Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmtheit des Klageantrages bei Betriebsgeheimnissen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgeber, der gegen einen Arbeitnehmer nachvertragliche Ansprüche auf Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Wege einer Unterlassungsklage und eines Herstellungsverbotes durchsetzen will, muß das zu wahrende Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis hinreichend genau bezeichnen.

2. Besteht das Betriebsgeheimnis in einer Verfahrenstechnik, muß diese eindeutig und unverwechselbar beschrieben werden. Die Beschreibung der Verfahrenstechnik durch die Beschreibung des bei ihrer Anwendung entstehenden Produkts reicht nicht aus, wenn Produkte mit den beschriebenen Eigenschaften auch bei Anwendung anderer Verfahrensweisen entstehen können.

 

Normenkette

BGB § 611; ZPO §§ 253, 256, 561 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 18.12.1987; Aktenzeichen 2 Sa 623/84)

ArbG Köln (Entscheidung vom 24.05.1984; Aktenzeichen 17/14 Ca 6614/83)

 

Tatbestand

Die Klägerin will ein Betriebsgeheimnis durch Unterlassungsansprüche schützen und fordert Schadenersatz wegen der Verletzung dieses Geheimnisses.

Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der N USA. Sie stellt Schleifmittel und industriekeramische Produkte her und vertreibt sie. Hierzu gehören auch Brennhilfsmittel aus rekristallisiertem Siliciumcarbid (SiC) unter der geschützten Bezeichnung "C" für die keramische Industrie. Die Entwicklung der C-Brennhilfsmittel geht auf eine Erfindung zurück, die im Jahre 1960 beim United States Patent Office patentiert worden ist. Die Patentschrift beschreibt die labormäßige Herstellung kleiner hochfeuerfester Teile aus rekristallisiertem Siliciumcarbid, wie sie z.B. in der Raketenindustrie Verwendung finden. Das inzwischen abgelaufene Patent wurde in der keramischen Industrie zunächst nicht genutzt, weil eine maßstabgetreue Vergrößerung (sog. up-scaling) mit Schwierigkeiten verbunden ist. Die Klägerin entwickelte die industriemäßige Herstellung der C-Brennhilfen. Hierzu wird hochreines und aufbereitetes Siliciumcarbid zerkleinert und in mehreren definierten Korngrößen zu einem Pulver kleingemahlen. Die Masse wird mit Wasser und weiteren Chemikalien versetzt und der Schlickerguß in Gipsformen gegossen. Hier wird den Formteilen Wasser entzogen. Anschließend werden sie in Brennöfen bei Temperaturen von 2.250 bis 2.400 Grad gebrannt. Die Formteile, die bereits vor dem Sintern, also dem Brennen, zerbrechen, heißen Grünbruch. Die Herstellungsschritte werden in einem operations manual beschrieben, das in englischer Sprache einen Hinweis auf die Vertraulichkeit enthält.

Der 1940 geborene Beklagte zu 1) ist graduierter Chemieingenieur. Nach verschiedenen Tätigkeiten als Entwicklungsingenieur, Laborleiter und Fertigungsleiter in der Porzellan- und Keramikindustrie trat er am 1. März 1978 in die Dienste der Klägerin. Er wurde zunächst im Stammwerk in den USA mit der Herstellung vertraut gemacht; alsdann baute er die Produktion in Deutschland auf und leitete die C-Fertigung. Während seiner Beschäftigung war er wiederholt in den USA, um seine Kenntnisse zu vervollständigen.

Der im Jahre 1948 geborene Beklagte zu 2) studierte Mineralogie und wurde an der Universität des S mit einem keramischen Thema promoviert. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter in der keramischen Industrie und an der Universität des S . Nach einer vorübergehenden Beschäftigung in Frankreich als Verkaufsingenieur nahm er am 1. Januar 1979 als Produktingenieur die Arbeit bei der Klägerin auf. Zu seinen Aufgaben gehörte es, neue Anwendungsgebiete für C zu finden, Produktentwicklungen vorzuschlagen und den Verkauf technisch zu unterstützen.

In den Arbeitsverträgen der Klägerin mit beiden Beklagten findet sich die Verpflichtung der Beklagten, über alle betriebsinternen Angelegenheiten und Vorgänge, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse jederzeit - auch nach ihrem Ausscheiden - Stillschweigen zu bewahren.

