Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Verfügbarkeit. Arbeitsbereitschaft. Eigenbemühung. Erklärungen auf dem Formblattantrag. keine Tatbestandswirkung. Ermittlung der tatsächlichen Umstände

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage der Arbeitsbereitschaft bei einer geplanten Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld für einen Tag, um einen zukünftigen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu sichern, ist eine Tatsachenfrage, die nicht allein nach den Angaben des Arbeitslosen im Formblattantrag der Bundesagentur für Arbeit zu beantworten ist.

2. Die Fragen zur Arbeitsbereitschaft und zur Bereitschaft, die Arbeitslosigkeit durch Eigenbemühungen zu beenden, sind Erklärungen zum Vorliegen subjektiver Tatsachen als Voraussetzung der Verfügbarkeit. Es handelt sich nicht um Willenserklärungen, die soweit sie unangefochten und damit wirksam bleiben Tatbestandswirkung entfalten und damit einem Leistungsanspruch entgegenstehen. Ausgehend von Erklärungen im Formblattantrag sind die tatsächlichen Umstände zu den subjektiven Tatbestandsmerkmalen zu ermitteln. Einer Erklärung im Formblattantrag ist hierbei aber zumindest eine indizielle Wirkung beizumessen.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.11.2014 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid vom 17.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2014 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für den 16.04.2014.

Am 13.03.2014 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten mit Wirkung zum 16.04.2014 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Ihr Arbeitsverhältnis habe sie am 13.03.2014 mit Wirkung zum 15.04.2014 selbst gekündigt. Sie beabsichtige, ab dem 17.04.2014 ein Studium aufzunehmen. Der Bescheinigung des Arbeitgebers zufolge sei das Arbeitsverhältnis - arbeitgeberseitig - mit einer Frist von vier Wochen ohne festes Ende kündbar gewesen. Am 23.03.2014 teilte die Klägerin der Beklagten die Aufnahme des Studiums zum 17.04.2014 mit und meldete sich aus dem Leistungsbezug ab. Mit der Abgabe ihres Antrages bei der Beklagten am 08.04.2014 beantwortete die Klägerin die Frage Nr. 2a des Formblattantrages ("Ich werde alle Möglichkeiten nutzen, um meine Beschäftigungslosigkeit zu beenden - siehe Merkblatt 1 Abschnitt 2.4 und Erläuterung zum Antrag") mit "Nein". Bei einer Rücksendung des Antrages an die Klägerin am 09.04.2014 - sie hatte nicht alle Fragen beantwortet - unterließ es die Beklagte, bezüglich der Beantwortung der Frage Nr. 2a bei der Klägerin nachzufragen.

Nach dem erneuten Eingang des Antrages bei der Beklagten am 14.04.2014 lehnte diese mit Bescheid vom 17.04.2014 die Zahlung von Alg ab. Die Klägerin stehe wegen der Aufnahme ihres Studiums am 17.04.2014 für Vermittlungsbemühungen lediglich am 16.04.2014 zur Verfügung. Damit sei sie nicht in der Lage, eine versicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden aufzunehmen. Mangels Arbeitslosigkeit bestehe kein Anspruch auf Alg. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr sei mitgeteilt worden, dass es ausreiche, dem Arbeitsmarkt für einen Tag zur Verfügung zu stehen, um sich ihren Alg- Anspruch für die Zeit nach dem Studium zu sichern. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2014 zurück. Die Klägerin sei nicht beschäftigungslos gewesen. Unabhängig von der Frage der Verfügbarkeit habe sie nicht alle Möglichkeiten nutzen wollen, ihre Arbeitslosigkeit zu beenden. Dies ergebe sich aus dem Antragsformular. Sie sei durch das Merkblatt über ihre Verpflichtungen informiert gewesen.

Mit der dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie habe ein berufsbegleitendes Studium betrieben, auf das sie sich in der Abschluss- und Prüfungsphase ab dem 17.04.2014 habe konzentrieren wollen. Aus diesem Grund habe sie ihr Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 15.04.2014 gekündigt. Um ihren Anspruch auf Alg für die Zeit nach dem Studium sicherzustellen, habe sie eine Beratung der Beklagten in Anspruch genommen. Es sei ihr erklärt worden, dass sie grundsätzlich Anspruch auf Alg habe; sie müsse sich nur für einen Tag zur Verfügung stellen. Dies habe sie, wie mit der Mitarbeiterin der Beklagten vereinbart, gemacht. Beim Ausfüllen des Antrages habe sie irrtümlich die Frage Nr. 2a nicht mit "Ja" beantwortet. Hierbei habe ihr das Merkblatt jedoch nicht vorgelegen. Ihr sei aber zugesichert worden, Alg nach Abschluss ihres Studiums zu erhalten. Die Beklagte habe ihr erklärt, dass sie sich zur Begründung des Alg- Anspruches am 16.04.2014 dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen müsse. Dies habe ihr die Beklagte auch in einem Schreiben vom 17.03.2014 bestätigt.

Mit Urteil vom 11.11.2014 hat das SG unter Abänderung des Bescheides vom 17.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2014 die Beklagte verurteilt, Alg für den 16.04.2014...

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