Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitgeberhaftung. Parkplatz

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitgeber, der nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht unterliegt, kann die Haftung für Schäden, die bei dem Betrieb seiner Kraftfahrzeuge entstehen, gegenüber seinen berechtigterweise auf dem Betriebshof parkenden Arbeitnehmern grundsätzlich nicht durch vertragliche Einheitsregelung ausschließen.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 254; StVG § 7 Abs. 1-2, § 1 Abs. 1, § 17 Abs. 1 S. 2; PflVG § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Sätze 1, 3; ZPO § 561 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 17.11.1987; Aktenzeichen 8 Sa 66/87)

ArbG Hamburg (Urteil vom 03.04.1987; Aktenzeichen 7 Ca 607/85)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 17. November 1987 – 8 Sa 66/87 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Seine Arbeitsstelle ist der Betriebshof der Beklagten in H…. Für die Fahrten dorthin benutzt der Kläger seinen privaten Pkw. Die Frühschicht beginnt zu einer Tageszeit, in der öffentliche Verkehrsmittel nur stündlich verkehren. Die Beklagte hat auf dem Betriebshof besonders gekennzeichnete Abstellplätze für Kraftfahrzeuge der Arbeitnehmer eingerichtet. Am 16. September 1974 unterzeichnete der Kläger folgende von der Beklagten formulierte Erklärung:

“ Erklärung

über das Abstellen meines Pkw auf dem Gelände der H….

Unter folgenden Bedingungen möchte ich auf dem Gelände der Gesellschaft meinen Pkw abstellen:

Die Gesellschaft stellt ihren Mitarbeitern bis auf Widerruf in beschränktem Umfang besonders gekennzeichnete Plätze als Abstellplätze für PKW zur Verfügung, soweit es die Umstände zulassen. Ein Anspruch auf einen Abstellplatz besteht nicht. Es ist nicht gestattet, Fahrzeuge auf anderen als den gekennzeichneten Plätzen abzustellen. Ohne Auftrag oder ohne Zustimmung des zuständigen Abteilungsleiters ist es nicht gestattet, betriebsfremde Personen mit auf das Gelände der Gesellschaft zu bringen. Die Anordnung desjenigen, der mit der Verantwortung für den einzelnen Abstellplatz betraut worden ist, ist unbedingt zu befolgen. Der Beauftragte der Gesellschaft kann auch die Benutzung des Abstellplatzes untersagen.

Jeder Benutzer eines Abstellplatzes muß eine ausreichende Versicherung gegen Diebstahl und Feuerschäden abgeschlossen haben. Die Gesellschaft schließt ausdrücklich die Haftung für alle Schäden aus, die im Zusammenhang mit den Befahren des Betriebsgeländes und der Benutzung des Abstellplatzes gegen sie oder ihre Beschäftigten bei einer Tätigkeit für sie entstehen.

Hiermit bestätige ich durch meine Unterschrift, daß ich die vorstehenden Bedingungen zur Kenntnis genommen habe und sie beachten werde, wenn ich einen Abstellplatz auf dem Gelände der Gesellschaft benutze.”

An einem Arbeitstag im September 1985 stellte der Kläger seinen Pkw auf einer der Verkehrsinseln ab, die sich auf dem Betriebsgelände befinden. Da die gekennzeichneten Parkplätze nicht ausreichten, benutzten die Arbeitnehmer diese Verkehrsinseln seit Jahren als zusätzliche Abstellplätze, ohne daß die Beklagte dies beanstandete. Während der Arbeitszeit beschädigte ein Prüfmeister der Beklagten mit einem Linienbus das Fahrzeug des Klägers.

