Fragen des Arbeitgebers im Einstellungsgespräch, die sein Fragerecht überschreiten, also unzulässig sind, braucht der Bewerber nicht zu beantworten. Der Arbeitgeber kann aber aus dem Schweigen eines Bewerbers negative Schlüsse ziehen. Daher ist es anerkannt, dass dem Arbeitnehmer bei unzulässigen Fragen das Recht zur Lüge zusteht.

Der Arbeitgeber kann nur bei einer falschen Antwort auf eine zulässige Frage den Arbeitsvertrag anfechten oder aus wichtigem Grund kündigen. Eine arglistige Täuschung gemäß § 123 BGB liegt im Arbeitsrecht nur bei der vorsätzlichen, falschen Beantwortung zulässiger Fragen vor.[1]

Unzulässig sind unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich die nachfolgend dargestellten Fragen.

2.3.1 Frage nach Schwangerschaft

Gemäß § 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und §7 AGG dürfen Bewerber beim Zugang zur selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit nicht wegen des Geschlechts benachteiligt werden. Eine unmittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 1 AGG wegen des Geschlechts liegt auch im Fall einer ungünstigen Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

In Anbetracht der umfangreichen, besonderen Pflichten des Arbeitgebers gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin wurde diesem früher regelmäßig ein berechtigtes Interesse an einer Information über eine – auch geplante – Schwangerschaft zuerkannt, sodass diese Fragen im Einstellungsgespräch von der Rechtsprechung lange Zeit für zulässig gehalten wurden. Das hat sich vor allem durch die Rechtsprechung des EuGH, dem das BAG nach und nach gefolgt ist, grundlegend geändert.

Der EuGH hat zunächst darauf erkannt, dass die Frage nach der Schwangerschaft trotz der finanziellen Nachteile für den Arbeitgeber generell unzulässig ist.[1] Dem ist das BAG gefolgt, allerdings mit der Einschränkung, dass die Frage immer dann noch als zulässig angesehen wurde, wenn die angestrebte Tätigkeit von vornherein nicht aufgenommen werden konnte, weil ihr Beschäftigungsverbote, z. B. der Umgang mit gesundheitsgefährdenden Stoffen, oder sofort einsetzender Mutterschutz entgegenstanden.[2] Der EuGH räumt auch bei dieser Fallgestaltung kein Fragerecht ein und erkennt, dass dies nicht davon abhängig sein kann, ob "die Abwesenheit der Betroffenen in dem ihrer Mutterschaft entsprechenden Zeitraum für das ordnungsgemäße Funktionieren des Unternehmens unerlässlich ist".[3] Genauso wurde der Fall einer schwangeren Arbeitnehmerin beurteilt, die aus familiären Gründen nur – verbotene – Nachtarbeit leisten konnte.[4] Das BAG hat seine Rechtsprechung in diese Richtung fortentwickelt und sieht die Frage auch dann als unzulässig an, wenn eine unbefristet eingestellte Arbeitnehmerin die geschuldete Leistung wegen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots zunächst, d. h. auch von Anfang an, nicht erbringen kann. Dem Beschäftigungshindernis wird auch vom BAG eine nur vorübergehende Natur beigemessen, das nicht zu einer dauerhaften Störung des Vertragsverhältnisses führe.[5]

Während bei den Entscheidungen zur Unzulässigkeit der Schwangerschaftsfrage auch bei sofort bestehenden Beschäftigungsverboten die Schwangerschaft den Bewerberinnen bei der Einstellung noch nicht bekannt war, ist der EuGH noch einen Schritt weiter gegangen und sieht das Verschweigen einer Schwangerschaft auch bei erwiesener Missbrauchsabsicht als zulässig an. Zur Wahrung des Schutzzwecks der Gleichbehandlungsrichtlinie kann nach Auffassung des EuGH die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass eine Arbeitnehmerin die Lücken des Systems bewusst ausnutzt.[6]

Der EuGH hat schließlich seine Rechtsprechung auch auf befristete Arbeitsverhältnisse ausgedehnt. Die Arbeitnehmerin war für 6 Monate befristet eingestellt und teilte erstmals einen Monat später mit, dass sie noch während der Laufzeit des Vertrags entbinden würde. Die darauf erfolgte Entlassung sieht der EuGH als unwirksam an.[7] Nach seiner Auffassung sind die Voraussetzungen für eine Diskriminierung unabhängig davon zu prüfen, ob es sich um ein unbefristetes oder ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt. Wenn auch eine Entscheidung des BAG noch nicht vorliegt, wird man doch davon auszugehen haben, dass die Frage nach der Schwangerschaft auch bei der Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses und damit stets unzulässig ist.

Insofern hat auch das LAG Köln bereits entschieden, dass die Frage nach der Schwangerschaft auch dann unzulässig ist, wenn die Bewerberin befristet als Schwangerschaftsvertretung beschäftigt werden soll.[8]

 
Hinweis

Befristetes Probearbeitsverhältnis möglich

Bei einer Neueinstellung ist alternativ zu einem unbefristeten Arbeitsvertrag mit vorgeschalteter Probezeit an ein wirksam befristetes (Probearbeits-)Verhältnis zu denken, das auch bei Schwangerschaft ohne Eingreifen des besonderen Kündigungsschutzes nach dem MuSchG auslaufen kann. Wie bei jedem befristeten Arbeitsvertrag sollten während der Laufzeit keine falschen Erwar...

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