BMF, 1.11.2001, IV A 5 - S 1900 - 292/01

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Mit dem Gesetz zur Eindämmung der illegalen Betätigung im Baugewerbe vom 30.8.2001 (BGBl 2001 I S. 2267) wurde zur Sicherung von Steueransprüchen bei Bauleistungen ein Steuerabzug eingeführt. Die Regelungen hierzu enthält der neue Abschnitt VII des Einkommensteuergesetzes (§§ 48 bis 48d EStG). Ab 1.1.2002 haben danach unternehmerisch tätige Auftraggeber von Bauleistungen (Leistungsempfänger) im Inland einen Steuerabzug von 15 % der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens (Leistender) vorzunehmen, wenn nicht eine gültige, vom zuständigen Finanzamt des Leistenden ausgestellte Freistellungsbescheinigung vorliegt oder bestimmte Freigrenzen nicht überschritten werden.

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Im Zusammenhang mit der Einführung des Steuerabzugs wurde außerdem für Unternehmen des Baugewerbes, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Ausland haben, jeweils eine zentrale örtliche Zuständigkeit von Finanzämtern im Bundesgebiet geschaffen. Diese umfasst auch das Lohnsteuerabzugsverfahren sowie die Einkommensbesteuerung der von diesen Unternehmen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern mit Wohnsitz im Ausland.

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Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder vertrete ich zu Einzelfragen dieser Regelung folgende Auffassung:

 

1. Steuerabzugspflicht

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Vergütungen für Bauleistungen, die im Inland gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (§ 2 UStG) erbracht werden, unterliegen dem Steuerabzug (§ 48 Abs. 1 Satz 1 EStG).

 

1.1 Begriff der Bauleistung

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Unter Bauleistungen sind alle Leistungen zu verstehen, die der Herstellung, Instandsetzung oder -haltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Definition entspricht der Regelung in § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III in Verbindung mit der Baubetriebe-Verordnung (abgedruckt im Anhang), wobei zu den Bauleistungen im Sinne des Steuerabzugs nach § 48 EStG auch die Gewerke gehören, die von der Winterbauförderung gemäß § 2 Baubetriebe-Verordnung ausgeschlossen sind. Der Begriff des Bauwerks ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG-Urteil vom 21.1.1976, 4 AZR 71/75) weit auszulegen und umfasst demzufolge nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen. Hierzu gehören Fenster und Türen sowie Bodenbeläge und Heizungsanlagen, aber auch Einrichtungsgegenstände, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind, wie z.B. Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen oder Einbauküchen in Mietwohngebäuden.

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Die in der Baubetriebe-Verordnung aufgeführten Tätigkeiten sind nicht in allen Fällen dem Steuerabzug zu unterwerfen. Voraussetzung für den Steuerabzug ist immer, dass die in der Baubetriebe-Verordnung aufgeführten Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Bauwerk durchgeführt werden, also der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Die Annahme einer Bauleistung setzt voraus, dass sie sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirkt, d.h. eine Substanzveränderung im Sinne einer Substanzerweiterung, Substanzverbesserung oder Substanzbeseitigung bewirkt, hierzu zählen auch Erhaltungsaufwendungen.

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Ausschließlich planerische Leistungen (z.B. von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs- und Bauingenieuren) sind keine Bauleistungen. Ebenso ist die Arbeitnehmerüberlassung keine Bauleistung, auch wenn die überlassenen Arbeitnehmer für den Entleiher Bauleistungen erbringen.

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Die bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen, zum Beispiel Fenstern, stellt keine Bauleistung dar, es sei denn, es handelt sich um eine Nebenleistung zu weiteren als Bauleistung zu qualifizierenden Tätigkeiten. Eine Bauleistung stellt dagegen ein Reinigungsvorgang dar, bei der die zu reinigende Oberfläche verändert wird. Die zum Steuerabzug führende Fassadenreinigung gemäß § 2 Nr. 3 der Baubetriebe-Verordnung liegt z.B. bei Vornahme einer Behandlung vor, bei der die Oberfläche abgeschliffen oder abgestrahlt wird.

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Reine Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken stellen keine Bauleistung dar, solange nicht Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden.

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Auch Materiallieferungen z.B. durch Baustoffhändler oder Baumärkte sind keine Bauleistungen.

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Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es darauf an, welche Leistung im Vordergrund steht, also der vertraglichen Beziehung das Gepräge gibt. Eine Abzugsverpflichtung besteht dann, und zwar insgesamt, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist. Die Nebenleistung teilt jeweils das Schicksal der Hauptleistung.

Beispiele:

  • Die von einem Gastwirt bestellte Theke ist von dem beauftragten Schreiner...

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