Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung - übertarifliche Vergütungsgruppen

 

Leitsatz (redaktionell)

Es verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn einer Gruppe von Arbeitnehmern ein höheres Arbeitsentgelt gezahlt wird als anderen Arbeitnehmern, die die gleichen tariflichen Eingruppierungsmerkmale erfüllen, weil andernfalls die Arbeitsplätze der begünstigten Gruppe nicht besetzt werden können.

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Entscheidung vom 30.11.1993; Aktenzeichen 2 Sa 35/93)

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 27.01.1993; Aktenzeichen 24 Ca 383/92)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes eine höhere Vergütung zusteht.

Die Beklagte befaßt sich im Hamburger Hafen u.a. mit dem Beladen und Löschen von Schiffen, u.a. auch mit dem Container-Umschlag. Die Arbeiten werden auf der "Wasserseite" (CB 11) montags bis freitags regelmäßig in drei Schichten, am Wochenende sowie an Feiertagen regelmäßig in vier Schichten durchgeführt. Im Umschlagsbereich "Halle" (CB 31) wird an den Werktagen von Montag bis Freitag regelmäßig in nur zwei Schichten, am Samstag regelmäßig in nur einer Schicht gearbeitet; an Sonn- und Feiertagen wird dort nicht gearbeitet. Die Besetzung der Schichten mit unterschiedlich qualifiziertem Personal der Beklagten, zum Teil auch mit Mitarbeitern des Gesamthafenbetriebs, obliegt den ca. 23 "Einteilern" der Beklagten, die z.T. dem Bereich CB 11, zum Teil dem Bereich CB 31 zugeordnet sind. Der Kläger ist Einteiler in der Halle (CB 31).

Die Beklagte bezahlt ihre Einteiler seit längerer Zeit unterschiedlich, je nachdem, ob sie wasserseitig (CB 11) oder in der Halle (CB 31) eingesetzt waren. Die früheren tarifvertraglichen Regelungen sahen eine feste Zuordnung der Einteiler zu einer bestimmten Lohn- oder Gehaltsgruppe nicht vor. Die wasserseitig tätigen Einteiler wurden mit einem Gehalt nach der Gehaltsgruppe III B besser bezahlt als die in der Halle eingesetzten Einteiler, die grundsätzlich nach der Gehaltsgruppe III A bezahlt wurden. 1988 versuchte der Betriebsrat vergeblich zu erreichen, daß alle Einteiler Bezüge nach der Gehaltsgruppe III B erhielten. Einen entsprechenden Antrag wies die vom Betriebsrat angerufene Einigungsstelle durch ihren Beschluß vom 27. April 1988 zurück; der Beschluß enthält keine Begründung.

Am 26. März 1991 vereinbarten die Gewerkschaft ÖTV und die Beklagte einen neuen Eingruppierungstarifvertrag für Gehaltsempfänger. Er trat am 1. April 1991 in Kraft. Hiernach sind die Einteiler der Gehaltsgruppe III A zugeordnet. Nach der ab 1. April 1992 gültigen Gehaltstabelle betrugen in der Gehaltsgruppe III A das Anfangsgehalt 3.634,00 DM und das Endgehalt nach zwölf Dienstjahren 4.337,00 DM; in der Gehaltsgruppe III B betrugen das Anfangsgehalt 4.076,00 DM und das Endgehalt 4.752,00 DM.

Die Beklagte schrieb dem Betriebsrat unter dem 4. Februar 1992 u.a.:

"CB 31/Neuregelung der CB 11-Einteilung

1. Für die Einteilungsstelle CB 11 soll zur

Sicherstellung eines reibungslosen Be-

triebsablaufes und zur Abdeckung der Sams-

tagsarbeit durch Pflichtarbeit eine "BV über

Arbeitszeit-Sonderregelung der am Container--

Terminal Burchardkai in der Einteilung für

den Containerumschlag tätigen Einteiler"

abgeschlossen werden. Mit dieser BV wird für

die in der Einteilung für den Con-

tainerumschlag (CB 11) tätigen Mitarbeiter

die 5-Tage-Woche eingeführt. Die Mitarbeiter

arbeiten montags bis freitags fünf Schichten

zu je acht Stunden. Die zeitliche Lage der

Schichten ergibt sich aus der beigefügten

Betriebsvereinbarung. Die Einteiler

verpflichten sich, an jedem zweiten Samstag

eine I. und II. Schicht als Mehrarbeit zu

leisten. Die Mitarbeiter erhalten für die

Bereitschaft, diese Mehrarbeit zu leisten,

eine monatliche Pauschale von DM 400,-.