Der Beklagte zu 1) kündigte sein Arbeitsverhältnis am 30. Juni 1981 zum 30. September 1981. Das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 2) wurde in einem gerichtlichen Vergleich zum 31. März 1981 einvernehmlich beendet. In mehrmonatigen Verhandlungen stellten die Klägerin und der Beklagte zu 1) ein bestehendes Wettbewerbsverbot klar. Gegenüber dem Beklagten zu 2) verzichtete die Klägerin auf die Rechte aus einem Wettbewerbsverbot.

Durch Gesellschaftsvertrag vom 11. Dezember 1980 gründeten die Ehefrauen der Beklagten die H GmbH. Diese wurde am 26. Januar 1981 in das Handelsregister beim Amtsgericht H eingetragen. Die Ehefrauen der Beklagten wurden zunächst zu Geschäftsführerinnen bestellt und übernahmen auch je zur Hälfte das Stammkapital. An ihre Stelle traten später die Beklagten, die auch die GmbH-Anteile übernahmen. Diese sind inzwischen teilweise der V KG, M, abgetreten. Die H produziert wie die Klägerin Brennhilfsmittel für die keramische Industrie und vertreibt sie. Sie bezieht ihre Rohstoffe von europäischen Lieferanten und bereitet sie selbst auf. Zur Zeit der Beschäftigung der Beklagten bei der Klägerin wurden dagegen die Vormaterialien angeliefert.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten bereits während des Arbeitsverhältnisses die mit dem C-Produkt zusammenhängenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gesammelt. Nur so seien sie in der Lage gewesen, bereits Anfang 1982 ihre Produkte anzubieten. Aus dem Patent sei die großindustrielle Herstellung nicht abzuleiten. Das sog. up-scaling sei in allgemein zugänglichen Schriften nicht beschrieben. Auch die Umschreibung des Ausgangsmaterials, die Herstellung des Schlickergusses, der Aufbau und die Porenverteilung der Gipsformen und schließlich die Gestaltung der Brennöfen erforderten eine jahrelange Erfahrung. Ihrem Konkurrenzunternehmen, der A GmbH, sei es erst nach zwölfjähriger Forschung und Entwicklung gelungen, ein Versuchsprogramm auf den Markt zu bringen. Die zur Herstellung eines Konkurrenzproduktes notwendigen technischen Kenntnisse hätten die Beklagten bei ihr erworben. Sie seien in dem operations-manual im einzelnen beschrieben; dieses halte sie ständig unter Verschluß. Die übrigen Mitarbeiter erhielten nur die für ihren Arbeitsbereich notwendigen Kenntnisse. Fremde Besucher erhielten keinen Einblick in Brennkurven und Arbeitspapiere. In allen Herstellungsschritten nutzten die Beklagten ihre Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Der Beklagte zu 1) habe von Ende 1979 bis Anfang 1980 begonnen, die Wiederverwendung von Grünbruch bei der Schlickerzubereitung zu testen. Nach kurzer Zeit habe er mitgeteilt, eine brauchbare Wiederverflüssigung zu einem Schlicker sei nicht gelungen. Ein Weiterverkauf zur wirtschaftlichen Verwertung sei jedoch möglich. Der Beklagte zu 2) habe ein Unternehmen ausfindig gemacht, dem er zugesichert habe, er werde auch bald einen Abnehmer für den Grünbruch finden. Die Beklagten hätten alsdann für die H den Grünbruch gekauft. Anfang Januar 1981 habe sich der Beklagte zu 1) in den USA über Verunreinigungen des Ausgangsmaterials beschwert. Er habe deshalb die Herstellungsanlagen besichtigen dürfen. Die bereits Anfang 1980 den Behörden vorgelegten Zeichnungen der Brennöfen seien sklavische Plagiate ihrer Brennöfen. Sie seien im Handel nicht erhältlich. Die angebotenen Brennöfen erreichten zwar die geforderten Temperaturen, sie müßten aber für die Herstellung umgebaut werden. Die von den Beklagten hergestellten R-Produkte glichen ihrem Produkt C im Mikrostrukturaufbau wie ein Ei dem anderen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden

Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ord-

nungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzwei-

se Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis

zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle nicht

über 2 Jahre hinaus zu unterlassen,

die ihnen bekannte und von der H

-GmbH

benutzte Technologie zur Herstellung von

Brennhilfsmitteln aus rekristallisiertem

Siliciumcarbid mit einem Anteil von 99 %

Siliciumcarbid und einer Raumdichte von

mehr als 2,5 kg/dm sowie eine Biegebruch-

festigkeit von mindestens 65 MPa und mit

einer Gefügestruktur entsprechend den zu

den Akten gereichten Fotografien mit fol-

genden Herstellungeschritten

- Vorbereitung des Schlickergusses aus Si-

liciumcarbid verschiedener definierter

Korngrößen unter Hinzufügung von Wasser

und Natriumsilicat und gegebenenfalls

eines weiteren Zusatzes;

