Entscheidungsstichwort (Thema)

Recht der Teilhabe von Menschen mit Behinderung: Zuständiger Leistungsträger für Teilhabeleistungen bei teilstationäre Betreuung. Wirkung einer Weiterverweisung eines Antrags durch den erstangegangenen Sozialleistungsträger. Voraussetzung einer Aussetzung des Vollzugs einer gerichtlichen Entscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Aussetzung des Vollzugs im Sinne von § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG verlangt besondere Umstände (ständige Spruchpraxis des Bayer. Landessozialgerichts, Beschlüsse vom 18. Januar 2013, Az. : L 8 AY 5/12 ER, vom 17. September 2010, Az. : L 8 AS 650/10 ER, 10. Mai 2010, Az. : L 14 R 880/09 R, 03. März 2010, Az. : L 20 R 924/09 ER; 17. Dezember 2009, Az. : L 19 R 936/09 ER, 28. April 2014, Az.: L 7 AS 337/14 ER, zuletzt vom 14. August 2014, Az. : L 8 SO 106/14 B ER).

2. Die Zuständigkeitszuweisung des § 14 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zum behinderten Menschen auf alle Rechtsgrundlagen, die in der konkreten Bedarfssituation für Reha Träger vorgesehen sind.

3. § 14 SGB IX vereinfacht das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes insoweit, als die materiell rechtlich endgültige Zuständigkeit offen bleiben kann, wenn feststeht, wer i.S.v. § 14 SGB IX erst und wer zweitangegangener Träger ist. Leistungen zur Teilhabe sind häufig grundrechtsrelevant (Art. 2 Abs. 2 GG, Art. 12 Abs. 1 GG).

 

Tenor

I. Der Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem mit der Berufung angefochtenen Beschluss des SG München vom 17.07.2014 - Aktenzeichen S 52 SO 350/14 ER - wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu erstatten.

 

Gründe

Die Aussetzung des Vollzugs im Sinne von § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG verlangt besondere Umstände. Diese Rechtsansicht beruht auf einer ständigen Spruchpraxis des Bayer. Landessozialgerichts (so Beschlüsse vom 18.Januar 2013, Az. : L 8 AY 5/12 ER, vom 17. September 2010, Az. : L 8 AS 650/10 ER, 10. Mai 2010, Az. : L 14 R 880/09 R; 03. März 2010, Az. : L 20 R 924/09 ER; 17. Dezember 2009, Az. : L 19 R 936/09 ER, 28. April 2014, Az.: L 7 AS 337/14 ER, zuletzt vom 14. August 2014, Az. : L 8 SO 106/14 B ER).

Insbesondere ein Antrag eines zu Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB XII verurteilten Grundsicherungsträgers auf Aussetzung bzw. ein hier vergleichbarer Fall existenziell bedeutsamer Leistung der Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege kann nur in seltenen Fällen zur vorläufigen Nichtgewährung zugesprochener existenzsichernder Leistungen im Wege des § 199 Abs. 2 SGG führen. Ganz besonders beruht eine Anordnung in der Grundsicherung unter Anwendung einer Güter- und Folgenabwägung an sich schon auf einer Prognose, bei der selten ein derart extremer Unrichtigkeitsgrad der angefochtenen Entscheidung anzunehmen ist, wie er zur Abwendung der ohnehin gesetzlich angeordneten Wirkung (§ 175 SGG) vorliegen müsste.

Die vom Antragsgegner geäußerten Zweifel an der Zuständigkeit und den Voraussetzungen der Leistungserbringung sind im og Sinne nicht durchgreifend. Dies gilt insbesondere angesichts der vom SG vorgenommen Leistungsbegrenzung bis zum 30.09.2014.

Der Antrag vom 17.04.2014 auf Leistungen nach dem SGB XII ist bei dem Beigeladenen am 05.05.2015 persönlich angebracht worden. Mit Eingang vom 09.05.2015 beim Antragsteller ist der Antrag - gestützt auf Art. 82 Abs. 2 AGSG in Verbindung mit § 97 Abs. 3 und 4 SGB XII - weitergeleitet worden, weil die Zuständigkeit für die Bearbeitung im Bereich des Antragstellers liege.

Die Frage der Zuständigkeit ist diffus. Dies liegt bereits daran, dass es sich bei der Maßnahme der R. Wohngemeinschaft B-Stadt um ein Konglomerat von Betreuung, Pflege und Wohnen handelt. Jedenfalls ist nach § 2 des Betreuungsvertrages eine Leistung vorgesehen, die auch Maßnahmen der Eingliederungshilfe umfasst. Insoweit verpflichten sich der Leistungsempfänger auch die Kostenübernahme durch den örtlichen Sozialhilfeträger zu bewirken (§ 4 Abs. 4 des Betreuungsvertrages). Art. 84 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) vom 8. Dezember 2006 ermöglicht die Heranziehung des örtlichen Trägers z.B. für Hilfe in Einrichtungen zur teilstationären Betreuung mit Ausnahme der Hilfe in Werkstätten für Menschen mit Behinderung und in Tag- oder Nachtkliniken (Art 84 Abs. 2 Nr. 2) und Hilfen, die nach Art. 82 Abs. 2 gleichzeitig mit den vorstehend genannten Hilfen zu gewähren sind (Art 84 Absatz 2 Nr. 7). So bestimmt dann auch § 1 der Verordnung des Bezirks Oberbayern über die Heranziehung der Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der Sozialhilfe und der Kriegsopferfürsorge vom 23. Dezember 2008, Oberbayerisches Amtsblatt Nr. 1 / 2009, dass die Landkreise und kreisfreien Städte in Oberbayern als örtliche Träger der Sozialhilfe für diverse Maßnahmen herangezogen werden. Nach Nr. 3. dieser Vorschrift gilt dies für die Hilfe in Einrichtungen zur teilstationären Betreuung mit Ausnahme der Hilfe a) nach dem Sechsten K...

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