Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch: Verfügbarkeit eines Studenten

 

Leitsatz (amtlich)

Vermutung der fehlenden Verfügbarkeit eines Studenten nicht widerlegt bei Arbeitslosmeldung nur für Zeiten in den Semesterferien.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14. September 2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) in einer vorlesungsfreien Zeit während ihres Medizinstudiums vom 14.03.2017 bis 23.04.2017.

Die 1997 geborene Klägerin leistete nach ihrem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr vom 01.09.2015 bis 31.08.2016 ab mit einem monatlichen Einkommen von brutto/netto 400 EUR. Auf ihre Arbeitslosmeldung am 05.09.2016 hin bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 08.11.2016 Alg i.H.v. 6,22 EUR täglich vom 05.09.2016 bis 30.09.2016 bei einer Anspruchsdauer von insgesamt 180 Tagen. Ab Oktober 2016 war die Klägerin im Studiengang Humanmedizin (Regelstudienzeit: 13 Semester) eingeschrieben. Ausbildungsförderung bezog die Klägerin nicht.

Am 14.03.2017 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten für den Zeitraum vom 14.03. bis 23.04.2017 arbeitslos. Sie erklärte, dass sie dem Arbeitsmarkt in dieser Zeit vollständig zur Verfügung stünde, ihre letzte Klausur am 13.03.2017 abgelegt habe und die Vorlesungszeit des nächsten Semesters am 24.04.2017 beginne. Bis dahin fänden keine Lehrveranstaltungen statt und sie habe auch ihr Krankenpflegepraktikum schon abgeschlossen. Ohne Vor- und Nachbereitung wende sie 22 Stunden pro Woche für das Studium auf.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17.03.2017 den Antrag auf Alg ab. Die Klägerin könne als Studentin vermutlich nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben. Die Eigenschaft als Studentin bestehe auch während der üblichen unterrichts- und vorlesungsfreien Zeiten. Zu den ordentlichen Studierenden gehörten diejenigen, die an einer Hochschule eingeschrieben seien und deren Zeit der Ausbildung überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werde. Damit sei die Klägerin nicht arbeitslos.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2017 zurück. Bei Studentinnen an einer Hochschule werde vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könnten. Diese widerlegbare Nichtverfügbarkeitsvermutung begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie sei widerlegt, wenn dargelegt und nachgewiesen würde, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Die Vermutung sei durch den Nachweis, dass die Studentin während der Semesterferien eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben könne, nicht aber während der Vorlesungszeit, nicht widerlegt. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie neben dem Studium noch eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben könne. Sie können ausschließlich in den Semesterferien bzw. in den Zeiten, in denen sie durch Lehrveranstaltungen oder sonstige mit dem Studium zusammenhängende Anforderungen nicht belastet sei, eine entgeltliche Tätigkeit aufnehmen. Das Studium bleibe damit Hauptsache. Sie stehe damit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung und sei damit nicht arbeitslos.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Sie habe den Nachweis erbracht, dass sie im Zeitraum vom 14.03.2017 bis 23.04.2017 trotz eines Vollstudiums der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe, so dass die Vermutungsregelung widerlegt sei. Im beantragten Zeitraum hätten keine studentischen Verpflichtungen bestanden und auch ansonsten keine studentischen Tätigkeiten erledigt werden können.

Das SG hat mit Urteil vom 14.09.2017 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Ein Anspruch auf Alg setze objektive Verfügbarkeit voraus. Bei Studenten liege dies nur dann vor, wenn ihnen über eine versicherungsfreie Beschäftigung hinaus eine versicherungspflichtige Beschäftigung rechtlich und tatsächlich möglich sei. Widerleglich werde vom Gesetz bei Studenten vermutet, dass sie nur versicherungsfrei tätig sein könnten. Entscheidend sei somit, ob die neben dem Studium beabsichtigte Tätigkeit nach Zweck und Dauer untergeordnet ausgeübt werden solle. Bei einer Beschäftigung bis zu 20 Stunden pro Woche werde dies vermutet. Der Student müsse die Vermutung grundsätzlich für den gesamten Zeitraum seiner Ausbildung widerlegen. Nicht ausreichend sei es, wenn er nachweise, dass er nur während der Semesterferien eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben könne. Die Klägerin habe bereits nicht vorgetragen, dass sie während der Vorlesungszeit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen wolle oder könne. Sie beschränke ihre Verfügbarkeit vielmehr auf die Semesterferien. Daher sei sie...

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