Entscheidungsstichwort (Thema)

Fünfjahresgrenze bei mehreren befristeten Arbeitsverträgen

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung (BAG Urteil vom 22.3.1985 7 AZR 142/84 = BAGE 48, 215 = AP Nr 90 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) fest, daß die Aneinanderreihung mehrerer befristeter Arbeitsverträge, die nur insgesamt die Höchstdauer von fünf Jahren überschreiten, keine Umgehung der Protokollnotiz Nr 2 zu Nr 1 SR 2y BAT darstellt.

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Entscheidung vom 24.01.1992; Aktenzeichen 6 Sa 55/91)

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 05.06.1991; Aktenzeichen 25a Ca 370/90)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses. Der 1940 geborene Kläger wurde aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge unter Verwendung vorformulierter Vertragsmuster seit dem 1. November 1984 ununterbrochen bis zum 31. Oktober 1990 als Techniker am Institut für B der Universität Hamburg der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 4.045,89 DM beschäftigt. Im ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 2. November 1984 vereinbarten die Parteien die Einstellung des Klägers "auf bestimmte Zeit nach SR 2 y BAT als Angestellter für folgende Aufgaben von begrenzter Dauer: 30. Juni 1987 BMFT-MFU 05438 - Prof. D -G Institut". Das verwendete Vertragsmuster sah unter § 2 die Anwendung des BAT und der diesen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis vor.

Nach einem weiteren Vertrag vom 7. Oktober 1987 "zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 2. November 1984" mit Wirkung ab dem 1. Juli 1987 wurde der Kläger "auf bestimmte Zeit nach SR 2y BAT als Zeitangestellter für die Zeit bis zum 30. Juni 1988" weiterbeschäftigt. Der Vertrag enthielt die weitere Eintragung "BMFT Nordsee". Mit zweitem Änderungsvertrag vom 1. Februar 1988 vereinbarten die Parteien die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum 31. Dezember 1988 wiederum als "Zeitangestellter nach SR 2y BAT". Aufgrund eines dritten auf den 30. Juni 1989 befristeten Änderungsvertrages vom 29. September 1988 wurde das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger als "Zeitangestellter nach SR 2y BAT" mit Wirkung vom 1. Oktober 1988 fortgesetzt. Durch den zeitlich letzten Änderungsvertrag vom 22. August 1989 wurde das Arbeitsverhältnis dann nochmals bis zum 31. Oktober 1990 verlängert.

Das im letzten Vertrag genannte Forschungsvorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) laut Bewilligungsbescheid vom 4. Juli 1989 für die Zeit vom 1. Juli 1989 bis 31. Dezember 1990 finanziert. Unabhängig vom vorliegenden Rechtsstreit beschäftigte die Beklagte den Kläger vom 16. November bis 31. Dezember 1990 zwecks Teilnahme an einer Forschungsfahrt in den Golf von Bengalen.

Die Universität setzte den Kläger unstreitig während der gesamten Beschäftigungszeit für gleichartige Tätigkeiten ein. Diese bestanden nach einer Stellenbeschreibung der Universität vom 1. Juli 1989 zu 70 % in der selbständigen Herstellung von feinmechanischen Spezialgeräten und deren Wartung und Reparatur, insbesondere unter Teilnahme an Forschungsfahrten auf See (15 %), in Organisationsarbeiten, Erstellung von Abschlußberichten und in der Ausbildung von Personal (jeweils 5 %).

Der Kläger hat in seiner am 20. November 1990 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die sich insgesamt über mehr als sechs Jahre erstreckenden Befristungsabreden verstießen gegen die Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT. Außerdem fehle es jedenfalls für die letzte Befristung zum 31. Oktober 1990 an dem nach Protokollnotiz Nr. 1 erforderlichen sachlichen Grund; denn er sei nicht jeweils nur für die in den Arbeitsverträgen genannten, mit Drittmitteln finanzierten Projekte, sondern wie ein fester Mitarbeiter im Rahmen der laufenden Institutsarbeit eingesetzt und eingeplant worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, daß zwischen den Parteien über

