Für die Prüfung, ob ein Arbeitsverhältnis vorzeitig im Sinne der Ruhensregelung beendet wurde, ist entscheidend, ob die maßgebliche Kündigungsfrist eingehalten worden ist. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen der "ordentlichen Kündigung" und Sachverhalten mit einem "Ausschluss der ordentlichen Kündigung".

3.1 Ordentliche Kündigung

Ist eine ordentliche Kündigung möglich, ist die Kündigungsfrist des Arbeitgebers zugrunde zu legen. Dies ist grundsätzlich die Frist – einschließlich des Endtermins (z. B. Monats- oder Quartalsende) – die sich aus dem Gesetz, dem Tarifvertrag bzw. dem Einzelarbeitsvertrag ergibt. Die für den Arbeitgeber maßgebliche Frist gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer gekündigt hat und dessen Kündigungsfrist kürzer ist, oder wenn das Arbeitsverhältnis im Einvernehmen oder durch Urteil beendet wurde.

 
Praxis-Beispiel

Ruhensregelung bei ordentlicher Kündigung

Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren am 20.8.2023 die Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Entlassungsentschädigung von 5.000 EUR zum 31.8.2023. Eine ordentliche Kündigung wäre unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 4 Wochen zum Monatsende frühestens zum 30.9.2023 möglich gewesen. Der Arbeitnehmer meldet sich zum 1.9.2023 arbeitslos. Damit liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld vor.

3.2 Ausschluss der ordentlichen Kündigung

3.2.1 Zeitlich begrenzter Ausschluss

Ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zeitlich begrenzt ausgeschlossen, ist von der Frist auszugehen, die ohne den Kündigungsausschluss maßgebend gewesen wäre. Diese Fallgestaltung betrifft in erster Linie Arbeitnehmer, denen ein besonderer Kündigungsschutz zusteht, wie Mitglieder des Betriebsrats, Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft[1] oder schwerbehinderte Menschen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Ruhensregelung bei zeitlich begrenztem Ausschluss der ordentlichen Kündigung

Ein Arbeitgeber vereinbart mit einer schwangeren Arbeitnehmerin am 10.9.2023 die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2023 unter Zahlung einer Abfindung von 10.000 EUR. Die ordentliche Kündigung ist nach § 9 Abs. 1 MuSchG während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung zeitlich begrenzt ausgeschlossen. Die ohne den besonderen Kündigungsschutz einzuhaltende ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers beträgt 6 Wochen zum Quartalsende. Diese Frist ist mit der Kündigung am 10.9.2023 zum 31.12.2023 eingehalten. Ein ggf. zum 1.1.2024 entstehender Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nicht.

3.2.2 Zeitlich unbegrenzter Ausschluss

Ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen, ist eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten maßgeblich. Die Berechnung dieser fiktiven Kündigungsfrist bezieht sich nicht auf einen bestimmten Endtermin (Monats- oder Quartalsende).

 
Achtung

Keine rückwirkenden Änderungen zulasten der Arbeitslosenversicherung möglich

Die Kündigungsfrist von 18 Monaten ist auch dann maßgeblich, wenn die Tarifvertragsparteien im Nachhinein eine Wiederherstellung der ordentlichen Kündigung vereinbaren. Die Bundesagentur für Arbeit geht in derartigen Fällen davon aus, dass Arbeitnehmern, die eine tarifvertraglich begründete Rechtsposition der "Unkündbarkeit" erworben haben, diese Position nicht mehr zulasten der Arbeitslosenversicherung (d. h. mit dem Ziel der Umgehung bzw. Nichtanwendung der Ruhensregelung) entzogen werden kann.

Etwas anderes gilt dann, wenn tarifvertraglich zwar "Unkündbarkeit" besteht, der Tarifvertrag aber bei Vorliegen bestimmter Gründe (z. B. bei Eintritt voller Erwerbsminderung) wieder eine ordentliche Kündigung vorsieht. Wird der grundsätzlich "unkündbare" Arbeitnehmer aufgrund eines solchen konkret geregelten Sachverhalts gekündigt, ist von der ordentlichen Kündigungsfrist auszugehen.

3.2.3 Ordentliche Kündigung nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung

Kann einem "unkündbaren" Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, gilt eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr. Dies gilt auch dann, wenn die Abfindung im Rahmen eines Sozialplans vereinbart worden ist.[1] Die Kündigungsfrist von einem Jahr gilt jedoch nicht, wenn

  • alternativ eine Kündigungsmöglichkeit mit kürzerer Kündigungsfrist besteht und diese genutzt wird,
  • die Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund vorliegen oder
  • die Entlassungsentschädigung lediglich eine Folge der ordentlichen Arbeitgeberkündigung ist.
 
Praxis-Beispiel

Kündigung unter Voraussetzung einer Entlassungsentschädigung

In einem Betrieb wird infolge einer Betriebsänderung[2] ein Sozialplan vereinbart, der auch die Zahlung von Entlassungsentschädigungen vorsieht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer verständigen sich daraufhin am 15.2.2023 auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2023. Nach dem Tarifvertrag ist eine Kündigung nur noch bei Vorliegen eines Sozialplans möglich. Da dieser eine Entlassungsentschädigung vorsieht, gilt eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr. Diese Frist (16.2.2023 bis 15.2.2024) ist vorliegend nicht eingehalten, sodass ein ggf. am 1.7.2023 entstehen...

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