- Einsatz geeigneter Gipsformen und Gieß-

vorgang;

- Trockenvorgang des Schlickergusses und

Entformung;

- Brennen in Induktionsöfen in einem Tempe-

raturbereich zwischen 2.250 und ca. 2.400

Grad innerhalb vorgegebener Zeit-, Tempe-

ratur- und Atmosphären-Zyklen;

Dritten mittelbar oder unmittelbar zur Kennt-

nis zu geben;

hilfsweise

a) zu unterlassen, Kenntnisse über die Herstellung

des vorstehenden beschriebenen Produkts bezogen

auf Teile in einer Abmessung von mehr als

30 cm (Länge, Höhe, Breite oder Durchmesser)

weiterzugeben;

hilfsweise

b) zu unterlassen, Kenntnisse über die Herstellung

des vorstehend beschriebenen Produkts unter

Benutzung des operation manuals weiterzugeben;

hilfsweise

c) zu unterlassen, Kenntnisse über die Herstellung

des vorstehend beschriebenen Produkts unter

Benutzung des operation manuals bezogen auf

Teile in einer Abmessung von mehr als 30 cm

(Länge, Höhe, Breite oder Durchmesser) weiter-

zugeben;

2. unmittelbar oder mittelbar Brennhilfsmittel,

insbesondere Brennbalken, Rollen, Rohre, Pro-

filträger, Tellerkapseln, Tellerständer, Brenn-

schalen und Platten herzustellen, und/oder her-

stellen zu lassen und solche Artikel zu ver-

treiben, wenn diese Artikel aus rekristallisier-

tem Siliciumcarbid mit einem Anteil von 99 %

Siliciumcarbid und das Material eine Raumdichte

von mehr als 2,5 kg/dm sowie eine Biegebruch-

festigkeit von mindestens 65 MPa aufweist und

kristallographisch und vom Gefügeaufbau her das

Aussehen besitzt, wie es sich aus den zu den Ak-

ten gereichten Fotografien ergibt und wenn diese

Brennhilfsmittel mittels eines Herstellungsver-

fahrens hergestellt wurden, mit folgenden Her-

stellungsschritten:

- Vorbereitung des Schlickergusses aus Sili-

ciumcarbid verschiedener definierter Korn-

größen unter Hinzufügung von Wasser und Na-

triumsilicat und gegebenenfalls eines weite-

ren Zusatzes;

- Einsatz geeigneter Gipsformen und Gießvor-

gang;

- Trockenvorgang des Schlickergusses und Ent-

formung;

- Brennen in Induktionsöfen in einem Tempera-

turbereich zwischen 2.250 und ca. 2.400 Grad

innerhalb vorgegebener Zeit-, Temperatur-

und Atmosphären-Zyklen;

hilfsweise

a) die vorstehend beschriebenen Brennhilfsmittel

unter Benutzung des operation manuals herzustel-

len oder herstellen zu lassen,

hilfsweise

b) die vorstehend beschriebenen Brennhilfsmittel

bezogen auf Teile mit einer Abmessung von mehr

als 30 cm (Länge, Höhe, Breite oder Durchmesser)

herzustellen oder herstellen zu lassen,

hilfsweise

c) die vorstehend beschriebenen Brennhilfsmittel

bezogen auf Teile mit einer Abmessung von mehr

als 30 cm (Länge, Höhe, Breite oder Durchmesser)

unter Benutzung des operation manuals herzustel-

len oder herstellen zu lassen,

3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in wel-

chem Umfang sie unter Ziffer 2 fallende Brenn-

hilfsmittel hergestellt, angeboten und/oder ver-

trieben haben, und insbesondere unter dem Mantel

der H

GmbH, wobei die Rechnungslegung zu umfassen hat

Angebote unter Angabe der Namen und Anschriften

der Angebotsempfänger, Lieferungen, Lieferzeiten,

Lieferpreise sowie die Namen der Anschriften der

angeschriebenen Kunden, in chronologischer Reihen-

folge.

