Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentsvollstreckung: Klagebefugnis des Testamentsvollstreckers, Befugnis für Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, Tatbestand der Einkünfteerzielung, Passivlegitimation nach § 2213 BGB, keine Streitgenossenschaft zwischen Erbe und Testamentsvollstrecker - Voraussetzungen einer Beiladung - Auslegung einer Klageschrift - Anwendbarkeit der Grundsätze zur Betriebsverpachtung bei Wegfall der Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung, Aufleben des Verpächterwahlrechts - Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung

 

Leitsatz (amtlich)

Macht das FA eine nach dem Erbfall entstandene Einkommensteuerschuld des Erben gegenüber ihm als Steuerschuldner geltend, sind durch diesen Steuerbescheid rechtliche Interessen des Testamentsvollstreckers selbst dann nicht berührt, wenn und soweit die Einkommensteuer als Nachlaßerbenschuld anzusehen wäre; der Testamentsvollstrecker ist deshalb weder klagebefugt noch befugt, die Aussetzung der Vollziehung dieses Steuerbescheides zu beantragen.

 

Orientierungssatz

1. Die Testamentsvollstreckung begründet zwar Verwaltungsbeschränkungen und Verfügungsbeschränkungen des Erben; sie berührt aber nicht den Tatbestand der Einkunftserzielung, der nach dem Tode des Erblassers allein von den Erben verwirklicht wird. Die einkommensteuerlichen Ansprüche richten sich --auch soweit sie aus Erträgen des Nachlaßvermögens resultieren-- gegen die Erben, nicht gegen den Nachlaß. Der Nachlaß selbst ist weder Einkommensteuersubjekt noch Körperschaftsteuersubjekt.

2. § 2213 BGB regelt die Passivlegitimation für alle Ansprüche, die sich gegen den Nachlaß richten, gleich welcher Verfahrensart und welcher Gerichtsbarkeit. Wird ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, nicht gegenüber dem Testamentsvollstrecker, sondern gegenüber dem Erben geltend gemacht, ist eine Zwangsvollstreckung in den Nachlaß nur zulässig aufgrund eines gegen den Testamentsvollstrecker selbst gerichteten Titels, der entweder auf Leistung oder Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet sein kann.

3. Erbe und Testamentsvollstrecker sind in einem gegen den Erben gerichteten finanzgerichtlichen Verfahren mangels Rechtskrafterstreckung der Entscheidung gegenüber dem Testamentsvollstrecker keine notwendigen Streitgenossen.

4. Einfache und notwendige Beiladung nach § 60 FGO setzen voraus, daß die Rechte des Dritten nach den Steuergesetzen berührt sein können.

5. Eine Klageschrift ist auslegungsfähig. Die Bezeichnung der Beteiligten in der Klageschrift ist nicht allein für die Beteiligtenstellung maßgebend; vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der Beteiligtenbezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizumessen ist. Dabei gilt für das finanzgerichtliche Verfahren die Besonderheit, daß bei Auslegung einer beim FG eingereichten Klage auch die im Zeitpunkt des Klageeingangs dem FA bekannten oder vernünftigerweise erkennbaren Umstände mitzuberücksichtigen sind.

6. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Grundsätze zur Betriebsverpachtung bei Wegfall der tatsächlichen Voraussetzungen für die Betriebsaufspaltung anwendbar sind und ob bei einer Betriebsverpachtung, die zunächst die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt, nach Wegfall der personellen Voraussetzungen für die Betriebsaufspaltung das --durch die Grundsätze der Betriebsaufspaltung zunächst verdrängte-- Verpächterwahlrecht wieder auflebt.

7. Durch die Verknüpfung der Aussetzung der Vollziehung mit einer Sicherheitsleistung sollen Steuerausfälle bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang vermieden werden.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1; FGO § 40 Abs. 2, §§ 59, 69 Abs. 2; BGB §§ 2205, 2209; FGO § 60 Abs. 1, 3; BGB § 133; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16; FGO § 65 Abs. 1; KStG 1977 § 1 Abs. 1 Nr. 5; BGB §§ 2213-2214; ZPO §§ 62, 748

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer zu 2 (im folgenden A) ist Alleinerbe nach seinem am 23. Mai 1983 verstorbenen Vater (im folgenden V). Der Erblasser hat für den gesamten Nachlaß Dauertestamentsvollstreckung bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres seines am 15. Oktober 1960 geborenen Sohnes angeordnet. Testamentsvollstrecker ist seit dem 21. Dezember 1983 der Antragsteller und Beschwerdeführer zu 1 (im folgen- den T).

