Senat weicht möglicherweise auch von seinem früheren Urteil vom 22.Januar 1991 VIII R 310/84 (BFH/NV 1991, 594) ab. In dieser Entscheidung hat der Senat im Anschluß an das Urteil des IX.Senats vom 24.Januar 1989 IX R 111/84 (BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706) bei Umwandlung einer Zugewinnausgleichsschuld in ein verzinsliches Darlehen eine Betriebsschuld insoweit anerkannt, als sie wirtschaftlich auf das Betriebsvermögen entfalle. Hieran hält der Senat nicht mehr fest. Eine Divergenzanfrage beim IX.Senat erübrigt sich, denn auch der IX.Senat hat die im Urteil in BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706 vertretene Auffassung inzwischen aufgegeben (Urteil vom 8.Dezember 1992 IX R 68/89, BFHE 170, 134).

2. Geht man von den vorstehenden Rechtsgrundsätzen aus, ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch soweit die Pflichtteilsschuld von den Beteiligten verzinslich gestundet wurde, handelt es sich nach wie vor um eine private Verbindlichkeit, die nicht zu einer Betriebsschuld gewillkürt werden konnte.

Die Sache ist spruchreif. Es ist weder vom FG festgestellt noch --mit durchgreifenden Verfahrensrügen-- geltend gemacht, daß die Pflichtteilsschuld durch Entnahme betrieblicher Mittel getilgt und anschließend ein Betriebskredit aufgenommen worden wäre. Infolgedessen sind die im Streitjahr hierauf gezahlten Schuldzinsen nicht als Sonderbetriebsausgaben abziehbar.

3. Das FG hat ferner hinsichtlich der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens auf den 1.Januar 1981 rechtsfehlerfrei erkannt, daß die Pflichtteilsverbindlichkeit keine Betriebsschuld bildet. Gemäß § 103 Abs.1 des Bewertungsgesetzes (BewG) werden Schulden als Betriebsschulden nur insoweit abgezogen, als sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang liegt bei Pflichtteilsverbindlichkeiten, die mit dem Erbanfall eines Betriebsvermögens entstanden sind, nach den Ausführungen unter Ziffer 1 der Gründe noch nicht vor. Da es bewertungsrechtlich auf den Willen des Betriebsinhabers, ob eine Betriebsschuld vorliegt, nicht ankommt (vgl. Gürsching/ Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 9.Aufl., § 103 BewG Anm.20), scheidet die Annahme einer gewillkürten Betriebsschuld von vornherein aus.

4. Hiernach war die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64725

BFH/NV 1993, 46

BStBl II 1994, 619

BFHE 170, 566

BFHE 1993, 566

BB 1993, 1268

BB 1993, 1268-1271 (LT)

DB 1993, 1398-1401 (LT)

DStR 1993, 1016 (KT)

DStZ 1993, 493 (KT)

HFR 1993, 498 (LT)

StE 1993, 338 (K)

WPg 1994, 695 (L)

StRK, R. 282 (LT)

FR 1993, 510 (KT)

Information StW 1993, 407 (KT)

NJW 1993, 3222

NJW 1993, 3222-3224 (LT)

FamRZ 1994, 36-39 (LT)

MittBayNot 1994, 69-71 (LT)

ZAP, EN-Nr 689/93 (S)

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