2.4.1 Schutzzweck

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BAG gewährt § 613a BGB Schutz vor einer Veränderung des Arbeitsvertragsinhalts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ohne sachlichen Grund. Es soll insbesondere verhindert werden, dass eine Betriebsveräußerung zum Anlass genommen wird, die erworbenen Besitzstände der Arbeitnehmer abzubauen. Die Vorschrift bezweckt nicht, Sanierungen im Fall von Betriebsübernahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Der Schutzzweck erfasst daher nicht allein den Erhalt des Arbeitsplatzes bei einem Betriebsübergang, sondern legt zugleich fest, dass die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen erhalten bleiben.[1]

2.4.2 Abweichende Vereinbarungen

§ 613a BGB ist eine zwingend geltende Arbeitnehmerschutzvorschrift. Sie kann nicht durch einseitige Festlegung[1] oder durch Vereinbarung zwischen dem alten und neuen Betriebsinhaber[2] oder zwischen dem alten und/oder neuen Betriebsinhaber mit einzelnen oder allen Arbeitnehmern außer Kraft gesetzt werden.[3]

 
Praxis-Beispiel

Veranlassung zur Eigenkündigung/Kurzfristige Beschäftigung bei Qualifizierungsgesellschaft:

  1. Veranlasst der bisherige Betriebsinhaber mit Hinweis auf die geplante Betriebsveräußerung und bestehende Arbeitsplatzangebote bei dem Betriebserwerber seine Arbeitnehmer dazu, die Arbeitsverhältnisse selbst zu kündigen oder durch Aufhebungsvertrag zu beenden, damit mit dem Betriebserwerber neue Arbeitsverträge abgeschlossen werden können, stellt dies eine unzulässige Umgehung des § 613a BGB dar.[4]
  2. Eine Umgehung des § 613a BGB liegt auch dann vor, wenn der Insolvenzverwalter einen Aufhebungsvertrag abschließt und die darauf folgende Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft für kurze Zeit vereinbart wird.[5]

Die zwingende Wirkung des § 613a BGB hat zur Folge, dass die Regelungen bei einer Vielzahl von Umstrukturierungen von Unternehmen zu beachten sind, z. B. Outsourcing[6] und andere Fälle der. Ausgliederung von Tätigkeiten aus dem Unternehmen.

2.4.3 Anwendbarkeit im Insolvenzverfahren

Nur eingeschränkt anwendbar ist § 613a BGB, wenn über das abgebende Unternehmen das Insolvenzverfahren eröffnet ist.[1] Insbesondere steht dem Insolvenzverwalter das Sonderkündigungsrecht der InsO zu.[2] § 125 InsO ist jedoch ausschließlich im Fall von Betriebsänderungen, insbesondere der Betriebsstilllegung anzuwenden.[3] Der Übergang des Betriebs stellt grundsätzlich keine solche Betriebsänderung dar.[4] Zudem ist die Haftung des Betriebserwerbers nach § 613a Abs. 2 BGB eingeschränkt, soweit sie Ansprüche betrifft, die dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedung unterliegen.[5] Es sind zahlreiche Einzelfragen zu beachten.[6]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge