Leitsatz (amtlich)

Der Pensionsnehmer, auf den im Wege eines echten Pensionsgeschäftes Wertpapiere der in § 3 a EStG genannten Art entgeltlich übertragen worden sind, kann die Steuerfreiheit nach § 3 a EStG in Anspruch nehmen, wenn nicht im Einzelfall ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt.

 

Normenkette

EStG §§ 3a, 20; StAnpG § 6

 

Tatbestand

A. Sachverhalt, Anrufungsbeschluß des IV. Senats und Stellungnahme der Beteiligten

1. Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (der vorlegende Senat) hat mit Beschluß vom 26. Mai 1981 IV R 153/75 (BFHE 133, 525, BStBl II 1981, 733, jeweils nur Leitsätze) nach § 11 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und mit Beschluß vom 26. August 1982 hilfsweise nach § 11 Abs. 4 FGO dem Großen Senat folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:

1. Sind Wertpapiere, die im Rahmen eines sog. "echten" Pensionsgeschäftes übertragen werden, als Vermögensgegenstände des Pensionsgebers oder des Pensionsnehmers zu bilanzieren?

2. Kann der Pensionsnehmer, auf den im Wege eines "echten" Pensionsgeschäftes Wertpapiere der in § 3 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten Art übertragen worden sind, die Steuerfreiheit nach § 3 a EStG in Anspruch nehmen?

II. Der Revision, über die der IV. Senat zu entscheiden hat, liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1. Klägerin des Verfahrens war zunächst eine Kommanditgesellschaft (KG), deren Vermögen auf eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) als Rechtsnachfolgerin überging. Die KG betrieb ein Bankgeschäft. Sie übernahm im Jahre 1965 von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BA), die subjektiv steuerbefreit ist, Pfandbriefe der Deutschen Pfandbriefanstalt (Depfa) im Nennwert von 1 000 000 DM (Zinssatz 5 v. H.) zu einem Kurs von 100 v. H. Die Zinsen aus diesen Pfandbriefen sind nach § 3 a EStG steuerfrei. Als Gegenleistung überließ die KG der BA Anleihepapiere der Industrie-Kreditbank (IKB) im Nennwert von 750 000 DM (Zinssatz 6 v. H.) zu einem Kurs von 98,5 v. H. sowie Anleihepapiere der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Nennwert von 250 000 DM (Zinssatz 5 v. H.) zu einem Kurs von 97,5 v. H.

Die KG und die BA vereinbarten, daß die KG nach Ablauf eines Jahres die Depfa-Pfandbriefe zum Kurs von 100 v. H. und daß die BA die IKB-Anleihepapiere zum Kurs von 100 v. H. sowie die KfW-Anleihepapiere zum Kurs von 97,5 v. H. zurückgeben sollten. Weiter hatte die KG an die BA einen sog. Spitzenbetrag von 24 958,30 DM zu leisten. Im übrigen war vereinbart, daß die KG ausgeloste Stücke der von ihr gelieferten Anleihepapiere ersetzen sollte.

Nach Ablauf eines Jahres wurde der Vertrag um ein weiteres Jahr zu denselben Bedingungen verlängert. Der BA wurde noch eine zusätzliche Vergütung von 1 250 DM zugestanden. Da der Zinssatz der KfW-Anleihe mit Wirkung vom 1. September 1966 von 5 v. H. auf 7 v. H. erhöht worden war, änderten die Vertragsparteien die Rückgabebedingungen für diese Anleihe. Wegen des der BA zufließenden Mehrzinses durfte die KG bei der Rücknahme der KfW-Anleihepapiere den Mehrzins vom Rücknahmekurs absetzen. Nach Ablauf des zweiten Jahres wurden die Papiere zu den vereinbarten Bedingungen zurückübertragen.

In der Erklärung zur einheitlichen Gewinnfeststellung für das Streitjahr 1967 ging die KG davon aus, daß sie zivilrechtlich und steuerrechtlich Eigentümerin der Depfa-Pfandbriefe geworden sei und deshalb ihr die aus diesen Pfandbriefen zugeflossenen Zinseinkünfte von rd. 40 000 DM steuerfrei zuzurechnen seien.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat dagegen die Auffassung, daß die als Pensionsgeschäfte anzusehenden Vereinbarungen nichts an der bisherigen Zurechnung der in Pension gegebenen Wertpapiere geändert hätten und deshalb die Zinsen zwar der KG zugerechnet, nicht aber steuerfrei belassen werden könnten. Das FA erhöhte demgemäß den steuerpflichtigen Gewinn der KG für das Streitjahr um den Betrag der Zinseinkünfte aus den Depfa-Pfandbriefen. Der Einspruch blieb erfolglos.

2. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1975, 533 veröffentlichten Entscheidung statt. Es führte im wesentlichen aus: Die KG sei zivilrechtlich Inhaberin der ihr in Pension gegebenen Wertpapiere geworden. Auch wirtschaftlich habe sie insoweit die Verfügungsmacht gehabt. Die Rechtsstellung der BA habe sich darin erschöpft, nach Ablauf der Pensionszeit einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückübereignung der Papiere zu haben. Die KG habe als Inhaberin der Depfa-Pfandbriefe die steuerfreien Zinsen originär erworben. Die Zinsen seien ihr und nicht der BA zuzurechnen.

3. Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es vertritt die Auffassung, die KG sei nur zeitweilige Nutznießerin der Depfa-Pfandbriefe geworden. Das Kursrisiko und der bei einer Auslosung erzielte Gewinn seien der BA verblieben. Deshalb seien dieser auch die steuerfreien Zinsen zuzurechnen.

4. Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren IV R 153/75 beigetreten. Er vertritt die Auffassung, die KG und die BA hätten nicht Vermögenssubstanz und Einkunftsquellen ausgetauscht. Vielmehr hätten sie lediglich für einen befristeten Zeitraum dem jeweils anderen Vertragspartner Erträge aus (eigenem) Kapitalvermögen zugewendet. Die BA habe der KG also Zinsansprüche entgeltlich abgetreten. In einem solchen Fall seien die der KG zufließenden Zinsen kein Ertrag, der aus dem begünstigten Kapitalvermögen anfalle.

III. Der IV. Senat beabsichtigt, der Revision des FA stattzugeben. Er ist der Auffassung, daß die KG hinsichtlich der ihr von der BA überlassenen Wertpapiere die Steuerfreiheit nach § 3 a EStG nicht in Anspruch nehmen könne und begründet dies wie folgt: Die Vereinbarungen zwischen der KG und der BA hätten zu sog. echten Pensionsgeschäften geführt. Die Frage, wie die Zinsen aus den im Rahmen solcher Geschäfte überlassenen Wertpapieren einkommensteuerrechtlich zu behandeln seien, werde unterschiedlich beantwortet:

(1) Die aus den Wertpapieren zufließenden Zinsen seien grundsätzlich dem zivilrechtlich berechtigten Wertpapierinhaber zuzurechnen.

(2) Die Wertpapiererträge seien stets demjenigen zuzurechnen, dem auch die Wertpapiere selbst wirtschaftlich gehörten.

(3) Die ertragsteuerrechtliche Zurechnung der Erträge folge nicht der wirtschaftlichen Zuordnung der Wertpapiere; auch wenn das wirtschaftliche Eigentum an den Papieren dem Pensionsgeber verbleibe, müßten die Zinsen dem Pensionsnehmer als Nutzungsberechtigtem zugerechnet werden.

Nach Ansicht des IV. Senats sind die Depfa-Pfandbriefe auch während der Pensionszeit der BA zuzurechnen, weil sie zur späteren Rücknahme der Pfandbriefe zu einem im voraus bestimmten Preis verpflichtet gewesen sei und deshalb das Bonitätsrisiko getragen habe. Darum könnten der KG nicht die steuerfreien Erträge aus den Depfa-Pfandbriefen zugeflossen sein. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung verlangten allerdings nicht, daß die Wertpapiererträge demjenigen zugerechnet würden, der die Papiere zu bilanzieren habe. Gehe man davon aus, daß nach dem Inhalt des Pensionsvertrags der Pensionsnehmer die Erträge aus den Papieren erlangen solle, seien sie ihm wirtschaftlich zuzurechnen. Der Umstand, daß der Anspruch auf die Zinserträge beim Pensionsnehmer zu aktivieren sei, bedeute aber nicht, daß er auch die Steuerfreiheit der Zinsen in Anspruch nehmen könne. Da es sich im Vorlagefall wirtschaftlich gesehen nur um eine zeitweilige Überlassung der (Zins-)Erträge handele, könne die KG die Steuerfreiheit der Zinsen in keinem Falle beanspruchen.

Mit dieser Rechtsauffassung setze er sich in Widerspruch zu der vom I. Senat in seinem Urteil vom 6. Dezember 1972 I R 198/70 (BFHE 107, 518, BStBl II 1973, 759) vertretenen Ansicht. Da der I. Senat auf Anfrage erklärt habe, daß er einer Abweichung von seiner Entscheidung nicht zustimme, sei eine Entscheidung des Großen Senats gemäß § 11 Abs. 3, hilfsweise gemäß § 11 Abs. 4 FGO herbeizuführen.

IV. Die Beteiligten haben sich zu dem Anrufungsbeschluß wie folgt geäußert:

1. Das FA teilt in der Sache die Auffassung des vorlegenden Senats. Es ist der Ansicht, daß zwischen der BA und der KG nur Erträge, nicht auch Substanz ausgetauscht worden seien. Falls der Große Senat seine --des FA -- Meinung nicht teile, müsse er § 3 c EStG berücksichtigen.

2. Die Klägerin führt aus, da der KG nach Auffassung des vorlegenden Senats jedenfalls die Erträge der Wertpapiere zuzurechnen seien, komme es auf die Frage nicht an, wem die Wertpapiere bilanzrechtlich zuzuordnen seien. Davon abgesehen sei die KG rechtlich und wirtschaftlich Inhaberin der in Pension genommenen Wertpapiere geworden. Denn die BA sei während der Pensionszeit von der Einwirkung auf diese Papiere ausgeschlossen gewesen. Erkenne man, wie es im Vorlagebeschluß auch geschehe, grundsätzlich an, daß der KG die Erträge aus den in Pension genommenen Wertpapieren zuzurechnen seien, so müßten diese bei ihr auch steuerfrei sein, weil die Steuerfreiheit eine objektive Eigenschaft dieser Erträge sei. Steuerbegünstigte Wertpapiere führten nach ihrer Ausgabe ein Eigenleben, indem sie in der Hand jedes Eigentümers steuerfreie Erträge abwürfen. Es sei nicht gerechtfertigt, bei der vorliegenden Gestaltung lediglich die Abtretung von Zinserträgen anzunehmen und die Übereignung der Papiere als bedeutungslos zu erachten.