Diese Betriebsvereinbarung ist vorab CB--

intern mit örtlichen Betriebsratsmitgliedern

und den Einteilern abgestimmt und von diesen

zustimmend zur Kenntnis genommen worden.

2. Für die Durchführung dieser Maßnahme ist der

Personalbestand in der CB 11--

Einteilungsstelle von derzeit drei

Angestellten (Einteilern) und zwei Reserve--

Einteilern (Lohnempfängern) auf sechs

Mitarbeiter zu erhöhen. Die Bezüge der

Einteiler in der Einteilungsstelle für den

Containerumschlag sollen dabei in Würdigung

der besonderen qualitativen und quantitativen

Erschwernisse abweichend vom

Eingruppierungsvertrag für Gehaltsempfänger

und ohne Präjudiz an die Gehaltsgruppe III B

angepaßt werden. Zudem wird dadurch auch eine

einheitliche Entgeltregelung für alle in

dieser Einteilungsstelle tätigen Mitarbeiter

sichergestellt.

2.1 Die bislang als Reserve-Einteiler tätigen

Mitarbeiter

M - 5965 -

W - 5934 -

sollen nach CB 31 versetzt, in das Ange-

stelltenverhältnis übernommen und in die

Gehaltsgruppe III B eingestuft werden.

Die derzeitigen Einteiler

G - 2647/CB 216 -

und

H - 5511/CB 217 -

sollen zukünftig in der CB 11-Einteilungs-

stelle Containerumschlag eingesetzt und in

die Gehaltsgruppe III B eingestuft werden.

2.2 ...

2.3 ...

3. Der Betriebsrat wird um Zustimmung gebeten."

Der Betriebsrat erteilte seine Zustimmung. Spätestens seit 1. April 1992 verwirklichte die Beklagte die vorgesehenen Maßnahmen.

Der Kläger ist seit 1973 als Einteiler in der Halle (Bereich CB 31) tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Eingruppierungstarifvertrag für Gehaltsempfänger Anwendung. Der Kläger erhält ein Gehalt nach der Gehaltsgruppe III A in Höhe von 4.337,00 DM brutto und eine Zulage von 181,00 DM brutto im Monat. Er fühlt sich gegenüber den im Bereich CB 11 beschäftigten Einteilern benachteiligt und verlangt, wie diese nach der Gehaltsgruppe III B bezahlt zu werden.

Der Kläger hat geltend gemacht: Mit dem Abschluß des Eingruppierungstarifvertrags vom 26. März 1991 habe die Beklagte selbst zum Ausdruck gebracht, daß alle Einteiler in dieselbe Tarifgruppe gehörten. Die Einteiler selbst seien schon immer der Meinung gewesen, sie stünden mit den Lade- und Lagermeistern nach der Wertigkeit ihrer Tätigkeit auf einer Stufe; Lade- und Lagermeister erhielten bereits nach einjähriger Bewährung Vergütung nach der Gehaltsgruppe III B. Im Jahre 1992 habe sich für die CB 11-Einteiler die günstige Gelegenheit ergeben, ihre Bezahlung nach der Gehaltsgruppe III B durchzusetzen. Auch die in der CB 31 tätigen Einteiler hätten aber einen Anspruch auf Bezahlung in derselben Höhe wie die in CB 11 tätigen Einteiler. Dies ergebe sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die zusätzliche Belastung der Einteiler in CB 11 durch verstärkte Wochenendarbeit werde durch eine hierfür gezahlte Monatspauschale von (inzwischen) 425,00 DM brutto abgegolten. Daß die dort tätigen Einteiler eine dritte Schicht einteilten und verstärkt am Wochenende arbeiten müßten, werde durch die größere Personalstärke ausgeglichen. Die Halleneinteiler (CB 31) seien für jeweils zwei Schichten, die Einteiler in CB 11 dagegen nur für jeweils eine Schicht zuständig. Die Einteilung der dritten Schicht unterscheide sich nicht von der Einteilung der ersten oder zweiten Schicht; vielmehr ergäben sich insoweit sogar Erleichterungen. Die gesetzlichen Ruhezeiten zwischen den Schichten erschwerten die Einteilung nicht sonderlich, da das bei der Beklagten eingesetzte EDV-Programm solche Zeiten berücksichtige. Auch die Halleneinteiler hätten Mitarbeiter mit Überstunden einzusetzen. Die Zuständigkeit der Einteiler an der Wasserseite für den "roll on/roll off-Dienst" werde bestritten. Sie seien weniger Streß ausgesetzt als die Einteiler in der Halle. Auch die Halleneinteiler müßten sich mit ständigen Änderungen beschäftigen. Insgesamt seien die Arbeiten der Einteiler in CB 11 und CB 31 gleichwertig.