Zum Nachlaß gehörten u.a. Anteile an der V-GmbH sowie der Grundbesitz A-Straße, der an die GmbH verpachtet war. Auf diesem Grundstück hatte der Erblasser bis zum 31. Mai 1977 unter der Bezeichnung Autohaus V eine VW-Werkstätte mit Kfz-Handel betrieben. Mit notariellem Vertrag vom 3. Mai 1977 hatte der Erblasser (Beteiligung 99,5 v.H.) zusammen mit Frau M, der Mutter des A (Beteiligung 0,5 v.H.), die Firma V-GmbH gegründet. Entsprechend der Verpflichtung im Gesellschaftsvertrag übertrug der Erblasser das gesamte Umlaufvermögen, die 650 000 DM übersteigenden Verbindlichkeiten und die Rückstellungen des Einzelunternehmens zu den Buchwerten der Bilanz zum 31. Mai 1977 auf die GmbH. Das nicht in die GmbH eingebrachte Anlagevermögen der bisherigen Einzelfirma, den betrieblich genutzten Grundbesitz A-Straße sowie alle zur Kfz-Werkstätte gehörenden Einrichtungsgegenstände und Vorrichtungen, verpachtete der Erblasser entsprechend einer weiteren gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung für zunächst 10 Jahre an die GmbH, die das "Pachtobjekt" nach Beendigung des Vertrages in ordnungsgemäßem Zustand und nach Durchführung aller notwendigen Renovierungen zurückzugeben hatte. Die Pächterin war verpflichtet, Maschinen, Werkzeuge, Geräte und dergleichen zahlenmäßig zu erhalten und notwendig werdende Ersatzbeschaffungen auf ihre Kosten vorzunehmen. Mit notariellen Verträgen vom 12. August 1977 übertrug der Erblasser jeweils einen Anteil von 10 v.H. des Stammkapitals und 10 v.H. seiner Gesellschafterdarlehensforderung auf Frau M und jeweils 42 v.H. des Stammkapitals an der GmbH sowie 42 v.H. seiner Gesellschafterdarlehensforderung auf A. Dieser war verpflichtet, seiner Mutter unentgeltlich und uneingeschränkt den lebenslänglichen Nießbrauch an seinen Geschäftsanteilen mit allen Nebenrechten einschließlich des Stimmrechts einzuräumen. Im Zeitpunkt des Todes des Erblassers waren dieser mit 47,75 v.H., Frau M mit 10,25 v.H. und A mit 42 v.H. am Stammkapital der GmbH beteiligt.

Mit notariellem Vertrag vom 13. September 1984 wurde ein Großteil des Grundbesitzes A-Straße zum 1. Oktober 1985 durch T veräußert.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) folgte im Einkommensteuerbescheid 1985 vom 17. Dezember 1987 zunächst den Angaben in der durch T unterschriebenen Einkommensteuererklärung und setzte unter Vorbehalt der Nachprüfung die Einkommensteuer auf O DM fest. Der Bescheid wurde an T --lediglich mit Namensangabe-- adressiert "für Herrn A". Im Anschluß an eine Betriebsprüfung beurteilte das FA die Veräußerung des Grundstücks A-Straße als Aufgabe der gewerblichen Betriebsverpachtung und erfaßte den Aufgabegewinn in dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1985 vom 13. September 1989. Auch dieser Bescheid wurde T mit dem Zusatz "für A" bekanntgegeben. Hiergegen erhob T mit Schriftsatz vom 19. September 1989 "als Testamentsvollstrecker für den .... Nachlaß des verstorbenen V und den Erben", A, Einspruch mit der Begründung, bereits im Veranlagungsjahr 1977 seien die Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsaufspaltung entfallen; die stillen Reserven hätten deshalb bereits 1977 erfaßt werden müssen. Hilfsweise wandte er sich gegen die Berechnung des Veräußerungsgewinns. Das FA setzte antragsgemäß die Vollziehung des angefochtenen Bescheides bis zur Entscheidung über den Einspruch aus, was wiederum T "für A" bekanntgegeben wurde.

Der Einspruch blieb zum überwiegenden Teil ohne Erfolg. Das FA vertrat die Auffassung, nach Wegfall der personellen Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsaufspaltung sei bis zur Veräußerung des Grundbesitzes A-Straße von einer gewerblichen Betriebsverpachtung auszugehen. In Übereinstimmung hiermit hätten der Erblasser und anschließend A in den Jahren 1983 bis 1985 Einkünfte aus gewerblicher Betriebsverpachtung erklärt. Dementsprechend seien bei der Veräußerung des Grundstückes A-Straße auch die Vertragsbeteiligten von der Zugehörigkeit des Grundstücks zum Betriebsvermögen der Einzelfirma Autohaus V ausgegangen. Erst die Veräußerung bzw. Entnahme eines wesentlichen Teils des verpachteten Betriebsvermögens, des Grundbesitzes A-Straße, habe zur Aufgabe des Betriebes geführt. Lediglich hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsgewinnes hatte der Einspruch zum Teil Erfolg.

Die Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 1992 über den Einspruch des A, "vertreten durch den Notar" T, "vom 19.9.1989" wurde T bekanntgegeben.

Am 29. Dezember 1992 ging beim Finanzgericht (FG) der Schriftsatz des T vom 28. Dezember 1992 ein, der im Betreff die Einspruchsentscheidung des FA vom 4. Dezember 1992 bezeichnet und dann wörtlich fortfährt: "Gegen die vorgenannte Einspruchsentscheidung vom 4.12.1992 erhebe ich als Testamentsvollstrecker für den Nachlaß des am 23. O5.1983 verstorbenen Herrn V, der von seinem Sohn ... (A) ... beerbt worden ist, Klage". Zur Begründung trug er vor, ein Aufgabegewinn sei nicht erst 1985, sondern bereits im Veranlagungsjahr 1977 entstanden. Die angefochtenen Bescheide seien deshalb aufzuheben.

