Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Übung. Gleichbehandlungsgrundsatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Will der Arbeitgeber im Einzelfall bestimmte Mitglieder einer grundsätzlich begünstigten Gruppe von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ausnehmen, so muss er in einer allgemeinen Ordnung die Voraussetzungen festlegen, nach denen sich die Entscheidung richten soll. Dabei müssen die Voraussetzungen nach sachgerechten und objektiven Merkmalen bestimmt und abgestuft werden. Nur in diesem Rahmen steht dem Arbeitgeber in der Auswahl der Bedingungen ein Ermessensspielraum offen.

2. Nicht objektive oder nicht hinreichend bestimmte Ermessenskriterien sind unverbindlich. Sie sind mit den Anforderungen, die der Gleichbehandlungsgrundsatz stellt, nicht zu vereinbaren.

 

Orientierungssatz

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es dem Arbeitgeber nicht, einzelne Mitglieder einer grundsätzlich begünstigten Gruppe von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auszunehmen.

2. Will der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer aus dem Kreise der Begünstigten herausnehmen, so muss er in einer allgemeinen Ordnung die Voraussetzungen festlegen, nach denen sich die Entscheidung richten soll. Dabei müssen die Kriterien nach sachgerechten und objektiven Merkmalen bestimmt und abgestuft werden. Nur in diesem Rahmen steht dem Arbeitgeber in der Auswahl der Leistungsbedingungen ein Ermessensspielraum offen (s. Leitsatz 1).

3. Nicht hinreichend bestimmte Ermessenskriterien sind unverbindlich. Sie sind mit den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu vereinbaren (s. Leitsatz 2).

 

Normenkette

BetrAVG § 1b Abs. 1 S. 4

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 01.07.2005; Aktenzeichen 6 Sa 1/05)

ArbG Hamburg (Urteil vom 17.08.2004; Aktenzeichen 5 Ca 534/01)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. Juli 2005 – 6 Sa 1/05 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hat.

Die Beklagte, ein Unternehmen der Versicherungswirtschaft, unterhält ihre Hauptorganisation (HO) an ihrem Sitz in H… Unterhalb dieser Ebene sind die Landesdirektionen (LD – früher: Organisationsbereiche – OB –) angesiedelt. Hierzu gehört ua. die Landesdirektion M…/N… mit Sitz in M… Wiederum unterhalb der Landesdirektionen finden sich die Geschäftsstellen (GST – früher: Filialdirektionen). Zur Landesdirektion M…/N… gehören die Geschäftsstellen M…, W…, I…, R…, K… und A….

Der am 3. Oktober 1942 geborene Kläger wurde von der Beklagten im Jahre 1973 eingestellt. Zum 1. Mai 1987 übernahm er zunächst die kommissarische Leitung der Filialdirektion K…. Zum 1. Mai 1989 wurde er Leiter dieser Filialdirektion. Mit Wirkung zum 1. Oktober 1991 wurde ihm die Leitung der Filialdirektion A… – Geschäftsstelle Nr. 131 – übertragen.

Am 26./27. November 1985 hatte in H… eine Gesamtsprechertagung der leitenden Angestellten des Außendienstes der Beklagten stattgefunden, zu denen seinerzeit auch die Geschäftsstellenleiter gezählt wurden. In dem hierüber erstellten Tagungsprotokoll heißt es auszugsweise:

“Herr Ku … und erstattete Bericht über die geführten Gespräche mit dem Vorstand.

1. Eine generelle Änderung der Pensionszusagen und -erhöhungen wurde wie folgt erreicht:

3 Kriterien:

a)

Produktionssteigerung

b)

Kostensatz unter dem Kostensatz aller Filialen und Bereiche der jeweiligen Organisation (incl. FL-/OBL-Bezüge ohne SK).

c)

Storno – besser als der Durchschnitt aller Filialen und Bereiche der jeweiligen Organisation.

Je erreichtem Kriterium wird ein Punkt vergeben (maximal je Jahr 3 Punkte).

