hier: Berücksichtigung von Entgeltveränderungen bei der vorausschauenden Betrachtung zur Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts

Arbeitnehmer sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V krankenversicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt. Die Versicherungsfreiheit besteht von Beginn der Beschäftigung an, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt aus der zu beurteilenden Beschäftigung bei vorausschauender Betrachtung (Prognose) die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt. Unterliegt der Arbeitnehmer hingegen zunächst der Versicherungspflicht, weil die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschritten ist, endet diese im Falle der Entgelterhöhung mit Ablauf des Kalenderjahres des Überschreitens, vorausgesetzt, dass das zu erwartende regelmäßige Arbeitsentgelt des nächsten Kalenderjahres auch die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt (§ 6 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB V). Dieses Entgelt ist ebenfalls im Wege einer Prognose festzustellen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 7.6.2018 – B 12 KR 8/16 R –, USK 2018-15, zum Ausscheiden aus der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 4 Satz 2 SGB V entschieden, dass bei der zum Ende des laufenden Kalenderjahres erforderlichen Prognoseentscheidung zur Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts für das kommende Kalenderjahr in der Regel das vereinbarte Arbeitsentgelt auf ein zu erwartendes Jahresarbeitsentgelt für das nächste Kalenderjahr hochzurechnen ist. Dabei sind Entgeltveränderungen, die wegen der Mutterschutzfristen im Falle einer Schwangerschaft regelmäßig zu erwarten sind, zu berücksichtigen.

Gleichzeitig betont das BSG, dass die vorliegende Entscheidung zur Berücksichtigung des Arbeitsentgeltausfalls aufgrund der Mutterschutzfristen im Rahmen der Prognoseentscheidung des § 6 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht im Widerspruch zu früherer Rechtsprechung steht.

Dabei erwähnt das BSG sein Urteil vom 7.12.1989 (12 RK 19/87 –, USK 89115) und führt hierzu aus, dass danach eine Gehaltserhöhung erst ab dem Zeitpunkt für eine Statusentscheidung relevant wird, ab dem das höhere Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt wird. Im Unterscheid zu dem vorliegenden Fall ging es in der Entscheidung aus 1989 jedoch nicht um eine Prognose nach § 6 Abs. 4 Satz 2 SGB V, sondern um den Wiedereintritt der Versicherungspflicht nach vorheriger Versicherungsfreiheit bzw. der Bestimmung des Jahresarbeitsentgelts im laufenden Kalenderjahr.

Das neuere Urteil steht mit der von den Versicherungsträgern bisher vertretenen Rechtsauffassung insofern nicht in Einklang, als bei der Prognoseentscheidung zur Feststellung des Jahresarbeitsentgelts Entgeltveränderungen generell erst von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen waren, von dem an der Anspruch auf das erhöhte Entgelt besteht. Eine Differenzierung danach, ob es sich um die Bestimmung des Jahresarbeitsentgelts bei Beginn der Beschäftigung oder zum Ende des laufenden Kalenderjahres zwecks (möglichen) Wiedereintritts der Versicherungspflicht nach vorheriger Versicherungsfreiheit bzw. zwecks Fortbestehens der Versicherungsfreiheit einerseits oder beim Ausscheiden aus der Versicherungspflicht zum Ablauf des Kalenderjahres nach § 6 Abs. 4 Satz 2 SGB V andererseits handelt, wurde bislang nicht vorgenommen.

Die Grundsätze zur Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts bei Beginn der Beschäftigung oder zum Ende des laufenden Kalenderjahres zwecks (möglichen) Wiedereintritts der Versicherungspflicht nach vorheriger Versicherungsfreiheit bzw. zwecks Fortbestehens der Versicherungsfreiheit gelten fort. Danach sind Erhöhungen des Arbeitsentgelts entsprechend dem o. g. Urteil des BSG vom 7.12.1989 erst von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, von dem an der Anspruch auf das erhöhte Entgelt besteht. Eine im Laufe des Jahres bereits absehbare Entgelterhöhung (z. B. aus Anlass einer bereits feststehenden Tariferhöhung oder des Vorrückens in einer Dienstalters- oder Erfahrungsstufe) bleibt dementsprechend bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts zunächst unberücksichtigt. Erst die mit dem Entstehen des Anspruchs auf das erhöhte Arbeitsentgelt einhergehende Änderung der Einkommensverhältnisse löst – von diesem Zeitpunkt an – eine neue zukunftsbezogene Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts und eine daran geknüpfte versicherungsrechtliche Bewertung aus (vgl. auch Ausführungen unter Nummer 2.4 der Grundsätzlichen Hinweise zur Versicherungsfreiheit von Arbeitnehmern bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze vom 22.3.2017). Gleiches gilt für im Laufe des Jahres bereits absehbare Entgeltminderungen (z. B. aus Anlass des Entgeltausfalls wegen Beginn der Schutzfristen und einer sich anschließenden Elternzeit). Es genügt für die Berücksichtigung derartiger Entgeltveränderungen in diesem Kontext mithin nicht, dass sie in absehbarer Zukunft eintreten sollen, selbst wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit hierfür besteht.

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