4. festzustellen, daß die Beklagten gesamtschuldne-

risch verpflichtet sind, der Klägerin allen

Schaden zu ersetzen, der ihr durch gegen Ziffer

1 und 2 verstoßende Handlungen entstanden ist

oder noch entstehen wird.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, daß die Klageanträge nicht hinreichend bestimmt seien. Sie enthielten zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe. Die überreichten Fotografien seien nicht geeignet, die Produkte eindeutig zu identifizieren. Dem Sachverständigen sei es nicht gelungen, anhand der Fotografien festzustellen, ob sie von ihrem Produkt, dem der Klägerin oder gar dem der A GmbH genommen worden seien. Sie haben behauptet, bei dem Herstellungsverfahren habe es sich um kein Betriebsgeheimnis gehandelt. Die Rezeptur der Ausgangsmasse ergebe sich aus der abgelaufenen Patentschrift. Auch das up- scaling sei aus erloschenen Patentschriften zu entnehmen. Von 1981 bis 1986, also noch während des Prozesses, hätten sie 70 Tonnen Grünbruch gekauft. Im übrigen kauften sie das Rohmaterial im europäischen Ausland. Sie bereiteten es auf. Auch bei der Schlickerherstellung, dem Gipsformenbau, der Brennkurve und Ofenanlage hätten sie eigene Entwicklungen betrieben. Die Klägerin selbst habe ihre Brennöfen Verkaufsingenieuren der U GmbH vorgeführt; sie seien heute auf dem freien Markt erhältlich. Die Herstellung von feuerfesten Produkten sei in Deutschland seit Jahrhunderten bekannt. Auch das operation manual enthalte keine Betriebsgeheimnisse. Es sei nie unter Verschluß gehalten worden. Es enthalte nichts anderes als die Beschreibung der einzelnen Handgriffe, die jedem Auszubildenden in der keramischen Industrie geläufig seien.

Der Beklagte zu 1) habe die Herstellung des Ausgangsmaterials auch nicht in den USA ausgespäht. Der ganze Rundgang durch die Herstellungsanlagen habe 15 Minuten gedauert. In dieser Zeit habe er sich allenfalls einen groben Überblick über den Produktionsablauf verschaffen können.

Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht dürfe nicht zu einem Berufsverbot führen. Sie seien bereits als hochqualifizierte Ingenieure zu der Klägerin gekommen. Mit den von der Klägerin gestellten Anträgen würden sie praktisch lebenslang von der keramischen Produktion ferngehalten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht den Anträgen zu 1 c), 2 c), 3 und 4 stattgegeben und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie erreichen wollen, daß das erstinstanzliche klageabweisende Urteil wiederhergestellt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist unzulässig. Die Klageanträge sind nicht hinreichend bestimmt gefaßt. Aus ihnen ergibt sich nicht, welche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geschützt werden sollen.

I. Mit dem Klageantrag zu 1) will die Klägerin erreichen, daß die Beklagten die im Antrag beschriebene Technologie nicht an Dritte weitergeben. Mit Technologie sind Kenntnisse über Verfahrensweisen gemeint. Diese Verfahrenstechnik, die die Klägerin geschützt wissen will, beschreibt sie anhand der Produkte, die bei dieser Verfahrenstechnik entstehen. Damit kann das Herstellungsverfahren im vorliegenden Fall jedoch nicht genau genug beschrieben werden. Anhand der Produkte kann nicht auf das benutzte Herstellungsverfahren geschlossen werden.

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZP0 muß die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruches sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Klageantrag bestimmt Art und Umfang des Rechtsschutzbegehrens. Aus ihm muß sich der Inhalt des Verbotes ergeben (BGH Urteil vom 1. Juli 1960 - I ZR 72/59 - AP Nr. 6 zu § 17 UnlWG, mit zustimmender Anmerkung von Hefermehl). Die Abgrenzung eines Verbotes darf nicht erst dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleiben. Bei Unterlassungsklagen bedarf es der genauen Beschreibung der Handlungen, die unterlassen werden sollen. Der Inhalt des Verbotes kann in Worten gefaßt werden. Er kann sich aber auch aus den dem Klageantrag beigefügten Fotografien, technischen Zeichnungen usw. ergeben (BGH Urteil vom 23. Januar 1981 - I ZR 48/79 - GRUR 1981, 517, 518; zustimmend Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 5. Aufl., S. 326 Fn. 7 f.). Allerdings braucht der Kläger in seinem Klageantrag das zu schützende Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis nicht erst zu offenbaren (vgl. dazu BAG Urteil vom 15. Dezember 1987 - 3 AZR 474/86 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis = NJW 1988, 1686 f., auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen). Es muß aber doch so deutlich beschrieben werden, daß zu ersehen ist, was geschützt werden soll.

