Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung. Arbeitszeitkonto. Entgeltfortzahlungsrecht

 

Orientierungssatz

  • Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Ist die Arbeitspflicht bereits aus einem anderen Grund – zB wegen einer zwischen den Betriebspartnern vereinbarten Betriebsruhe – aufgehoben, besteht kein Entgeltfortzahlungsanspruch.
  • Erhält der arbeitsunfähige Arbeitnehmer während der Dauer der Betriebsruhe das verstetigte Arbeitsentgelt, können ihm die ausfallenden Arbeitsstunden im Arbeitszeitkonto ins Soll gestellt werden.
 

Normenkette

EFZG §§ 3-4; Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Elektrohandwerke in Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1994

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 30.07.2002; Aktenzeichen 4 (11) Sa 1322/01)

ArbG Bocholt (Urteil vom 16.03.2001; Aktenzeichen 2 Ca 1328/00)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berücksichtigung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit auf dem Arbeitszeitkonto.

Der Kläger ist seit Oktober 1988 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen des Elektrohandwerks. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Elektrohandwerke in Nordrhein-Westfalen Anwendung.

In dem ab 1. April 1994 geltenden Manteltarifvertrag vom 21. März 1994 (MTV 1994) ist Folgendes bestimmt:

“ § 2

Arbeitszeit

1. a) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 37,0 Stunden und ab 01.04.1996 36,0 Stunden.

Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,0 Stunden beträgt die tägliche Arbeitszeit bei gleichmäßiger Verteilung auf 5 Werktage 7,4 Stunden (gleich 7 Stunden 24 Minuten) und die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit 160,95 Stunden. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36,0 Stunden beträgt die tägliche Arbeitszeit bei gleichmäßiger Verteilung auf 5 Werktage 7,2 Stunden (gleich 7 Stunden und 12 Minuten) und die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit 156,60 Stunden.

b) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann gleichmäßig oder ungleichmäßig auf 5 Werktage verteilt werden. Hierbei darf die werktägliche Arbeitszeit die Dauer von 8 Stunden nicht überschreiten.

c) Die wöchentliche Arbeitszeit kann ungleichmäßig auf die einzelnen Werktage sowie auf mehrere zusammenhängende Wochen oder Monate verteilt werden. Im Durchschnitt dieser Verteilungszeiträume soll die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nicht überschritten werden. Sie kann zwischen 32 und 40 Stunden betragen.

Der Durchschnitt der jeweils gültigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit muß innerhalb eines Ausgleichszeitraums von 6 Monaten erreicht werden. Aus betrieblichen Gründen kann der Ausgleichszeitraum durch Betriebsvereinbarung auf 12 Monate ausgedehnt werden. Ein längerer Ausgleichszeitraum kann nur mit Zustim mung der Tarifvertragsparteien festgelegt werden. Der Zeitausgleich kann auch in Form von Freischichten erfolgen. Innerhalb von 6 Monaten dürfen 9 Arbeitstage (bis zum 31.03.1998) bzw. 12 Arbeitstage (ab 01.04.1998) in diesen Zeitausgleich einbezogen werden. Vereinbarungen über Freischichten unterliegen der Zustimmung des Betriebsrats und sind einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer zu regeln.

d) Die regelmäßige Arbeitszeit endet am Tage vor Weihnachten und Neujahr spätestens um 13.00 Uhr.

2. Die Verteilung und Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit für den Betrieb, einzelne Betriebsabteilungen, Betriebsstätten (Montagestellen) oder einzelne Arbeitnehmer auf die einzelnen Werktage, die Festlegung von Ausgleichszeiträumen sowie Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen werden durch Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unter Beachtung der arbeitsrechtlichen Vorschriften vereinbart.

§ 5

Arbeitsausfall, Arbeitsverhinderung, Arbeitsunfähigkeit

6. …

In Fällen unverschuldeter, mit Arbeitsunfähigkeit verbundener Krankheit … ist das regelmäßige Arbeitsentgelt für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder des Heilverfahrens gemäß Lohnfortzahlungsgesetz weiterzuzahlen.

