Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung: Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Entlassungsentschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zahlung einer Entlassungsentschädigung führt auch dann zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, wenn sie bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist in gleicher Weise zu zahlen gewesen wäre.

 

Normenkette

SGB III § 158 Abs. 1 Sätze 1-2, § 137 Abs. 1; BGB § 622 Abs. 2 S. 1 Nrn. 6-7, S. 2

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.10.2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 01.05.2015 bis 14.07.2015 im Hinblick auf die Gewährung einer Entlassungsentschädigung.

Die am 09.06.1966 geborene, alleinerziehende (Geburtsdatum des jüngsten Kindes: 03.03.2008) Klägerin war seit Februar 1992 bei der Firma K. E. GmbH (K) in B-Stadt in Teilzeit (20 Wochenstunden) beschäftigt. Sie wohnt in A-Stadt. Im Hinblick auf die Schließung der Betriebsstätte von K am Standort in B-Stadt vereinbarte K mit dem Gesamtbetriebsrat am 04.12.2013 einen Interessenausgleich. Nach dem Sozialplan war allen Mitarbeitern ein Arbeitsplatz an einem anderen Arbeitsort anzubieten (Nr. 5 Abs. 1 des Sozialplans). Mitarbeiter, die nicht bereit waren, das neue Angebot anzunehmen und den Arbeitsort zu verändern, erhielten außer bei Härtefällen keinen Anspruch auf eine Abfindung. Ein Härtefall stellte es unter anderem dar, wenn ein alleinerziehender Mitarbeiter in Teilzeit arbeitete und ein oder mehr schulpflichtige Kinder oder Kinder im Kindergarten hatte. Ferner war festgelegt, dass Mitarbeiter, die Härtefälle sind, die Möglichkeit haben sollten, in Form einer maximal 6-monatigen "Schnupperversetzung" einvernehmlich oder aufgrund einer akzeptierten Änderungskündigung an den neuen Standort A-Stadt zu wechseln. Diesen Mitarbeitern sollte ein Abfindungsanspruch auch zustehen, wenn sie zunächst im Sinne einer "Schnupperversetzung" wechseln würden und erst danach ihr Arbeitsverhältnis kündigten oder einen Aufhebungsvertrag abschlössen, wobei dieser Anspruch auf einen Zeitraum von 6 Monaten ab Beginn der Schnupperversetzung befristet wurde (Nr. 6 des Sozialplans).

Am 23.12.2013 erhielt die Klägerin eine Änderungskündigung in Form einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit Wirkung zum 31.07.2014. Damit war das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.08.2014 am Standort in A-Stadt unter grundsätzlicher Beibehaltung der bestehenden arbeitsvertraglichen Bestimmungen verbunden. Die Klägerin nahm die Änderungskündigung ab 01.08.2014 bzw. nach späteren Angaben ab 01.10.2014 an und arbeitete sodann am Standort in A-Stadt. Am 05.02.2015 schloss die Klägerin mit K eine Aufhebungsvereinbarung, wonach auf Veranlassung des Arbeitnehmers bzw. gemäß Sozialplan, Punkt 6 (Härtefall mit Schnupperversetzung) jedoch im gegenseitigen Einvernehmen das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, mit Ablauf des 30.04.2015 aufgehoben wurde (§ 1 der Aufhebungsvereinbarung). Gemäß § 4 der Aufhebungsvereinbarung erhielt die Klägerin "gemäß Sozialplan eine Härtefallabfindung" iHv 20.011 € brutto.

Die Klägerin meldete sich am 13.02.2015 zum 01.05.2015 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Mit Bescheid vom 07.05.2015 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen der Zahlung einer Entlassungsentschädigung für die Zeit vom 01.05.2015 bis 14.07.2015 fest und bewilligte mit weiterem Bescheid vom 07.05.2015 unter Beachtung des Ruhenszeitraumes Alg für die Zeit vom 15.07.2015 bis 13.07.2016 mit einem Leistungsbetrag von 35,53 € täglich. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Gegen die ursprüngliche Änderungskündigung zum 31.07.2014 habe sie Kündigungsschutzklage eingereicht, weshalb es ihr bis zur Standortschließung zum 30.09.2014 möglich gewesen sei, in B-Stadt zu arbeiten. Die Kündigungsfrist habe vier Wochen betragen und sei im Aufhebungsvertrag berücksichtigt worden, so dass sie die Arbeitslosigkeit um insgesamt neun Monate über den ursprünglichen Kündigungstermin hinausgezögert habe. Ihr sei von vornherein klar gewesen, dass sie aufgrund der permanenten physischen und psychischen Belastung langfristig nicht weiter in A-Stadt beschäftigt sein könne. In der Abfindungssumme sei ein Betrag von 2.500 € als im Sozialplan festgelegter Kinderzuschlag berücksichtigt worden. 10.000 € der Netto-Abfindung seien in den Erwerb einer Wohnung geflossen. Im Rahmen des Pendelns nach A-Stadt seien hierfür weitere Kosten angefallen. Der Kindsvater zahle keinen Unterhalt und ein Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) sei mittlerweile entfallen. Trotz Senkung ihrer monatlichen Belastungen sei sie auf das Alg angewiesen. Die andauernden Überlastungen hätten bei ihr und ihrer Tochter zu gesundheitlichen Problemen geführt.

Die Beklagte wie...

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