Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifvertraglicher Wiedereinstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beantragt ein früherer Angestellter des öffentlichen Dienstes seine Wiedereinstellung nach § 59 Abs. 5 BAT, kann er sich zum Nachweis einer wiederhergestellten Berufsfähigkeit auf eine hierzu ergangene Feststellung des Rentenversicherungsträgers berufen.

2. § 59 Abs. 5 BAT gestattet es dem Arbeitgeber, im Einzelfall von einer Wiedereinstellung abzusehen, wenn hierfür gewichtige Gründe sprechen und die soziale Situation des früheren Arbeitnehmers eine Wiedereinstellung nicht verlangt.

 

Normenkette

ZPO § 551 Nr. 1; ArbGG § 39; BAT § 59 Abs. 1, 5

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 12.07.1995; Aktenzeichen 5 Sa 454/92)

ArbG Siegen (Urteil vom 10.01.1992; Aktenzeichen 3 Ca 1531/90)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12. Juli 1995 – 5 Sa 454/92 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist ein tarifvertraglicher Wiedereinstellungsanspruch streitig.

Der am 30. April 1930 geborene Kläger war seit dem 1. Oktober 1952 im Finanzdienst beschäftigt. Seit September 1968 war er als Betriebsprüfer beim Finanzamt für Großbetriebsprüfungen H. mit Dienstort S. tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) Anwendung. Der Kläger erhielt zuletzt ein Bruttoentgelt von ca. 7.000,00 DM nach der VergGr. II a der Anlage 1 zum BAT. Er ist als Schwerbehinderter anerkannt.

Auf seinen Antrag vom April 1990 hin gewährte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) durch Bescheid vom 20. Juni 1990 ab dem 1. Mai 1990 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit. Aufgrund dieser Rentengewährung wurde das Arbeitsverhältnis nach § 59 Abs. 1 BAT zum 30. Juni 1990 beendet.

Wegen wiederhergestellter Berufsfähigkeit verlangte der Kläger am 3. September 1990 seine Wiedereinstellung als Betriebsprüfer bei seiner früheren Dienststelle. Nachdem das beklagte Land zum Nachweis der Berufsfähigkeit die Vorlage eines Bescheides der BfA verlangt hatte, beantragte der Kläger den Entzug seiner Erwerbsunfähigkeitsrente. Diesen Antrag behandelte die BfA als Rentenverzicht, dem sie mit Wirkung zum 1. November 1990 stattgab. Auf den Widerspruch des Klägers hin holte sie ein internistisches Sachverständigengutachten ein. In seinem Gutachten vom 13. Dezember 1990 gelangte Dr. W. zu dem Ergebnis, daß der Kläger wieder vollschichtig als Betriebsprüfer einsatzfähig sei. Daraufhin hat die BfA mit Bescheid vom 3. bzw. 18. Juni 1991 die Wiederherstellung der vollständigen Leistungsfähigkeit des Klägers festgestellt. Der Kläger bezieht seit dem 1. Dezember 1990 vorzeitiges Altersruhegeld. Auch gegen diesen Rentenbescheid hat er Widerspruch eingelegt.

Nach Ansicht des Klägers steht ihm gegenüber dem beklagten Land nach Wiederherstellung der Berufsfähigkeit gem. § 59 Abs. 5 BAT ein Wiedereinstellungsanspruch als Betriebsprüfer in seiner letzten Dienststelle zu. Dort sei auch ein freier Arbeitsplatz vorhanden. Seit Oktober 1990 seien dort mehrere Stellen für Großbetriebsprüfer nicht besetzt gewesen.

Der Kläger hat erstinstanzlich seine Wiedereinstellung ab dem 1. Oktober 1990 verlangt. Im Wege der Anschlußberufung hat er zuletzt beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, ihn als Großbetriebsprüfer bei der Großbetriebsprüfung Finanamt H. mit Dienstort in S. mit Wirkung vom 1. Januar 1991 wieder einzustellen und weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen.

Das beklagte Land vertritt die Ansicht, es habe in ermessensfehlerfreier Weise von einer Wiedereinstellung absehen können. Das Krankheitsbild des Klägers lasse nach Aufnahme seiner früheren Tätigkeit wiederum erhebliche Fehlzeiten erwarten. Im übrigen sei der Kläger bei einem Altersruhegeld in Höhe von 2.481,06 DM sowie einer Rente aus der Zusatzversorgung in Höhe von 2.100,55 DM zur Sicherung seines Lebensunterhalts nicht auf eine Beschäftigung im Landesdienst angewiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Wirkung vom 1. August 1991 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die arbeitsgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen sowie die Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Antragsziel. Hilfsweise beantragt er festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet gewesen sei, ihn als Großbetriebsprüfer bei der Großbetriebsprüfung Finanzamt H. mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 wieder einzustellen und bis zum 30. April 1995 zu beschäftigen. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Anträge.

