Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Höhe. Anrechnung von nachgeburtlichem Einkommen. Berücksichtigung von Einnahmen aus Gewerbebetrieb. Unternehmensbeteiligung an einer OHG. gesellschaftsvertragliche Herabsetzung des tätigkeitsbezogenen Gewinnanteils wegen Elternzeit. keine Zwölftelung des anteiligen Jahresgewinns

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Anrechnung des gezwölftelten, auf Lebensmonate umgerechneten steuerlichen Gewinns ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Elterngeldberechtigte im Bezugszeitraum entweder gar nicht oder lediglich in elterngeldunschädlichem Umfang tätig geworden ist und im Gesellschaftsvertrag oder anderweitig vertraglich deshalb aufgrund der Reduzierung des Tätigkeitsumfangs eine entsprechende steuerlich relevante und korrekt umgesetzte Reduzierung des Gewinnanteils erfolgt. Andernfalls würde die Gruppe der Elterngeldberechtigten mit Einkünften aus Beteiligungen als zeitraumbezogene Einkünfte auch bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen nach § 1 BEEG in ungerechtfertigter Weise anders behandelt als Elterngeldberechtigte mit zeitpunktbezogenen Einkünften.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.06.2016; Aktenzeichen B 10 EG 3/15 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.02.2014, Az. S 7 EG 36/12, abgeändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2010 verpflichtet, dem Kläger Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat des am 30.09.2008 geborenen Kindes unter Anrechnung des Einkommens aus Gewerbebetrieb aus dem für das Jahr 2009 geänderten Gewinnverteilungsschlüssel sowie der geleisteten Steuervorauszahlungen zu gewähren.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Der Beklagte hat dem Kläger 9/10 seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Vater von K., geboren am 30.09.2008 und bezieht Einkünfte aus der Beteiligung an der W. und A. oHG (Einkünfte aus Gewerbebetrieb). Gegenstand des Unternehmens ist der Verkauf, sowie die Montage und Herstellung von Sicherheitsartikeln (Einbruchsschutz). Mit Antrag vom 07.08.2009 beantragte der Kläger Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonats seiner Tochter (30.09.2009 bis 29.11.2009) und gab dabei an, im Bezugszeitraum keiner Tätigkeit nachzugehen. Gewinnentnahmen aus seiner Beteiligung an der oHG würden in dieser Zeit nicht getätigt.

Mit Bescheid vom 17.08.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Elterngeld in Höhe des Maximalbetrages von 1.800,00 € und legte dabei den Bemessungszeitraum des Kalenderjahres 2007 zu Grunde. Mit Schreiben vom 17.02.2010 bescheinigte der Steuerberater des Klägers dem Kläger einen zeitanteiligen Gewinnanteil für zwei Monate aus der Beteiligung an der oHG in Höhe von 6.636,53 € für das Jahr 2009. Daraufhin setzte der Beklagte mit Bescheid vom 18.03.2010 das Elterngeld unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens im Bezugszeitraum von 3.318,26 € endgültig auf dem Mindestbetrag von 300,00 € fest und forderte vom Kläger das überzahlte Elterngeld in Höhe von 3.000,00 € zurück. Hiergegen legte der Kläger am 25.03.2010 Widerspruch ein und verwies erneut unter Vorlage einer ergänzenden Einkommensbestätigung seines Steuerberaters vom 25.03.2010 darauf, dass er im Bezugszeitraum keine Entnahme auf das Gehalt getätigt habe und keinerlei Tätigkeit nachgegangen sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.2010 zurück. Der Kläger habe aufgrund der Einkommensbestätigung des Steuerberaters im Bezugszeitraum Einnahmen aus Gewerbebetrieb in Höhe eines Gewinns von insgesamt 6.636,53 € erzielt. Nicht entscheidend sei, ob der Kläger im Bezugszeitraum gearbeitet habe oder ob er den Gewinn entnommen habe. Entscheidend sei allein, dass er im Bezugszeitraum Gewinn erzielt habe bzw. dass ihm Gewinn zugeflossen sei. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden sei, seien bereits erbrachte Leistungen, hier der Überzahlungsbetrag in Höhe von 3.000,00 €, nach § 50 SGB X zu erstatten.

Mit seiner Klage zum Sozialgericht Augsburg begehrt der Kläger die Aufhebung der endgültigen Feststellung. Das Verfahren wurde zunächst wegen eines beim Bundessozialgericht anhängigen Verfahrens zur Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips auf Selbstständige zum Ruhen gebracht und am 28.07.2012 auf Antrag des Beklagten wieder aufgenommen. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 13.02.2014 unter Verweis auf die Anwendung des strengen Zuflussprinzips bei Selbstständigen (B 10 EG 6/11 R und B 10 EG 18/11 R) zurück. Das im Bezugszeitraum vom Kläger erzielte Einkommen aus Gewerbebetrieb sei im Rahmen des vom Beklagten berücksichtigten Betrages leistungsmindernd anzurechnen, die positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb ergäben sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen seines Steuerberaters, die der Beklagte seinen Berechnung zu Grunde gelegt habe. Dies sei unabhängig von den Gewinnentnahmen der Fall, da der Kläger Mitunternehm...

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