Entscheidungsstichwort (Thema)

Erziehungsurlaub und 13. Monatsgehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ergibt die Auslegung einer einzelvertraglichen Vereinbarung über die Gewährung eines 13. Monatsgehalts, daß es sich bei der Sonderzahlung um eine Vergütung handelt, die an Stelle der monatlichen Auszahlung nur einmal jährlich gezahlt wird, so hat der/die Erziehungsurlauber/in lediglich Anspruch auf eine seiner/ihrer im Bezugszeitraum erbrachten Arbeitsleistung entsprechende Teilleistung.

2. Auf die Vereinbarung eines vertraglichen Kürzungsrechts für Zeiten des Erziehungsurlaubs kommt es nicht an.

 

Normenkette

BGB §§ 323, 611; BErzGG §§ 1, 16, 15

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 31.01.1989; Aktenzeichen 7 Sa 1677/88)

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 27.09.1988; Aktenzeichen 4 Ca 106/88)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe eines vertraglich vereinbarten 13. Monatsgehalts.

Die Klägerin ist seit 1983 bei der Beklagten als Sekretärin beschäftigt. Ihr Monatsverdienst betrug im Jahr 1987 3.350,-- DM brutto. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 12. September 1983/3. Oktober 1983 enthält u. a. folgende Vereinbarungen:

"3. Gehalt

....

Zusätzlich wird ein 13. Monatsgehalt

als Abgeltung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld

mit dem Novembergehalt ausbezahlt. Im ersten

Jahr der Zugehörigkeit zu D

und im Jahr des Ausscheidens wird das 13. Ge-

halt anteilig nach der auf das betreffende

Kalenderjahr entfallenden Anstellungszeit be-

rechnet.

7.

....

Im übrigen gilt die jeweils gültige Fassung

der (...) allgemeinen Richtlinien von

D ."

Die allgemeine Richtlinie der Beklagten vom 15. Januar 1982 bestimmte für Mutterschaftsurlaub u. a. folgendes:

2. Auswirkungen auf Arbeitsverhältnis, Gehalt

und Nebenleistungen

2.1 Arbeitsverhältnis und Gehalt

Während des Mutterschaftsurlaubs ruht das

Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin, sie

erhält für diese Zeit kein Gehalt, sondern

von der Krankenkasse Mutterschaftsgeld.

2.2 Nebenleistungen

a) Das 13. Monatsgehalt und der Jahres-

urlaub werden für jeden vollen Monat des

Mutterschaftsurlaubs um 1/12 reduziert;

außerdem entfällt der Anspruch auf Essen-

marken und auf Fortzahlung des Arbeitsent-

gelts wegen Krankheit bzw. auf Nettogehalts-

ausgleich bei Krankheit von mehr als 6 Wo-

chen.

An die Stelle dieser Richtlinie trat die Richtlinie vom 15. Januar 1985 in der es heißt:

2. Auswirkungen auf Arbeitsverhältnis, Gehalt

und Nebenleistungen

2.1 Arbeitsverhältnis und Gehalt

Während des Mutterschaftsurlaubs ruht das

Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin; sie

erhält für diese Zeit kein Gehalt, sondern

von der Krankenkasse Mutterschaftsgeld.

2.2 Nebenleistungen

a) Der Jahresurlaub wird für jeden vollen

Monat des Mutterschaftsurlaubs um 1/12

reduziert; außerdem entfällt der Anspruch

auf Essensmarken und auf Fortzahlung des

Arbeitsentgelts wegen Krankheit bzw. auf

Nettogehaltsausgleich bei Krankheit von

mehr als 6 Wochen.

Aus Anlaß der Änderung der Rechtslage durch Inkrafttreten des BErzGG vom 6. Dezember 1985 erließ die Beklagte die Richtlinie vom Dezember 1987, in der es heißt:

2. Auswirkungen auf Arbeitsverhältnis, Gehalt,

Zusatzprogramme und Nebenleistungen

2.1 Arbeitsverhältnis und Gehalt

Während des Erziehungsurlaubs sind der Mit-

arbeiter und D von den beiderseitigen

Hauptpflichten (Arbeitspflicht und Gehalts-

zahlungspflicht) befreit, soweit der Mitar-

beiter nicht Teilzeitarbeit verrichtet. Er

erhält in dieser Zeit kein Gehalt, sondern

von der jeweils zuständigen Behörde Er-

ziehungsgeld.

