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Doppelte Schriftformklauseln

Sog. Schriftformklauseln können das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen, verhindert allerdings nicht, dass eine betriebliche Übung entsteht.[1] Die Vertragsparteien können das für eine Vertragsänderung vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit schlüssig und formlos aufheben. Ein vereinbartes Schriftformerfordernis kann deshalb auch durch eine formfreie betriebliche Übung abbedungen werden.[2] Bei einer Schriftformklausel, die nicht nur für Vertragsänderungen die Schriftform vorschreibt, sondern auch Änderungen der Schriftformklausel ihrerseits der Schriftform unterstellt (doppelte Schriftformklausel), ist dies nicht möglich. Die doppelte Schriftformklausel kann daher grundsätzlich verhindern, dass eine betriebliche Übung entsteht. Voraussetzung ist allerdings, dass die doppelte Schriftformklausel konstitutiv ist und der AGB-Kontrolle standhält.[3]

Gegenläufige betriebliche Übung?

Ist bereits ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden, gilt: Bisher ging das BAG davon aus, dass eine betriebliche Übung wieder abgeschafft werden kann, wenn der Arbeitgeber sich über einen längeren Zeitraum hinweg entgegen der bisherigen Übung verhält und die Arbeitnehmer dies widerspruchslos hinnehmen.[4] Diese Rechtsprechung hat das BAG zwischenzeitlich aufgegeben. Erklärt ein Arbeitgeber unmissverständlich, dass die bisherige betriebliche Übung einer vorbehaltlosen Leistung beendet wird und durch eine Leistung ersetzt werden soll, auf die in Zukunft kein Rechtsanspruch mehr besteht, kann nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1.1.2002 nach § 308 Nr. 5 BGB eine dreimalige widerspruchslose Entgegennahme der Zahlung durch den Arbeitnehmer nicht mehr den Verlust des Anspruchs auf die Leistung bewirken.[5] Das Schweigen der Arbeitnehmer gilt nicht mehr als fingierte Willenserklärung zur Begründung einer gegenläufigen betrieblichen Übung. Das BAG hat jedoch gleichzeitig betont, dass für sog. Altfälle Besonderheiten gelten. Dies betreffe Arbeitsverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2001 begründet wurden, wobei der Arbeitsvertrag im Vertrauen auf die damals geltende Gesetzeslage und die nicht den Wirkungen des AGB-Rechts unterworfene Rechtsprechung abgeschlossen worden sein muss. Für die Parteien darf zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Veranlassung bestanden haben, Vereinbarungen zu treffen, die einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305ff. BGB standhalten. Für sog. Altfälle besteht danach je nach Einzelfall weiterhin die Möglichkeit einer gegenläufigen betrieblichen Übung.[6]

Einen nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung entstandenen Anspruch des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber nur noch durch Änderungskündigung oder eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer unter Vorbehalt stellen, verschlechtern oder beseitigen. Der Arbeitgeber kann den Anspruch des Arbeitnehmers nicht unter erleichterten Voraussetzungen zu Fall bringen.[7]

Im Übrigen wird eine bestehende betriebliche Übung durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung verdrängt, wenn diese für die Arbeitnehmer günstigere Regelungen enthält.

Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Ansprüche – zu denen auch die Ansprüche aus betrieblicher Übung zählen – aber auch dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine solche betriebsvereinbarungsoffene Gestaltung kann ausdrücklich vereinbart werden oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist namentlich bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich. Eine ausdrückliche Vereinbarung liegt insbesondere dann vor, wenn in der vertraglichen Absprache auf die jeweils geltende Betriebsvereinbarung Bezug genommen wird. In diesem Falle unterliegt auch eine bestehende betriebliche Übung einer Abänderung durch eine verschlechternde Betriebsvereinbarung.[8]

Leistung unter Vorbehalt gewähren

Will der Arbeitgeber verhindern, dass aus der Stetigkeit seines Verhaltens ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht, muss er jeweils bei der Gewährung zusätzlicher Leistungen oder Vergünstigungen einen entsprechenden Vorbehalt erklären, etwa in der Weise, dass die Leistung oder Vergünstigung freiwillig erfolgt und daraus kein Rechtsanspruch für die Zukunft hergeleitet werden kann.

In welcher Form dies geschieht, etwa durch Aushang oder Rundschreiben oder durch Erklärung gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer, ist nicht entscheidend. Erforderlich ist nur, dass der Vorbehalt vor Eintritt einer betrieblichen Übung klar und unmissverständlich kundgetan wird. Eine Kombination aus Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt in einem Arbeitsvertrag ist nicht ausreichend, da für den Arbeitnehmer nicht hinreichend deutlich wird, dass trotz mehrfacher, ohne weitere Vorbehalte erfolgender Sonderzahlungen ein Rechtsbindungsw...

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