Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist im Insolvenzplan. § 113 Satz 3 InsO

 

Leitsatz (redaktionell)

In einem Insolvenzplan kann materiell-rechtlich wirksam vereinbart werden, dass Gläubiger, die ihre Forderung angemeldet, aber nach Bestreiten innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach Bestandskraft des den Insolvenzplan bestätigenden Beschlusses des Amtsgerichts nicht im Klagewege weiterverfolgt haben, bei der Verteilung analog § 189 InsO nicht berücksichtigt werden.

 

Normenkette

InsO § 113 Sätze 2-3, §§ 189, 227 Abs. 1, § 254 Abs. 1, §§ 254b, 259a, 259b

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 03.07.2014; Aktenzeichen 5 Sa 226/14)

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 29.01.2014; Aktenzeichen 7 Ca 2120/13)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision im Übrigen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. Juli 2014 – 5 Sa 226/14 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Hilfsantrag zur Leistungsklage über 17.741,71 Euro sowie die Feststellungsanträge abgewiesen worden sind.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung über den Hilfsantrag zur Leistungsklage sowie zur Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ein Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO besteht, obwohl der Kläger diesen vom Sachwalter bestrittenen Anspruch nicht innerhalb der im Insolvenzplan festgelegten Frist klageweise weiterverfolgt hat.

Der Kläger war bei der Beklagten (vormals firmierend unter N GmbH), der späteren Schuldnerin, als Leiter Installation Region West beschäftigt. Arbeitsvertraglich war eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartal vereinbart. Auf das Arbeitsverhältnis fand nach Feststellung des Landesarbeitsgerichts der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden idF vom 1. April 2005 (künftig MTV) nach Maßgabe des Haustarifvertrags der Beklagten vom 12. April 2005 Anwendung. Danach galt für den Kläger eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende.

Am 1. Juni 2012 wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über das Vermögen der Beklagten eröffnet. In dem darstellenden Teil des Insolvenzplans sind unter B VI – Gruppenbildung – ua. als Gruppe 2 die Arbeitnehmer und als Gruppe 5 die Gläubiger mit Schadenersatzansprüchen wegen Nichterfüllung (§§ 103 ff. InsO) festgelegt. Im gestaltenden Teil des Plans ist unter C II 2 bzw. C II 5 eine Abfindungsquote von 70 % für die Gläubiger der Gruppe 2 bzw. von 22 % für die Gläubiger der Gruppe 5 vorgesehen. Unter C IV 4 – Allgemeine Regelungen – heißt es im Plan:

„…

  1. Soweit in diesem Insolvenzplan von der Forderung eines Gläubigers gesprochen wird, ist immer die einzelne zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung gemeint, unabhängig von dem Rechtsgrund.
  2. Teilweise oder vollständig bestrittene Forderungen werden durch eine Rückstellung wie festgestellte Forderungen behandelt, soweit ein Feststellungsrechtsstreit anhängig ist. Zu berücksichtigen sind diese Forderungen nur dann, wenn die Klage innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach Bestandskraft des den Insolvenzplan bestätigenden Beschlusses des Amtsgerichts anhängig gemacht wird. … Wird die Klage nicht rechtzeitig anhängig gemacht, so wird die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt (analoge Anwendung von § 189 InsO).
  3. Für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht bis zum Termin über die Beschlussfassung über den Insolvenzplan angemeldet haben, gilt lit. b) entsprechend. …

…”

Dieser mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 17. Juli 2012 bestätigte Insolvenzplan wurde am 31. Juli 2012 rechtskräftig. Mit Beschluss vom 6. August 2012 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben.

Am 11. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Frist des § 113 Satz 2 InsO zum 31. Oktober 2012. Bereits am 9. Juli 2012 hatte der Kläger eine Forderung von 34.378,00 Euro als „Gehalt gemäß § 113 InsO, Kündigung des Dienstverhältnisses – Kündigungszeit 6 Monate z.Q. … – 31.3.2013 …” zur Tabelle angemeldet. Diese Forderung bestritt der Sachwalter in voller Höhe, weil „das Arbeitsverhältnis derzeit ungekündigt” sei.