Mit Schreiben vom 20. Januar 1993 forderte der Berichterstatter des FG unter Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Dezember 1977 III R 35/77 (BFHE 124, 477, BStBl II 1978, 383) und vom 15. Februar 1978 I R 36/77 (BFHE 125, 112, BStBl II 1978, 491) T auf, bis zum 10. Februar 1993 seine Klagebefugnis darzulegen. Hierauf erklärte T mit Schriftsatz vom 3. Februar 1993, er habe die Klage erkennbar für denjenigen erhoben, der von dem angefochtenen Bescheid und der Einspruchsentscheidung rechtlich betroffen sei. Er sei nicht nur Testamentsvollstrecker, sondern auch Bevollmächtigter des Alleinerben. Er gehe davon aus, daß eine entsprechende Vollmacht beim FA vorliege, zumal alle Zustellungen der Steuerbescheide in dieser Sache an ihn bewirkt worden seien. Richtigerweise sei die Klage sowohl für ihn, T, in Ausübung seiner Klage- und Prozeßführungsbefugnis nach §§ 2212, 2213 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und in Ausübung des Verwaltungs- und Verfügungsrechts nach § 2211 BGB als auch im Namen des A aufgrund Vollmacht erhoben worden. Eine entsprechende Prozeßvollmacht des A reichte T nach. Über die Klage ist noch nicht entschieden (Az. des FG: 6 K 4286/92).

Das FA lehnte den nach Klagerhebung gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung am 16. Februar 1993 ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos.

Auch das nunmehr an das FG gerichtete Begehren der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung wurde zurückgewiesen. Zur Begründung führte das FG aus:

Der Antrag des T sei mangels Antragsbefugnis unzulässig. Der Testamentsvollstrecker sei nicht kraft seines Amtes befugt, die gegen den Erben gerichteten Steuerbescheide anzufechten. Sei wie im Streitfall der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1985 und die Einspruchsentscheidung gegen den Erben gerichtet und an T als dessen Bevollmächtigten bekanntgegeben worden, sei T in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker durch die angefochtenen Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt.

Der Antrag des A sei unbegründet, weil dessen Klage verspätet und deshalb unzulässig sei. T habe mit Schreiben vom 28. Dezember 1992 nur in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker Klage erhoben. Anhaltspunkte dafür, daß diese Erklärung als Klage des A ausgelegt werden könnte, lägen nicht vor. Die in der Klageschrift in Bezug genommene Einspruchsentscheidung sei selbst auslegungsbedürftig. Aus ihr lasse sich deshalb kein eindeutiger Anhaltspunkt für die Beteiligtenerklärung entnehmen. T habe sinngemäß erstmals mit Schriftsatz vom 3. Februar 1993 und deshalb verspätet auch für A Klage erhoben. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung lägen nicht vor.

Hiergegen richtet sich die --vom FG zugelassene-- Beschwerde der Antragsteller.

Zur Begründung machen die Antragsteller im wesentlichen geltend, die Auslegung der Klageschrift durch das FG treffe nicht zu. Das FG habe zu Unrecht die Beschwer des Testamentsvollstreckers durch die angefochtenen Bescheide verneint. T habe nicht nur für den Erben, sondern auch als Testamentsvollstrecker Einspruch eingelegt. Da das FA den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen habe, habe es auch ihm gegenüber eine Sachentscheidung getroffen. T sei kraft seiner Stellung als Testamentsvollstrecker zur Abwehr von Ansprüchen legitimiert, die sich letztlich gegen den Nachlaß richteten. Die vom FA gegen den Erben festgesetzte Steuerschuld für 1985 sei eine Nachlaßerbenschuld; sie sei zwar erst nach dem Erbfall entstanden, betreffe jedoch einen Sachverhalt, der vom Erblasser verwirklicht worden sei --die Beendigung der Betriebsverpachtung-, den das FA zu Unrecht dem Veranlagungsjahr 1985 zugeordnet habe. Wegen der Stellung des Steuerpflichtigen im finanzgerichtlichen Verfahren handele es sich insoweit um einen Aktivprozeß i.S. des § 2212 BGB. Falls der zur Entscheidung berufene Senat die Auffassung vertrete, es handele sich insoweit um einen Passivprozeß i.S. des § 2213 BGB, sei wegen Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Sache dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) vorzulegen. Selbst wenn man von einem Passivprozeß i.S. des § 2213 BGB ausgehe, sei der Testamentsvollstrecker nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte auch berechtigt, sich an dem Hauptverfahren zu beteiligen, wenn er als Folge eines gegen den Erben gerichteten Leistungsanspruchs zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlaß verklagt werden könnte. Eine andere Auffassung führe zu einer verfassungswidrigen Beschränkung des auch dem Testamentsvollstrecker nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) zustehenden Rechts auf gerichtliche Kontrolle belastender Verwaltungsakte. Der Testamentsvollstrecker sei bei Nachlaßerbenschulden notwendiger Streitgenosse des Erben; der Testamentsvollstrecker könne deshalb auch mit Wirkung für den Erben Klage erheben. Für den Fall, daß der erkennende Senat eine andere Auffassung vertrete, werde die Vorlage an den GmS-OGB beantragt.