3. Der BMF teilt die Auffassung des vorlegenden Senats. Er geht davon aus, daß die BA und die KG die Substanz (= Wertpapiere) weder verkauft noch getauscht hätten; es habe nur ein Austausch von Erträgen stattgefunden. Wegen der Bilanzierung der Wertpapiere bei echten Pensionsgeschäften verweise er auch auf Art. 10 des Vorschlags einer Richtlinie des Europäischen Rates über die Jahresabschlüsse von Banken und anderen Finanzinstituten -- Richtlinienvorschlag -- (BR-Drucks: 139/81 = BT-Drucks. 9/376), wonach bei echten Pensionsgeschäften der übertragende Vermögensgegenstand weiterhin in der Bilanz des Pensionsgebers auszuweisen sei.

 

Entscheidungsgründe

B. Entscheidung des Großen Senats zu den Verfahrensfragen

I. Zur Entsendungsberechtigung

Der Große Senat hat durch gesonderten Beschluß vom 18. Oktober 1982 GrS 1/81 entschieden, daß im vorliegenden Verfahren der IV. und der I. Senat des BFH entsendungsberechtigt sind. Beide Senate haben von ihrem Entsendungsrecht Gebrauch gemacht.

II. Zur Rechtserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfragen

In seiner erweiterten Besetzung entscheidet der Große Senat über die Zulässigkeit der Anrufung (vgl. BFH-Beschluß vom 30. November 1981 GrS 1/80, BFHE 134, 525, BStBl II 1982, 217, unter B.II.).

Der Anrufungsbeschluß des IV. Senats ist zulässig.

1. Zur Rechtsfrage 2

a) Der IV. Senat hat den Großen Senat nach § 11 Abs. 3 FGO angerufen. Er würde mit der von ihm im Vorlagebeschluß zur Rechtsfrage 2 vertretenen Auffassung von dem Urteil des I. Senats in BFHE 107, 518, BStBl II 1973, 759 abweichen. Der I. Senat hat der Abweichung nicht zugestimmt.

b) Die vorgelegte Rechtsfrage 2 ist für die Entscheidung des IV. Senats auch erheblich. Würde der Große Senat der Auffassung des IV. Senats folgen, wäre die Revision des FA begründet, da das FG bei dieser Beurteilung der Klage zu Unrecht stattgegeben hätte. Würde der Große Senat hingegen die Auffassung des I. Senats teilen, wäre die Revision des FA unbegründet.

2. Zur Rechtsfrage 1

a) Hinsichtlich dieser Rechtsfrage ist es zwar zweifelhaft, ob eine Abweichung des vorlegenden Senats von der Entscheidung des I. Senats in BFHE 107, 518, BStBl II 1973, 759 gegeben ist. Da der IV. Senat diese Rechtsfrage jedoch hilfsweise nach § 11 Abs. 4 FGO vorgelegt hat und ihre Grundsätzlichkeit zu bejahen ist, ist die Vorlage insoweit gerechtfertigt.

b) Allerdings kann auch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat nur vorgelegt werden, wenn es auf diese Frage für die vom vorlegenden Senat zu fällende Entscheidung ankommt (vgl. Hanswerner Müller, Die Ausgestaltung des Großen Senats in der Verwaltungsgerichtsbarkeit -- ein vorbild? in Staatsbürger und Staatsgewalt, Band II, S. 527, 535, 537). Das ist nach dem Inhalt des Vorlagebeschlusses deshalb nicht zweifelsfrei, weil der IV. Senat sein Entscheidungsergebnis letztlich unabhängig davon findet, wer die in Pension gegebenen Wertpapiere in der Bilanz auszuweisen hat. Dennoch ist auch die vorgelegte Rechtsfrage 1 entscheidungserheblich.

Der Große Senat hat wiederholt entschieden, daß er eine Anrufung wegen Fehlens der erforderlichen Voraussetzungen nur dann als unzulässig verwerfen darf, wenn die vorgelegte Rechtsfrage für die Entscheidung des vorlegenden Senats "offensichtlich" oder "offenbar" nicht entscheidungserheblich ist (vgl. Beschlüsse vom 17. Juli 1967 GrS 3/66, BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285 unter III. 1.; vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291 unter II.1.). Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) legt bei Beurteilung der Frage, ob es für die Entscheidung des vorlegenden Gerichts auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm ankommt, die Rechtsauffassung dieses Gerichts zugrunde, es sei denn, daß dessen Ansicht offenbar unhaltbar ist (vgl. Beschluß vom 7. Juli 1959 2 BvL 5/59, BVerfGE 10, 1, 3). Davon kann im Vorlagefall hinsichtlich der Rechtsfrage 1 indessen nicht die Rede sein.

