Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Betriebsprüfer. Eingruppierung Betriebsprüferin. Arbeitsvorgang. planmäßige und außerplanmäßige Prüfung als zwei eigene Arbeitsvorgänge. VergGr. IVa Fallgr. 1a “besondere Schwierigkeit und Bedeutung”

 

Orientierungssatz

  • Planmäßige und außerplanmäßige Prüfungen gem. § 28p SGB IV stellen zwei eigene Arbeitsvorgänge dar, weil es sich dabei um tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlichen Arbeitsergebnissen handelt, die gesondert tariflich zu bewerten sind.
  • Zur schlüssigen Darlegung des Merkmals der herausgehobenen Bedeutung iSd. VergGr. IVa Fallgr. 1a gehört, dass der Angestellte vorträgt, warum der von ihm auszuübenden Tätigkeit eine Bedeutung zukommt, die sich deutlich wahrnehmbar gegenüber der Bedeutung heraushebt, die mit der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit iSd. VergGr. IVb Fallgr. 1a verbunden ist.
 

Normenkette

BAT-TgRV-O (Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – vom 10. Mai 1991) § 22, Anlage 1a VergGr. IVa Fallgr. 1a, VergGr. III Fallgr. 1b

 

Verfahrensgang

LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 31.03.2004; Aktenzeichen 2 Sa 403/03)

ArbG Neubrandenburg (Urteil vom 29.08.2003; Aktenzeichen 5 Ca 2793/02)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die zutreffende tarifliche Vergütung der Klägerin ab dem 1. Mai 2001.

Die am 8. November 1959 geborene Klägerin ist seit dem 1. Januar 1997 bei der Beklagten als Betriebsprüferin beschäftigt. Nach § 3 des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages vom 2. Januar 1997 bestimmt sich das Beschäftigungsverhältnis nach dem für die Beklagte geltenden Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT-TgRV-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

Nach der Stellenbeschreibung für Betriebsprüfer aus dem Jahr 2000, die auch für die von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten zutrifft, besteht die Tätigkeit zeitlich zu 80 % aus sog. “planmäßigen Prüfungen” bei den Arbeitgebern nach § 28p SGB IV zur Überwachung der ordnungsgemäßen Zahlung des Sozialversicherungsbeitrages und der Einhaltung der Meldepflichten einschließlich der Erarbeitung von Bescheiden und zeitlich zu 20 % aus sog. “außerplanmäßigen Prüfungen” bei den Arbeitgebern nach § 28p SGB IV nach Insolvenzereignissen auf der Grundlage von Prüfaufträgen der Beitragseinzugsstellen zur Überwachung der ordnungsgemäßen Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages unter Einhaltung der Meldepflichten einschließlich der Erarbeitung von Bescheiden. Nach dieser Stellenbeschreibung gehören zu den planmäßigen Prüfungen:

“1.1. Organisatorische und fachliche Vorbereitung der Prüfungen

1.1.1. Langfristige Vorbereitung der Prüfaufgaben Prüfplanung

1.1.2. Vorbereitung der Betriebsprüfung

1.2. Eröffnungsgespräch

1.3. Durchführung der Betriebsprüfung

1.3.1. Prüfen der Lohnunterlagen

1.3.1.1. Prüfen der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung

1.3.1.2. Prüfen der Beitragsberechnung

1.3.1.3. Prüfen der Beitragsnachweise

1.3.1.4. Prüfen des Meldeverfahrens (Einhaltung der Meldevorschriften)

1.3.2. Prüfen von Unterlagen der Finanzbuchhaltung

1.3.3. Beraten der Unternehmen während der gesamten Prüfung

1.3.4. Zusammenfassen der Prüfergebnisse

1.4. Schlussbesprechung/Anhörung

1.5. Erarbeitung des Prüfbescheides, des Prüfberichtes und der Mitteilungen an die Beteiligten

1.6. Nachbereitende Tätigkeiten

1.7. Bearbeiten von ggf. eingehenden Widersprüchen

…”