2. Diesem Bestimmtheitserfordernis genügen die Unterlassungsanträge der Klägerin nicht. Der von der Klägerin gestellte Antrag, mit dem das Verbot der Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erreicht werden soll, beschreibt die Verfahrensweise, die geschützt werden soll, durch das Produkt. Das Ergebnis des Herstellungsverfahrens sollen Produkte sein, die durch vier Merkmale gekennzeichnet werden. Dazu gehören die Zusammensetzung des bearbeiteten rekristallisierten Siliciumcarbids, die physikalische Umschreibung von Raumdichte und Bruchfestigkeit, Fotografien der kristallisierten Strukturen der Produkte und schließlich vier Herstellungsschritte. Alle Merkmale sind zur eindeutigen Beschreibung des Herstellungsverfahrens, für das ein Schutz beansprucht wird, ungeeignet.

a) In dem Teil des Klageantrages, der die Zusammensetzung des Ausgangsmaterials mit einem Anteil von 99 % Siliciumcarbid betrifft, wird auf eine bekannte und von der H-Gesellschaft genutzte Technologie abgestellt. Hieraus läßt sich das zu schützende Betriebsgeheimnis auch unter Hinzuziehung der Akten nicht ausreichend bestimmen. Ausgangsmaterial mit diesen physikalischen Eigenschaften wird von allen Herstellern ähnlicher Produkte benutzt.

b) Auch die physikalische Umschreibung nach Raumdichte und Bruchfestigkeit läßt nicht auf ein besonderes Betriebsgeheimnis der Klägerin schließen. Nach dem Klageantrag sollen die Beklagten keine Produkte mit einer Raumdichte von mehr als 2,5 kg/dm herstellen. Die Raumdichte wird in dem offengelegten Patent 2627993 mit 2,80 kg/dm, in dem Herstellungsprospekt für C mit 2,6 kg/dm, für R mit 2,6 kg/dm, für A CK mit 2,6 kg/dm, für S mit 2,8 kg/dm und für C mit 2,7 kg/dm definiert. Nicht anders ist die Unterscheidungsfähigkeit wegen der Bruchfestigkeit. Nach dem Klageantrag wird nur eine Bruchfestigkeit von mindestens 65 MPa erfaßt. Sie ist im US-Patent 3951587 mit 68 MPa und in den Herstellungsprospekten für C mit 100, für R mit 100, für A CK mit 75 bis 85, für S mit 70 und für C mit 98 bis 140 MPa angegeben.

c) Nach der Behauptung der Klägerin ist ein bestimmter kristallographischer Gefügeaufbau des Produkts ein Merkmal, das zuverlässig über das bei der Herstellung des Verfahrens benutzte Verfahren Auskunft geben kann. Wenn das richtig wäre, könnte die Verfahrensweise durch ein unverwechselbar entstehendes Ergebnis beschrieben werden. Tatsächlich ist das jedoch nicht der Fall. Der vom Landesarbeitsgericht angehörte Sachverständige hat festgestellt, daß das Produkt nicht anhand der Gefügestruktur eindeutig identifiziert werden kann. Gegen diese Feststellungen sind Verfahrensrügen nicht erhoben, so daß der Senat daran gebunden ist (§ 561 Abs. 2 ZPO).

d) Die von der Klägerin angegebenen Verfahrensabschnitte sind nichts anderes als die Herstellungsschritte der keramischen Produktion überhaupt. Sie lassen keine Rückschlüsse zu auf ein ausschließlich von der Klägerin genutztes Betriebsgeheimnis.

e) Auch durch die Kombination der verschiedenen Merkmale läßt sich - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - die Verfahrensweise, für die der Schutz eines Betriebsgeheimnisses begehrt wird, nicht hinreichend bestimmen.