den 31. Oktober 1990 hinaus ein unbefristetes

Anstellungsverhältnis nach den Bestimmungen

des BAT bestehe,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn über den

31. Oktober 1990 hinaus zu im übrigen unverän-

derten Arbeitsbedingungen als Techniker im In-

stitut für B in

der VergGr. V b BAT weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und entgegnet: Die Befristung des letzten Änderungsvertrages zum 31. Oktober 1990, auf die es allein noch ankomme, sei wirksam. Der BAT verbiete nur die Befristung eines einzelnen Arbeitsvertrages über fünf Jahre hinaus. Mehrere befristete Verträge zusammen dürften hingegen diese Dauer überschreiten. Die letzte Befristung sei sachlich gerechtfertigt, da der Kläger für ein zeitlich begrenztes, mit Drittmitteln finanziertes Forschungsvorhaben beschäftigt worden sei. Daran ändere nichts, daß der Befristungszeitraum nicht genau mit der Laufzeit der Drittmittelförderung übereingestimmt habe. Beim Abschluß des letzten befristeten Arbeitsvertrages sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen gewesen, daß nach dem Auslaufen der dort genannten Drittmittelfinanzierung keine weiteren Mittel mehr für eine Technikerstelle gewährt werden würden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers gemessen an der Protokollnotiz Nr. 2 der Nr. 1 SR 2y BAT nicht unwirksam. Auch eine rechtserhebliche objektive Umgehung dieser Tarifnorm liegt nicht vor.

I. Ebenso wie das Arbeitsgericht hat auch das Landesarbeitsgericht die Befristung zum 31. Oktober 1990 wegen objektiver Umgehung der Fünfjahresgrenze der Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 der SR 2y BAT als unwirksam angesehen. Es hat insoweit im wesentlichen angeführt: Es sei schon zweifelhaft, ob die Tarifregelung ihrem Wortlaut nach die Befristungsgrenze nur für den einzelnen Arbeitsvertrag aufstelle, da in der Protokollnotiz Nr. 2 Satz 2 von Zeitverträgen die Rede sei und nach Nr. 7 Abs. 3 der SR 2y gestaffelte Kündigungsfristen bis zu einer Vertragsdauer von mehr als drei Jahren auch bei mehreren aneinander gereihten Arbeitsverhältnissen bestünden und die Tarifvertragsparteien eine weitere Staffelung möglicherweise deshalb für entbehrlich gehalten hätten, weil sie ohnehin von einer bestehenden Höchstgrenze für Befristungen von fünf Jahren auch bei mehreren befristeten Verträgen ausgegangen seien. Gleichwohl sei die Wortlautinterpretation des Bundesarbeitsgerichts zugrunde zu legen, wonach die Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 nur die einzelne Befristung von mehr als fünf Jahren untersage. Dann jedoch sei der früher vom Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts vertretenen Auffassung zu folgen, daß eine unzulässige Umgehung dieser Tarifvorschrift vorliege, wenn - wie hier - mehrere Zeitverträge zusammen fünf Jahre überschritten und die Befristungen auf denselben oder gleichartigen Gründen beruhten. Denn die Tarifvertragsparteien hätten Einvernehmen darüber erzielt, daß die SR 2y BAT nicht durch Kettenarbeitsverträge mißbraucht werden dürften. Die tarifliche Befristungsgrenze bestehe unabhängig vom Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Befristung. Dem liege mangels jeglichen Anhaltspunktes im Tarifwortlaut nicht ausschließlich die Erwägung zugrunde, daß ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren nicht überschaubar und prognostizierbar sei. Bezweckt sei allein der Schutz des Arbeitnehmers vor den mit der Befristung einhergehenden rechtlichen Nachteilen. Jedenfalls nach fünf Jahren sei einerseits der mit gleichbleibenden Aufgaben betraute Arbeitnehmer auf seine Tätigkeit spezialisiert und in die Dienststelle integriert; andererseits habe das Interesse des Arbeitgebers an einer automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Kündigungsschutz zurückzutreten. Dies entspreche systematisch den verlängerten Kündigungsfristen nach § 53 BAT. Der Unkündbarkeit gemäß § 53 Abs. 3 BAT nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren etwa würde es widersprechen, wenn der Angestellte mit gleicher Beschäftigungsdauer, aber mehreren unter fünf Jahren befristeten Arbeitsverträgen ohne Bestandsschutz ausscheiden müßte.