Der Kläger hat schriftlich am 24. September 1985 und mit der am 17. Oktober 1985 erhobenen Klage von der Beklagten Schadenersatz verlangt für die Reparaturkosten in Höhe der Kaskoselbstbeteiligung des Klägers (650,-- DM), die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs (729,99 DM), den durch die Beschädigung verursachten merkantilen Minderwert des Fahrzeugs des Klägers (1.000,-- DM) und eine Unkostenpauschale (20,-- DM).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihre Fürsorgepflicht verletzt, weil sie die während der Arbeitszeit abgestellten Fahrzeuge der Arbeitnehmer nicht gegen Beschädigungen durch Betriebsfahrzeuge gesichert habe. Der in der Erklärung vom 16. September 1974 liegende Haftungsausschluß sei unwirksam. Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.399,99 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25. September 1985 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Haftung sei vertraglich ausgeschlossen. Der Prüfmeister, der den Bus gefahren habe, habe seit Jahren beanstandungsfrei gearbeitet und sei regelmäßig überwacht worden. Zwar habe er schuldhaft gehandelt, nicht aber grob fahrlässig.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die Beklagte dem Kläger zum Ersatz des Unfallschadens verpflichtet ist.

I. Die Beklagte haftet nach § 7 Abs. 1 StVG. Der Schaden des Klägers ist bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs der Beklagten entstanden und nicht durch ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG verursacht worden.

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Prüfmeister der Beklagten habe, als er einen zum Betrieb der Beklagten gehörenden Linienbus geführt habe, das Fahrzeug des Klägers beschädigt. Daran ist der Senat nach § 561 Abs. 2 ZPO gebunden.

2. Die Haftung der Beklagten ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich der Unfall auf dem Betriebsgelände ereignet hat. Zwar ist der Betriebshof kein öffentlicher Weg oder Platz im Sinne des § 1 Abs. 1 StVG. Für die Haftung der Beklagten als Fahrzeughalterin ist dies aber bedeutungslos. § 7 StVG enthält keine dem § 1 Abs. 1 StVG entsprechende Einschränkung seines Geltungsbereichs (vgl. BGHZ 5, 318; BGH Urteil vom 5. April 1960 – VI ZR 34/59 – VersR 1960, 635; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 30. Aufl., § 7 StVG Rz 1; Greger, Zivilrechtliche Haftung im Straßenverkehr, § 7 StVG Rz 35).

II. Die Haftung der Beklagten ist nicht durch Vereinbarung der Parteien ausgeschlossen.

Ist in der Unterzeichnung des Klägers vom 16. September 1974 die Annahme eines Angebots der Beklagten auf Abschluß eines Vertrags über einen Haftungsausschluß zu sehen, erfaßt dieser nicht die straßenverkehrsrechtliche Haftung der Beklagten für den Schaden des Klägers. Diese Vereinbarung ist insoweit unwirksam, als durch sie die Haftung der Beklagten als Fahrzeughalterin nach § 7 StVG gegenüber dem Kläger ausgeschlossen ist.

1. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG kann durch Vereinbarung zwischen dem Halter und dem Verletzten abbedungen werden (vgl. Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 19. Aufl., Kap. 12, Rz 7 und 8; Greger, Zivilrechtliche Haftung im Straßenverkehr, § 7 StVG Rz 525). Es kann dahinstehen, ob dies auch zugunsten der nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 PflVG nicht versicherungspflichtigen Beklagten gilt oder deshalb verneint werden muß, weil die in § 2 Abs. 2 Satz 3 PflVG vorgeschriebene sinngemäße Anwendung der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftverkehrsversicherung (AKB) eine Vereinbarung ausschließt, durch die die Gefährdungshaftung im Umfang der Versicherungspflicht ausgeschlossen wird (vgl. z. B. Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 13. Aufl., Einf. Rz 15). Der Haftungsausschluß, den die Beklagte mit den Arbeitnehmern, die einen Abstellplatz auf dem Betriebsgelände benutzen, einheitlich vereinbart hat, wäre jedenfalls deshalb unwirksam, weil er nicht billigem Ermessen entspricht.

2. Bei den Vereinbarungen, die die Beklagte mit den Arbeitnehmern schließt, die einen Parkplatz benutzen wollen, handelt es sich um sogenannte vertragliche Einheitsregelungen. Ihr Inhalt wird nicht zwischen den Beteiligten abgesprochen, sondern von der Beklagten als Arbeitgeberin einseitig festgesetzt. Wer einen Parkplatz haben will, muß die Bedingungen der Beklagten annehmen oder er muß ganz darauf verzichten, sein Fahrzeug auf dem Betriebsgelände abzustellen. Da in einem solchen Fall die Vertragsparität einen Interessenausgleich nicht gewährleisten kann, darf der Arbeitgeber nicht nur seine Interessen verfolgen; vielmehr muß er seinerseits auch den Interessen der Arbeitnehmer angemessen Rechnung tragen. Seine Leistungsbestimmung muß billig und gerecht sein. Ob sie dies ist, müssen die Gerichte im Streitfall prüfen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAGE 23, 160 = AP Nr. 1 zu § 305 BGB Billigkeitskontrolle; BAGE 46, 50 = AP Nr. 9 zu § 339 BGB).