Würde sich der Große Senat der im Vorlagebeschluß aufgezeigten Ansicht anschließen, die Erträge von Wertpapieren, die in Pension gegeben worden sind, stünden nur demjenigen zu, der diese Papiere bilanzrechtlich auszuweisen hat, käme es auf die Entscheidung der Rechtsfrage 1 für die vom vorlegenden Senat zu treffende Entscheidung an. Die Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat ebenfalls verdeutlicht, daß weitgehend ein Zusammenhang zwischen dem Ausweis der Wertpapiere in der Bilanz und der originären Zurechnung der Wertpapiererträge angenommen wird. Dann ist es aber aus der Sicht des vorlegenden Senats begründet, dem Großen Senat auch die Rechtsfrage zur Entscheidung vorzulegen, wem im Falle echter Pensionsgeschäfte die Wertpapiere bilanzrechtlich zuzurechnen sind (vgl. auch Mathiak, Steuer und Wirtschaft -- StuW -- 1982, 81, 84, 85). Dies besagt indessen noch nichts dazu, ob diese Rechtsfrage auch für die Entscheidung des Großen Senats rechtserheblich ist (vgl. hierzu unten C. II.).

C. Entscheidung des Großen Senats über die vorgelegten Rechtsfragen

I. Zur Steuerfreiheit der Zinsen

1. Bei echten Wertpapier-Pensionsgeschäften der hier vorliegenden Art folgt die von dem Pensionsnehmer beanspruchte Steuerfreiheit der Wertpapiererträge nach § 3 a EStG grundsätzlich daraus, daß der Pensionsnehmer zivilrechtlich Inhaber der Wertpapiere ist und demgemäß während der Pensionszeit originär die Wertpapiererträge bezieht (so schon Urteil in BFHE 107, 518, BStBl II 1973, 759).

a) Von Pensionsgeschäften spricht man allgemein, wenn ein Pensionsgeber ihm gehörende Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter) -- meist Wertpapiere --auf Zeit gegen Entgelt auf einen anderen (Pensionsnehmer) bürgerlich-rechtlich überträgt. Echte Pensionsgeschäfte liegen vor, wenn der Pensionsnehmer die Wirtschaftsgüter zu einem vorbestimmten oder vom Pensionsgeber zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Entrichtung des empfangenen oder eines im voraus vereinbarten Betrages auf den Pensionsgeber zurückzuübertragen hat. Bei unechten Pensionsgeschäften ist der Pensionsnehmer dagegen nur zur Rückübertragung berechtigt (allgemeine Meinung; vgl. z. B. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Kommentar zum Aktiengesetz, Band III, § 149 Anm. 61; Birck/Meyer, Die Bankbilanz, 3. Aufl., 1. Teillieferung, II 130-133; gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10. Oktober 1969 betr. die ertragsteuerrechtliche Behandlung von Pensionsgeschäften, BStBl I 1969, 652).

b) Allgemein wird nicht in Zweifel gezogen, daß der Pensionsnehmer im Falle eines echten Pensionsgeschäftes -- ein solches ist im Vorlagefall anzunehmen -- zivilrechtlicher Eigentümer des Pensionsguts wird. Davon gehen u. a. auch die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10. Oktober 1969 (a. a. O.) aus; denn danach sind die in Pension gegebenen Vermögensgegenstände "abweichend von der formal-rechtlichen Vertragsgestaltung" nur steuerrechtlich dem Pensionsgeber zuzurechnen.

2. Dem zivilrechtlichen Eigentümer der Wertpapiere stehen die Wertpapiererträge (Zinsen) originär zu.

a) Nach der neueren Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH, der sich der Große Senat anschließt, sind Einkünfte demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Erzielung der Einkünfte erfüllt. Als solcher ist indessen, soweit es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, nicht nur derjenige anzusehen, der selbst ursprünglich Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlassen hat, sondern auch dessen Nachfolger in dem Rechtsverhältnis, das der Überlassung des Kapitals zur Nutzung zugrunde liegt, soweit ihm die Einnahmen aus Kapitalvermögen gebühren (vgl. zuletzt Urteil vom 9. März 1982 VIII R 160/81, BFHE 136, 72, BStBl II 1982, 540 unter II.4.a), mit weiteren Nachweisen). Denn er tritt in die Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers ein und damit auch in die Pflicht, Kapital zur Nutzung zu belassen. Er ist es daher, der nunmehr Kapital zur Nutzung überläßt.

Diese Grundsätze haben für echte Wertpapier-Pensionsgeschäfte, bei denen die Wertpapiererträge bei dem Pensionsnehmer den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen sind (§ 20 Abs. 3 EStG), entsprechend zu gelten. Hat der Pensionsgeber als erster Erwerber einkommensteuerbefreite Pfandbriefe oder ähnliche Wertpapiere erworben, so hat er dem betreffenden Kreditinstitut Kapitalvermögen zur Nutzung überlassen und dafür die steuerbefreiten Wertpapiere erhalten. Auch wenn der Pensionsgeber die Wertpapiere von anderer Seite erworben hat, hat er -- als bürgerlich-rechtlicher Nachfolger des ursprünglichen Kapitalüberlassers -- bei Bezug der Wertpapiererträge den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen -- hier aus Gewerbebetrieb (§ 20 Abs. 3 EStG) -- erfüllt. Dementsprechend bezieht auch der Pensionsnehmer als insoweit zivilrechtlicher Nachfolger des Kapitalüberlassers bei Vereinnahmung der Wertpapiererträge Einkünfte aus Kapitalvermögen (Gewerbebetrieb, § 20 Abs. 3 EStG), soweit ihm diese Erträge bürgerlich-rechtlich gebühren (§ 101 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --).