Hinsichtlich des allgemeinen Verständnisses der Wirkungen der Dauertestamentsvollstreckung werde --hilfsweise-- die Einführung von Auskünften des Deutschen Industrie- und Handelstages sowie der Industrie- und Handelskammer beantragt.

Zur materiellrechtlichen Frage tragen die Antragsteller u.a. vor, spätestens mit Wegfall der personellen Voraussetzungen für die Betriebsaufspaltung 1977 seien die stillen Reserven zu versteuern gewesen. Der BFH habe bei einem vergleichbaren Sachverhalt eine Betriebsverpachtung verneint (BFH-Urteil vom 25. August 1993 XI R 6/93, BFHE 172, 91, BStBl II 1994, 23).

Die Antragsteller beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 1985 vom 13. September 1989 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 1992 auszusetzen,

hilfsweise die Sache dem GmS-OGB vorzulegen,

wiederum hilfsweise, die Sache dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorzulegen.

Das FA tritt dem Antrag entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des Antragstellers zu 1 ist unbegründet (I.). Die Beschwerde des Antragstellers zu 2 ist begründet (II.).

I. Das FG hat zu Recht den Antrag des Antragstellers zu 1 mangels Antragsbefugnis als unzulässig verworfen. Der Testamentsvollstrecker ist durch den allein gegen den Erben gerichteten Steuerbescheid nicht beschwert und deshalb weder klagebefugt noch befugt, Aussetzung der Vollziehung dieses Steuerbescheides zu beantragen.

1. Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes kann nur derjenige beantragen, der durch den Bescheid beschwert ist. Ebenso wie für die Rechtsbehelfs- bzw. Klagebefugnis gegen einen Verwaltungsakt (vgl. § 350 AO 1977; § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist Voraussetzung für die Antragsbefugnis eine Verletzung rechtlich geschützter Interessen durch den angefochtenen Verwaltungsakt. Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides kann deshalb grundsätzlich nur derjenige beantragen, der von dem Steuerbescheid betroffen ist, d.h. derjenige, gegen den sich der Steuerbescheid richtet (z.B. BFH-Beschluß vom 22. Januar 1991 X S 1/91, BFH/NV 1991, 430).

a) Wer von dem Steuerbescheid bzw. von der Einspruchsentscheidung betroffen ist, entscheidet sich grundsätzlich nach der Überschrift und dem verfügenden Teil --Tenor-- (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. März 1985 VI R 30/81, BFHE 143, 226, BStBl II 1985, 581; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 40 Rz. 70 jeweils m.w.Nachw.).

b) Weder der Einkommensteuerbescheid noch die Einspruchsentscheidung lassen erkennen, daß sie nicht nur an A, sondern auch an T als Testamentsvollstrecker gerichtet sein könnten.

aa) Der angefochtene geänderte Einkommensteuerbescheid 1985 ist --im übrigen wie der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid 1985 vom 17. Dezember 1987-- an T adressiert und mit "Bescheid für 1985 über Einkommensteuer für Herrn (A) A-Straße 8 .." überschrieben. Er unterscheidet eindeutig zwischen dem Bekanntgabeempfänger und dem Inhaltsadressaten. Weder bei der Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten noch in Überschrift oder Tenor sind Begriffe wie Testamentsvollstrecker, Erbe oder Nachlaß erwähnt. Der Bescheid enthält nach seinem objektiven Erklärungsinhalt deshalb keinen Anhaltspunkt dafür, es könnte gegenüber T --der im übrigen nicht einmal mit seiner Berufsbezeichnung "Notar" angesprochen ist-- als Testamentsvollstrecker eine von ihm aus dem Nachlaß für den Erben zu entrichtende Einkommensteuer festgesetzt sein.

bb) Gleiches gilt für die Einspruchsentscheidung. Diese ist an T und --insoweit im Unterschied zum Einkommensteuerbescheid-- mit dem Zusatz "Notar" adressiert. Die Entscheidung ist als Einspruchsentscheidung über den Einspruch vom 19. September 1989 "des (A), A-Straße 8... vertreten durch den Notar (T)" gegen den "Einkommensteuerbescheid 1985 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.9.1989" gekennzeichnet und enthält im verfügenden Teil die Änderung des "Bescheides vom 13. September 1989" und die Herabsetzung der Einkommensteuer. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der anschließenden Begründung. Dort ist lediglich die angeordnete Testamentsvollstreckung erwähnt, der Testamentsvollstrecker jedoch weder als Einspruchsführer noch als sonst hinsichtlich der streitigen Steuerschuld Berechtigter oder Verpflichteter angesprochen. Entgegen der Auffassung des FG ist deshalb nicht nur im Steuerbescheid, sondern auch in der Einspruchsentscheidung eindeutig zwischen Bekanntgabe- und Inhaltsadressaten unterschieden. Beide Entscheidungen sind nur gegen A gerichtet. Beide berühren deshalb keine rechtlichen Interessen des Testamentsvollstreckers, des Antragstellers zu 1.

2. Durch den an den Erben gerichteten Einkommensteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung wird nicht in das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers eingegriffen. Bereits deshalb entfällt die vom Antragsteller zu 1 beantragte Vorlage an das BVerfG.

a) Einkommensteuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur natürliche Personen. Gemäß § 2 Abs. 1 EStG hat der die erzielten Einkünfte zu versteuern, der den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklicht. Erzielt der Erbe nach dem Tod des Erblassers aus dem Nachlaß Einkünfte, hat er als Steuerschuldner die erzielten Einkünfte zu versteuern (§ 38 AO 1977), da er den Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 EStG).

b) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß --wie im Streitfall-- Dauertestamentsvollstreckung angeordnet ist.

Die Testamentsvollstreckung begründet zwar Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen des Erben (§§ 2205 ff., 2211 ff. BGB); sie berührt aber nicht den Tatbestand der Einkunftserzielung, der nach dem Tode des Erblassers allein von den Erben verwirklicht wird. Die einkommensteuerlichen Ansprüche richten sich --auch soweit sie aus Erträgen des Nachlaßvermögens resultieren-- gegen die Erben, nicht gegen den Nachlaß (vgl. BFH-Urteile vom 29. August 1973 I R 242/71, BFHE 110, 514, BStBl II 1974, 100; vom 16. April 1980 VII R 81/79, BFHE 131, 2, BStBl II 1980, 605; für den vergleichbaren Fall der Nachlaßverwaltung vgl. § 1984 Abs. 1 BGB, und BFH-Urteile vom 5. Juni 1991 XI R 26/89, BFHE 164, 546, BStBl II 1991, 820, sowie vom 28. April 1992 VII R 33/91, BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781). Der Nachlaß selbst ist weder Einkommensteuer- noch Körperschaftsteuersubjekt (vgl. § 1 Abs. 1 EStG; § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--; BFH in BFHE 164, 546, BStBl II 1991, 820, 821 m.w.Nachw.).

c) Macht das FA --wie im Streitfall-- für eine nach dem Erbfall entstandene Einkommensteuerschuld des Erben diesen in der Person des Erben entstandenen Steueranspruch gegenüber ihm als Steuerschuldner geltend, sind durch den Steuerbescheid entgegen der Auffassung des Antragstellers zu 1 rechtliche Interessen des Testamentsvollstreckers auch dann nicht berührt, wenn und soweit die streitbefangene Einkommensteuer als Nachlaßerbenschuld anzusehen wäre (vgl. hierzu BFH in BFHE 164, 546, BStBl II 1991, 820, 821 a.E.; BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781).

Nachlaßerbenschulden entstehen aus Rechtshandlungen des Erben anläßlich des Erbfalles. Hierzu gehört auch die Verwaltung des Nachlasses, wie z.B. die Fortführung eines zum Nachlaß gehörenden Unternehmens (vgl. z.B. Siegmann in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --MünchKomm--, 2. Aufl., § 1967 Rz. 26). Der Nachlaßerbenschuld wird nach herrschender Meinung eine Doppelstellung (doppelter Haftungsgrund) als Nachlaßverbindlichkeit und als Eigenschuld des Erben zugesprochen. Da die Steuerschuld auch bei einer rechtlichen Qualifizierung der streitigen Einkommensteuerschuld als Nachlaßerbenschuld Eigenschuld des Erben ist, kann sich die Finanzverwaltung uneingeschränkt an den Erben halten (für den Fall der Nachlaßverwaltung BFH in BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781). Durch den allein den Erben verpflichtenden Steuerbescheid sind rechtliche Interessen des Testamentsvollstreckers nicht berührt.

Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlaß in Besitz zu nehmen, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers auszuführen (§§ 2203, 2205 BGB) und ihn, wenn wie im Streitfall Dauertestamentsvollstreckung (§ 2209 BGB) angeordnet ist, für die angeordnete Dauer zu verwalten. Seine Verwaltungsbefugnis umfaßt zwar auch die Pflicht, Nachlaßverbindlichkeiten zu berichtigen oder andere Ansprüche, die sich gegen den Nachlaß richten, zu erfüllen. Unterliegt die Verwaltung des Nachlasses der Testamentsvollstreckung, können Ansprüche, die sich gegen den Nachlaß richten, sowohl gegen den Testamentsvollstrecker als auch gegen den Erben geltend gemacht werden (§ 2213 BGB). § 2213 BGB regelt die Passivlegitimation für alle Ansprüche, die sich gegen den Nachlaß richten, gleich welcher Verfahrensart und welcher Gerichtsbarkeit (vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1987 II R 42/84, BFHE 151, 460, BStBl II 1988, 120 m.w.Nachw.). Wird ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, nicht gegenüber dem Testamentsvollstrecker, sondern gegenüber dem Erben geltend gemacht, ist eine Zwangsvollstreckung in den Nachlaß nur zulässig aufgrund eines gegen den Testamentsvollstrecker selbst gerichteten Titels, der entweder auf Leistung oder Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet sein kann (§ 265 AO 1977 i.V.m. § 748 der Zivilprozeßordnung --ZPO--; BFH-Urteil in BFHE 151, 460, BStBl II 1988, 120). Ein gegen den Erben erwirkter Titel wirkt deshalb nicht --auch nicht im Duldungsprozeß-- gegen den Testamentsvollstrecker (vgl. § 748 Abs. 1 ZPO einerseits und § 327 ZPO andererseits; z.B. Brandner, MünchKomm, § 2213 Anm. 7, 11 und 15 m.w.Nachw.). Für die aus dem Nachlaß zu entrichtenden abgabenrechtlichen Schulden gelten keine Besonderheiten, denn § 45 Abs. 2 AO 1977 verweist insoweit auf die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften.