Die außerplanmäßigen Prüfungen werden durchgeführt, wenn bei besonderen Anlässen (Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, Abweisung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse, Betriebsschließung ohne Insolvenzereignis) durch die beteiligten Einzugsstellen (Krankenkassen) Prüfaufträge für kurzfristige Abschlussprüfungen erteilt werden. Nach der Stellenbeschreibung sind dabei zusätzlich zu dem bei planmäßigen Prüfungen genannten Ablauf und Inhalt folgende spezifische Besonderheiten zu beachten:

“Feststellen des Verantwortlichen/Haftenden gemäß § 823 BGB in Abhängigkeit von der Entscheidung über die Eröffnen eines Insolvenzverfahrens

Bei einem eröffneten Insolvenzverfahren ist der Ansprechpartner der vom Amtsgericht bestellte Insolvenzverwalter (Rechtsanwalt).

Auswerten des Eröffnungs- bzw. Abweisungsbeschlusses des Insolvenzgerichtes

Auswerten des Gutachtens des Insolvenzverwalters hinsichtlich Stammkapital, Arbeitnehmerforderungen, Kündigungen, Forderungen und Verbindlichkeiten des Arbeitgebers

Feststellen des offenen Forderungszeitraumes der Einzugsstellen Feststellen des Zeitpunktes der letzten Lohnzahlung,

Feststellen, ob Arbeitnehmer weiter beschäftigt oder frei gestellt wurden

Feststellen des Endes der Beschäftigungen

Prüfen der Aufnahme neuer Beschäftigungsverhältnisse insolvenzspezifische Behandlung von Einmalzahlungen Feststellen der Forderungen von Arbeitnehmern außerhalb des Insolvenzgeldanspruches ==≫ Einsichtnahme und Auswerten der Forderungsanmeldungen

Prüfen der Rechtmäßigkeit von Kündigungen in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeit

versicherungsrechtliche und beitragsrechtliche Auswertung von Arbeitsgerichtsurteilen/-vergleichen

Prüfen der Rechtmäßigkeit von Gehaltsverzichtsvereinbarungen

Prüfen der Verdienstbescheinigungen für Insolvenzgeld bzw. der Arbeitsbescheinigungen für Arbeitslosengeldbezug

Prüfen und Erfassen der nachträglichen Zahlung von Arbeitsentgelt für Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen ==≫ Anspruchsübergänge gemäß § 143 Abs. 1 SGB III, Erfassen der Erstattungsbeträge gem. § 335 Abs. 3 SGB III

Prüfen der Haftung bei Betriebsübergang nach § 613a BGB

Prüfen der Beitragsberechnung bei tariflichen Ausschlussfristen

Prüfen und Beachten des Zurückbehaltungsrechts des Arbeitnehmers gemäß §§ 273, 611 und 615 BGB

Feststellen des Zeitpunktes der vollständigen Betriebseinstellung Erstellen einer Insolvenzgeldaufstellung gemäß § 208 SGB III, Auswahl und Sicherung der entsprechenden Beitragslisten in Kopie Erstellen von Mitteilungen an die Krankenkassen mit insolvenzspezifischen Angaben zum Forderungseinzug durch die Krankenkassen ggf. Fertigen von (insolvenzspezifischen) Meldungen gemäß DEÜV (bei Abweisen mangels Masse) bzw. Auflage zur Meldung durch den Insolvenzverwalter (bei eröffnetem Insolvenzverfahren)

ggf. Fertigen einer Aufstellung vorenthaltener Arbeitnehmeranteile (§ 266a StGB) zur Geltendmachen von Schadenersatzansprüchen ggf. Sicherung der notwendigen Daten zur Beantwortung von Anfragen der Staatsanwaltschaft und für eventuelle persönliche Zeugenaussagen vor Gericht

ggf. Beitragsberechnungen auf der Grundlage von Arbeitnehmerbefragungen”

Die Klägerin führt die ihr übertragenen Betriebsprüfungen insbesondere auf der Grundlage der §§ 28p und 28q SGB IV, der Beitragsüberwachungsverordnung sowie der Richtlinien der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für die Prüfungen bei den Arbeitgebern (Betriebsprüfungsrichtlinien) durch.