Ob diese Grundsätze auch für eine "Teilrechtsnachfolge" in Gestalt des Nießbrauchs oder des Nutzungspfands gelten, hat der Große Senat nicht zu entscheiden.

b) Als bürgerlich-rechtlichem Inhaber der in Pension genommenen Wertpapiere gebühren dem Pensionsnehmer die Wertpapiererträge (§ 793 BGB) für die Dauer seiner Berechtigung -- Pensionsdauer -- (§ 101 Nr. 2 BGB), und zwar originär. Auch im Schrifttum wird zum Teil, insbesondere unter Berufung auf das Urteil in BFHE 107, 518, BStBl II 1973, 759, anerkannt, daß die Zinsen aus in Pension gegebenen Wertpapieren dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer der Wertpapiere zuzurechnen sind (vgl. Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 3 a Anm. 3 am Ende; Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 3 a Rz. 16; Klein/Flockermann/Kühn, Einkommensteuergesetz, 3. Aufl., § 3 a Anm. 30; Wagner, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen -- ZfK -- 1967, 35, 36; Bennat, Wertpapier-Mitteilungen -- WM -- 1969, 1434, 1441; van der Velde, StuW 1972, 270, 278; a. A. Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 20 EStG Anm. 16; Lademann/Söffing/ Brockhoff, Einkommensteuergesetz, § 20 Anm. 28). Es kommt hinzu, daß die während der Pensionsdauer entstandenen Zinsansprüche zum Vermögen des Pensionsnehmers gehören. Ihm sind diese Erträge auch wirtschaftlich zuzurechnen. Denn sie gehören und gebühren ihm; er kann darüber verfügen. Der Pensionsgeber hat insoweit keinerlei Verfügungsgewalt; er kann diese Erträge insbesondere nicht einziehen, verpfänden oder abtreten. Der Pensionsnehmer hätte deshalb fällige, aber noch nicht eingezogene Zinsen, die während der Pensionsdauer entstanden sind, auch in seiner Bilanz auszuweisen.

c) Der vorlegende Senat bezieht sich für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil vom 12. Dezember 1969 VI R 301/67 (BFHE 97, 546, BStBl II 1970, 212), nach dem das Entgelt für die Übertragung des Gewinnbezugsrechts an GmbH-Anteilen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG gehören kann. Die angeführte Entscheidung geht von der zuletzt bezeichneten Vorschrift aus, nach der auch die Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen rechnen, wenn die dazugehörenden Aktien nicht mitveräußert werden. Der Grund für diese Regelung liegt darin, daß der Veräußerer mit dem vereinbarten Entgelt wirtschaftlich den Ertrag seines ihm nach wie vor verbleibenden Kapitals zieht.

Der Große Senat braucht nicht näher auf das Urteil in BFHE 97, 546, BStBl II 1970, 212 einzugehen. Denn die vorgelegte Rechtsfrage bezieht sich nur auf solche Wertpapier-Pensionsgeschäfte, in denen -- jedenfalls zivilrechtlich -- die Pfandbriefe oder anderen Wertpapiere selbst auf den Pensionsnehmer übertragen worden sind. Unzutreffend wäre die Schlußfolgerung, wenn schon bei der Veräußerung i. S. von § 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG beim Veräußerer Einkünfte aus Kapitalvermögen erfaßt würden, müsse dies um so mehr dann oder zumindest auch bei demjenigen der Fall sein, der sein Wirtschaftsgut in Pension gebe. Denn bei der Hingabe in Pension entäußert sich der Pensionsgeber weitergehend seiner Rechte, als wenn er sie i. S. von § 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG veräußert. Bei der Veräußerung beispielsweise des auf der Aktie beruhenden Dividendenscheins bleibt der Veräußerer an der Aktiengesellschaft beteiligt; er ist nach wie vor Aktionär. Bei der Hingabe von Aktien in Pension ist der Pensionsgeber dagegen während der Pensionszeit nicht mehr Aktionär; vielmehr wird in diesem Fall der Pensionsnehmer (auf Zeit) Aktionär.

d) Der vorlegende Senat geht in Übereinstimmung mit dem BMF von einer anderen Rechtsauffassung aus. So meint er, daß bei echten Wertpapier-Pensionsgeschäften über Pfandbriefe der Pensionsgeber dem Pensionsnehmer wirtschaftlich nur "Zinsrechte gegen Entgelt" abtrete, also nicht die Pfandbriefe selbst übertrage. Dem folgt der Große Senat, wie sich schon aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, nicht. Er anerkennt vielmehr aus den nachfolgenden Gründen, daß die Wertpapiere selbst während der Pensionsdauer vollständig und uneingeschränkt auf den Pensionsnehmer übergehen:

(1) Während der Pensionszeit ist der Pensionsnehmer in seiner Verfügung über das Pensionsgut -- wie jeder Eigentümer auch sonst und anders als z. B. ein Mieter oder Pächter oder ein Sicherungseigentümer -- nicht beschränkt, was das FG auch für den Vorlagefall aufgrund der vorliegenden Vertragsgestaltung festgestellt hat. Er kann das Pensionsgut veräußern, verpfänden oder seinerseits in Pension geben (ebenso Mellerowicz, Großkommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., Band II, § 149 Anm. 72; van der Velde, StuW 1972, 274; Bennat, WM 1969, 1437; Heiss, Der Betrieb -- DB -- 1974, 399, 401). Von diesen Möglichkeiten kann er insbesondere zeitlich beschränkt derart Gebrauch machen, daß er das Pensionsgut wieder rechtzeitig zur Verfügung hat, um es dem Pensionsgeber dann anzudienen. Auch längerfristige Verfügungen sind dem Pensionsnehmer rechtlich möglich. Sie vereiteln zwar seine Rückgabepflicht, machen ihn deshalb aber nur schadenersatzpflichtig.

(2) Auch können die Gläubiger des Pensionsnehmers während der Zeit seiner zivilrechtlichen Inhaberschaft auf das Pensionsgut zugreifen (vgl. Heiss, DB 1974, 402), es insbesondere pfänden, ohne daß der Pensionsgeber dies im Wege der Drittwiderspruchsklage verhindern könnte (vgl. Schönle, Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl., S. 269). Da der Pensionsnehmer während der Pensionszeit das Pensionsgut -- jedenfalls wenn es nicht ausschließlich der Kreditsicherung dient -- veräußern darf, muß der Pensionsgeber auch die Vollstreckung in dieses dem Pensionsnehmer zivilrechtlich gehörende Gut dulden. Denn auch ein Wiederkaufsrecht, selbst wenn es durch eine Vormerkung gesichert ist, berechtigt den Wiederkaufberechtigten nicht zur Drittwiderspruchsklage (vgl. Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 771 Rdnr. 33).

(3) Im Konkurs des Pensionsnehmers fällt das Pensionsgut in die Konkursmasse. Der Pensionsgeber, der lediglich einen Verschaffungsanspruch (Rückandienungsanspruch) hat (vgl. hierzu Mentzel/Kuhn/ Uhlenbruck, Konkursordnung. 9. Aufl., § 43 Anm. 67), hat kein Aussonderungsrecht (vgl. BFHE 107, 518, BStBl II 1973, 759 unter 2. a); Schönle, a. a. O., S. 269; Bennat, WM 1969, 1437; Mathiak, StuW 1982, 85). Sein Verschaffungsanspruch wird zu einer nur anteilig zu befriedigenden Konkursforderung. Der Pensionsnehmer ist nämlich nicht mit einem Sicherungsnehmer, dessen gesicherte Forderung getilgt ist und der deshalb ein Aussonderungsrecht des Sicherungsgebers hinzunehmen hat (vgl. Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, a. a. O., § 43 Anm. 15 a; Böhle-Stamschräder/Kilger, Kommentar zur Konkursordnung, 13. Aufl., § 43 Anm. 9), vergleichbar.

(4) Die Gläubiger des Pensionsgebers können die Wertpapiere beim Pensionsnehmer nicht pfänden (vgl. Schönle, a. a. O., S. 269; Bennat, WM 1969, 1437).

(5) Im Konkurs des Pensionsgebers kann der Konkursverwalter die Rücknahme der Wertpapiere verweigern (vgl. Schönle, a. a. O., S. 269; Bennat, WM 1969, 1437).

(6) Zwar trägt der Pensionsgeber, wie der vorlegende Senat zutreffend hervorhebt, insofern das Bonitätsrisiko, als er bei fest vereinbartem Rücknahmekurs Wertminderungen der Wertpapiere (Kursrisiko) zu tragen hat (ebenso Schönle, a. a. O., S. 269; Ringling, Die steuerliche Betriebsprüfung -- StBp -- 1966, 210). Dies hindert jedoch nicht, das echte Pensionsgeschäft zivilrechtlich und wirtschaftlich als Kauf und Rückkauf zu beurteilen (vgl. Schönle, a. a. O., S. 269; Bennat, WM 1969, 1437), zumal eine Zinssteigerung am Markt die ursprüngliche Absicht des Pensionsnehmers zu einer (zeitweiligen) Weiterveräußerung vereiteln kann, so daß auch er jedenfalls für die Zeit der Inpensionsnahme ein Bonitätsrisiko zu tragen hat (ebenso Schönle, a. a. O., S. 269; Bennat, WM 1969, 1437; van der Velde, StuW 1972, 274).

(7) Der Pensionsnehmer trägt darüber hinaus insoweit ein Risiko, als die Gegenleistung des Pensionsgebers nach Ablauf der Pensionszeit und nach Rückandienung nicht gesichert ist. Weiter hat er das Risiko des zufälligen Untergangs des Pensionsguts zu tragen (vgl. Heiss, DB 1974, 401).

(8) Während der Pensionszeit hat der Pensionsnehmer insofern ein Ertragsrisiko (vgl. hierzu schon Nr. 6), als ihn beispielsweise eine Zinsherabsetzung, ein Zinsmoratorium oder der Konkurs des Emittenten treffen würde (ebenso Heiss, DB 1974, 401; Bennat, WM 1969, 1437).