3. Die Beklagte hat bei Festlegung der Abstellbedingungen die Interessen ihrer Arbeitnehmer nicht angemessen berücksichtigt. Sie hat daher ihre Haftung für die Betriebsgefahr der Busse nicht wirksam ausgeschlossen.

a) Zwar ist das berechtigte Interesse der Beklagten nicht zu verkennen, sich vor unzumutbaren Haftungsrisiken zu schützen. Das Interesse der Beklagten erforderte aber nicht, daß sie die Haftung für Schäden ausschloß, die durch die Betriebsgefahr ihrer eigenen Busse verursacht wurden. Die Gründe, die die Beklagte vorgetragen hat, rechtfertigen es nicht, den Arbeitnehmern den Haftungsschutz des § 7 Abs. 1 StVG zu entziehen, auch nicht deshalb, weil es für diese einen Vorteil darstellt, die Parkplätze auf dem Betriebshof benutzen zu dürfen.

b) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe ein überragendes Interesse daran, daß Arbeitnehmer, die ihren Pkw auf dem Betriebsgelände abstellen, auf Schadenersatzansprüche verzichten, weil dort ständig Busse hin- und herrangiert werden. Nur so sei ein ordnungsgemäßer Betriebsablauf gewährleistet. Auch für die H… Öffentlichkeit sei es von vordringlichem Interesse, diesen Betriebsablauf nicht zu stören. Die Aufrechterhaltung des Busliniendienstes sei wichtiger als der Schutz der Kraftfahrzeuge der Arbeitnehmer. Da sie als Fahrzeughalterin von der Versicherungspflicht befreit sei, müsse sie im Falle der Haftung selbst für Schäden an den Kraftfahrzeugen der Arbeitnehmer einstehen.

c) Diese Gründe machen den Haftungsausschluß nicht wirksam.

aa) Soweit die Beklagte auf die Betriebsstörungen verweist, die durch Unfälle auf dem Betriebsgelände entstehen können, fehlt es an einem Interesse der Beklagten an dem Haftungsausschluß bereits deshalb, weil dieser kein funktionsgerechtes Mittel ist, diese Betriebsstörungen zu vermeiden.

Die Verzögerungen von Betriebsabläufen, die durch Unfälle entstehen können, in die auf dem Betriebsgelände parkende Fahrzeuge der Arbeitnehmer verwickelt sind, lassen sich durch den Haftungsausschluß nicht vermeiden. Kommt es dadurch, daß ein Linienbus unfallbedingt nicht planmäßig einsatzbereit ist, zu einer Betriebsstörung, beruht diese zwar auf dem Unfallereignis. Sie entfällt aber nicht dadurch, daß die Beklagte für die Unfallfolgen nicht zu haften braucht.

bb) Die Beklagte kann gegenüber dem Haftungsinteresse der Arbeitnehmer aber auch nicht geltend machen, sie könne solche Schäden nicht auf eine Haftpflichtversicherung abwälzen.