Die beschriebene Tätigkeit als Betriebsprüferin übt die Klägerin unstreitig seit dem 1. Januar 1997 beanstandungsfrei aus. Sie hat sich den Anforderungen stets gewachsen gezeigt.

Bei der Bewertung dieser Tätigkeiten ist die Beklagte von einem Arbeitsvorgang “planmäßige Prüfungen” mit der Wertigkeit von VergGr. IVb Fallgr. 1a und dem Arbeitsvorgang “außerplanmäßige Prüfungen” mit der Wertigkeit der VergGr. IVa Fallgr. 1a ausgegangen. Weil die “außerplanmäßigen Prüfungen” einen zeitlichen Anteil von weniger als ein Drittel der gesamten Arbeitszeit der Klägerin ausmachen, hat die Beklagte die Klägerin nach VergGr. IVb BAT-TgRV-O vergütet.

Nachdem die – noch immer nach dieser Vergütungsgruppe bezahlte – Klägerin mit Schreiben vom 25. Januar 2001 die Überprüfung dieser Bewertung beantragt hatte, machte sie mit Schreiben vom 6. November 2001 die Differenz zur Vergütung nach VergGr. IVa BAT-TgRV-O vergeblich gegenüber der Beklagten geltend. Mit der Klage verfolgt die Klägerin dieses Begehren weiter. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit erfülle die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. IVa Fallgr. 1a. Die gesamte Betriebsprüfungstätigkeit sei als ein einheitlicher großer Arbeitsvorgang anzusehen. Da innerhalb dieses Arbeitsvorganges außerplanmäßige Prüfungen anfielen, die auch nach der – ursprünglichen – Auffassung der Beklagten nach VergGr. IVa Fallgr. 1a zu bewerten seien, sei die gesamte Tätigkeit der Klägerin entsprechend zu bewerten. Selbst wenn die von ihr auszuübende Tätigkeit aus zwei Arbeitsvorgängen bestünde, sei ihr Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT-TgRV-O begründet. Auch ihre Tätigkeit bei der Durchführung von planmäßigen Prüfungen hebe sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgr. 1a heraus. Es stelle einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, wenn die Beklagte ihre bisherige Auffassung zur Bewertung der außerplanmäßigen Prüfungen aufgebe. Da sie seit Beginn ihrer Tätigkeit in VergGr. IVa Fallgr. 1a eingruppiert sei, erfülle sie nach vierjähriger Bewährung ab dem 1. Januar 2001 die Voraussetzungen für die Eingruppierung nach VergGr. III Fallgr. 1b.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. August 2000 bis zum 31. Dezember 2000 Vergütung aus der VergGr. IVa BAT-TgRV-O zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Bruttodifferenzbeträge zur VergGr. IVb BAT-TgRV-O mit 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG ab Rechtshängigkeit zu verzinsen,

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Januar 2001 Vergütung aus der VergGr. III BAT-TgRVO zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Bruttodifferenzbeträge zur VergGr. IVb BAT-TgRV-O mit 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt eingenommen, planmäßige und außerplanmäßige Betriebsprüfungen seien zwei selbständige Arbeitsvorgänge. Die planmäßigen Prüfungen erfüllten die Voraussetzungen der Merkmale “gründliche und umfassende Fachkenntnisse” sowie “selbständige Leistungen”. Diese Prüftätigkeit hebe sich auch durch “besondere Verantwortung” heraus, weil die Ergebnisse der Prüfungen materielle Auswirkungen hinsichtlich der Überwachung der ordnungsgemäßen Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages hätten. Dagegen werde das Heraushebungsmerkmal “besondere Schwierigkeit und Bedeutung” nicht erfüllt.