(9) Sofern die in Pension genommenen Wertpapiere zur Ausübung eines Stimmrechts berechtigten, steht dies dem zivilrechtlichen Eigentümer, also dem Pensionsnehmer, zu. Das gleiche gilt für den Auslosungsbetrag im Falle einer Auslosung eines in Pension genommenen Wertpapiers (vgl. Mathiak, StuW 1982, 85).

(10) Allerdings steht dem Pensionsnehmer das bürgerlich-rechtliche Eigentum an dem Pensionsgut nicht auf Dauer zu. Dies schränkt jedoch das zivilrechtliche Eigentum während der Pensionszeit nicht ein. Sonst wäre der Eigentumsübergang bei einem nur auf Zeit erworbenen Gegenstand in keinem Fall möglich.

(11) Ob bei echten Pensionsgeschäften dann, wenn sie ausschließlich Sicherungscharakter haben, in diesem Fall das zivilrechtliche Eigentum also geringere Rechte vermittelt, etwas anderes gilt, bedarf hier schon deshalb keiner Entscheidung, weil das Pensionsgeschäft im Vorlagefall nicht lediglich der Sicherung eines Darlehensgeschäftes diente. Reine Sicherungsgeschäfte sind insoweit auch häufig nicht gewollt. Dies ergibt sich u. a. daraus, daß die Vertragspartner den zweimaligen Anfall der Börsenumsatzsteuer -- es sei denn, es handelt sich um Händlergeschäfte (§§ 20 bis 22 des Kapitalverkehrsteuergesetzes --KVStG --) -- hinnehmen. Würden sie lediglich einen Darlehensgeber (Pensionsnehmer) sichern wollen, könnten sie dies ohne Börsenumsatzsteuerbelastung ebenso durch Verpfändung der Wertpapiere erreichen (vgl. Heiss, DB 1974, 404; Kinnebrock, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz, 4. Aufl., S. 215).

Zu diesen Überlegungen kommt noch hinzu, daß ein Darlehensgeschäft mit Sicherungsübertragung jedenfalls dann nicht angenommen werden kann, wenn es sich -- wie im Vorlagefall -- um gegenseitige Pensionsgeschäfte, also um die wechselseitige Hingabe von Wertpapieren, handelt (ebenso Brehmer, DB 1974, 890; Schönle, a. a. O., S. 268).

(12) Der Umstand allein, daß das Pensionsgeschäft nur dazu dient, dem Pensionsnehmer die Nutzungen aus dem Wirtschaftsgut zu übertragen, rechtfertigt es ebenfalls nicht, entgegen der zivilrechtlichen Rechtslage nur von einer Abtretung der Nutzungen (Zinsen) auszugehen. Sonst würde auch der Erwerb von Aktien in der ausschließlichen und von vornherein gefaßten Absicht, für einige Zeit Dividenden zu vereinnahmen und dann -- wenn z. B. nach mehreren Jahren das investierte Kapital anderweitig benötigt wird -- diese wieder zu verkaufen, nicht zu uneingeschränktem zivilrechtlichem Eigentum des Aktienkäufers führen (vgl. auch Mathiak, StuW 1982, 85; Heiss, DB 1974, 402).

(13) Der Umstand, daß durch das Pensionsgeschäft Vermögensgegenstände übertragen werden, mit deren Eigentum steuerliche Vorteile verbunden sind oder erreicht werden können, rechtfertigt es ebensowenig, den uneingeschränkten zivilrechtlichen Übergang der Vermögensgegenstände auf den Pensionsnehmer in Zweifel zu ziehen. Der Grund, weshalb Eigentum übertragen worden ist -- nämlich die Erlangung von Steuervorteilen --, kann nicht dazu führen, den Eigentumsübergang entgegen der vertraglichen Gestaltung in Frage zu stellen.

3. Stehen demnach dem Pensionsnehmer als dem zivilrechtlich uneingeschränkten Inhaber von in Pension genommenen Pfandbriefen die Zinsen originär und nicht lediglich aufgrund einer Abtretung von Zinsansprüchen zu, so kann er auch deren Steuerfreiheit in Anspruch nehmen.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind Zinsen "aus" den im einzelnen genannten Wertpapieren steuerfrei. Der Pensionsnehmer bezieht während der Pensionszeit Zinsen "aus" den ihm gehörenden, in Pension genommenen Wertpapieren. Auch ist es Sinn und Zweck der Vorschriften über die Steuerfreiheit bestimmter Zinsen, den jeweiligen (bürgerlich-rechtlichen) Inhaber der Wertpapiere dafür, daß er Geld für steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung stellt, mit einer marktgerechten Rendite zu belohnen (so BFH-Urteil vom 7. Januar 1976 I R 195/73, BFHE 118, 14, BStBl II 1976, 358). Wer aber als bürgerlich-rechtlicher Rechtsnachfolger des ursprünglichen Kapitalüberlassers dem Kapitalnehmer das Kapital weiterhin überläßt und deshalb wie dieser Einkünfte aus Kapitalvermögen (Gewerbebetrieb) bezieht, verdient auch wie dieser diese Belohnung, also die Steuerbefreiung.

