Der Übergang einer Einheit setzt – insbesondere beim Betriebsteilübergang – nicht voraus, dass diese ihre organisatorische Selbstständigkeit beim Betriebserwerber vollständig bewahrt. Es ist ausreichend, dass der Erwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen.[1] Die Ähnlichkeit der von dem neuen Arbeitgeber erbrachten Leistungen genügt jedoch alleine nicht.[2] Nationales Recht kann sogar vorsehen, dass der Schutz der Arbeitnehmer auch dann eintritt, wenn die Identität der wirtschaftlichen Einheit nicht erhalten bleibt.[3]

Eine Einheit darf jedoch auch nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Ihre Identität ergibt sich nach den o. g. Maßgaben aus anderen Merkmalen wie z. B. dem Personal, den Führungskräften, der Arbeitsorganisation, den Betriebsmethoden und ggf. den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber stellt daher für sich genommen keinen Übergang im Sinne der Richtlinie dar, sofern nicht andere Aspekte – z. B. Übernahme von Betriebsmitteln oder des Kundenstamms – den Betriebsübergang begründen.[4] Bei der Prüfung des Vorliegens eines Betriebsübergangs ist es aber auch keine notwendige Voraussetzung, dass im Fall einer Auftragsneuvergabe die Überlassung der Betriebsmittel zur eigenverantwortlichen Nutzung durch den neuen Auftragnehmer stattfindet. D. h., ein Betriebsübergang kann auch dann vorliegen, wenn der neue Auftragnehmer wie der alte die vom Auftraggeber gestellten maßgeblichen Betriebsmittel nutzt.

Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt nach Auffassung des EuGH je nach der ausgeübten Tätigkeit und selbst nach den Produktions- oder Betriebsmethoden, die in den betreffenden Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen angewendet werden, unterschiedliches Gewicht zu.[5] Da eine wirtschaftliche Einheit in bestimmten Branchen ohne relevante materielle oder immaterielle Betriebsmittel tätig sein kann, kann die Wahrung der Identität einer solchen Einheit nicht allein von der Übertragung von Betriebsmitteln abhängen. Zwar gehört die Übertragung von Betriebsmitteln auch zu den zu beachtenden Kriterien. Das Fehlen derartiger Betriebsmittel schließt aber einen Übergang im Sinne der Richtlinie nicht notwendigerweise aus.

Die dargestellten Grundsätze sind von den nationalen Gerichten bei der Feststellung, ob ein Betriebsübergang vorliegt, zwingend zu beachten.

Sie gelten auch im Falle des Übergangs innerhalb eines Konzerns[6], im Bereich des öffentlichen Dienstes[7] und im nicht erwerbsmäßigen – z. B. karitativen – Bereich.[8] Eine präzise und allgemein gültige Definition des Betriebsbegriffs ist daher im Anwendungsbereich des § 613a BGB nicht möglich. Es handelt sich stets um Einzelfallbetrachtungen.

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