Das 13. Monatsgehalt wird entsprechend

Ziffer 3 unseres Anstellungsvertrages als Ge-

genleistung für geleistete Arbeit und nicht

für sog. Betriebstreue bezahlt und daher im

Eintritts- und Austrittsjahr entsprechend ge-

kürzt.

a) Dementsprechend entfällt für den Zeitraum

des Erziehungsurlaubs anteilig der An-

spruch auf das 13. Monatsgehalt.

Die Klägerin nahm 1987 Erziehungsurlaub nach dem BErzGG in Anspruch. Die Beklagte kürzte daraufhin das 13. Monatsgehalt der Klägerin anteilig wegen der auf den Erziehungsurlaub entfallenden Monate in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 2.380,-- DM.

Die Klägerin hat gemeint, sie habe für das Kalenderjahr 1987 einen Anspruch auf Zahlung des ungekürzten 13. Monatsgehalts. Die Beklagte habe das 13. Monatsgehalt nicht wegen des Erziehungsurlaubs kürzen dürfen, weil durch den Erziehungsurlaub das Arbeitsverhältnis in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt werde. Weiterhin handele es sich bei dem 13. Monatsgehalt um eine Gratifikation, mit der zumindest auch die Betriebstreue honoriert werde. Es bestehe bei der Beklagten eine betriebliche übung, das 13. Monatsgehalt auch bei Erziehungsurlaub ungekürzt auszuzahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

2.380,-- DM nebst 4 % Zinsen aus dem sich er-

gebenden Nettobetrag seit dem 1.12.1987 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, das 13. Monatsgehalt stelle einen Teil der vereinbarten Gehaltszahlung dar und sei daher eine Gegenleistung für die geleistete Arbeit. Eine Gratifikation liege nicht vor, weil der Gesichtspunkt der Betriebstreue keine Rolle spiele. Die von der Klägerin behauptete betriebliche Übung existiere nicht.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin weiter ihr Klageziel, während die Beklagte Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Klägerin könne von der Beklagten das restliche 13. Monatsgehalt für 1987 nicht verlangen, weil die Beklagte das 13. Monatsgehalt anteilig für die Zeit des Erziehungsurlaubs habe kürzen dürfen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin habe während des Erziehungsurlaubs zwar fortbestanden, die beiderseitigen Hauptpflichten, die Arbeitspflicht der Klägerin und die Gehaltszahlungspflicht der Beklagten, seien jedoch ausgesetzt gewesen. Das vertraglich vereinbarte 13. Monatsgehalt sei keine Gratifikation, sondern ein Gehaltsbestandteil, weil keine weiteren Voraussetzungen für den Bezug des 13. Monatsgehalts genannt seien. Die Bestimmung, das 13. Monatsgehalt werde als Abgeltung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt, stelle den Zweck der Sonderzahlung als zusätzliches Arbeitsentgelt nicht in Frage. Die Klägerin könne ihren Anspruch auf Zahlung eines ungekürzten 13. Monatsgehalts nicht auf eine betriebliche Übung stützen, weil eine derartige betriebliche Übung nicht festgestellt werden könne.

Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des vollen 13. Monatsgehalts für das Jahr 1987. Das von den Parteien vertraglich vereinbarte 13. Monatsgehalt stellt sich als Teil der Vergütungsleistung der Beklagten dar und entstand demgemäß für die Zeit des Erziehungsurlaubs nicht.

