Der Begriff "dieselbe Krankheit" ist Grundlage sowohl für die Beurteilung und Berechnung der Dauer des Anspruchs von Krankengeld als auch für die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.

Leistungsdauer des Krankengeldanspruchs

Nach § 48 Abs. 1 SGB V endet der Krankengeldanspruch wegen derselben Krankheit nach 78 Wochen innerhalb einer Blockfrist von 3 Jahren. Diese Frist beginnt mit der erstmaligen AU wegen der jeweiligen Krankheit. Weitere 3-Jahres-Fristen schließen sich fortlaufend lückenlos an. Die Leistungsdauer verlängert sich nicht, wenn während der AU eine weitere Krankheit hinzutritt.

Wurde in einem Dreijahreszeitraum die Höchstanspruchsdauer des Krankengeldes (§ 48 SGB V) erreicht, besteht im folgenden Dreijahreszeitraum erst wieder Anspruch auf Krankengeld wegen AU aufgrund derselben Krankheit, wenn die oder der Versicherte in der Zwischenzeit mindestens 6 Monate

  • nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig war und
  • erwerbstätig war oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand.

Mit Erreichen der Höchstanspruchsdauer endet jedoch nicht automatisch die AU.

Dauer der Entgeltfortzahlung

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 des EntgFG) durch den Arbeitgeber beschränkt sich, sofern Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge nicht etwas anderes vorsehen, auf die Dauer von sechs Wochen. Bei erneuter AU infolge derselben Krankheit besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn

  • vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit Arbeitsunfähigkeit bestand oder
  • seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

Sozialrechtliche Definition für "dieselbe Krankheit"

Bei im Zeitablauf nacheinander auftretenden Erkrankungen handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen ist. Hierbei ist eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden, die die Gefahr begründet, dass dem Merkmal im Kontext des § 48 Abs. 1 SGB V letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommt, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen Umfangs der Krankengeldgewährung bezweckt. Dies kann z. B. bei wiederholt in unterschiedlicher Ausprägung auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Fall sein. (BAG-Urteil vom 13.07.2005, AZ.: 5 AZR 389/04, BSG-Urteil vom 21.06.2011, AZ: B 1 KR 15/10R). Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, braucht dabei weder ständig Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend Behandlungsbedürftigkeit zu bewirken. Es genügt vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiterbesteht und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorruft. Es ist auch nicht erforderlich, dass sich die Erkrankung jeweils mit gleichartigen Symptomen bemerkbar macht.

Gleiches wurde durch das BSG angenommen, wenn eine Versicherte oder ein Versicherter etwa bei einem schweren, sich in einem Sekundenbruchteil realisierenden Unfallereignis zusammenhanglos Gesundheitsschäden in mehreren Körperregionen erleidet. Dieses gilt ebenso bei Versicherten, bei denen wegen des Nebeneinanders verschiedener gravierender akuter oder chronischer Leiden von Anfang an eine Multi- oder Polymorbidität besteht.

In Bezug auf die Anspruchsdauer des Krankengeldes behandelt das Gesetz Versicherte, die von vornherein an mehreren Krankheiten leiden und deshalb arbeitsunfähig sind, nicht anders als diejenigen, bei denen "nur" ein einziges Leiden die AU auslöst.

Sozialrechtliche Definition für eine "hinzugetretene Krankheit"

Von einer hinzugetretenen Krankheit ist dann auszugehen, wenn die Krankheiten zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden (BSG-Urteil vom 21.06.2011, AZ.: B 1 KR 15/10R) und jeweils AU begründet haben. Bei zwei Krankheiten, die als Ursache der Arbeitsunfähigkeit lückenlos aufeinander folgen, ohne sich zeitlich zu überlappen, liegt kein Hinzutritt einer Krankheit vor (BSG-Urteil vom 08.11.2005, AZ.: B 1 KR 27/04 R).

BSG-Entscheidungen am Beispiel von Erkrankungen des Bewegungsapparates

Bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ist nach einem BSG-Urteil von einem einheitlichen Grundleiden auch dann auszugehen, wenn von den in kürzeren Zeitabständen auftretenden Beschwerden die einzelnen Wirbelsäulenabschnitte unterschiedlich stark betroffen sind (BSG-Urteil vom 21.10.1988, AZ.: 3/8 RK 28/87).

Doppelseitige Gelenke (z. B. Hüfte) können von derselben Krankheit als auch von unterschiedlichen Erkrankungen betroffen sein. Dies bedarf der Feststellung im Einzelfall anhand des individuellen Krankheitsverlaufs (BSG-Beschluss vom 18.01.2017, AZ.: B 3 KR 32/16 B).

Möglicher Hintergrund der Beauftragung des Medizinischen Dienstes durch die Krankenkasse

Die Berechnung der B...

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