 

Entscheidungsgründe

A. Dem Revisionsantrag des Klägers, mit dem er eine Wiedereinstellung in den Landesdienst auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1991 begehrt, steht die Teilrechtskraft der arbeitsgerichtlichen Entscheidung entgegen. Denn der Kläger hat seine Anschlußberufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, das ihm einen Wiedereinstellungsanspruch erst ab dem 1. August 1991 zuerkannt hat, ausweislich des im Berufungsverfahren gestellten Antrags auf den 1. Januar 1991 begrenzt.

B. Auch im übrigen konnte die Revision des Klägers keinen Erfolg haben.

I. Die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung der 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm ist nicht begründet. Nach § 551 Nr. 1 ZPO in Verb. mit § 72 Abs. 5 ArbGG liegt ein absoluter Revisionsgrund vor, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Die Revision hält die Besetzung der 5. Kammer im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 1994 für nicht ordnungsgemäß, weil aufgrund eines früheren Kammerbeschlusses zu diesem Termin nicht diejenigen ehrenamtlichen Richter herangezogen worden sind, die bereits an der mündlichen Verhandlung vom 3. September 1993 mitgewirkt haben.

Nach § 39 ArbGG sind die ehrenamtlichen Richter in der Reihenfolge einer von dem jeweiligen Kammervorsitzenden im voraus aufzustellenden Liste zu den jeweiligen Sitzungen heranzuziehen. Danach ist der Vorsitzende der 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm im Termin vom 9. Dezember 1994 auch verfahren. Eine wiederholte Heranziehung derselben ehrenamtlichen Richter, die bereits in einem früheren Kammertermin mit der Sache befaßt waren, ist nur bei Vorliegen besonderer Gründe aufgrund einer abstrakt generellen Regelung durch den jeweiligen Geschäftsverteilungsplan zulässig (BAG Urteile vom 19. Juni 1973 – 1 AZR 521/72 – AP Nr. 47 zu Art. 9 GG Arbeitskampf und 16. November 1995 – 8 AZR 864/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Auf diese Weise wird sichergestellt, daß der gesetzliche Richter nicht nach freiem Ermessen bestimmt wird und mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in Einklang steht. Den von Verfassungswegen zu stellenden Anforderungen hat der ursprüngliche Vertagungsbeschluß vom 3. September 1993 aber schon deswegen nicht genügt, weil er die weitere Mitwirkung der zu diesem Termin herangezogenen ehrenamtlichen Richter von der Bedingung abhängig gemacht hat, daß ein erst einzuholendes arbeitsmedizinisches Gutachten zu einer positiven Beurteilung der Berufsfähigkeit des Klägers gelangt. Demnach wäre es erst durch die Mitwirkung dieser Richter auch im Termin vom 9. Dezember 1994 zu einer Verletzung von § 551 Nr. 1 ZPO gekommen. Dieser Gesetzesverstoß wurde jedoch vermieden, weil der Vorsitzende der 5. Kammer bei der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter am 9. Dezember 1994 nach der Reihenfolge des § 39 ArbGG verfahren ist. Entgegen der Ansicht der Revision war die erkennende Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm daher im Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 1994 ordnungsgemäß besetzt.

II. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, die Klage abgewiesen und die unselbständige Anschlußberufung zurückgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Wiedereinstellungsanspruch nicht zu. Damit erweist sich auch der Hilfsantrag als unbegründet.

1. Nach § 59 Abs. 1 BAT endet das Arbeitsverhältnis eines Angestellten, dessen Erwerbsunfähigkeit durch Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt wird, mit Ablauf des Monats, in dem die Zustellung des Rentenbescheides erfolgt, sofern der Angestellte eine Zusatzversorgung im Sinne dieser Tarifnorm erhält. Danach hat das Arbeitsverhältnis der Parteien am 30. Juni 1990 geendet, weil dem Kläger mit Bescheid vom 20. Juni 1990 durch die BfA ab dem 1. Mai 1990 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer gewährt worden ist.