1. Die Klägerin hat zwar dem Grunde nach gemäß Nr. 3 des Arbeitsvertrages einen ungeschmälerten Anspruch auf das 13. Monatsgehalt. Dennoch steht ihr nur ein anteiliger Anspruch zu. Das folgt allerdings nicht aus einem vertraglichen Kürzungsrecht. Denn eine Kürzungsvereinbarung für den Fall des Erziehungsurlaubs haben die Parteien nicht getroffen. Die Nr. 3 Satz 2 des Arbeitsvertrages enthält keine Kürzungsklausel für den Fall des Erziehungsurlaubs. Die Kürzungsregelung in Nr. 3 Satz 3 des Arbeitsvertrages betrifft unmittelbar lediglich die Tatbestände des Eintritts- und des Austrittsjahres. Eine Kürzungsabrede ergibt sich auch nicht im Wege der arbeitsvertraglichen Einbeziehung der allgemeinen Richtlinien der Beklagten gemäß Nr. 7 Abs. 2 des Arbeitsvertrages. Die allgemeine Richtlinie der Beklagten vom 15. Januar 1982, die für den Mutterschaftsurlaub ausdrücklich eine anteilige Kürzung des 13. Monatsgehalts vorsah, ist nicht anwendbar. Diese Richtlinie war durch die Richtlinie vom 15. Januar 1985 abgelöst. Diese kann jedoch auf den Fall des Erziehungsurlaubs nicht angewendet werden. Zwar ist der Erziehungsurlaub faktisch an Stelle des Mutterschaftsurlaubs getreten (Gröninger/Thomas, MuSchG, Stand Januar 1990, Abschnitt 2 a, vor § 15 BErzGG). Bei Mutterschaftsurlaub und Erziehungsurlaub handelt es sich jedoch um unterschiedliche rechtliche Regelungen, die die Anwendung von Bestimmungen zum Mutterschutzrecht im Recht des Erziehungsurlaubs nicht ermöglichen (BAG Urteil vom 3. Juni 1987 - 5 AZR 153/86 - n.v.; Urteil vom 8. Oktober 1986 - 5 AZR 582/85 - AP Nr. 7 zu § 8 a MuSchG 1968). Im übrigen enthielt diese Richtlinie auch keine ausdrückliche Kürzungsmöglichkeit hinsichtlich des 13. Monatsgehalts. Die Richtlinie vom Dezember 1987 enthält zwar in ihrer Nr. 2 eine ausdrückliche Kürzungsmöglichkeit hinsichtlich des 13. Monatsgehalts für den Tatbestand des Erziehungsurlaubs. Sie ist im Streitfall aber nicht anwendbar, weil sie erst im Dezember 1987 erlassen wurde und mithin im maßgeblichen Zeitraum bis November 1987 noch kein Arbeitsvertragsrecht darstellen konnte.

2. Der Anspruch der Klägerin auf ein volles 13. Monatsgehalt ist auch ohne ausdrückliche Kürzungsbestimmung zu verneinen. Das der Klägerin versprochene 13. Monatsgehalt ist nämlich als zusätzliches und pro rata temporis verdientes Arbeitsentgelt im engeren Sinne zu qualifizieren. Der Anspruch auf dieses Arbeitsentgelt ist daher ebenso wie das monatlich zu zahlende Entgelt für die Monate des Erziehungsurlaubes aufgrund des Ruhens der beiderseitigen Hauptleistungspflichten nicht entstanden. Denn während des Erziehungsurlaubs ruht das Arbeitsverhältnis der Parteien. Die wechselseitigen Hauptpflichten (Arbeitsleistung und Vergütungszahlung) sind suspendiert (ständige Rechtsprechung des Senats: vgl. Urteil vom 10. Mai 1989 - 6 AZR 660/87 - NZA 1989, 759 = BB 1989, 2479; Urteil vom 7. Dezember 1989 - 6 AZR 322/88 - BB 1990, 1200; Urteile vom 1. Februar 1990 - 6 AZR 67/88 -, - 6 AZR 74/88 -, - 6 AZR 176/89 - und - 6 AZR 336/89 - n.v.).

a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, eine anteilige Schmälerung einer jährlichen Sonderzahlung komme in Betracht, wenn es sich bei der Sonderzahlung um ein zusätzliches Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung, sogenanntes Entgelt im engeren Sinne handelt (vgl. Senatsurteil vom 1. Februar 1990 - 6 AZR 336/89 - n.v.; Urteil vom 8. Oktober 1986 - 5 AZR 582/85 - AP Nr. 7 zu § 8 a MuSchG 1968; Gröninger/Thomas, aaO, § 15 BErzGG Rz 41; Meisel/Sowka, Mutterschutz, Mutterschaftshilfe, Erziehungsgeld, 3. Aufl., § 15 BErzGG Rz 46). Eine Sonderzahlung wird dem Entgelt im engeren Sinne zugerechnet, wenn sie in das im vertraglichen Synallagma stehende Vergütungsgefüge eingebaut ist, ausschließlich die Entlohnung erbrachter Arbeitsleistung zum Gegenstand hat und kein darüber hinausgehender Zweck verfolgt wird.

b) Eine Reduzierung scheidet jedoch aus, wenn es sich nicht um eine Entlohnung für geleistete Dienste handelt, sondern um eine von der eigentlichen Vergütung unabhängige Zahlung (sog. Entgelt im weiteren Sinne), insbesondere um Gratifikationen oder Sonderzahlungen mit Gratifikations- bzw. Mischcharakter (Senatsurteil vom 1. Februar 1990 - 6 AZR 336/89 - n.v.).