Die Beklagte ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 PflVG nicht verpflichtet, als Halter eines Kraftfahrzeugs eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Macht sie von dieser Versicherungsfreiheit Gebrauch, muß sie Schäden, die durch den Betrieb ihrer Fahrzeuge verursacht werden, selbst ersetzen, denn sie hat nach § 2 Abs. 2 Satz 1 PflVG bei durch den Gebrauch ihrer Fahrzeuge verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden in gleicher Weise und in gleichem Umfang einzutreten wie ein Versicherer bei Bestehen einer Haftpflichtversicherung. Damit ist gewährleistet, daß Ansprüche aus Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG, die auf dem Gedanken sozialer Verantwortung für eigene Wagnisse beruht, auch dann erfüllt werden, wenn der Fahrzeughalter nicht versicherungspflichtig ist. Das Interesse dieser Fahrzeughalter, für die aus der Betriebsgefahr sich ergebenden Haftungsfolgen wirtschaftlich nicht eintreten zu müssen, hat der Gesetzgeber somit nicht anerkannt. Diese Regelung besteht zugunsten aller Verkehrsteilnehmer. Zu diesen gehören auch die Arbeitnehmer eines von der Versicherungspflicht befreiten Arbeitgebers im Verhältnis zu diesem. Dies gilt auch wenn sie im Einverständnis mit dem Arbeitgeber ihre Fahrzeuge im Werksgelände abstellen. Wie der vorliegende Fall zeigt, können diese Arbeitnehmer nicht alle Risiken durch eigene Vorsorge abdecken, auch wenn sie sich bemühen, ihre Fahrzeuge in zumutbarem Umfang mit zumutbaren Mitteln vor schädlichen Einwirkungen des Betriebs zu schützen (vgl. zu dieser Pflicht des Arbeitnehmers: BAG Urteil vom 18. Mai 1965 – 1 AZR 386/64 – AP Nr. 4 zu § 611 BGB Gefährdungshaftung des Arbeitgebers) und z. B. in Beachtung der von der Beklagten aufgestellten Bedingungen eine Versicherung gegen Diebstahl und Feuerschäden abschließen. Sie sind also auf die Halterhaftung des Arbeitgebers ebenso angewiesen wie andere Verkehrsteilnehmer.

Demgegenüber kann die Beklagte nicht darauf verweisen, der Betrieb ihres Unternehmens werde durch eine übermäßige finanzielle Belastung gestört, wenn sie für die von ihren Bussen verursachten Schäden der Arbeitnehmer einstehen müsse, die auf dem Betriebsgelände parken. Es kann dahinstehen, ob dies überhaupt ein Grund für einen Haftungsausschluß wäre oder ob die Beklagte in diesem Fall nicht die Maßnahmen zur Sicherung der Parkplätze treffen müßte, die das Landesarbeitsgericht aus dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht für notwendig gehalten hat (Verkehrsgitter, Prellsteine oder Sandkübel). Die Begründung der Beklagten wird bereits durch den festgestellten Sachverhalt widerlegt. Unstreitig war der Unfall, bei dem das Fahrzeug des Klägers beschädigt wurde, der erste, der sich auf dem Betriebsgelände ereignete, seit Arbeitnehmer dort parken dürfen. Die Verkehrsverhältnisse auf dem Betriebsgelände sind somit nicht derart unübersichtlich, daß es dort häufiger zu Schäden kommt als im öffentlichen Straßenverkehr. Das Interesse der Beklagten, für die Folgen von Verkehrsunfällen nicht haften zu müssen, ist somit im Verhältnis zu den auf dem Betriebsgelände parkenden Arbeitnehmern nicht größer als im Verhältnis zu den übrigen Verkehrsteilnehmern. Es überwiegt somit nicht das Interesse der Arbeitnehmer an der gesetzlichen Haftung der Beklagten nach § 7 StVG und berechtigte die Beklagte nicht dazu, dem Kläger diesen Haftungsschutz zu entziehen.

cc) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, statt der getroffenen Regelung habe sie ganz davon absehen dürfen, für die Arbeitnehmer Parkplätze einzurichten. Es bedarf keiner Stellungnahme dazu, ob die Beklagte verpflichtet ist, ihren Arbeitnehmern Parkplätze zur Verfügung zu stellen (vgl. dazu BAG Urteil vom 4. Februar 1960 – 2 AZR 290/57 – AP Nr. 7 zu § 618 BGB). Es reicht aus, daß das Interesse daran, daß die Arbeitnehmer in der Nähe der Arbeitsstelle parken, auch auf seiten der Beklagten besteht. Die Frühschicht beginnt zu einer Tageszeit, in der der Betrieb mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur unter erheblichem Zeitverlust erreichbar ist. Die Beklagte hat auf das daraus folgende Bedürfnis der Arbeitnehmer mit der Einrichtung von Parkplätzen reagiert und ist später sogar stillschweigend damit einverstanden gewesen, daß die zunächst dafür nicht vorgesehenen Verkehrsinseln als Abstellplätze mitbenutzt werden. Es ist daher nicht anzunehmen, daß die Beklagte ohne eigenes Interesse auf die Bedürfnisse ihrer Arbeitnehmer in dieser Weise eingegangen ist. Dies verwehrt ihr aber, die Folgen der Betriebsgefahr der firmeneigenen Fahrzeuge auf die Arbeitnehmer abzuwälzen und damit deren Belange bei der Regelung der Haftung unberücksichtigt zu lassen.