Der Kläger begehrt mit seiner am 16. Juli 2013 bei Gericht eingegangenen Klage den Ersatz des Verfrühungsschadens für die Zeit vom 1. November 2012 bis zum Ende der nach dem MTV maßgeblichen Kündigungsfrist am 31. März 2013. Mit der Leistungsklage verlangt er im Hauptantrag den Ersatz des in dieser Zeit entgangenen Entgelts in voller Höhe. Bei dem Hilfsantrag zur Leistungsklage setzt er das Arbeitslosengeld, das er zwischen dem 1. November 2012 und dem 31. März 2013 erhalten hat, ab und begehrt von dem verbleibenden Betrag 70 %, dh. die Quote der Gruppe 2.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei kein außertariflicher Angestellter gewesen, so dass der MTV auf das Arbeitsverhältnis Anwendung gefunden habe. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens sei die Leistungsklage zulässig. Die Ausschlussfrist des Insolvenzplans sei unwirksam. Der Gesetzgeber habe bei der Reform der Vorschriften zum Insolvenzplan eine Ausschlussfrist ausdrücklich verworfen. §§ 254, 254b, 259a, 259b InsO seien abschließend und zwingend.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 35.498,80 Euro brutto – hilfsweise 17.741,71 Euro brutto – nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
  2. festzustellen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 113 Satz 3 InsO in Höhe von 35.498,80 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hat;

    hilfsweise

    seinen Anspruch auf Zahlung von 35.498,80 Euro brutto – hilfsweise 17.741,71 Euro brutto – im Insolvenzverfahren über das Vermögen der N GmbH zur Insolvenztabelle festzustellen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Leistungsklage bereits unzulässig sei. Einzig zulässige Klageart für Insolvenzforderungen wie die Forderung nach § 113 Satz 3 InsO sei die Feststellungsklage. Jedenfalls fehle der Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis, wenn kein rechtskräftiges Feststellungsurteil vorliege. Der Kläger habe seinen Schadenersatzanspruch zu früh angemeldet und ihn zu spät eingeklagt. Die Ausschlussklausel im Insolvenzplan sei wirksam. Soweit der Kläger Forderungen nicht im Insolvenzplan angemeldet habe, seien diese zwischenzeitlich verjährt. Schließlich hat die Beklagte die Ansicht vertreten, der Kläger sei außertariflicher Angestellter gewesen. Darum sei nur der bis zum 28. Februar 2013 entgangene Verdienst zu ersetzen. Zudem gehöre der Kläger hinsichtlich der streitbefangenen Forderung zur Gruppe 5 der Gläubiger und könne von dem entstandenen Schaden nur 22 % beanspruchen. Unabhängig davon sei die Klage bereits deshalb abzuweisen, weil der Sachwalter den Schadenersatzanspruch zu Recht bestritten habe und die verfrühte Anmeldung nicht durch eine Neuanmeldung korrigiert worden sei.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Leistungsantrag als Hauptantrag und den Feststellungsantrag als Hilfsantrag verstanden. Die Leistungsklage hat es als zulässig, aber unbegründet angesehen. Der Kläger habe die wirksame Ausschlussfrist versäumt. Darum sei auch der Feststellungsantrag unbegründet.

Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

A. Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, dass der nach § 113 Satz 3 InsO zu ersetzende Verfrühungsschaden ungeachtet der im Insolvenzplan festgelegten Ausschlussfrist mit der Leistungsklage durchgesetzt werden kann, soweit die Klage mit dem Hilfsantrag zum Leistungsantrag auf die Planquote zielt. Insoweit unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann jedoch nicht ermittelt werden, in welcher Höhe der mit dem Hilfsantrag zur Leistungsklage verfolgte Anspruch tatsächlich besteht. Dazu bedarf es noch Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Höhe der tatsächlich erzielten bzw. erzielbaren anderweitigen Einkünfte und Ersparnisse des Klägers. Außerdem ist die Zuordnung des Klägers zu einer der im Insolvenzplan gebildeten Gruppen der Insolvenzgläubiger erforderlich. Der Rechtsstreit war daher insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Darüber hinaus ist bei sachgerechter Auslegung der Anträge der Feststellungsantrag als Hilfsantrag nicht zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und des Senats angefallen. Auch insoweit war das Urteil des Landesarbeitsgerichts daher aufzuheben.

I. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Begründung der Revision den gesetzlichen Anforderungen. Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe nicht beachtet, dass für die Wirksamkeit einer Ausschlussfrist im Insolvenzplan eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage erforderlich sei. Eine solche Grundlage bestehe vorliegend nicht. Sie ergebe sich nicht aus §§ 188, 189 InsO, weil sich diese Vorschriften nicht ausdrücklich auf eine Ausschlussfrist bezögen. Die Revision legt im Einzelnen dar, dass und warum sich der Entstehungsgeschichte der §§ 259a und 259b InsO der Wille des Gesetzgebers entnehmen lasse, in einem Insolvenzplan geregelte Ausschlussfristen seien unwirksam. Damit ist der aus Sicht der Revision vorliegende Rechtsfehler des angegriffenen Urteils hinreichend aufgezeigt. Im Hinblick darauf, dass das Revisionsgericht an die Revisionsgründe nicht gebunden ist, war eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den Gründen des angegriffenen Urteils nicht erforderlich (vgl. BAG in st. Rspr. seit 22. Januar 2009 – 6 AZR 78/08 – Rn. 10, BAGE 129, 170; zuletzt 31. Juli 2014 – 6 AZR 993/12 – Rn. 13).