c) Für die Qualifikation einer Sonderzahlung ist entscheidend, aus welchem Motiv heraus sie gezahlt wird (ständige Rechtsprechung des BAG: vgl. Urteil vom 18. März 1981 - 5 AZR 952/78 - AP Nr. 107 zu § 611 BGB Gratifikation m.w.N.) und welcher Zweck mit ihr verfolgt wird (Urteil vom 8. November 1978 - 5 AZR 358/77 - AP Nr. 100 zu § 611 BGB Gratifikation m.w.N.). Die der Sonderzahlung beigelegte Zweckbestimmung ergibt sich nicht vorrangig aus der Bezeichnung der Leistung (BAG Urteil vom 11. November 1971 - 5 AZR 277/71 - AP Nr. 71 zu § 611 BGB Gratifikation), sondern insbesondere aus den Voraussetzungen, von deren Erfüllung diese Leistung in der Zusage abhängig gemacht wird (BAG Urteil vom 8. November 1978 - 5 AZR 358/77 - aaO).

d) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die arbeitsvertragliche Zusage dahingehend ausgelegt, daß das zwischen den Parteien vereinbarte Monatsgehalt lediglich eine zusätzliche Vergütung darstellen soll. Die Bezeichnung dieser Sonderzahlung als "13. Monatsgehalt" entspricht dem tatsächlichen Geschäftsinhalt. Für den Entgeltcharakter der Zahlung spricht der Wortlaut ebenso wie die systematische Stellung dieser Zusage im Abschnitt "Gehalt". Dafür spricht auch die arbeitsvertragliche Klausel in Nr. 3 Satz 3, in welcher die Tatbestände des Eintritts- und Austrittsjahres geregelt werden. Die anteilige Zahlung für diese Fälle erhellt den Charakter als zusätzliche und monatlich verdiente Vergütungsleistung. Weiter ist von Bedeutung, daß für das Entstehen des Anspruchs auf Zahlung des 13. Monatsgehalts keine besonderen Voraussetzungen aufgestellt sind. Das Arbeitsverhältnis muß lediglich fortbestehen und die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers zur Entgeltzahlung darf nicht suspendiert sein. Daneben enthält der Arbeitsvertrag keine Voraussetzungen oder Anhaltspunkte dafür, daß mit der Leistung des 13. Monatsgehalts eine Belohnung oder Förderung der Betriebstreue der Arbeitnehmer intendiert sein soll. Eine Belohnung für in der Vergangenheit erwiesene Betriebstreue kommt in derartigen Zusagen regelmäßig dadurch zum Ausdruck, daß die Erfüllung einer bestimmten Wartezeit vorausgesetzt wird (BAG Urteil vom 8. November 1978 - 5 AZR 358/77 - AP Nr. 100 zu § 611 BGB Gratifikation), der Arbeitnehmer also innerhalb des Bezugszeitraumes eine bestimmte Zeitdauer dem Betrieb angehört haben muß (vgl. z. B. die Fallgestaltungen bei BAGE 40, 214 = AP Nr. 113 zu § 611 BGB Gratifikation; BAG Urteil vom 7. Dezember 1989 - 6 AZR 322/88 -, aaO; BAG Urteil vom 15. Februar 1990 - 6 AZR 381/88 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Hinweise für eine Anerkennung erwiesener Betriebstreue kann auch eine Regelung geben, wonach Arbeitnehmer, die nach Erreichen der Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung ausscheiden und zuvor eine bestimmte Zeitdauer dem Betrieb angehört haben, im Gegensatz zu den aus anderen Gründen ausscheidenden Arbeitnehmern, im Jahr des Ausscheidens eine volle Sonderzahlung erhalten. Ein Anreiz und eine vorweggenommene Belohnung für eine zukünftige Betriebstreue werden in der Zusage meist dadurch sichergestellt, daß der Arbeitnehmer am Ende des Bezugszeitraumes in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden haben muß (BAG Urteil vom 8. November 1978 - 5 AZR 358/77 - AP Nr. 100 zu § 611 BGB Gratifikation) oder daß eine Rückzahlungsklausel für den Fall des Ausscheidens bis zu einem bestimmten Stichtag des Folgejahres vereinbart wird (vgl. z. B. BAG Urteil vom 28. Januar 1981 - 5 AZR 846/78 - AP Nr. 106 zu § 611 BGB Gratifikation). Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält keine derartigen Bestimmungen.

e) Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich ein Gratifikationscharakter auch nicht aus dem arbeitsvertraglichen Zusatz "als Abgeltung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld" herleiten. Das 13. Monatsgehalt wird durch diese Wendung weder zum Weihnachts- noch zum Urlaubsgeld. Diese Bestimmung enthält vielmehr die Feststellung, daß die Beklagte die Verpflichtung zur Zahlung eines Weihnachts- oder Urlaubsgeldes gerade nicht eingehen wollte, sondern anstelle dieser denkbaren freiwilligen Zahlungen eine andere freiwillige Leistung zugesagt hat. Zu Unrecht meint die Revision, aus dem Auszahlungszeitpunkt November ergebe sich der Gratifikationscharakter der Zahlung. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um die Regelung des Fälligkeitszeitpunktes. Dieser steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Rechtsnatur der Zusage. Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Entscheidung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Oktober 1983 (- 5 AZR 331/81 - AP Nr. 118 zu § 611 BGB Gratifikation) berufen. Dort war zu entscheiden, wie sich Kündigungen der Arbeitnehmerinnen zum Ende des Bezugszeitraumes auf Entstehen und Bestand der Sonderzahlung auswirkten. Das hat mit der vorliegend zu beurteilenden Rechtsfrage nichts gemeinsam, wie sich Zeiten der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubes während des Bezugszeitraumes auf die Höhe der Leistung auswirken. Im übrigen war dort eine inhaltlich andere Tarifvereinbarung auszulegen. Ebensowenig kann sich die Klägerin auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Juli 1987 (- 6 Sa 360/87 - NZA 1988, 23) berufen. Dort waren die Auswirkungen eines Erziehungsurlaubs auf die Höhe einer Gratifikationszahlung, mithin einer Leistung ohne unmittelbaren Entgeltbezug, zu beurteilen. Letztlich sind die Erwägungen der Revision unzutreffend, eine Vergütung liege auch deshalb nicht vor, weil die Klägerin nicht etwa schon bei Beginn des Erziehungsurlaubs die anteilige Leistung aus dem 13. Monatsgehalt verlangen könnte. Diese richtige rechtliche Bewertung der Klägerin folgt aus dem vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt November. Für die Rechtsnatur der Leistung als Gratifikation oder als Entgelt im engeren Sinne ergeben sich hieraus keine Schlußfolgerungen.

3. Die Vereinbarung der Parteien verstößt weder gegen Art. 6 Abs. 4 GG noch gegen § 15 Abs. 4 BErzGG oder § 612 a BGB. Der vom Arbeitgeber bei der Gewährung der freiwilligen Leistung bestimmte Zweck und die daraus abzulesende Rechtsfolge, Entgelt nur für geleistete Arbeit zu bezahlen, berührt weder das Grundrecht der Mutter auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft noch benachteiligt sie die Klägerin. Davon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn der Anspruch des Erziehungsgeldberechtigten auf den Erziehungsurlaub unmittelbar oder mittelbar ausgeschlossen oder beschränkt würde. Das ist nicht der Fall. Eine Schlechterstellung der Klägerin gegenüber Arbeitnehmern, die keinen Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen, ist nicht erkennbar. Zwar hat die Klägerin für die Zeit des Erziehungsurlaubs ihre Vergütung nicht zu erhalten. Sie selbst ist jedoch im Gegenzug von ihrer Hauptleistungspflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung befreit.

4. Ohne Rechtsfehler und von der Revision auch nicht mehr angegriffen, hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung des restlichen 13. Monatsgehalts nicht auf eine bei der Beklagten bestehende betriebliche Übung stützen kann. Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen, von der Revision nicht gerügten und damit bindenden Feststellungen wurden die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen einer betrieblichen Übung bei der Beklagten nicht festgestellt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Jobs Schliemann Dörner

H. Schmidt Marx

 

Fundstellen

BAGE 66, 169-177 (LT1-2)

BAGE, 169

BB 1991, 695

BB 1991, 695-697 (LT1-2)

DB 1991, 446-447 (LT1-2)

EBE/BAG 1991, 27-29 (LT1-2)

AuB 1991, 255 (KT)

FamRZ 1991, 556 (L)

Stbg 1991, 483-483 (T)

ARST 1991, 66 (LT1-2)

EEK, III/100 (ST1-4)

NZA 1991, 318-320 (LT1-2)

RdA 1991, 125

SAE 1992, 30-33 (LT1-2)

ZAP Fach 17 R, 15-16 (LT)

ZAP, EN-Nr 249/91 (S)

AP § 611 BGB Gratifikaton (LT1-2), Nr 135

AR-Blattei, ES 820 Nr 94 (LT1-2)

AR-Blattei, Gratifikation Entsch 94 (LT1-2)

EzA § 611 BGB, Gratifikation, Prämie Nr 81 (LT1-2)

MDR 1991, 475 (LT1-2)

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