Unter Anrechnung seiner Zulage errechnet der Kläger einen Unterschiedsbetrag zwischen dem Gehalt nach Gruppe III B und seinen Bezügen in Höhe von monatlich 234,00 DM brutto.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet

sei, ihn mit Wirkung vom 1. April 1992 nach

Vergütungsgruppe III B des

Gehaltstarifvertrages der Gewerkschaft ÖTV

mit der Beklagten zu vergüten;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm rückständige

Vergütung für den Zeitraum vom 1. April 1992

bis zum 30. September 1992 in Höhe von

1.404,00 DM brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Sie habe sich zur übertariflichen Bezahlung der Einteiler im Bereich CB 11 entschließen müssen, um eine hinreichende Personalstärke für den reibungslosen Arbeitsablauf sicherzustellen. Andernfalls hätten die dort tätigen Einteiler freiwillige Mehr- oder Wochenendarbeit abgelehnt. Zudem sei die Tätigkeit des Einteilers im Bereich CB 11 anspruchsvoller und schwieriger als die der Einteiler in der Halle. Nur im Bereich CB 11 werde an sieben Wochentagen rund um die Uhr gearbeitet, so daß von den Einteilern auch regelmäßig Wochenenddienste zu disponieren seien. Erst in der Zeit nach Abschluß des Eingruppierungstarifvertrags vom 26. März 1991 habe die Wochenendarbeit zugenommen, weil die Linienschiffahrt ihre Fahrpläne geändert habe. Zudem sei CB 11 die einzige Stelle, in der ständig auch in Nachtschicht gearbeitet werde. Die Beachtung der gesetzlichen Ruhepausen sei entsprechend schwieriger. Nur von den CB 11-Einteilern werde ein weiteres Mitarbeiterteam für einen am Wochenende abzufertigenden "roll on/roll off-Dienst" disponiert. Insgesamt könne die Schiffsabfertigung im Bereich CB 11 ohne freiwillige Mehrarbeit nicht sichergestellt werden. Durch plötzliche Änderungen im Arbeitsablauf müßten bereits vorgenommene Einteilungen immer wieder umgestoßen werden. Wegen der ständigen Sonderwünsche der Mitarbeiter, Stauer und Disponenten seien die wasserseitig tätigen Einteiler erheblich größerem Streß ausgesetzt als die Einteiler in der Halle. Entscheidend sei aber gewesen, daß die Arbeitnehmer der Beklagten nicht bereit gewesen seien, zu den Bedingungen in der Gehaltsgruppe III A als Einteiler in CB 11 zu arbeiten und ihrer Versetzung dorthin zuzustimmen. Insoweit handele es sich um eine individuell erzwungene Vergütung.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Vergütung in Höhe der Gehaltsgruppe III B des Gehaltstarifvertrags zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ÖTV nicht zu. Dementsprechend schuldet die Beklagte dem Kläger auch keine rückständige Vergütung.

I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger sei nicht schon nach dem Eingruppierungstarifvertrag in die Gehaltsgruppe III B des Firmengehaltstarifvertrags eingruppiert. Der Kläger ist als "Einteiler" beschäftigt. Einteiler sind tarifvertraglich nur der Gehaltsgruppe III A zugeordnet. Im Gegensatz zur Regelung für Lade- oder Lagermeister, mit denen sich der Kläger vergleicht, sieht der Tarifvertrag für Einteiler keinen Bewährungsaufstieg in die Gehaltsgruppe III B vor.

II. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht dagegen angenommen, unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes stehe dem als Einteiler in der Halle (CB 31) eingesetzten Kläger dieselbe höhere Bezahlung nach der Gehaltsgruppe III B zu, wie sie den wasserseitig tätigen Einteilern (CB 11) gewährt werde.

1. Das Landesarbeitsgericht ist von den Rechtssätzen ausgegangen, die das Bundesarbeitsgericht zur Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes im Bereich des Arbeitsentgeltes entwickelt hat. Hiernach hat ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Verboten ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Allerdings ist der Gleichbehandlungsgrundsatz im Bereich der Vergütung nur beschränkt anwendbar, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter. Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit ermöglicht, einzelne Arbeitnehmer besserstellt, können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist jedoch anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt (ständige Rechtsprechung, vgl. statt vieler: BAG Urteil vom 19. August 1992 - 5 AZR 513/91 - AP Nr. 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = NZA 1993, 171, unter II 3 a der Gründe, m.w.N.).

2. Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Beklagte habe keine hinreichenden Tatsachen dafür vorgetragen, daß sich die Arbeit der wasserseitig eingesetzten Einteiler (CB 11) von der Tätigkeit der Einteiler in der Halle (CB 31) derart unterscheide, daß die höhere Bezahlung nur der wasserseitig eingesetzten Einteiler nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Für die Vergleichbarkeit der Tätigkeiten sei die Verkehrsanschauung maßgeblich. Anhaltspunkte hierfür könnten sich insbesondere aus Tarifverträgen ergeben, wobei geringe Unterschiede, die nicht zu einer anderen tariflichen Eingruppierung führten, außer Betracht zu bleiben hätten (BAG Urteil vom 19. August 1992 - 5 AZR 513/91 - AP Nr. 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = NZA 1993, 171, unter II 3 b aa der Gründe). Die unterschiedliche Bezahlung der Einteiler sei nur gerechtfertigt, wenn sie auf unterschiedlichen Entwicklungen der Tätigkeitsanforderungen nach Abschluß bzw. Inkrafttreten des Eingruppierungstarifvertrages vom 26. März 1991 zurückzuführen sei. Für die Zeit bis dahin komme es auf Unterschiede der Arbeitsanforderungen nicht an. Denn in dem Eingruppierungstarifvertrag seien alle Einteiler unterschiedslos der Gehaltsgruppe III A zugeordnet worden. Mit dem Abschluß dieses Firmentarifvertrages habe auch die Beklagte zu erkennen gegeben, daß sie trotz erkennbarer Tätigkeitsunterschiede bei Einteilern keinen Grund für eine tarifliche Differenzierung gesehen habe. Die Beklagte habe nicht hinreichend vorgetragen, inwieweit sich die Verhältnisse für die wasserseitig (CB 11) eingesetzten Einteiler seitdem bis zu ihrem Schreiben an den Betriebsrat vom 4. Februar 1992 derart geändert hätten, daß es gerechtfertigt sei, die dort eingesetzten Einteiler übertariflich in Höhe der Gehaltsgruppe III B zu bezahlen.

3. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Nach dem Eingruppierungstarifvertrag vom 26. März 1991 sind alle Einteiler der Gehaltsgruppe III A zugeordnet. Das hindert die Beklagte nicht daran, nur die wasserseitig eingesetzten, nicht aber die in der Halle tätigen Einteiler übertariflich zu bezahlen, wenn es dafür sachliche Gründe gibt. Die Beklagte hat mit dem Abschluß des genannten Tarifvertrages nicht zu erkennen gegeben, daß sie alle Einteiler gleich behandeln will. Tarifvertragliche Regelungen stellen nur Mindestarbeitsbedingungen dar; Änderungen zugunsten der Arbeitnehmer sind zulässig (vgl. § 4 Abs. 3 TVG). Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts können daher auch unterschiedliche Tätigkeitsanforderungen, die bereits bei Abschluß des Eingruppierungstarifvertrages vorgelegen haben, die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 19. August 1992 (- 5 AZR 513/91 - AP, aaO = NZA, aaO).

III. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil des Landesarbeitsgerichts. Es war deshalb aufzuheben. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen ermöglichen jedoch eine Entscheidung in der Sache selbst. Die Klage ist unbegründet.

1. Dem Landesarbeitsgericht ist insoweit zu folgen, als es angenommen hat, die Höhe der Vergütung für die neu in den Bereich CB 11 versetzten Einteiler sei nicht auf individuelle Vereinbarungen zurückzuführen, sondern auf eine von der Beklagten aufgestellte allgemeine Regel.

Die Beklagte hat eine eigene Gruppe der wasserseitig tätigen Einteiler (CB 11) gegenüber den Einteilern in der Halle (CB 31) gebildet. Es mag zutreffen, wie der Kläger behauptet, daß die nach CB 11 zu versetzenden Arbeitnehmer ohnehin schon ein Monatsgehalt erhielten, das der Gehaltsgruppe III B entsprach und daß sie infolge der Versetzung keine Lohneinbußen hinnehmen wollten. Es kann auch unterstellt werden, daß die Bezahlung der schon früher im Bereich CB 11 tätigen Einteiler mit Bezügen nach der Gehaltsgruppe III B auf individuellen Vereinbarungen beruhte. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die Beklagte die Einteiler des Bereichs CB 11 in ihrem Schreiben an den Betriebsrat vom 4. Februar 1992 als eine von ihr gebildete eigenständige Gruppe behandelt hat, in der die Bezahlung "in Würdigung der besonderen qualitativen und quantitativen Erschwernisse abweichend vom Eingruppierungs(tarif)vertrag und ohne Präjudiz an die Gehaltsgruppe III B angepaßt werden" sollte.