4. Die Beklagte kann auch nicht darauf verweisen, im Arbeitnehmer müsse Risiken, denen er im allgemeinen Straßenverkehr unterliegt, auch auf dem Betriebsparkplatz tragen. Zwar ist richtig, daß der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, die auf seinem Parkplatz abgestellten Fahrzeuge der Arbeitnehmer schlechthin auch vor solchen Schäden zu bewahren, vor denen der Eigentümer eines Wagens sich auch sonst im Straßenverkehr kaum wirksam schützen kann, und daß der Arbeitnehmer das Risiko für sein Eigentum jedenfalls dann selbst zu tragen hat, wenn das von ihm für den Weg zur Arbeitsstelle benutzte Kraftfahrzeug auf dem Werkparkplatz keinen anderen Risiken ausgesetzt ist als solchen, die es auch bei dem sonstigen Gebrauch durch den Arbeitnehmer als Halter treffen (BAGE 18, 190, 198 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Parkplatz zu V 3 der Gründe). Dieser Grundsatz schließt aber die Haftung des Arbeitgebers dann nicht aus, wenn dieser selbst den Schaden in zurechenbarer Weise verursacht hat.

5. Die vom Landesarbeitsgericht bejahte Frage, ob die Beklagte aufgrund der Fürsorgepflicht das Eigentum der Arbeitnehmer durch Absperrgitter oder ähnliches hätte schützen müssen (vgl. BAG Urteil vom 25. Juni 1975 – 5 AZR 260/74 – AP Nr. 4 zu § 611 BGB Parkplatz) oder ob es im Hinblick auf die geringe Unfallhäufigkeit ausreichte, daß die Beklagte auf dem Betriebshof Fahrer ein setzte, die des Führens von Bussen kundig waren, bedarf somit keiner Entscheidung. Ebenso kann unentschieden bleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der Arbeitgeber seine Haftung für eine Verletzung der Fürsorgepflicht ausschließen könnte (vgl. dazu BAGE 7, 280 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht, mit Anm. von A. Hueck).

III. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ein mitwirkendes Verschulden des Klägers an der Entstehung des Schadens (§ 254 BGB) abgelehnt. Der Kläger braucht sich auch keine mitwirkende Betriebsgefahr zurechnen zu lassen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 StVG). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte er sein Fahrzeug auf einer kraft Duldung der Beklagten dafür bestimmten Verkehrsinsel abgestellt, die ausschließlich dem ruhenden Verkehr vorbehalten und von der Fahrbahn getrennt war.

IV. Auch zur Höhe des Klageanspruchs läßt das Berufungsurteil einen Rechtsfehler nicht erkennen.

1. Hinsichtlich der Reparaturkosten, die der Kläger nur in Höhe der Kaskoselbstbeteiligung (650,-- DM) fordert, und der Unkostenpauschale (20,-- DM) erhebt die Revision keine Einwendungen. Auch sonst bestehen insoweit keine Bedenken gegen die Richtigkeit des Berufungsurteils.

