Das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne wird weder durch den Umstand der Wahrnehmung eines Ehrenamtes noch durch eine öffentlichrechtliche Organstellung ausgeschlossen. Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von organschaftlichen Ehrenämtern ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf den Inhalt der übernommenen Aufgaben abzustellen. Hiernach liegt z. B. dann keine Beschäftigung vor, wenn im Rahmen eines Ehrenamts ausschließlich Repräsentationsaufgaben wahrgenommen werden. Demgegenüber ist vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses auszugehen, wenn über die Repräsentationsfunktionen hinaus dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird. Dies wurde zuletzt durch die BSG-Urteile vom 25.01.2006 – B 12 KR 12/05 R – (USK 2006-4) zur Tätigkeit von ehrenamtlichen Bürgermeistern, vom 15.07.2009 – B 12 KR 1/09 R – (USK 2009-76) zur Tätigkeit von ehrenamtlichen Feuerwehrführungskräften und vom 27.01.2010 – B 12 KR 3/09 R – (USK 2010-1) zur Tätigkeit eines ehrenamtlichen Landrats bestätigt. Ob eine Verpflichtung zur weisungsgebundenen Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben besteht und damit dieser Aufgabenbereich die Tätigkeit prägt, ist dabei in einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. auch Punkt 2 bzw. 3 der Niederschrift über die Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 11.07.2007 bzw. 08./09.05.2012).

Das BSG hat seine Rechtsprechung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung ehrenamtlicher Organtätigkeiten mit Urteil vom 16.08.2017 – B 12 KR 14/16 R – (USK 2017-49) zu einem ehrenamtlich tätigen Kreishandwerksmeister fortgeführt. Der ehrenamtliche Kreishandwerksmeister stand hiernach aus den folgenden Gründen nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zur Kreishandwerkerschaft:

  1. Die Tätigkeit wurde nicht im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages bzw. Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt.
  2. Es gab keine Weisungen hinsichtlich Art, Zeit oder Ort der Tätigkeit und keine arbeitnehmertypische Einbindung in die Arbeitsorganisation der Kreishandwerkerschaft.
  3. Das Fehlen der Beschränkung der Tätigkeit auf Repräsentationsaufgaben ist unerheblich.
  4. Das ehrenamtliche Engagement wurde nicht um einer finanziellen Gegenleistung willen erbracht.

Das Fehlen der Beschränkung der Tätigkeit auf Repräsentationsaufgaben steht nach Auffassung des BSG dem Ausschluss einer Beschäftigung nicht entgegen, da Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und nicht für jedermann frei zugänglich sind, regelmäßig nicht zu der in § 7 Abs. 1 SGB IV umschriebenen persönlichen Abhängigkeit führen. Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt, sondern erhält ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit.

Die Unentgeltlichkeit, die für diverse Ehrenämter auch von Gesetzes wegen angeordnet ist, sei dabei Ausdruck dafür, dass bei der im Rahmen ideeller Zwecke "geleisteten Arbeit" keine maßgebliche Erwerbsabsicht im Vordergrund steht. Sofern finanzielle Zuwendungen geleistet werden, schließen diese die Unentgeltlichkeit des ehrenamtlichen Engagements nicht prinzipiell aus. Sie seien unschädlich, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkrete oder pauschal berechnete Aufwände abdecken. Die Verfolgung eines ideellen Zwecks ohne Erwerbsabsicht muss dabei objektiv erkennbar vorliegen, und die gewährte Aufwandsentschädigung darf sich nicht als verdeckte Entlohnung einer Erwerbsarbeit darstellen. Die Beurteilung der Erwerbsmäßigkeit erfolgt daher nicht aus der subjektiven Sicht des Einzelnen. Vielmehr ist das ehrenamtliche Engagement objektiv zu beurteilen. Dazu ist zu klären, was vom ehrenamtlich Tätigen im konkreten Fall normativ oder mangels rechtlicher Regelung nach allgemeiner Verkehrsanschauung - von Aufwandsentschädigung und Aufwendungsersatz abgesehen - ohne Entlohnung seiner Arbeitskraft erwartet werden kann.

Der Kreishandwerksmeister hatte als Vorstandsvorsitzender der funktionalen Selbstverwaltung der Kreishandwerkerschaft über das gesetzlich und satzungsrechtlich bestimmte Spektrum von Aufgaben hinaus nach Auffassung des BSG keine überobligatorischen, sein Ehrenamt überschreitende Aufgaben des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeübt. Die gewährte Aufwandsentschädigung und der Aufwendungsersatz bis zu 6.600 EUR im Jahr gaben dem BSG keinen Anlass zur Annahme einer Erwerbszwecken dienenden Ehrenamtsausübung.

Im Ergebnis lassen sich die folgenden Grundsätze aus dem BSG-Urteil ableiten:

(1) Das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV wird weder durch den Umstand der Wahrnehmung eines Ehrenamtes noch durch eine öffentlich- rechtliche Organstellung gehindert. So schließt weder das Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter als solches noch dessen Rechts...

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