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten und begründet, nur die außerplanmäßigen Prüfungen seien nach VergGr. IVa Fallgr. 1a zu bewerten, weil sie die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals “besondere Schwierigkeit und Bedeutung” erfüllten. Zweitinstanzlich hat die Beklagte geltend gemacht, auch die außerplanmäßigen Prüfungen erfüllten nicht die Voraussetzungen der VergGr. IVa Fallgr. 1a. Aus dem Sachvortrag der Klägerin sei hinsichtlich der außerplanmäßigen Prüfungen keine über das normale Maß hinausgehende erheblich gesteigerte Schwierigkeit zu erkennen. Auch seien keine Tatsachen vorgetragen, welche das weitere Heraushebungsmerkmal “Bedeutung” begründen könnten.

Das Arbeitsgericht, das die Anträge der Klägerin als Feststellungsanträge verstanden hat, hat der Klage hinsichtlich der VergGr. IVa BAT-TgRV-O ab dem 1. Mai 2001 und hinsichtlich der VergGr. III ab dem 1. Juli 2002 stattgegeben und die Klage im Übrigen wegen Nichteinhaltung der Verfallfristen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin in der Sache die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht die Vergütung nach VergGr. IVa BAT-TgRV-O bzw. auf Grund des Bewährungsaufstiegs nach VergGr. III BAT-TgRV-O nicht zu.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet schon auf Grund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – vom 10. Mai 1991 (BAT-TgRV-O) Anwendung.

§ 22 BAT-TgRV-O bestimmt:

“(1) Die Eingruppierung der Angestellten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und 1 b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.

(2) Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z. B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.

Protokollnotizen zu Absatz 2:

1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Eintragung in das Grundbuch, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld, Festsetzung einer Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

…”

2. Die danach einschlägigen Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a lauten:

“Vergütungsgruppe Vb

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Fallgruppen 1a der Vergütungsgruppen VII, VIb und Vc geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach).

Vergütungsgruppe IVb

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

Vergütungsgruppe IVa

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.

1 b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.

Vergütungsgruppe III

1 b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt,

nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a.

…”

Da diese Tätigkeitsmerkmale aufeinander aufbauen, ist zunächst das Vorliegen der Merkmale der Ausgangsvergütungsgruppe und danach das Vorliegen der qualifizierenden Merkmale der jeweils nächst höheren Vergütungsgruppe zu prüfen. Hierbei ist eine pauschale Überprüfung ausreichend, wenn der hierfür maßgebliche Sachverhalt unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst für die Tätigkeit des Angestellten die Tätigkeitsmerkmale der entsprechenden Vergütungsgruppe als erfüllt ansieht. Auch eine pauschale Überprüfung muss aber erkennen lassen, auf Grund welcher konkreten Tatsachen die Merkmale einer bestimmten Vergütungsgruppe bzw. Fallgruppe als erfüllt anzusehen sind und welche Tatumstände damit für die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der niedrigeren Vergütungsgruppe herangezogen werden (zB Senat 6. Juni 1984 – 4 AZR 218/82 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 90 = EzBAT BAT §§ 22, 23 C. 1 Techn. Angestellte VergGr. IIa Nr. 1).

3. Die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit erfüllt nicht die Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVa Fallgr. 1a.

a) Das Landesarbeitsgericht hat erkannt, dass die planmäßigen Prüfungen einerseits und die außerplanmäßigen Prüfungen andererseits zwei unterschiedliche Arbeitsvorgänge bilden. Das ist nur im Ergebnis zutreffend.