2. Die Revision meint, den merkantilen Minderwert habe das Berufungsgericht deshalb falsch ermittelt, weil es keine Feststellungen darüber getroffen habe, auf welchen Betrag sich der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs belaufe. Ohne diesen könne die Berechnungsmethode von Ruhkopf und Sahm nicht angewandt werden. Diese Rüge greift nicht durch.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die genannte Berechnungsmethode zugrunde gelegt, die auch von der Rechtsprechung der Zivilgerichte als Hilfsmittel zur Schadensschätzung allgemein anerkannt wird (BGH Urteil vom 18. September 1979 – VI ZR 16/79 – NJW 1980, 281; OLG Karlsruhe Urteil vom 5. August 1983 – 10 U 372/82 –, VersR 1983, 1065). Nach ihr ergibt sich bei einem Verhältnis der Reparaturkosten zum Wiederbeschaffungswert im Bereich zwischen 10 und 30 % ein Minderwert von 5 % aus der Summe von Wiederbeschaffungswert und Reparaturkosten. Das beschädigte Fahrzeug war nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Opel Rekord mit einem Motor von 2,2 Litern Hubraum. Es war im Unfallzeitpunkt seit fünf Monaten zugelassen und hatte einen Kilometerstand von 4.521 km. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß das Landesarbeitsgericht die genaue Höhe des Zeitwerts nicht ausdrücklich festgestellt hat. Aus dem Zusammenhang seiner Ausführungen ergibt sich aber, daß das Berufungsgericht den Zeitwert auf etwa 16.000,-- DM geschätzt hat.

Bei Reparaturkosten von 3.912,98 DM würde ein zu ersetzender merkantiler Minderwert nur dann entfallen, wenn das Fahrzeug einen Wert von mehr als 44.000,-- DM gehabt hätte. Daß der im März 1985 erstmals zugelassene Opel Rekord des Klägers ein halbes Jahr später diesen Wert nicht mehr hatte, konnte das Landesarbeitsgericht annehmen, ohne die genaue Höhe des Fahrzeugwerts zu ermitteln. Daraus, daß der Minderwert nach der vom Berufungsgericht angewandten Berechnungsmethode 5 % aus der Summe von Reparaturkosten und Wiederbeschaffungswert beträgt und die Reparaturkosten sich auf 3.912,98 DM beliefen, ergibt sich, daß das Landesarbeitsgericht einen Wiederbeschaffungswert von ca. 16.000,-- DM zugrundegelegt hat. Die Revision hat nicht geltend gemacht, daß dieser Betrag im Hinblick auf Fahrleistung und Fahrzeugtyp überhöht gewesen wäre.

3. Soweit die Revision sich gegen die Verpflichtung der Beklagten wendet, die Mietwagenkosten zu ersetzen, kann sie ebenfalls keinen Erfolg haben. Zwar ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch dann eine Vorteilsausgleichung wegen ersparter Eigenaufwendungen durchzuführen, wenn der Geschädigte – wie hier – ein Ersatzfahrzeug einer niedrigeren Typenklasse gemietet hat. Voraussetzung dafür ist aber eine mehr als geringe Fahrleistung mit dem Ersatzfahrzeug. Diese Anforderung legt auch der erkennende Senat seine Entscheidung zugrunde.

Unstreitig hat der Kläger mit dem Ersatzfahrzeug nur 244 km zurückgelegt. Diese Fahrleistung war gering: Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 10. Mai 1963 (– VI ZR 235/62 – LM Nr. 14 zu § 249 (Cb) BGB = NJW 1963, 1399, 1400) eine Fahrleistung von 1.000 km als nicht mehr gering angesehen. In dem von der Revision angeführten Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 1979 (VersR 1980, 390, 391) wurde angenommen, auch eine Strecke von 826 km könne bereits eine meßbare Kostenersparnis begründen. Eine Fahrstrecke von nur 646 km hat der Bundesgerichtshof zwar für einen “Grenzfall” gehalten, die Entscheidung des Tatrichters jedoch gebilligt, der angenommen hatte, bei dieser Kilometerleistung des Mietwagens habe sich die Verschleißersparnis am eigenen Wagen nicht meßbar ausgewirkt (Urteil vom 10. Mai 1963 – VI ZR 246/62 – LM Nr. 13 zu § 249 (Cb) BGB = NJW 1963, 1400, 1401). Wie immer die Grenze im Einzelfall zu ziehen sein mag: Die Fahrtstrecke von 244 km, die der Kläger zurückgelegt hat, liegt so weit unter den genannten Werten, daß ein ersparter Verschleiß am eigenen Fahrzeug des Klägers nicht mehr ins Gewicht fällt.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Dr. Peifer, Dr. Wittek, Plenge, Hannig

 

Fundstellen

Haufe-Index 872097

BAGE, 63

BB 1990, 634

RdA 1990, 125

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