§ 10

Berechnung des regelmäßigen Arbeitsentgelts

2. Je Tag wird die gültige regelmäßige Arbeitszeit von 7,4 Stunden (ab 01.04.1998 7,2 Stunden) mit dem durchschnittlichen Stundenverdienst multipliziert.

§ 11

Grundsätze der Entgeltzahlung

4. Bei Mehrarbeit (gemäß § 3 Ziffer 1b) sowie flexibler Arbeitszeitgestaltung (gemäß § 2 Ziffer 1c) wird für den infrage kommenden Arbeitnehmer ein Zeitkonto geführt. Das Zeitkonto ist auf der monatlichen Abrechnung auszuweisen.

6. In Betrieben mit flexibler Arbeitszeitverteilung (gemäß § 2 Ziffer 1c), muß für die gewerblichen Arbeitnehmer zum Ausgleich von Lohnschwankungen ein “gleichmäßiges Monatsentgelt” vereinbart werden. Das gleichmäßige Monatsentgelt ergibt sich durch Multiplikation des vereinbarten Stundenlohnes mit der durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit gemäß § 2 Ziffer 1a (160,95 Stunden ab 01.04.1994; 156,60 Stunden ab 01.04.1998).

Im Abrechnungszeitraum angefallene Zuschläge gemäß § 4 und sonstige regelmäßige Zulagen sind jeweils mit der monatlichen Abrechnung auszuzahlen. Bei unentschuldigtem Fernbleiben von der Arbeit kann das gleichmäßige Monatsentgelt entsprechend gemindert werden.

7. Unterzahlungen oder Überzahlungen des Entgelts, die sich aus der Anwendung von Ziffer 6 ergeben, sind bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszugleichen.”

Von der durch den MTV 1994 eröffneten Möglichkeit einer Flexibilisierung der Arbeitszeit haben die Betriebsparteien in der Betriebsvereinbarung vom 28. Januar 1998 (BV 1998) Gebrauch gemacht. Dort ist Folgendes bestimmt:

“1. Laufzeit: 01.04.1998 bis 31.03.1999

4. Zeitkonto: Die über die tarifliche AZ (37 Std.*/36 Std.**) hinausgehende Zeit wird bis zur 40sten*/39sten** Stunde einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben und hier bei Gewährung von Freizeit abgezogen.

5. Freischichten: Folgende Freischichten werden festgelegt:

37 Std.*/Woche tarifl. AZ. 36 Std.**/Woche tarifl. AZ.

22.05.98

7,4 Std.

7,2 Std.

12.06.98

7,4 Std.

7,2 Std.

24.12.98

5,0 Std.

5,0 Std.

28.12.98

7,4 Std.

7,2 Std.

29.12.98

7,4 Std.

7,2 Std.

30.12.98

7,4 Std.

7,2 Std.

31.12.98

5,0 Std.

5,0 Std.

15.02.99

7,4 Std.

7,2 Std.

16.02.99

7,4 Std.

7,2 Std.

17.02.99

7,4 Std.

7,2 Std.

GESAMT

69,2 Std.

67,6 Std.

Die über diese Summe hinaus angesammelten Stunden kann jeder Mitarbeiter für variable Freischichten verwenden. Bevor variable Freischichten in Anspruch genommen werden, müssen die 69,2 Std.*/67,6 Std.** für die festgelegten Freischichten erarbeitet werden. Mitarbeiter, die diese Zeit während der Laufzeit vom 01.04.1998 bis 31.03.1999 nicht erarbeiten können, müssen ersatzweise Tarifurlaub, Nacharbeit oder unbezahlte Freizeit in Anspruch nehmen.

6. Ausfalltage: Urlaub, Krankheit, Feiertage, Freischichten etc. werden mit 7,4 Std.*/7,2 Std.** Stunden je Tag gerechnet.