Die allgemeinen Grundsätze über die Befristungskontrolle böten gegen die objektive Umgehung der Tarifregelung keinen ausreichenden Schutz mehr, seitdem die höchstrichterliche Rechtsprechung bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen nur noch die zeitlich letzte Befristung auf ihre Wirksamkeit überprüfe, die zudem auch nicht mehr mit der Dauer des Befristungsgrundes übereinstimmen müsse. Da der Kläger vorliegend ununterbrochen mehr als fünf Jahre beschäftigt worden sei und die Befristungen aus gleichartigen Gründen erfolgt seien, stehe der Kläger wegen unzulässiger Umgehung der Protokollnotiz Nr. 2 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

II. Dieser Würdigung des Landesarbeitsgerichts kann sich der Senat nicht anschließen. Sie steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Senats, zu deren Änderung der Senat keinen Anlaß sieht.

Nach der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anzuwendenden Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT ist der Abschluß eines Zeitvertrages für die Dauer von mehr als fünf Jahren unzulässig. Die Protokollnotiz Nr. 2 knüpft an die Protokollnotiz Nr. 1 für Zeitangestellte an, die nur eingestellt werden dürfen, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe vorliegen, und erweitert damit den Schutz der Zeitangestellten vor den Nachteilen befristeter Arbeitsverträge. Die Befristungskontrolle nach Protokollnotiz Nr. 1, d.h. die Prüfung eines sachlichen Grundes, hat das Landesarbeitsgericht nicht vorgenommen, sondern seine Entscheidung ebenso wie schon das Arbeitsgericht ausschließlich auf die Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 gestützt. Ein Verstoß gegen die in dieser Vorschrift bestimmte Fünfjahresgrenze liegt jedoch nicht vor, weil der Kläger nicht aufgrund eines einzigen Vertrages, sondern aufgrund mehrerer aneinandergereihter befristeter Verträge länger als fünf Jahre von der Beklagten beschäftigt wurde. Eine mehrfache insgesamt fünf Jahre überschreitende Befristung führt auch nicht zu einer unzulässigen Umgehung von Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1.

Der für die Befristungskontrolle von Arbeitsverträgen allein zuständige erkennende Senat hält entgegen den Einwänden des Landesarbeitsgerichts an seiner Rechtsprechung fest, daß die Aneinanderreihung mehrerer befristeter Arbeitsverträge, die nur insgesamt die Fünfjahresgrenze überschreiten, keine objektive Umgehung der Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 Nr. 1 der SR 2y BAT darstellt.

1. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21. Juni 1983 (BAGE 44, 70 = AP Nr. 79 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) näher begründet, daß die Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 der SR 2y BAT sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck nur verbietet, einen Zeitvertrag von vornherein für die Dauer von mehr als fünf Jahren abzuschließen, und daß mehrere aneinandergereihte Arbeitsverträge die Dauer von fünf Jahren überschreiten können. Hinsichtlich einer als unzulässig anzusehenden objektiven Umgehung der Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 hat sich der erkennende Senat gegen die Auffassung des Zweiten Senats gewandt und dies im wesentlich damit begründet, daß die Tarifvertragsparteien durch die tarifliche Regelung selbst die Höchstgrenze nur für den einzelnen Zeitvertrag vorgesehen haben und kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, daß sie die bei Schaffung der einschlägigen Tarifregelungen bereits bestehende umfangreiche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristungskontrolle in irgendeiner Hinsicht für unzureichend gehalten und deshalb etwa für die Aneinanderreihung mehrerer aus gleichartigen Gründen befristeter Arbeitsverträge einen zusätzlichen Unwirksamkeitsgrund hätten schaffen wollen. Ohne die Feststellung eines über den unmittelbaren Anwendungsbereich der Norm hinausgehenden, von den Tarifvertragsparteien verfolgten Regelungszwecks aber läßt sich mit dem Rechtsinstitut der objektiven Umgehung nicht arbeiten, weil dieses Institut zumindest voraussetzt, daß ein konkret erfaßter, vom Normgeber verfolgter Zweck vereitelt wird (Senatsurteil vom 22. März 1985, BAGE 48, 215, 219 f. = AP Nr. 90 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 4 a der Gründe).