3. Auch die Hilfsanträge der Klägerin zum Unterlassungsantrag zu 1) sind nicht bestimmt genug. Sie unterscheiden sich von dem Hauptantrag nur dadurch, daß im Hilfsantrag zu a) das Klagebegehren auf Produkte von Ausmaßen über 30 cm eingeschränkt wird, mit dem Hilfsantrag zu b) eine Eingrenzung des Klagebegehrens durch die Einführung des operations manual versucht wird und im Hilfsantrag zu c) sowohl das operations manual als auch die Größe der Produkte zur Bestimmung herangezogen werden. In jedem dieser Anträge wird das Verfahren durch das Produkt beschrieben.

a) Soweit die Klägerin ihre Klageanträge auf Produkte einer bestimmten Größenordnung eingrenzt, ändert sich an der fehlenden Bestimmtheit für die Betriebsgeheimnisse im Rahmen des Herstellungsverfahrens nichts. Das von der Klägerin betriebene up- scaling mag möglicherweise ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis enthalten. Den Beklagten kann aber nicht schlechthin das up-scaling verboten werden. Dies wird auch von anderen Konkurrenzunternehmen der Klägerin betrieben. Untersagt werden kann nur die Ausnutzung von Betriebsgeheimnissen der Klägerin. Diese sind aber mit Hilfe der von der Klägerin gewählten Methode nicht zu bestimmen.

b) Die notwendige Bestimmtheit der Klageanträge wird auch nicht durch die Einführung des operation manuals erreicht. Es ist schon prozeßrechtlich unzulässig, auf eine rd. 600 Seiten starke Sammlung von Urkunden Bezug zu nehmen, ohne die Bezugnahme im einzelnen zu spezifizieren (vgl. Zöller-Stephan, ZP0, 15. Aufl., § 253 Rz 12). Nach den auf ein Gutachten des Sachverständigen gestützten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts enthält das operation manual in vielen Fällen nichts anderes als die Beschreibung der zu verrichtenden Arbeiten der anzulernenden Arbeiter. Im übrigen wird auch in diesem Antrag das Verfahren nur mit dem - nicht identifizierbaren - Ergebnis beschrieben.

II. Mit dem Antrag zu 2) will die Klägerin ein Herstellungs- und Vertriebsverbot für Brennhilfsmittel gegen die Beklagten und in der Folge gegen die H durchsetzen. Auch in diesen Anträgen wird das Produkt, dessen Herstellung und Vertrieb die Klägerin verbieten will, in derselben Weise beschrieben, wie im Antrag zu 1). Diese Produktbeschreibung ist nicht geeignet, das allein als Betriebsgeheimnis zu schützende Herstellungsverfahren der Klägerin zu definieren. Andere Verfahrensweisen als die von der Klägerin entwickelten dürfen ohne weiteres von den Beklagten genutzt werden.

III. Aus dem gleichen Grund sind schließlich die Auskunfts- und Feststellungsanträge der Klägerin (Anträge zu 3) und 4) nicht bestimmt genug.

1. Mit dem Antrag zu 3) verlangt die Klägerin Auskunft darüber, in welchem Umfang die Beklagten dem Herstellungs- und Vertriebsverbot zuwidergehandelt haben. Da der Klageantrag zur Durchsetzung eines Herstellungs- und Vertriebsverbotes zu unbestimmt gefaßt ist, muß der ihm folgende Auskunftsanspruch ebenfalls als unzulässig abgewiesen werden.

2. Auch die Klage, mit der Feststellung einer zukünftigen Schadenersatzverpflichtung der Beklagten begehrt wird, ist unzulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZP0 kann zwar auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn der Kläger an alsbaldiger richterlicher Feststellung ein rechtliches Interesse hat. Die zum Schadenersatz verpflichtenden Handlungen sind aber eindeutig zu bestimmen (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Insoweit verwendet die Klägerin dieselben Unterscheidungsmerkmale, die sie beim Unterlassungsanspruch sowie beim Herstellungs- und Vertriebsverbot verwandt hat. Dies ist aber - wie bereits dargelegt - nicht möglich.

Dr. Heither Richter Schaub ist wegen Griebeling

seines Urlaubs an der Un-

terschrift verhindert.

Dr. Heither

Dr. Michels Zilius

 

Fundstellen

DB 1989, 2340 (LT1-2)

NJW 1989, 3237

NJW 1989, 3237 (LT1-2)

DRsp, VI (646) 138a (LT1-2)

CR 1990, 336-338 (ST1-2)

EWiR 1989, 1081-1081 (S1-2)

JR 1990, 132

NZA 1989, 860-860 (LT1-2)

RdA 1989, 378

AP § 611 BGB Betriebsgeheimnis (LT1-2), Nr 7

AR-Blattei, ES 770 Nr 8

AR-Blattei, Geheimnisschutz Entsch 8 (LT1-2)

EzA § 611 BGB Betriebsgeheimnis, Nr 2 (LT1-2)

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