aa) Unter einem Arbeitsvorgang ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu dem inhaltlich entsprechenden § 22 Abs. 2 BAT iVm. den Protokollnotizen eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (zB 22. Juli 1998 – 4 AZR 99/97 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 255 = EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 7 Justizdienst VergGr. Vc Nr. 2, zu I 4a der Gründe mwN). Bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge kommt es entscheidend auf die jeweiligen Arbeitsergebnisse an (st. Rspr. des Senats zB 24. September 1997 – 4 AZR 431/96 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 226 = EzBAT BAT §§ 22, 23 F. 1 Sozialdienst VergGr. IVb Nr. 41, zu II 2.3.2 der Gründe). Dabei ist es zwar rechtlich möglich, dass die gesamte Tätigkeit des Angestellten einen einheitlichen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer rechtlichen Bewertung zugänglich ist. Tatsächlich trennbare Tätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (Senat 22. Juli 1998 – 4 AZR 99/97 – aaO mwN).

bb) Das Landesarbeitsgericht ist zwar von diesen Grundsätzen ausgegangen, hat sie aber fehlerhaft angewandt.

Mit Recht rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe entscheidend auf die tatsächliche Verwaltungspraxis abgestellt, dh. darauf, dass die Beklagte besonders spezialisierte Prüfer beschäftigt habe, die nur für außerplanmäßige Prüfungen eingesetzt würden. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es nicht darauf an, ob es verwaltungstechnisch möglich ist, die Einzelaufgaben verschiedenen Angestellten zuzuweisen (14. März 2001 – 4 AZR 172/00 – EzBAT BAT §§ 22, 23 A. Allgemein Nr. 80, zu I 4a cc der Gründe). Denn bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge kommt es auf den Aufgabenkreis des Angestellten an (Protokollnotiz 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-TgRV-O). Aus der Beschäftigung von spezialisierten Prüfern, denen nur außerplanmäßige Prüfungen übertragen werden, kann deshalb nicht abgeleitet werden, dass die beiden Arten von Prüfungen unterschiedliche Arbeitsvorgänge darstellen, weil die anderen Prüfer, wie die Klägerin, planmäßige Prüfungen und außerplanmäßige Prüfungen durchführen. Maßgeblich sind vielmehr die Arbeitsergebnisse der übertragenen Aufgaben, wobei der enge innere Zusammenhang einzelner Arbeitsleistungen für die Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorganges spricht.

Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht die Prüfungen, bei denen eine planmäßige in eine außerplanmäßige Prüfung übergeht, die in der Regel von dem die planmäßige Prüfung bearbeitenden Angestellten übernommen wird, als Bindeglied zwischen allen planmäßigen und außerplanmäßigen Prüfungen angesehen und nur deshalb einen einheitlichen Arbeitsvorgang verneint, weil sich die Beklagte ausdrücklich eine Prüfung vorbehalten habe, ob der Prüfer der planmäßigen Prüfung auch die außerplanmäßige Prüfung vornimmt. Dabei hat das Landesarbeitsgericht verkannt, dass bei den Prüfungen, die von einer planmäßigen in eine außerplanmäßige Prüfung umschlagen, allenfalls fraglich sein kann, ob es sich insoweit um zwei getrennte Prüfungsvorgänge handelt oder im Hinblick darauf, dass die Tätigkeit nur auf ein – während des Arbeitsablaufs geändertes – Arbeitsergebnis gerichtet ist, um eine Prüfung, die den außerplanmäßigen Prüfungen zuzuordnen ist.

cc) Es handelt sich indes auch nach den dargelegten Grundsätzen der ständigen Senatsrechtsprechung bei den planmäßigen und außerplanmäßigen Prüfungen um zwei Arbeitsvorgänge.

Die in der Stellenbeschreibung im Einzelnen aufgeführten Arbeitsschritte bei einer planmäßigen Prüfung stehen zueinander in einem engen inneren Zusammenhang, weil die Zwischenergebnisse eines Arbeitsschrittes idR Ausgangspunkt für den nächsten Arbeitsschritt sind und somit die einzelnen Arbeitsschritte bei natürlicher Betrachtungsweise nicht als eigenständige Arbeitsvorgänge im Tarifsinne bewertet werden können. Vielmehr ist das Arbeitsergebnis der aufeinander bezogenen Arbeitsschritte das Erstellen des Bescheides.