7. Notwendige Arbeiten: Sind notwendige Arbeiten an den festgelegten freien Tagen erforderlich, werden an diesen Tagen die ersten beiden Stunden mit 25 % und alle weiteren mit 50 % Zuschlag vergütet.

8. Laufzeitende: Am Ende der Laufzeit sollte das Arbeitszeitkonto auf 0,0 Stunden stehen. Bei Minusstunden wird gemäß Punkt 5 dieser Vereinbarung verfahren. Plusstunden werden mit der Abrechnung 04/99 vergütet. In gegenseitigem Einvernehmen können diese Plusstunden auch als Freizeit in Anspruch genommen werden.”

Auch nach dem Ende der Laufzeit wurde die BV 1998 weiter angewendet. Die Freischichttage wurden jedes Jahr neu festgelegt, die Arbeitszeitkonten wurden fortgeführt. Die Betriebsparteien gingen dabei von einer regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit von 37 Stunden aus und verteilten die auf 39 Stunden erhöhte Wochenarbeitszeit gleichmäßig auf fünf Werktage (Montag bis Freitag je 7,8 Stunden). Die Beklagte schrieb dem Konto des Klägers für jeden Arbeitstag 7,8 Stunden gut. Ausfalltage berücksichtigte sie mit 7,4 Stunden. Das Konto des Klägers wies am 30. November 1999 ein Zeitguthaben von 30,4 Stunden aus.

In einer von Geschäftsleitung und Betriebsrat unterschriebenen Mitteilung an die Belegschaft vom 24. November 1999 heißt es ua.:

“wegen der momentanen Auslastungssituation und auf Grund vieler Nachfragen nach verlängerten Weihnachtsferien haben die Geschäftsleitung und der Betriebsrat vereinbart, an den oben genannten Arbeitstagen das Werk O… zu schließen.

Der Zeitraum vom 23. – 31.12.99 (47,0 Std.) war bereits als Betriebsruhe vereinbart, nun kommen noch die 3 Tage (22,2 Std.) Betriebsferien vom 20. – 22.12.99 hinzu.

Die dafür benötigten Stunden werden mit den Stundenguthaben auf dem Arbeitszeitkonto / Mehrarbeitszeitkonto oder mit Jahresurlaub verrechnet. Die evtl. darüber hinaus fehlende erforderliche Zeit kann voroder nachgearbeitet werden bzw. es erfolgt eine Negativbelastung auf dem Mehrarbeitskonto per 01.01.2000.”

Der Kläger war im Zeitraum 23. November bis 31. Dezember 1999 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte gewährte dem Kläger auch für diese Zeit die verstetigte Monatsvergütung. Am Jahresende buchte sie entsprechend der im Zeitraum der Betriebsferien vom 20. bis zum 31. Dezember 1999 ausgefallenen Arbeitszeit insgesamt 69,2 Arbeitsstunden vom Arbeitszeitkonto des Klägers ab. Das Arbeitszeitkonto des Klägers stand daher zum 31. Dezember 1999 mit 38,8 Stunden im Soll.

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung verlangt der Kläger die Gutschrift von 69,2 Arbeitsstunden.

Der Kläger hat in der Revision beantragt,

dem Arbeitszeitkonto des Klägers 69,2 Stunden gutzuschreiben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, Freischichten müssten – unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer arbeitsfähig oder arbeitsunfähig sei – zu Lasten des Arbeitszeitkontos gebucht werden.

Das Arbeitsgericht hat dem in erster Instanz gestellten Antrag festzustellen, dass das Arbeitszeitkonto am 1. Januar 2000 einen Stand von 30,4 Guthabenstunden aufwies, zum Teil stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage insgesamt stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gutschrift von 69,2 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto.

  • Die Klage ist mit dem in der Revision gestellten Antrag zulässig (vgl. Senat 14. August 2002 – 5 AZR 417/01 – AP EntgeltFG § 2 Nr. 10 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 4; 5. November 2003 – 5 AZR 108/03 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Diesen Antrag hat der Kläger bereits in der Klageschrift angekündigt, dann aber auf entsprechenden – fehlerhaften – Hinweis des Arbeitsgerichts nicht gestellt. Die in der Revisionsinstanz vorgenommene Antragsänderung zum ursprünglichen Leistungsantrag zurück ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die zugrunde liegenden Tatsachen festgestellt sind. Der Streitgegenstand ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Die Beklagte führt für ihre Mitarbeiter Arbeitszeitkonten, auf denen auch ausfallende Arbeitsstunden verbucht werden.
  • Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger kann die begehrte Zeitgutschrift für die Ende des Jahres 1999 ausgefallenen Arbeitstage nicht verlangen. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus der Mitteilung vom 24. November 1999 noch aus der weiterhin angewendeten BV 1998. Ein Anspruch auf Gutschrift folgt auch nicht aus dem EFZG.

    1. Die von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebene Mitteilung vom 24. November 1999 sieht keine Zeitgutschrift für Brückentage vor. Im Gegenteil: Die für die Betriebsruhe bzw. Betriebsferien benötigten 69,2 Stunden sollen nach der ausdrücklichen Regelung in Absatz 3 Satz 1 “mit den Stundenguthaben auf dem Arbeitszeitkonto / Mehrarbeitszeitkonto oder mit Jahresurlaub verrechnet” werden. Dass die an den freien Tagen ausfallenden Arbeitsstunden von den Mitarbeitern herausgearbeitet werden mussten, verdeutlicht der Satz “Die evtl. darüber hinaus fehlende erforderliche Zeit kann voroder nachgearbeitet werden bzw. es erfolgt eine Negativbelastung auf dem Mehrarbeitskonto per 01.01.2000”. Daraus folgt, dass ein bestehendes Arbeitszeitguthaben einzusetzen war. War kein Guthaben vorhanden, geriet das Konto ins Soll.

    2. Ein Anspruch des Klägers auf Zeitgutschrift ergibt sich auch nicht aus der noch nach dem Ende ihrer Laufzeit am 31. März 1999 von der Beklagten weiter angewendeten BV 1998. Der Kläger kann von der Beklagten nicht nach Ziff. 6 BV 1998 verlangen, dass seinem Arbeitszeitkonto für die vom 20. bis zum 31. Dezember 1999 ausgefallenen Arbeitstage 69,2 Stunden gutgeschrieben werden.

    a) Ziff. 6 BV 1998 enthält eine Rechengröße für die durch Urlaub, Krankheit, Feiertage, Freischichten etc. ausfallenden Arbeitstage. Diese werden mit 7,4 Stunden “gerechnet”. Entgegen der Auffassung des Klägers bedeutet dies jedoch nicht, dass alle in dieser Bestimmung genannten Ausfalltage dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden. Insoweit ist zwischen Freischichten und Ausfalltagen, für die von Gesetzes wegen – beispielsweise wegen Urlaub, Feiertag oder Arbeitsunfähigkeit – ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht, zu unterscheiden.

    b) Freischichten sind nach der BV 1998 Zeitausgleich für zuvor erbrachte Arbeitsleistungen, die über die tarifliche Arbeitszeit hinaus geleistet worden sind. Das ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Betriebsvereinbarung und dem MTV 1994.

    aa) Nach Ziff. 4 BV 1998 werden die über die tarifliche Arbeitszeit von 37 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Erst wenn die für die im Voraus festgelegten Freischichten erforderlichen Guthabenstunden auf dem Arbeitszeitkonto “erarbeitet” sind, können gem. Ziff. 5 Satz 2 und 3 weitere Stunden für variable Freischichten verwendet werden. Mitarbeiter, die kein Arbeitszeitguthaben “erarbeiten” können, haben ersatzweise nachzuarbeiten, Tarifurlaub oder unbezahlte Freistellung in Anspruch zu nehmen. In diesen Regelungen wird deutlich, dass das Arbeitszeitkonto bei der Gewährung von Freischichten nicht unverändert bleibt. Es wird vielmehr mit Minusstunden belastet, deren Höhe sich nach Ziff. 6 BV 1998 bestimmt. Nur bei dieser Auslegung macht auch Ziff. 8 Satz 2 BV 1998 Sinn. Zu den dort genannten Minusstunden kann es nur kommen, wenn das Arbeitszeitkonto bei Gewährung von Freischichten belastet wird.