Die Rechtsansicht des vorlegenden Senats würde dazu führen, daß die Erträge aus den begünstigten Wertpapieren, die in Pension gegeben sind, ihre Eigenschaft als steuerfreie Erträge Verlieren würden. Weder der der Pensionsnehmer noch der Pensionsgeber könnte die Steuerfreiheit der Zinsen in Anspruch nehmen. Dies würde nach Ansicht des Großen Senats der Vorschrift des § 3 a EStG nicht gerecht. Nach ihrem Sinn und Zweck sind die Erträge aus den in § 3 a EStG bezeichneten Wertpapieren jeweils bei demjenigen steuerfrei, dem sie gebühren. Das ist bei den in Rede stehenden Pensionsgeschäften der Pensionsnehmer.

4. Das FA meint, die KG dürfe gemäß § 3 c EStG mit den steuerfreien Zinseinnahmen zusammenhängende Betriebsausgaben nicht abziehen. Voraussetzung für die Anwendung des § 3 c EStG ist jedoch, daß die Betriebsausgaben in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen stehen. Der Zusammenhang der Ausgaben mit den steuerfreien Zinsen ist indessen lediglich mittelbar, wenn ein Pensionsnehmer für den Erwerb der in Pension genommenen Wertpapiere etwas aufwendet.

II. Zur bilanzrechtlichen Zuordnung in Pension gegebener Wertpapiere

Nach den Ausführungen unter C.I. kommt es für die Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage nicht darauf an, wem während der Pensionszeit die Wertpapiere wirtschaftlich zuzurechnen sind und wer sie demgemäß in der Bilanz zu aktivieren hat (ebenso BFHE 107, 518, BStBl II 1973, 759). Es ist deshalb ohne Belang, ob -- wie der vorlegende Senat meint -- in den Richtlinien des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BAKred) für die Aufstellung der Jahresbilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung der Kreditinstitute (Anlage zum Bundesanzeiger -- BAnz -- Nr. 161 vom 29. August 1968), in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10. Oktober 1969 (a. a. O.) und in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank vom August 1961 ein Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung des Inhalts zum Ausdruck kommt, das Pensionsgut sei bei echten Pensionsgeschäften vom Pensionsgeber auszuweisen. Es ist aus demselben Grund nicht entscheidungserheblich, ob der vom BMF für seine Auffassung angeführte Art. 10 des Richtlinienvorschlags (a. a. O.) bereits geltendem deutschen Recht entspricht oder ob der wohl überwiegenden Auffassung im Schrifttum zu folgen ist, der Pensionsnehmer habe das Pensionsgut in seiner Bilanz auszuweisen (so vor allem Bennat, WM 1969, 1437, 1440; van der Velde, StuW 1972, 274; Heiss, DB 1974, 402; Brehmer, DB 1974, 890; Wagner, ZfK 1967, 35, 36; Lippisch, Die Aktiengesellschaft 1968, 135, 141; Mathiak, StuW 1982, 85; Mellerowicz, a. a. O.; weitgehend auch Herrmann/Heuer/ Raupach, a. a. O., § 5 EStG Anm. 94; a. A. jedoch Ringling, StBp 1966, 212; L. Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 1982, § 5 Anm. 31, Stichwort "Pensionsgeschäfte"; wohl auch Clemm, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht -- JbFfSt -- 1979/1980, 173, 181).

III. Zum Mißbrauchstatbestand

Allerdings kann bei echten Wertpapier-Pensionsgeschäften der Pensionsnehmer die Steuerfreiheit der Zinsen oder sonstigen Wertpapiererträge nicht in Anspruch nehmen, wenn die gewählte Gestaltung mißbräuchlich ist (§ 6 des Steueranpassungsgesetzes, § 42 der Abgabenordnung 1977). Ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegt dann vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die -- gemessen an dem erstrebten Ziel -- unangemessen, also ungewöhnlich ist (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 42 AO 1977 Anm. 23). Eine Vertragsgestaltung ist indes nicht schon deshalb als rechtsmißbräuchlich anzusehen, weil die Vertragsbeteiligten mit ihr den Zweck verfolgen, die vom Gesetzgeber für Wertpapiererträge der vorliegenden Art in § 3 a EStG vorgesehene Steuerfreiheit zum Zuge kommen zu lassen. Das Gestaltungsmotiv der Ersparnis von Steuern macht die Gestaltung nicht unangemessen (vgl. Hübschmann/ Hepp/Spitaler, a. a. O., Anm. 26), zumal wenn -- wie vorstehend (unter C.I.3.) dargelegt -- die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nach § 3 a EStG nicht nur dem ursprünglichen Kapitalüberlasser, sondern auch jedem späteren Inhaber der steuerbegünstigten Wertpapiere offensteht.

IV. Der Große Senat entscheidet damit wie folgt: Der Pensionsnehmer, auf den im Wege eines echten Pensionsgeschäftes Wertpapiere der in § 3 a EStG genannten Art entgeltlich übertragen worden sind, kann die Steuerfreiheit nach § 3 a EStG in Anspruch nehmen, wenn nicht im Einzelfall ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74420

BStBl II 1983, 272

BFHE 137, 433

BFHE 1982, 433

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