Entsprechendes gilt für die veränderten und insbesondere wesentlich ergänzten und vielfach andere Anforderungen stellenden Arbeitsschritte bei außerplanmäßigen Prüfungen. Auch sie sind zwar auf einen abschließenden Bescheid als Arbeitsergebnis bezogen. Dieser Bescheid hat aber auf Grund der deutlich veränderten und erweiterten Aufgabenstellung eine andere Qualität und kann nicht im Vergleich zum Ergebnis einer planmäßigen Prüfung als gleichartiges Arbeitsergebnis bewertet werden. Es handelt sich damit um tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlichen Arbeitsergebnissen und so um zwei gesondert tariflich zu bewertende Arbeitsvorgänge, wobei die gleichartigen planmäßigen Prüfungen einerseits und außerplanmäßigen Prüfungen andererseits jeweils ein Arbeitsvorgang sind.

b) Damit kommt es für den Erfolg der Klage allein darauf an, ob die planmäßigen Prüfungen mit einem Zeitanteil von 80 % die Voraussetzungen der VergGr. IVa Fallgr. 1a erfüllen. Die Wertigkeit des Arbeitsvorganges “außerplanmäßige Prüfungen” ist nicht entscheidend, weil er nur 20 % der Gesamttätigkeit ausmacht und deshalb für die hier in Rede stehenden Tätigkeitsmerkmale nicht eingruppierungsrelevant ist. Es kann daher auch offen bleiben, ob die Heraushebungsmerkmale der “besonderen Schwierigkeit und Bedeutung” bei diesem Arbeitsvorgang erfüllt sind.

c) Der für die tarifliche Bewertung maßgebliche Arbeitsvorgang der planmäßigen Prüfungen erfüllt indes die Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVa Fallgr. 1a nicht. Auch insoweit kann dem Landesarbeitsgericht allerdings nur im Ergebnis gefolgt werden.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat darauf abgestellt, dass es schon an dem Merkmal der “besonderen Schwierigkeit” fehle. Zur Begründung hat es, ohne den Begriff der “besonderen Schwierigkeit” zu klären, ausgeführt, die anzuwendenden Rechtsvorschriften seien zwar umfangreich, aber überschaubar, sie seien zudem “wiederholt anwendbar”; etwa 70 % der planmäßigen Betriebsprüfungen verliefen ohne Beanstandungen.

bb) Bei den einschlägigen Tarifbegriffen “besondere Schwierigkeit und Bedeutung” handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei der Anwendung solcher Rechtsbegriffe durch das Berufungsgericht kann das Revisionsgericht nur prüfen, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff als solchen verkannt, ob es bei der Subsumtion Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist (zB Senat 22. Juli 1998 – 4 AZR 399/97 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 252 = EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 16, zu 5d cc (1) der Gründe). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Es hat nicht dargelegt, von welchem Verständnis des Rechtsbegriffs “besondere Schwierigkeit” es ausgeht. Im Übrigen rügt die Klägerin zu Recht, das Landesarbeitsgericht habe ihren Vortrag nur unvollständig gewürdigt. Indem das Landesarbeitsgericht nur pauschal auf den Umfang und die Überschaubarkeit der anzuwendenden Rechtsvorschriften abstellt, lässt es eine konkrete Bewertung des Umfangs, des Inhalts und der Komplexität der Regelungen vermissen. Soweit das Landesarbeitsgericht seine Bewertung darauf stützt, dass die Rechtsnormen wiederholt anwendbar seien und dass etwa 70 % der planmäßigen Prüfungen zu keinen Beanstandungen führten, sind das keine für die Beurteilung der “besonderen Schwierigkeit” einschlägigen Gesichtspunkte.

cc) Dem muss aber nicht weiter nachgegangen werden. Selbst dann, wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass die planmäßigen Prüfungen das Heraushebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit erfüllen, sind die Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVa Fallgr. 1a nicht gegeben. Es fehlt an einer schlüssigen Darlegung der herausgehobenen Bedeutung der Tätigkeit. Diese Voraussetzung hat das Landesarbeitsgericht, von seiner Rechtsauffassung aus folgerichtig, nicht mehr geprüft.

