1 Berufsausbildung in der Sozialversicherung

Der im Berufsbildungsgesetz[1] definierte Begriff der Berufsausbildung gilt auch für das Sozialversicherungsrecht.

Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 SGB IV dehnt den Begriff der Beschäftigung auf den Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen aus. Daher gelten Volontäre, Praktikanten und Anlernlinge als zur Berufsausbildung beschäftigt.

2 Versicherungspflicht

2.1 Kranken- und Pflegeversicherung

In der Kranken- und Pflegeversicherung gilt die Einschränkung, dass Auszubildende nur dann als Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig sind, wenn sie Entgelt erhalten. Da Auszubildende Anspruch auf eine Mindestausbildungsvergütung haben, ist diese Einschränkung eher theoretischer Natur.

Die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung kann wegen fehlender Entgeltzahlung für andere zu ihrer Berufsausbildung beschäftigte Personen (z. B. Praktikanten) ausgeschlossen sein.

2.2 Renten- und Arbeitslosenversicherung

In der Renten- und Arbeitslosenversicherung sind zu ihrer Berufsausbildung beschäftigte Personen ohne Rücksicht darauf versicherungspflichtig, ob Ausbildungsbeihilfen, Entgelt o. Ä. gezahlt werden.

3 Besondere Formen der Berufsausbildung

3.1 Praxisintegrierte schulische Ausbildungsgänge

Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen) sind vom 1.7.2020 an den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt. Damit sind diese Teilnehmer kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig. Diese Regelung stellt sicher, dass Auszubildende in praxisintegrierten schulischen Ausbildungsgängen unabhängig vom konkreten Ausbildungsberuf dann in die Sozialversicherungspflicht einbezogen sind, wenn

  • ein Ausbildungsvertrag geschlossen wird und
  • ein Anspruch auf Ausbildungsvergütung auch während der Phasen der schulischen Ausbildung besteht.

Von dieser Regelung sind insbesondere Auszubildende in Gesundheitsberufen betroffen, da praxisintegrierte schulische Ausbildungsgänge dort die Regel sind (u. a. Ausbildung für Logopäden, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten). Diese Regelungen gelten auch für Auszubildende in vergleichbaren schulischen Einrichtungen (z. B. die Ausbildung zum Erzieher).

3.2 Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt

Zur Berufsausbildung Beschäftigte ohne Arbeitsentgelt sind in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung grundsätzlich familienversichert. Sind die Voraussetzungen der Familienversicherung nicht gegeben, besteht Versicherungspflicht als Praktikant nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 10 SGB XI.

3.3 Außerbetriebliche Berufsausbildung/Umschüler

Eine außerbetriebliche Berufsausbildung liegt vor, wenn diese von verselbstständigten, nicht einem Betrieb angegliederten Bildungseinrichtungen durchgeführt wird. Es kann sich dabei um u. a. Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und Berufsfortbildungswerke handeln. Die Teilnehmer sind den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt und daher sozialversicherungspflichtig.

Bei einer außerbetrieblichen Weiterbildung mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Umschulung[1]) fehlt es am Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags. Daher kann Sozialversicherungspflicht nicht bestehen.

4 Beitragsberechnung

4.1 Berechnungsgrundlage

Die Beiträge für Auszubildende werden von der Ausbildungsvergütung berechnet. Dabei wird der Beitragsberechnung mindestens die Mindestausbildungsvergütung zugrunde gelegt. Die monatliche Mindestausbildungsvergütung im 1. Ausbildungsjahr hängt vom Jahr des Ausbildungsbeginns ab und betrug bei Ausbildungsstart in

  • 2023: 620 EUR
  • 2022: 585 EUR
  • 2021: 550 EUR
  • 2020: 515 EUR[1]

Seit dem 1.1.2024 wird die Höhe der gesetzlichen Mindestvergütung für das 1. Ausbildungsjahr jeweils im November des Vorjahres im Bundesgesetzblatt bekannt gegeben und jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen angepasst. Für das Jahr 2024 wurde sie auf 649 EUR festgelegt.

Soweit keine Ausbildungsvergütung bezogen wird – möglich ist dies nur für Ausbildungsverhältnisse, die bis zum 31.12.2019 begründet wurden – gelten Sonderregelungen.

 
Hinweis

Auszubildende ohne Arbeitsentgelt

Dass Auszubildende keine Ausbildungsvergütung erhalten, ist seit 1.1.2020 rein theoretischer Natur.

[1]

S. Mindestlohn.

4.2 Geringverdienergrenze

Der Arbeitgeber trägt die Sozialversicherungsbeiträge (einschließlich des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes) für zur Berufsausbildung Beschäftigte in voller Höhe allein, wenn die monatliche Ausbildungsvergütung nicht mehr als 325 EUR beträgt.[1] In der Sozialversicherung werden diese Personen auch als Geringverdiener bezeichnet.

Dies gilt auch für den Beitragszuschlag für (über 23-jährige) kinderlose Mitglieder in der sozialen Pflegeversicherung. Dieser beträgt seit dem 1.7.2023 0,6 %[2].

[2] Bis zum 30.6.2023: 0,35 %.

4.3 Übergangsbereich

Die Regelungen des Übergangsbereichs gelten für Auszubildende nicht. Besonderheiten können sich ergeben, wenn ein Auszubildender neben dem Ausbildungsverhältnis weitere Beschäftigungen ausübt.[1]

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