Eine Vorlage an den GmS-OGB entfällt. Die vom Antragsteller zu 1 zur Begründung seines Antrages bezeichneten Entscheidungen des BGH (Urteile vom 14. Juni 1966 I a ZR 167/63, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1966, 2059; vom 4. Februar 1987 IV a ZR 229/85 (KG), NJW-Rechtsprechungsreport 1987, 1090; vom 16. März 1988 IV a ZR 163/87, BGHZ 104, 1) betreffen nicht die Frage der Beteiligung des Testamentsvollstreckers in einem Verfahren wegen einer Eigenverbindlichkeit des Erben.

3. Die Antragsbefugnis des Testamentsvollstreckers läßt sich auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, der Testamentsvollstrecker sei als notwendiger Streitgenosse (§ 59 FGO i.V.m. § 62 ZPO) oder als Haupt- oder Nebenintervenient (§§ 64, 66 ZPO) im Hauptsacheverfahren zu beteiligen.

a) Nach § 59 FGO gelten zwar die Vorschriften der §§ 59 bis 63 ZPO im finanzgerichtlichen Verfahren entsprechend. Erbe und Testamentsvollstrecker sind in einem gegen den Erben gerichteten Verfahren mangels Rechtskrafterstreckung der Entscheidung gegenüber dem Testamentsvollstrecker jedoch keine notwendigen Streitgenossen (für viele z.B. Brandner, MünchKomm, § 2213 Rz. 16).

b) Die Vorschriften der §§ 64 bis 77 ZPO über die Beteiligung Dritter am Rechtsstreit gelten im finanzgerichtlichen Verfahren nicht; insoweit sind die Sonderregelungen über die Beiladung (§ 60 FGO) und den Beitritt (§§ 61, 122 Abs. 2 FGO) maßgebend (z.B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. § 59 Rz. 1 m.w.Nachw.). Nicht nur die notwendige (§ 60 Abs. 3 FGO), sondern auch die einfache Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) setzen voraus, daß rechtliche Interessen des Dritten nach den Steuergesetzen berührt sein können (z.B. Gräber/Koch, a.a.O., § 60 Rz. 15; BFH-Beschluß vom 29. Juli 1987 VIII B 203/86, BFH/NV 1988, 101 m.w.Nachw.). Hieran fehlt es im Streitfall, weil mangels Rechtskrafterstreckung rechtliche Interessen des Testamentsvollstreckers nach den Steuergesetzen im Verfahren des Erben gegen den an ihn als Steuerpflichtigen gerichteten Steuerbescheid nicht berührt sind. Im übrigen eröffnet erst die erfolgte Beiladung die Befugnis, im Verfahren des Dritten Anträge zu stellen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2 ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel (§ 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO) an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.

1. Zu Unrecht hat das FG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides (§ 69 Abs. 2 und 3 FGO) mit der Begründung verneint, die Klage des Antragstellers zu 2 sei verspätet erhoben und deshalb unzulässig. Der Senat vermag der Ansicht des FG nicht zu folgen, die innerhalb der Klagefrist erhobene Klage gegen den Einkommensteuerbescheid sei als Klage des T als Testamentsvollstrecker zu beurteilen und nicht vom Testamentsvollstrecker T für den Steuerpflichtigen, den Antragsteller zu 2, erhoben worden.

a) Gemäß § 65 Abs. 1 FGO muß die Klage den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens und bei Anfechtungsklagen auch den angefochtenen Verwaltungsakt bezeichnen; sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klageschrift ist als prozessuale Willenserklärung in gleicher Weise wie Willenserklärungen im Sinne des BGB analog § 133 BGB auszulegen. Die Bezeichnung der Beteiligten in der Klageschrift ist nicht allein für die Beteiligtenstellung maßgebend; vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der Beteiligtenbezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizumessen ist (z.B. BFH-Urteile vom 4. November 1987 II R 167/81, BFHE 152, 200, BStBl II 1988, 377, und vom 14. November 1986 III R 12/81, BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178 mit weiteren Hinweisen auf Urteile des BGH). Dabei gilt für das finanzgerichtliche Verfahren die Besonderheit, daß bei Auslegung einer beim FG eingereichten Klage auch die im Zeitpunkt des Klageeingangs dem FA bekannten oder vernünftigerweise erkennbaren Umstände mitzuberücksichtigen sind. Denn weil die Klage im finanzgerichtlichen Verfahren nicht nur beim FG, sondern auch beim FA angebracht werden kann (§ 47 Abs. 2 FGO), darf die Auslegung der Klageschrift nicht davon abhängen, wann die zu ihrer Auslegung heranzuziehenden Umstände dem FG bekanntgeworden sind (BFH-Urteile vom 12. Mai 1989 III R 132/85, BFHE 157, 296, BStBl II 1989, 846; vom 11. Dezember 1992 VI R 162/88, BFHE 169, 507, BStBl II 1993, 306 m.w.Nachw.). Bei der Auslegung der Klageschrift sind deshalb grundsätzlich auch Umstände zu berücksichtigen, die dem FA im Zeitpunkt des Klageeingangs erkennbar waren, die dem Gericht zwar nicht innerhalb der Klagefrist, aber spätestens mit der Übersendung der Steuerakten erkennbar werden. Dabei muß das Gericht auch berücksichtigen, ob die von ihm getroffene Auslegung zu einer sachlichen Prüfung führen kann (BFH-Urteile vom 4. November 1981 II R 144/78, BFHE 135, 83, BStBl II 1982, 262; vom 8. Januar 1991 VII R 61/88, BFH/NV 1991, 795 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; vgl. auch BVerfG-Beschluß vom 29. Oktober 1975 2 BvR 630/73, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1976, 70).