(1) Mit dem Merkmal der Bedeutung sind die Auswirkungen der Tätigkeit angesprochen. Weil die Tarifvertragsparteien davon abgesehen haben, den Rechtsbegriff der “Bedeutung” gegenständlich oder inhaltlich zu begrenzen, ist grundsätzlich jede Art der Auswirkung der Tätigkeit des Angestellten geeignet, die Bedeutung des Aufgabengebietes im tariflichen Sinne zu begründen. Die gesteigerte Bedeutung kann sich zB aus der Art oder aus der Größe des Aufgabengebietes sowie aus der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich oder für die Allgemeinheit ergeben (st. Rspr. des Senats zB 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 7 = EzBAT BAT §§ 22, 23 F. 1 Sozialdienst VergGr. IVa Nr. 5, zu II 3 der Gründe).

(2) Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass die planmäßigen Prüfungen dieses Merkmal erfüllen. Sie hat insoweit lediglich vorgetragen, dass die Prüfungen erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die Rentenversicherungsträger, auf die Arbeitgeber und auf die Arbeitnehmer hätten. Sie verkennt dabei, dass das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVa Fallgr. 1a eine gegenüber der VergGr. IVb Fallgr. 1a herausgehobene Bedeutung verlangt. Deshalb hätte die Klägerin darlegen müssen, dass der von ihr auszuübenden Tätigkeit eine Bedeutung zukommt, die sich deutlich wahrnehmbar gegenüber der Bedeutung heraushebt, die mit der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit im Sinne der VergGr. IVb Fallgr. 1a verbunden ist. Dazu fehlt es an jeglichem Vortrag der Klägerin.

Sie kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, die Erfüllung des Merkmals “besonders verantwortungsvoll” sei unstreitig. Das entbindet nicht von der Verpflichtung, jedenfalls darzulegen, welche Umstände das Merkmal “besonders verantwortungsvoll” begründen und welche zusätzlichen Umstände den wertenden Vergleich ermöglichen, dass ihrer Tätigkeit eine demgegenüber herausgehobene Bedeutung zukommt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte das Merkmal “besonders verantwortungsvoll” im Hinblick auf die Auswirkungen der Tätigkeiten auf die Betroffenen als erfüllt angesehen hat. Bei dieser Begründung sind die Auswirkungen der Tätigkeit für die Begründung dieses Merkmals verbraucht und können nicht mehr zur Erfüllung des Merkmals der herausgehobenen Bedeutung herangezogen werden. Die Klägerin hätte deshalb zusätzliche Umstände für die Begründung der herausgehobenen Bedeutung vortragen oder aber darlegen müssen, dass das Merkmal “besonders verantwortungsvoll” auch ohne die Auswirkungen der Tätigkeit auf die Betroffenen erfüllt ist.

Es bedarf aus diesem Grund keiner Zurückverweisung der Rechtssache an das Landesarbeitsgericht, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, zur Erfüllung des Merkmals der herausgehobenen Bedeutung ergänzend vorzutragen. Die Beklagte hat auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt in ihrer Berufungserwiderung ausdrücklich hingewiesen. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, hierauf ergänzend zu erwidern.

4. Da die Voraussetzungen für die Eingruppierung der Klägerin nach VergGr. IVa Fallgr. 1a nicht gegeben sind, kommt auch der von ihr geltend gemachte, hiervon abhängige Bewährungsaufstieg in die VergGr. III Fallgr. 1a nicht in Betracht.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

 

Unterschriften

Bepler, Bott, Wolter, Dassel, Kiefer

 

Fundstellen

ZTR 2005, 643

NZA-RR 2005, 672

NJOZ 2005, 4880

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