Auf der Grundlage der Befristungsrechtsprechung des BAG bedurfte eine Kurzzeitbefristung unterhalb von 6 Monaten regelmäßig nicht der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund. Denn eine solche war nur erforderlich, wenn mit der Befristungsabrede Kündigungsschutzbestimmungen umgangen wurden. Angesichts der in § 1 Abs. 1 KSchG vorgesehenen Wartezeit von 6 Monaten konnte dies jedoch zumindest hinsichtlich der Regelungen des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz während der ersten 6 Monate nicht der Fall sein. Es ergab sich allenfalls die Problematik, dass wiederholt Kurzzeitbefristungen, die jede für sich unter 6 Monaten lagen, hintereinander geschaltet wurden und deshalb zusammenzurechnen waren (vgl. hierzu die Erläuterungen unten über die "Zusammenrechnung mehrerer Befristungszeiträume").

Unter der Geltung des TzBfG stellen sich die Dinge komplizierter dar. Das Gesetz enthält keine Einschränkung des Geltungsbereichs. Es kennt auch keine der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG entsprechende Einschränkung. Folglich bedarf die Befristung eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich vom ersten Tag an einer sachlichen Rechtfertigung i. S. d. § 14 Abs. 1 TzBfG, sofern nicht die Ausnahmetatbestände der erleichterten Befristung ohne Sachgrund gemäß § 14 Abs. 2 und 3 TzBfG greifen.[1]

Auf den ersten Blick liegt in diesem Aspekt eine Ausweitung des Schutzes vor befristeten Arbeitsverträgen. Bei genauerem Hinsehen relativiert sich diese Ausweitung jedoch zumindest in ihren Auswirkungen gegenüber der bisher gegebenen Rechtslage:

  1. Liegt der aktuellen Befristung eine Neueinstellung i. S. d. § 14 Abs. 2 TzBfG zugrunde, so bedarf sie keines Sachgrunds.
  2. Steht die Möglichkeit der erleichterten Befristung ohne Sachgrund gemäß § 14 Abs. 2 oder 3 TzBfG nicht mehr zur Verfügung, dann bedarf die aktuelle Befristung unweigerlich eines Sachgrunds. Liegt dieser vor, ergeben sich keine Besonderheiten.
  3. Liegt ein Sachgrund nicht vor, so ist die Befristung unwirksam. Das Arbeitsverhältnis gilt demnach gemäß § 16 Satz 1 TzBfG als ein unbefristetes.

    Bei der sich in diesem Fall ergebenden Frage, unter welchen Voraussetzungen dieses unbefristete Arbeitsverhältnis gekündigt werden kann, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer allgemeinen Kündigungsschutz i. S. d. § 1 KSchG genießt. Im Rahmen dieser kündigungsschutzrechtlichen Prüfung finden die zur Zusammenrechnung mehrerer Arbeitsverhältnisse bei Berechnung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG entwickelten (und insoweit unverändert fortgeltenden) Rechtsgrundsätze Anwendung. Es ergeben sich danach 2 Varianten:

    1. Führt die kündigungsschutzrechtliche Prüfung zu dem Ergebnis, dass mehrere Arbeitsverhältnisse zusammenzurechnen sind und deshalb die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG abgelaufen ist, dann bedarf die Kündigung der sozialen Rechtfertigung. Dies war auch bisher schon so.
    2. Führt die Prüfung hingegen zu dem Ergebnis, dass die Wartezeit insgesamt noch nicht erfüllt ist, dann ändert dies nach der neuen Rechtslage zwar nichts an der Unwirksamkeit der aktuellen Befristungsabrede. Aber der Arbeitgeber hat nun die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Wartefrist allein unter Beachtung der Grenzen von Treu- und Sittenwidrigkeit zu kündigen. Da der Arbeitnehmer noch keinen allgemeinen Kündigungsschutz besitzt, bedarf die Kündigung nicht der sozialen Rechtfertigung.

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