II. Die Klage ist zulässig.

1. Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der Rüge der Beklagten den Klageanträgen zu Recht ein Rangverhältnis von Haupt- und Hilfsantrag entnommen, ohne dabei § 308 Abs. 1 ZPO zu verletzen. Insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 19. November 2015 (– 6 AZR 559/14 – Rn. 15 ff.).

2. Die Leistungsklage ist zulässig. Das hat der Senat in seiner Entscheidung vom 19. November 2015 (– 6 AZR 559/14 – Rn. 21) ausgeführt und nimmt darauf Bezug.

III. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Schadenersatzanspruch sei verfallen, weil der Kläger die Ausschlussfrist des Plans nicht gewahrt habe. Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, dass die Ausschlussfrist in C IV 4 b des Plans nur die Verteilung auf der Grundlage des Insolvenzplans betrifft und deshalb der Klage auf Zahlung der Quote, die für Forderungen auf Schadenersatz nach § 113 Satz 3 InsO im Plan festgeschrieben ist, nicht entgegensteht. Insoweit ist die Revision hinsichtlich des Hilfsantrags zur Leistungsklage begründet. Diesbezüglich nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 19. November 2015 (– 6 AZR 559/14 – Rn. 22 ff.) Bezug.

IV. Die Revision greift auch mit Erfolg die Abweisung des Feststellungsantrags durch das Landesarbeitsgericht an. Dieser ist nicht zur Entscheidung angefallen. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen in Rn. 28 in seinem Urteil vom 19. November 2015 im Verfahren – 6 AZR 559/14 – Bezug, in dem eine gleichlautende Antragstellung vorlag.

V. Die Abweisung der Leistungsklage hinsichtlich des mit der Leistungsklage bezifferten Hilfsantrags erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die angefochtene Entscheidung war daher im Umfang des Erfolgs der Revision aufzuheben.

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der MTV Anwendung findet. Dagegen erhebt die Beklagte keine Gegenrüge. Damit steht ungeachtet des Streits der Parteien in den Tatsacheninstanzen über den Status des Klägers als leitender Angestellter für den Senat bindend fest, dass die Kündigungsfrist sechs Monate zum Quartal betrug und der Schaden darum für die Zeit vom 1. November 2012 bis zum 31. März 2013 zu berechnen ist.

2. Die Klage scheitert weder daran, dass der Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO bereits vor Erklärung der Kündigung und damit verfrüht angemeldet worden ist, noch steht § 255 InsO einer Durchsetzbarkeit der Forderung ohne vorherige Feststellungsklage entgegen, soweit der Kläger mit dem Hilfsantrag zur Leistungsklage lediglich die Planquote begehrt. Der Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO ist auch nicht verfallen, obwohl der Kläger ihn erst am 20. März 2013 und damit nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 18.1.2 MTV geltend gemacht hat. Schließlich ist der Anspruch aus § 113 Satz 3 InsO auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Parteien das Arbeitsverhältnis durch Vergleich im Kündigungsschutzprozess zum 31. Oktober 2012 beendet hätten. Die Parteien haben dadurch keinen neuen, eigenständigen Beendigungstatbestand geschaffen, der die Kündigung gegenstandslos machte. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 19. November 2015 (– 6 AZR 559/14 – Rn. 30 ff.) Bezug.

VI. Der Rechtsstreit ist, soweit die Revision hinsichtlich der Abweisung des Hilfsantrags zur Leistungsklage Erfolg hat, nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Senat kann weder die Höhe der Planquote noch die Höhe des dem Kläger zu ersetzenden Schadens ermitteln.

1. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Frage getroffen, ob der Kläger den Gläubigern der Gruppe 2 oder denen der Gruppe 5 zuzuordnen ist. Es wird insoweit den Plan auszulegen haben. Dabei wird es den Parteien Gelegenheit geben müssen, zum individuellen Verständnis der Planersteller, das gemäß §§ 133, 157 BGB maßgeblich ist, vorzutragen (vgl. BGH 7. Mai 2015 – IX ZB 75/14 – Rn. 26).

2. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen zur Höhe des Schadenersatzanspruchs nach § 113 Satz 3 InsO getroffen.

a) Das Landesarbeitsgericht wird zunächst das berücksichtigungsfähige Bruttomonatsentgelt festzustellen haben, um den zu ersetzenden Verdienstausfall zu ermitteln.

aa) Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass § 113 Satz 3 InsO den Verdienstausfall des Arbeitnehmers ausgleichen und ihn so stellen will, wie er ohne das Insolvenzverfahren bei Anwendung der für ihn maßgeblichen Regelungen stünde (BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 301/12 – Rn. 22, BAGE 147, 267). Nach der für alle Fälle des Verdienstausfalls anwendbaren Bruttolohnmethode ist bei der Schadensberechnung vom entgangenen Bruttoverdienst auszugehen. Dabei sind alle Entgeltbestandteile, also auch etwaige Zulagen, Boni, Sonderzahlungen, Provisionen und das dem Kläger gezahlte anteilige Urlaubsgeld einzubeziehen (vgl. Giesen in Jaeger InsO § 113 Rn. 129; HK-InsO/Linck 7. Aufl. § 113 Rn. 31; MüKoInsO/Caspers 3. Aufl. § 113 Rn. 32).

bb) Entgegen der Annahme der Beklagten ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Prüfung nicht daran gebunden, dass das Arbeitsgericht davon ausgegangen ist, das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt des Klägers habe zuletzt 6.875,60 Euro brutto betragen, und dabei das dem Kläger unstreitig gezahlte zusätzliche Urlaubsgeld nicht berücksichtigt hat. Das Berufungsgericht ist ungeachtet der Reform durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreformgesetz – ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) weiterhin (auch) Tatsachengericht. Es hat deshalb das Urteil der Vorinstanz auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseitigen (BAG 12. September 2013 – 6 AZR 121/12 – Rn. 12 f.). An Tatsachenfeststellungen des Arbeitsgerichts, die im Widerspruch zum Akteninhalt stehen, ist es dabei nicht gebunden.

b) Sodann wird das Landesarbeitsgericht Ersparnisse, die dem Kläger durch die Kündigung zum 31. Oktober 2012, zum Beispiel durch den Wegfall von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen oder Aufwendungen für die Fahrt zur Arbeit, entstanden sind, im Wege des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen haben (BAG 8. August 2002 – 8 AZR 574/01 – zu II 2 b hh der Gründe). Dabei hat die Beklagte als Schädigerin darzulegen, welche Vorteile sich der Kläger ihrer Auffassung nach anrechnen lassen muss, wobei der Kläger dartun muss, welche steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Oktober 2012 gehabt hat (vgl. BGH 15. November 1994 – VI ZR 194/93 – zu II 1 a der Gründe, BGHZ 127, 391).

c) Auf den so ermittelten Schaden muss sich der Kläger nach den Grundsätzen des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB Einkommen, das er anderweitig erzielt hat oder hätte erzielen können, anrechnen lassen (Giesen in Jaeger InsO § 113 Rn. 142; Zwanziger Arbeitsrecht der Insolvenzordnung 5. Aufl. § 113 Rn. 41). Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitskraft zur Minderung des nach § 113 Satz 3 InsO zu ersetzenden Verdienstausfalls einzusetzen. Fiktive Einkünfte sind allerdings nur dann anzusetzen, wenn die unterlassene Erwerbstätigkeit dem Arbeitnehmer zumutbar war und ihm bei entsprechender Anstrengung nach der Arbeitsmarktlage die Aufnahme einer Tätigkeit auch gelungen wäre (vgl. BGH 26. September 2006 – VI ZR 124/05 – Rn. 9; 19. Juni 1984 – VI ZR 301/82 – zu II 3 a der Gründe, BGHZ 91, 357). § 615 Satz 2 BGB findet dagegen auf den Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO keine Anwendung (HK-InsO/Linck 7. Aufl. § 113 Rn. 32; Zwanziger aaO). Darüber hinaus sind gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auch Leistungen der Sozialversicherung wie Arbeitslosengeld I, Krankengeld oder Renteneinkünfte anzurechnen (HK-InsO/Linck aaO).

VII. Dagegen ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, soweit der Senat die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Abweisung des Feststellungsantrags aufgehoben hat. Dieser Antrag ist, wie ausgeführt, nicht angefallen und fällt dem Landesarbeitsgericht auch nach der Zurückverweisung nicht an.

B. Die Revision ist unbegründet, soweit der Kläger mit dem Hauptantrag zur Leistungsklage den vollen Ersatz des bis zum Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist am 31. März 2013 entgangenen Entgelts beansprucht, ohne zu berücksichtigen, dass die von ihm anderweitig erzielten bzw. erzielbaren Einkünfte und Ersparnisse nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den Schaden anzurechnen sind und die Forderung durch den Plan erlassen ist, soweit sie die Planquote übersteigt. Die Forderung ist insoweit auch nicht nach § 255 InsO wiederaufgelebt. Die Leistungsklage wurde deshalb hinsichtlich des Hauptantrags im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zur Begründung nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Urteil vom 19. November 2015 (– 6 AZR 559/14 – Rn. 50 f.) Bezug.

C. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

 

Unterschriften

Fischermeier, Spelge, Krumbiegel, Wollensak, W. Kreis

 

Fundstellen

Dokument-Index HI9154061

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