    bb) Diese Auslegung der BV 1998 entspricht auch der ihr zugrunde liegenden tarifvertraglichen Arbeitszeitregelung. Nach § 2 Nr. 1 Buchst. c MTV 1994 kann der Zeitausgleich bei einer täglichen Arbeitszeit, die über 7,4 Stunden hinaus verlängert ist, durch die Vereinbarung von Freischichten erfolgen, die der Zustimmung des Betriebsrats unterliegen. Von dieser Regelungsmöglichkeit haben die Beklagte und der Betriebsrat in der BV 1998 ersichtlich Gebrauch gemacht. Durch die in Ziff. 5 BV 1998 vereinbarten Freischichten sollte die verlängerte tägliche Arbeitszeit, die dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben wurde, bezahlt ausgeglichen werden. Da die Beklagte ein verstetigtes Entgelt entrichtete, das der tariflichen Arbeitszeit entsprach, musste zugleich das Arbeitszeitkonto im Umfang der jeweils gewährten Freischicht belastet werden. Nur so errechnet sich der richtige Kontostand. Aus dem Wortlaut des geänderten § 2 MTV 2001 lassen sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Schlüsse für die Auslegung des MTV 1994 ziehen. Die Beklagte konnte daher das Arbeitszeitkonto des Klägers für die Zeit der gemeinsam mit dem Betriebsrat festgelegten Betriebsruhe vom 20. bis zum 31. Dezember 1999 mit 69,2 Stunden belasten.

    3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gutschrift der vom 20. bis zum 31. Dezember 1999 ausgefallenen Arbeitsstunden nach §§ 3, 4 EFZG. Gegenstand eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kann zwar auch ein Anspruch auf Zeitgutschrift sein, denn ein Arbeitszeitkonto drückt nur in anderer Form den Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers aus (Senat 13. Februar 2002 – 5 AZR 470/00 – BAGE 100, 256). Dem Kläger stand jedoch vom 20. bis zum 31. Dezember 1999 kein Entgeltfortzahlungsanspruch nach §§ 3, 4 EFZG zu. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nach der ständigen Senatsrechtsprechung nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist (vgl. Senat 19. Januar 2000 – 5 AZR 637/98 – BAGE 93, 212; 22. August 2001 – 5 AZR 699/99 – BAGE 98, 375). Ist die Arbeitspflicht bereits aus einem anderen Grund aufgehoben, besteht kein Entgeltfortzahlungsanspruch. Dadurch werden arbeitsfähige und arbeitsunfähige Arbeitnehmer gleichgestellt. Für den Arbeitsausfall vom 20. bis zum 31. Dezember 1999 war die Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht die alleinige Ursache. Diese Zeit war vielmehr auf Grund der zwischen den Betriebspartnern vereinbarten Betriebsruhe arbeitsfrei. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht daher nicht. Der Kläger hat in dieser Zeit das verstetigte Arbeitsentgelt erhalten. Könnte der Kläger zusätzlich verlangen, dass ihm die vom 20. bis zum 31. Dezember 1999 ausgefallene Arbeitszeit nicht im Arbeitszeitkonto ins Soll gestellt wird, stünde er in dieser Zeit besser als ein arbeitsfähiger Arbeitnehmer. Das ist mit §§ 3, 4 EFZG nicht vereinbar.

  • Der Kläger hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
 

Unterschriften

Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Bull, Buschmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1159124

DB 2004, 1995

NZA 2005, 656

SAE 2004, 346

AP, 0

EzA-SD 2004, 9

BAGReport 2004, 246

NJOZ 2005, 2340

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