2. Hieran hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts kann sich für die Möglichkeit einer Umgehung der Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 SR 2y BAT durch die Aneinanderreihung mehrerer befristeter Arbeitsverträge nichts aus der Tarifregelung über Kündigungsfristen in § 53 BAT ergeben, da diese nach Nr. 7 der SR 2y BAT auf befristete Arbeitsverhältnisse keine Anwendung findet. Weiterhin ist nicht entscheidend, daß die Tarifvertragsparteien ausweislich der Verhandlungsniederschrift vom 19. Oktober 1960 anläßlich der Schaffung der Tarifregelungen einvernehmlich die Ansicht geäußert haben, daß die Vorschriften der SR 2y BAT nicht zu Kettenarbeitsverhältnissen mißbraucht werden dürften. Daraus ergibt sich nicht ihr Wille, auch ein wiederholt befristet verlängertes Arbeitsverhältnis dürfe insgesamt nicht über fünf Jahre hinaus befristet sein, wenn die Protokollnotiz Nr. 2 Satz 1 ihrem Wortlaut nach nur eine derart lange Befristung des einzelnen Arbeitsvertrages verbietet. Anderenfalls würde sich die Frage stellen, warum die Tarifvertragsparteien dies nicht ausdrücklich in die Tarifregelung miteinbezogen haben. Außerdem ist es nicht gerechtfertigt, eine insgesamt über fünf Jahre hinausgehende Mehrfachbefristung schon deshalb allein wegen der Zeitdauer als Mißbrauch von Befristungsvereinbarungen anzusehen. Hierfür können gute Gründe vorliegen, die unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung der Befristung zu überprüfen sind.

3. Insbesondere mit seinem Hinweis darauf, die Rechtsprechung des erkennenden Senats habe sich seit dem Urteil vom 8. Mai 1985 (BAGE 49, 73 = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) dahingehend geändert, daß nunmehr nur noch der letzte vorbehaltslos geschlossene befristete Arbeitsvertrag auf die Rechtswirksamkeit der in ihm vereinbarten Befristung zu prüfen sei, dürfte das Landesarbeitsgericht Sinn und Tragweite dieser Rechtsprechungsänderung verkannt haben. Das Landesarbeitsgericht scheint zu meinen, daß es nach dieser neuen Rechtsprechung für die Frage des sachlichen Grundes nur noch auf den letzten Vertrag ankomme und deshalb nicht mehr berücksichtigt werden dürfe, daß der Arbeitnehmer bereits vorher in befristeten Arbeitsverhältnissen zum Arbeitgeber stand. Dies bedarf der Klarstellung.

Richtig ist, daß die Parteien mit dem vorbehaltslosen Abschluß eines (neuen) befristeten Arbeitsvertrages ihre Rechtsbeziehungen auf eine neue Grundlage stellen. Maßgeblich für das Bestehen eines befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist daher nur noch die Frage, ob die Befristung des letzten Vertrages rechtswirksam ist. Ist sie es, so kann das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nicht daraus hergeleitet werden, daß die Parteien früher einmal in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zueinander standen, etwa weil die Befristung eines früheren Arbeitsvertrages unwirksam war.

Keineswegs aber werden bei der Prüfung der damit allein entscheidungserheblichen Frage, ob die Befristung des letzten Arbeitsvertrages rechtswirksam ist, die früheren Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien ausgeklammert. Es wird nicht etwa fingiert, der letzte Arbeitsvertrag sei der einzige gewesen, der zwischen den Parteien bestanden habe.

Zum einen hat der Senat stets betont (vgl. statt vieler z.B. Senatsurteil vom 21. Januar 1987 - 7 AZR 265/85 - AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule), daß mit steigender Zahl der Befristungen und der Dauer der Beschäftigung die Anforderungen an den sachlichen Grund für die Befristung des (letzten) Arbeitsvertrages steigen. Diese Würdigung beruht nicht nur darauf, daß die schutzbedürftigen Interessen des Arbeitnehmers mit dem längeren Bestand seiner Betriebszugehörigkeit wachsen (vgl. im einzelnen z.B. Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 - 7 AZR 431/90 - AP Nr. 141 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), sondern auch darauf, daß sich die den vorangegangenen befristeten Arbeitsverträgen jeweils zugrunde liegende Prognose des Arbeitgebers, nach dem jeweils vorgesehenen Vertragsablauf werde kein Bedürfnis oder (etwa wegen des Fehlens von Haushaltsmitteln) keine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers mehr bestehen, mit steigender Zahl der befristeten Arbeitsverträge immer häufiger als letztlich unzutreffend herausgestellt hat und deshalb seine Prognose, jedenfalls diesmal werde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über das vorgesehene Vertragsende hinaus endgültig nicht mehr erforderlich oder nicht mehr möglich sein, einer verschärften Prüfung standhalten muß.