2. Die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen der Arbeitnehmer ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Gruppen von Arbeitnehmern mit vergleichbaren Tätigkeiten kann darin liegen, daß einer bestimmten Gruppe eine Zulage gewährt wird, weil für die betreffenden Arbeitsplätze ohne zusätzlichen finanziellen Anreiz keine Arbeitskräfte zu gewinnen oder zu halten sind (BAG Urteil vom 25. August 1982 - 5 AZR 107/80 - BAGE 39, 336, 344 = AP Nr. 53 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, unter II 5 b aa der Gründe). Dies hat das Landesarbeitsgericht nicht beachtet.

Der sachliche rechtfertigende Grund für eine solche Differenzierung der Gruppen liegt in einem solchen Fall nicht in den mehr oder weniger objektivierbaren Unterschieden der in den verschiedenen Gruppen geforderten Arbeitsleistungen, sondern - ähnlich wie bei einzelvertraglich vereinbarten unterschiedlich hohen Arbeitsentgelten - in der Durchsetzungsfähigkeit der Arbeitnehmer. Wenn ein Arbeitgeber es vorzieht, nicht nur im Einzelfall, sondern wegen der allgemeinen Schwierigkeit geeignete Arbeitnehmer zu finden oder zu halten, der ganzen Gruppe ein höheres Arbeitsentgelt zu zahlen, so stellt dies keinen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet allerdings, die Bildung der Gruppe nach sachlichen und zutreffenden Kriterien vorzunehmen. Dazu genügt nicht, daß nur einzelne Arbeitnehmer Druck auf die Arbeitgeberseite ausgeübt haben. Erforderlich ist, daß der Arbeitgeber aus erkennbarem Verhalten einer Arbeitnehmergruppe schließen durfte und geschlossen hat, er könne den vorhandenen Schwierigkeiten durch eine generelle Entgeltverbesserung für die dieser Gruppe angehörenden Arbeitnehmer begegnen.

3. Die Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß unter diesem Gesichtspunkt dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Genüge getan worden ist, sind festgestellt. Der eigene Vortrag des Klägers, die wasserseitig eingesetzten Einteiler (CB 11) hätten 1992 eine günstige Gelegenheit zur Durchsetzung ihrer Bezahlung nach Gehaltsgruppe III B genutzt, zeigt, daß von der Seite der Arbeitnehmer ein entsprechender Druck auf die Beklagte ausgeübt worden ist. Es ist unerheblich, daß die Beklagte in ihrer Mitteilung an den Betriebsrat diesen Gesichtspunkt nicht in den Vordergrund gestellt hat, sondern ihrerseits unter Hinweis auf die Erschwernisse der Arbeit dargetan hat, weshalb sie den wasserseitig tätigen Einteilern eine (übertarifliche) Vergütung nach der Vergütungsgruppe III B gewähren wolle.

Griebeling Schliemann Reinecke

Werner Heel

 

Fundstellen

BAGE 80, 354-362 (Leitsatz 1 und Gründe)

BAGE, 354

BB 1996, 596

BB 1996, 855

BB 1996, 855-856 (Leitsatz 1 und Gründe)

DB 1996, 834 (Leitsatz 1 und Gründe)

NJW 1996, 1914

NJW 1996, 1914-1916 (Leitsatz 1 und Gründe)

BuW 1996, 304 (Kurzwiedergabe)

AiB 1997, 240-241 (Leitsatz 1 und Gründe)

ARST 1996, 107-108 (Leitsatz 1 und Gründe)

ASP 1996, Nr 5/6, 6o-61 (Kurzwiedergabe)

NZA 1996, 829

NZA 1996, 829-831 (Leitsatz 1 und Gründe)

Quelle 1996, Nr 9, 24 (Leitsatz 1)

SAE 1997, 228-230 (Leitsatz 1 und Gründe)

AP § 242 BGB, Nr 134

AR-Blattei, ES 800 Nr 114 (Leitsatz 1 und Gründe)

EzA § 242 BGB Gleichbehandlung, Nr 69 (Leitsatz 1 und Gründe)

MDR 1996, 720 (Leitsatz 1 und Gründe)

PERSONAL 1996, 619 (Leitsatz 1)

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