2. Der im Zeitpunkt der Rentengewährung 60jährige und seit 1952 in den Diensten der Finanzverwaltung stehende Kläger war nach der Tarifvorschrift des § 53 BAT unkündbar. Er kann nach § 59 Abs. 5 BAT seine Wiedereinstellung bei seiner früheren Dienststelle verlangen, wenn seine Berufsfähigkeit wiederhergestellt ist und dort ein freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, kann sich der Angestellte zum Nachweis seiner wiederhergestellten Berufsfähigkeit auf eine förmliche Feststellung des Rentenversicherungsträgers berufen. Der Wortlaut der Tarifnorm enthält dazu allerdings keine ausdrückliche Bestimmung. Das vom Berufungsgericht angenommene Ergebnis ergibt sich jedoch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang sowie aus Sinn und Zweck der Tarifvorschrift.

a) § 59 BAT regelt die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Zuerkennung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird von dem Eintritt bestimmter Ereignisse in der Person des Angestellten abhängig gemacht, die dem Einfluß der Arbeitsvertragsparteien entzogen sind. Maßgeblich ist stets die Feststellung eines Rentenversicherungsträgers (§ 59 Abs. 1 Satz 1 BAT) oder eines Amtsarztes (§ 59 Abs. 1 Satz 6 BAT) über das Vorliegen einer rentenberechtigenden Einschränkung der Erwerbsfähigkeit.

Die Sollvorschrift des § 59 Abs. 5 BAT will nach Sinn und Zweck einen Wiedereinstellungsanspruch gewähren, wenn der Gesundheitszustand des Angestellten sich gebessert hat, seine Berufsfähigkeit wiederhergestellt ist und aus diesem Grund ein Entzug der Erwerbsunfähigkeitsrente durch Bescheid des Rentenversicherungsträgers nach vorheriger ärztlicher Feststellung des vorhandenen Leistungsvermögens erfolgt. Daraus folgt, daß die Tarifvertragsparteien den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers bzw. des Amtsarztes zur Wiederherstellung der Berufsfähigkeit eine maßgebliche Bedeutung beigemessen haben (Crisolli/Ramdohr, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, Stand Oktober 1995, § 59 Rz 34 f.). Der Nachweis einer wiederhergestellten Berufsfähigkeit durch eine auf ärztliche Untersuchung gestützte Feststellung des Rentenversicherungsträgers ist zudem sachgerecht und praktikabel. Nicht das subjektive Leistungsempfinden des Betroffenen sondern objektive Feststellungen eines unabhängigen Dritten weisen die Berufsfähigkeit nach. Dem Angestellten wird auf diese Weise verwehrt, trotz eines fortgesetzten Rentenbezugs wegen verminderter Erwerbsfähigkeit etwa unter Vorlage sonstiger ärztlicher Bescheinigungen seine Wiedereinstellung zu verlangen. Andererseits kann sich der Arbeitgeber nicht schon durch eine eigene abweichende Beurteilung des gesundheitlichen Leistungsvermögens der Prüfung einer Wiedereinstellungsverpflichtung entziehen.

b) Vorliegend hat der Rentenversicherungsträger von einer förmlichen Aufhebung des Rentenbescheides abgesehen, gleichwohl durch Bescheid vom 3. bzw. 18. Juni 1991 aufgrund ärztlicher Untersuchung die dauerhafte Wiederherstellung eines vollschichtigen Leistungsvermögens für die frühere Beschäftigung des Klägers festgestellt. Das genügt nach der Tarifnorm jedenfalls dann, wenn der Antrag nach § 59 Abs. 5 BAT zeitnah mit einer förmlichen Feststellung der wiederhergestellten Erwerbsfähigkeit eingereicht wird.

3. Ob zum Zeitpunkt der Wiederherstellung der Berufsfähigkeit des Klägers oder unmittelbar danach in dessen früherer Dienststelle ein für ihn geeigneter Arbeitsplatz vorhanden gewesen ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Es hat auch nicht geprüft, ob sich der Kläger auf die nach Ablauf vorübergehender Stellenbesetzungssperren zur Besetzung vorgesehenen Stellen berufen kann. Von dieser Prüfung konnte das Berufungsgericht im einzelnen absehen, weil § 59 Abs. 5 BAT bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen die Wiedereinstellung von einer Ermessensentscheidung des früheren Arbeitgebers abhängig macht und die Weigerung des beklagten Landes, den Kläger erneut als Großbetriebsprüfer zu beschäftigen, nicht ermessensfehlerhaft war.

a) § 59 Abs. 5 BAT ist als Sollvorschrift ausgestaltet. Nach dem darin zum Ausdruck kommenden Willen der Tarifvertragsparteien soll der Arbeitgeber nicht schon bei der Erfüllung der sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen zur Wiedereinstellung verpflichtet sein. Ihm weist die Tarifvorschrift ein Recht zur Prüfung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu. Das erlaubt im Einzelfall auch eine Abweichung von der normierten Rechtsfolge, wenn hierfür einsichtige und vernünftige Gründe sprechen (BAG Beschluß vom 13. November 1991, BAGE 69, 41, 47 = AP Nr. 9 zu § 26 BetrVG 1972, zu B 2 der Gründe, m.w.N.). Bei seiner Entscheidung hat der Arbeitgeber allerdings den Rechtsgedanken des § 315 Abs. 1 BGB zu beachten (Uttlinger/Breier, BAT, Stand Dezember 1995, § 59 Erl. 13). Das verpflichtet ihn, bei der Prüfung des Wiedereinstellungsantrags alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu würdigen und vor allem die sozialen Belange des Angestellten entscheidend mitzuberücksichtigen. Das führt vorliegend dazu, daß die ablehnende Entscheidung des beklagten Landes nicht fehlerhaft ist.