Zum anderen sind die Umstände, unter denen der Arbeitnehmer vor Abschluß des (letzten) Arbeitsvertrages beim Arbeitgeber beschäftigt war, in vielfacher Weise auch für das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Befristung des letzten Arbeitsvertrages bedeutsam. Angesichts des dem Tatsachenrichter bei der Prüfung des sachlichen Grundes zustehenden Beurteilungsspielraumes (vgl. statt vieler z.B. Senatsurteil vom 11. Dezember 1991 - 7 AZR 128/91 - AP Nr. 144 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 1 der Gründe) beschränkt sich der Senat hierzu auf den Hinweis, daß eine gleichartige Beschäftigung des Arbeitnehmers, für die in mehreren vorangegangen befristeten Arbeitsverträgen die Möglichkeit und das Bedürfnis des Arbeitgebers bestanden hat, eine strenge Darlegung des Arbeitgebers erfordert, weshalb bei Abschluß des (letzten) Arbeitsvertrages vorauszusehen gewesen sei, daß diese Beschäftigungsmöglichkeit gerade mit Ablauf dieses letzten Vertrages entfallen werde. Insbesondere im Entscheidungsfall wird das Landesarbeitsgericht daher sehr sorgfältig zu prüfen haben, ob die Beklagte bei Abschluß des Vertrages vom 22. August 1989 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit annehmen durfte, nach Ablauf der bis zum 31. Oktober 1990 vorgesehenen Mitarbeit des Klägers an dem im Arbeitsvertrag bezeichneten Forschungsvorhaben werde es kein Anschlußprojekt geben, dessen Finanzierung gesichert war und für dessen Durchführung der Kläger benötigt wurde.

4. Insgesamt ergibt sich damit, daß bei mehreren aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen die Dauer der Beschäftigung des Arbeitnehmers in vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnissen auch nach der neuen Rechtsprechung, nach der für die Frage des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nur die Wirksamkeit der letzten Befristung maßgeblich ist, sachgerecht berücksichtigt wird und deshalb ein Bedürfnis zur Heranziehung des Rechtsgedankens einer objektiven Umgehung der Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 SR 2y BAT nicht anerkannt werden kann. Abgesehen davon, daß sich bereits die insoweit übereinstimmende Auslegung dieser Vorschrift durch den Zweiten und Siebten Senat am Zweck der Vorschrift orientierte und deshalb bei Nichtanwendbarkeit der Vorschrift auf der Grundlage der von den Senaten vorgenommenen Auslegung für eine objektive Umgehung der Vorschrift wegen Vereitelung ihres Zwecks schon methodisch kein Raum mehr bleibt, ergeben sich aus der Protokollnotiz Nr. 2, aaO, keine von den Tarifvertragsparteien verfolgten Schutzzwecke, die über das Verbot des Abschlusses eines einzelnen für länger als fünf Jahre befristeten Arbeitsvertrages hinausreichen und deshalb die Unwirksamkeit der Befristung eines Zeitvertrages, der nur zusammen mit früheren Zeitverträgen die Fünfjahresgrenze überschreitet, aus dem Gesichtspunkt einer objektiven Umgehung der Vorschrift rechtfertigen könnten.

III. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben. Im erneuten Berufungsverfahren, in dem neuer Sachvortrag wieder uneingeschränkt zulässig ist, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Befristung des Arbeitsvertrages vom 22. August 1989 durch einen sachlichen Grund im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristungskontrolle gerechtfertigt war. Da sich das Landesarbeitsgericht mit dieser Prüfung überhaupt noch nicht befaßt hat, sieht der Senat davon ab, hierzu weitere Hinweise zu geben.

Dr. Seidensticker Schliemann Dr. Steckhan

Dr. Johannsen Dr. Klebe

 

Fundstellen

BB 1994, 718

BB 1994, 718-719 (LT1)

DB 1994, 1145-1146 (LT1)

NZA 1994, 258

NZA 1994, 258-260 (LT1)

ZTR 1994, 112-113 (LT1)

AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag (LT1), Nr 149

EzA § 620 BGB, Nr 121 (LT1)

EzBAT, SR 2y BAT Nr 41 (LT1)

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