1 Abschluss einer Betriebsvereinbarung

Die Betriebsvereinbarung ist nach § 77 Abs. 2 BetrVG schriftlich niederzulegen und von Arbeitgeber und Betriebsrat auf derselben Urkunde zu unterzeichnen. Für den Betriebsrat unterzeichnet wegen § 26 Abs. 2 BetrVG der Vorsitzende, für den Arbeitgeber eine zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen bevollmächtigte Person, beispielsweise ein Prokurist oder der Personalleiter. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Abs. 2 BGB dasselbe Dokument elektronisch zu signieren.[1]

Aufseiten des Betriebsrats ist vorher ein Beschluss zu fassen, andernfalls ist die Betriebsvereinbarung trotz Unterzeichnung durch den Vorsitzenden unwirksam. Entgegen dem missverständlichen Wortlaut bedarf es keines gemeinsamen Beschlusses von Arbeitgeber und Betriebsrat.

Kommt in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten[2] eine Einigung nicht zustande, so entscheidet regelmäßig die Einigungsstelle. Deren Spruch steht einer Betriebsvereinbarung gleich, wie sich aus § 77 Abs. 1 BetrVG ergibt.

Die Betriebsvereinbarung ist vom Arbeitgeber an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.[3] Die Durchführung obliegt allein dem Arbeitgeber. Auch wenn er gegen die Betriebsvereinbarung verstößt, darf der Betriebsrat nicht in die Leitungsbefugnis des Arbeitgebers eingreifen.

Es ist aber auch möglich, dass Arbeitgeber und Betriebsrat formlose Vereinbarungen schließen, z. B. über eine Zustimmung des Betriebsrats zu einer Überstundenanordnung im Einzelfall. Damit werden zwar die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gewahrt, diese sogenannte "Regelungsabrede" hat aber nicht die sonstigen Rechtswirkungen einer Betriebsvereinbarung. Sie erzeugt insbesondere keine Rechte und Pflichten für die Arbeitnehmer und wirkt im Falle einer Kündigung auch nicht nach.

[1] § 77 Abs. 2 BetrVG wurde mit dem "Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz) vom 14.6.2021" um die Neuregelung zur elektronischen Signatur erweitert, BGBl. 2021 I S. 1762, 1763.
[2] Z. B. nach § 87 BetrVG.

2 Rechtswirkung

2.1 Gesetz des Betriebs

Eine Betriebsvereinbarung wirkt wie ein Gesetz oder ein Tarifvertrag unmittelbar normativ auf das einzelne Arbeitsverhältnis ein. Sie schafft objektives Recht. Ihre Bestimmungen begründen für den einzelnen Arbeitnehmer unmittelbar Rechte und Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber.[1] Sie ist unabdingbar, d. h. sie kann nicht zuungunsten des Arbeitnehmers durch Einzelabmachung verschlechtert werden, es sei denn, es handelt sich um nachgiebige Normen (dispositives Recht).

Werden dem Arbeitnehmer durch eine Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig; die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen gelten daher nicht für die Rechte aus einer Betriebsvereinbarung.[2] Betriebsvereinbarungen gelten für alle Arbeitnehmer des Betriebs, auch für die erst nach Abschluss der Betriebsvereinbarung in den Betrieb eintretenden.

2.2 Günstigkeitsprinzip

Günstigere Einzelvereinbarungen sind aber möglich. Entgegenstehende schlechtere Bedingungen des Arbeitsvertrags werden durch die Normen der Betriebsvereinbarung ersetzt; günstigere Einzelabmachungen können nach Abschluss der Betriebsvereinbarung jederzeit aufgrund des Günstigkeitsprinzips getroffen werden. Günstigere arbeitsvertragliche Bestimmungen vor Abschluss der Betriebsvereinbarung bleiben insoweit in Kraft, als sie eine einzelvertragliche Regelung aufgrund der besonderen individuellen Umstände des Einzelarbeitsverhältnisses zum Gegenstand haben. Ob eine vertragliche Regelung tatsächlich eine günstigere Regelung gegenüber einer Betriebsvereinbarung begründet, ist durch Auslegung zu ermitteln. Allgemeine Arbeitszeitregelungen im Arbeitsvertrag sind oftmals keine günstigeren Abmachungen, sondern nur Hinweise auf aktuell geltende betriebliche Regelungen.

Das Günstigkeitsprinzip gilt aber nicht, wenn der Arbeitsvertrag den Vorrang von – auch verschlechternden – Betriebsvereinbarungen regelt. Sind die Regelungen des Arbeitsvertrags durch allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart – dazu zählt regelmäßig ein vom Arbeitgeber gestellter Formulararbeitsvertrag –, so ergibt bereits aus dieser im Betrieb weitgehend einheitlichen Regelung der Arbeitsbedingungen, dass damit (stillschweigend) der Vorrang (auch verschlechternder) Betriebsvereinbarungen vor den arbeitsvertraglichen Regelungen vereinbart ist. Die Arbeitsvertragsparteien können ihre Absprachen also betriebsvereinbarungsoffen gestalten. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat.[1]

Außerdem können vertraglich begründete Ansprüche der Arbeitnehmer auf Sozialleistungen, die auf eine vom Arbeitgeber gesetzte Einheitsregelung oder eine Gesamtzusage zurückgehen, durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung in ...

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