b) Ist die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten wiederhergestellt, entfallen die tatsächlichen Voraussetzungen einer Rentengewährung wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Das berechtigt den Rentenversicherungsträger zur Rentenentziehung; der Angestellte kann seine wirtschaftliche Existenz nicht länger durch Renteneinkünfte bestreiten. Gleichwohl bleibt sein früheres und vor der Rentengewährung unkündbares Arbeitsverhältnis beendet, auch wenn die zur Beendigung führenden Gründe nicht mehr vorliegen.

Mit § 59 Abs. 5 BAT haben die Tarifvertragsparteien einen Wiedereinstellungsanspruch geschaffen, der es einem langjährigen Angestellten des öffentlichen Dienstes nach Wegfall des Beendigungsgrundes ermöglichen soll, sein früheres Arbeitsverhältnis wieder aufzunehmen. Der alters- und dienstzeitbezogene Wiedereinstellungsanspruch dient in erster Linie der sozialen Sicherung eines Angestellten, der nach Wegfall des Rentenbezugs zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz auf Erwerbseinkommen angewiesen ist und dessen Vermittlungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund fortgeschrittenen Lebensalters, einer Beschäftigung mit speziellen Aufgabenstellungen des öffentlichen Dienstes und einer vorangegangenen Erwerbsunfähigkeit erheblich gemindert sind. Diese Zwecksetzung hat der Arbeitgeber bei der von ihm verlangten Abwägung zu beachten. Ihm ist es verwehrt, einseitig unternehmerische bzw. dienststellenbezogene Interessen zu verwirklichen. Vielmehr verlangt § 59 Abs. 5 BAT von ihm, den sozialen Belangen des früheren Angestellten entscheidendes Gewicht beizumessen.

c) In Anbetracht dessen ist die angegriffene Entscheidung nicht zu beanstanden. Das beklagte Land hat von einer Wiedereinstellung des Klägers vor allem aus Gründen der personellen Ausstattung der Finanzverwaltung mit ausgebildeten Nachwuchskräften abgesehen. Wie das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hatte, konnte der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die soziale Situation des Klägers berücksichtigen, der nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts zur Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts nicht auf die Erzielung von Erwerbseinkommen angewiesen ist, weil er durch seine Altersrente und die vom Arbeitgeber finanzierte Zusatzversorgung ca. 4.581,61 DM netto und damit etwa 90 % seiner früheren Nettobezüge erreicht. Dafür macht es keinen Unterschied, ob der Kläger aus wirtschaftlichen Gründen den Altersruhegeldantrag gestellt hat oder trotz eines bestehenden Rentenanspruchs zur Verbesserung seiner Wiedereinstellungschancen von einem Rentenantrag abgesehen hätte. Darüber hinaus fehlte es an Anhaltspunkten, daß durch das vorzeitige Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst eine erhebliche Minderung der Gesamtversorgung des Klägers zu erwarten war. Vor diesem Hintergrund war es nicht unbillig, die dienstlichen Belange stärker zu gewichten als das persönliche Interesse des Klägers an der Verwertung seiner Arbeitskraft bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die vom beklagten Land geltend gemachten Bedenken zu künftigen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers als nicht tragfähig angesehen. Nach der Tarifnorm ist die Wiederherstellung der Berufsfähigkeit Einstellungsvoraussetzung und nicht eine darüber hinausgehende positive Prognose zur künftigen Entwicklung des Gesundheitszustandes. Das verwehrt es dem Arbeitgeber, solche Überlegungen bei seiner Ermessensentscheidung mit zu berücksichtigen.

Dagegen kann der Kläger mit seinem Vorbringen zur unterbliebenen Beteiligung der Personalvertretung und einer unzulässigen Einflußnahme des beklagten Landes auf die Entscheidungen des Rentenversicherungsträgers im Revisionsverfahren schon deswegen nicht gehört werden, weil er das Fehlen entsprechender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit Verfahrensrügen nicht angegriffen hat.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO

 

Unterschriften

Steckhan, Schmidt, Bröhl, Olga Berger, Niehues

 

Fundstellen

Haufe-Index 441392

BB 1996, 1837

NZA 1996, 823

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