b) Legt man die Klageschrift nach diesen Rechtsgrundsätzen aus, dann folgt für den Streitfall, daß die Klage für den Steuerpflichtigen erhoben worden ist.

Das FG stützt seine Auffassung vor allem darauf, daß T die Klage "als Testamentsvollstrecker für den Nachlaß..." erhoben hat. Auch bei scheinbar eindeutiger Klägerbezeichnung ist jedoch nicht am buchstäblichen Sinne der Beteiligungserklärung zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille unter Berücksichtigung sämtlicher dem FG und dem FA erkennbaren Umstände zu erforschen (z.B. BFH in BFH/NV 1991, 795 m.w.Nachw.). Das FG läßt bei seiner Auslegung unberücksichtigt, daß die Klageschrift nicht nur Nachlaß und Erblasser, sondern ausdrücklich den Erben mit Namen und Adresse erwähnt und weiter ausdrücklich auf die Einspruchsentscheidung und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid Bezug nimmt. Diese richten sich, wie ausgeführt, beide eindeutig nur gegen den Steuerpflichtigen. Die Klagebegründung ergibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die Klage sei nicht für den Steuerpflichtigen erhoben worden. Dort ist stets nur vom Steuerpflichtigen und dessen steuerlichen Beratern die Rede; Testamentsvollstrecker oder Testamentsvollstreckung sind mit keinem weiteren Wort erwähnt. Aus ihr ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß Kläger und Steuerpflichtiger nicht identisch sein könnten; vielmehr sprechen nicht nur die ausdrückliche Bezugnahme auf die nicht den Testamentsvollstrecker betreffenden angefochtenen Entscheidungen, sondern auch das mit der Klage ausdrücklich erstrebte Ziel, die Herabsetzung der gegenüber dem Steuerpflichtigen, A, festgesetzten Einkommensteuer für die Annahme, die Klage sei für den Steuerpflichtigen, A, erhoben worden.

Auch der Umstand, daß T den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid nicht nur namens des Steuerpflichtigen, sondern auch als Testamentsvollstrecker erhoben hatte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das FA, dessen Empfängerhorizont als einer der möglichen Klageadressaten bei Klageeingang mitzuberücksichtigen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 169, 507, BStBl II 1993, 306 m.w.Nachw.), hatte selbst den Einspruch nur als solchen des Steuerpflichtigen beurteilt und auch nur diesem gegenüber eine Entscheidung getroffen. Mit der Klage macht T nicht die Untätigkeit des FA in bezug auf seinen Einspruch "als Testamentsvollstrecker" geltend; die Klage hat allein die Fehlerhaftigkeit der Sachentscheidung zum Gegenstand und die Korrektur des an A gerichteten Einkommensteuerbescheides 1985 zum Ziel. Da T sich im übrigen gegenüber dem FA stets als Testamentsvollstrecker bezeichnet hat und sämtliche die Einkommensteuer des A betreffenden Bescheide ihm bekanntgegeben worden waren, konnte danach bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts und des Grundsatzes rechtsschutzgewährender Auslegung (BFH-Urteile in BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178; in BFH/NV 1991, 795, und vom 26. April 1989 VI R 80/85 BFH/NV 1990, 171 m.w.Nachw.) die Prozeßerklärung nur so verstanden werden, daß für den durch die Bescheide in Anspruch genommenen Steuerpflichtigen Klage erhoben wird. Ohne Bedeutung ist insoweit, daß T selbst der Meinung war, er könne auch als Testamentsvollstrecker gegen Bescheide mit Wirkung für den Steuerpflichtigen Klage erheben (vgl. BFH in BFHE 152, 200, BStBl II 1988, 377). Der Erklärung des T im Schriftsatz vom 3. Februar 1993, er habe --auch-- für den Steuerpflichtigen Klage erheben wollen, kommt deshalb entgegen der Auffassung des FG nur klarstellende Bedeutung zu.

Der auf einer anderen Rechtsansicht beruhende Beschluß des FG war deshalb aufzuheben.

2. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides.

a) Materiell-rechtlich geht es im Streitfall um die Frage, ob das FA zu Recht annimmt, daß das Grundstück A-Straße nach Wegfall der Voraussetzungen für die Betriebsaufspaltung bis zur Veräußerung zum Betriebsvermögen eines verpachteten Gewerbebetriebes gehörte.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß bis zur Übertragung der Anteile durch den Erblasser auf A und dessen Mutter am 12. August 1977 das Einzelunternehmen des Erblassers als Besitzunternehmen und die GmbH als Betriebsgesellschaft durch eine echte Betriebsaufspaltung sachlich und personell verflochten waren (zu den Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung z.B. BFH-Urteil vom 26. Januar 1989 IV R 151/86, BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 15 Rz. 800 ff. m.w.Nachw.) und mit der Übertragung der Anteile die personelle Verflechtung durch Entschluß des Besitzunternehmens weggefallen ist. Dies führt nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig zur Betriebsaufgabe und zur Versteuerung der in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven. Das bisherige Betriebsvermögen wird dann, soweit es sich noch im Eigentum des Besitzunternehmers befindet, aus rechtlichen Gründen Privatvermögen. Wird es weiterhin zur entgeltlichen Nutzung überlassen, erzielt der Eigentümer hieraus fortan Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteil in BFHE 172, 91, BStBl II 1994, 23 m.w. Rechtsprechungsnachweisen).

Allerdings hat die Rechtsprechung bei Verpachtung eines Gewerbebetriebes im ganzen und auf Dauer trotz der damit verbundenen Beendigung der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit eine Entnahme durch Betriebsaufgabe solange verneint, wie der Steuerpflichtige eine entsprechende Aufgabeerklärung nicht abgegeben, bzw. den verpachteten Betrieb nicht veräußert oder tatsächlich aufgegeben hat (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124). Zutreffend weist der Antragsteller zu 2 darauf hin, daß die Verpachtung eines Grundstücks allein nur dann einer Betriebsverpachtung gleichsteht, wenn der Verpächter nach Beendigung den Betrieb in bisheriger Weise fortsetzen kann (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1988 IV R 36/84, BFHE 155, 538, BStBl II 1989, 363). Vorliegend ist jedoch nicht allein das Betriebsgrundstück, sondern sind alle "Einrichtungsgegenstände der Kfz-Werkstätte und sämtliche Vorrichtungen" mitverpachtet worden, zu deren Renovierung, zahlenmäßiger Erhaltung und Ersetzung die Pächterin nach dem Pachtvertrag verpflichtet war. Ob die Pächterin tatsächlich dieser Verpflichtung nicht zeitgerecht nachkam, ist angesichts des zivilrechtlichen Anspruchs auf Rückgabe eines funktionsfähigen Betriebes ohne Bedeutung. Objektiv bestand danach die Möglichkeit, den Betrieb bei Pachtende fortzuführen.

Ernstlich zweifelhaft ist jedoch, ob die Grundsätze zur Betriebsverpachtung bei Wegfall der tatsächlichen Voraussetzungen für die Betriebsaufspaltung anwendbar sind (BFH-Urteile vom 13. Dezember 1983 VIII R 90/81, BFHE 140, 526, BStBl II 1984, 474; in BFHE 155, 538, BStBl II 1989, 363, und in BFHE 172, 91, BStBl II 1994, 23) und ob bei einer Betriebsverpachtung, die zunächst auch die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt, nach Wegfall der personellen Voraussetzungen für die Betriebsaufspaltung das --durch die Grundsätze der Betriebsaufspaltung zunächst verdrängte-- Verpächterwahlrecht wieder auflebt (so z.B. Bundesministerium der Finanzen vom 17. Oktober 1994, BStBl I 1994, 771; vgl. auch Beisse in Festschrift für L. Schmidt, 1993, S.455, 466; Wendt in Steuerberater-Jahrbuch 1986/1987, 71; Streck, Finanz-Rundschau 1980, 83, 90; Schmidt, a.a.O., § 15 Rz. 866 m.w.Nachw.). Für eine abschließende Entscheidung dieser Rechtsfrage ist das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geeignet. Die Vollziehung des geänderten Einkommensteuerbescheides in der Form der Einspruchsentscheidung war daher auszusetzen.

b) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO kann auch die finanzgerichtliche Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Durch die Verknüpfung mit einer Sicherheitsleistung sollen Steuerausfälle bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang vermieden werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. Dezember 1969 V B 115-116/69, BFHE 97, 240, BStBl II 1970, 127; vom 26. Mai 1988 V B 27/86, BFH/NV 1989, 329). Nach Aktenlage sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Das FA selbst hat angesichts des Vermögens des Steuerpflichtigen eine Gefährdung des Steueranspruchs verneint (Aktenvermerk vom 1. September 1992). Anhaltspunkte dafür, daß sich zwischenzeitlich die Verhältnisse geändert haben, bestehen nach Aktenlage sowie unter Berücksichtigung dessen, daß das Vermögen des Steuerpflichtigen der --auf Erhaltung und Sicherung des Nachlasses gerichteten-- Testamentsvollstreckung unterliegt, nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65569

BFH/NV 1996, 79

BFH/NV 1996, 79-80 (LT)

BStBl II 1996, 322

BFHE 179, 222

BFHE 1996, 222

BB 1996, 522

BB 1996, 879

BB 1996, 879-883 (LT)

DB 1996, 1117 (L)

DStR 1996, 505 (K)

HFR 1996, 418-420 (L)

StE 1996, 157 (K)

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