Bewertungszeitraum: 3 zurückliegende Jahre – rollierend. Von 9 möglichen Punkten müssen mindestens 5 Punkte erreicht werden, wobei im Bewertungszeitraum jedes Kriterium mit mindestens 1 Punkt belegt sein muß.”

Am 28. und 29. Juni 1995 fand eine Sitzung von Mitgliedern des Gesamtbetriebsrats und der Organisationsabteilung der Beklagten statt. Der Kläger nahm an dieser Sitzung auf Seiten des Gesamtbetriebsrats in beratender Funktion teil. Über die Sitzung wurde von der Zeugin An unter dem 10. Juli 1995 ein Protokoll erstellt. Hier heißt es unter “IV. Pensionszusage für die GSTL”:

“In der Anlage sind die Regularien für die Erteilung bzw. Erhöhung einer Pensionszusage aufgeführt:

Anlage 1: Gegenüberstellung der heute gültigen Pensionsregelung und dem Vorschlag für die modifizierte Regelung

Anlage 2: Voraussetzungen für die Erteilung einer Pensionserstzusage und Aufstellung der Leistungskriterien”.

In der Tabelle der “Anlage 1” zum Protokoll findet sich zur damaligen Regelung der Eingangsstufe für die Pensionszusage die folgende Angabe:

“DM 600,--, Erteilung frühestens nach 3-jähriger Leitertätigkeit möglich (nur volle Produktionsjahre werden berücksichtigt), sofern Erfüllung der Kriterien (Produktion, Storno und Kosten) vorliegt.”

Die Anlage 2 lautet auszugsweise:

“II. Für die Erteilung von Pensions-Erstzusagen und -Erhöhungen gelten folgende “Kriterien”:

a) Steigerung der Produktion der Geschäftsstelle (…)

b) Der Stornosatz (UG in % zu BG) der Geschäftsstelle muß niedriger sein, als der Stornosatz aller Neugeschäftsstellen der Organisation.

c) Der Kostensatz (äußere additive Abschlusskosten incl. Sozial- und Leiterkosten) der Geschäftsstelle muß niedriger sein, als der Kostensatz aller Neugeschäftsstellen der Organisation.

Bei Erfüllung von 5 der 9 möglichen “Kriterien” wird i.d.R. eine Pensionszusage bzw. Anhebung vorgenommen. Jedes “Kriterium” a) bis c) muß mindestens einmal erfüllt sein, wobei im letzten Betrachtungsjahr mindestens 2 Kriterien erfüllt sein müssen.

Betrachtungszeitraum: Die zum Zeitpunkt der Überprüfung zurückliegenden drei vollen Produktionsjahre.

…”

Im Jahr 1997 kam es zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Neugestaltung der Außendienstverträge mit Wirkung zum 1. April 1997. Die “Anlage 3 zum Nachtrag Nr. 19 zur Betriebsvereinbarung über die Gestaltung der Außendienst-Verträge (Filialleiter)” enthält eine “Pensionsregelung für Filialleiter”. Diese sieht unter Ziff. I. 2. als Höchstalter für die Erteilung der Pensionszusage das 55. Lebensjahr vor.

Bereits mit Schreiben vom 25. April 1996 hatte der Kläger seinen Vorgesetzten, den Direktor der Landesdirektion M…/N…, Herrn Hi…, um Überprüfung der Erteilung einer Pensionszusage gebeten. Mit Schreiben vom 9. Mai 1996 äußerte sich die Beklagte gegenüber Herrn Hi… im Hinblick auf die Anfrage des Klägers wie folgt:

“Unsere Überprüfung der Geschäftsergebnisse der G 131 hat ergeben, dass Herr V… die Kriterien für die Erteilung einer Pensionszusage nicht erfüllen konnte, da es ihm nicht gelungen ist, mit dem Kostensatz der G 131 den durchschnittlichen Filialkostensatz aller Geschäftsstellen der HO zu unterschreiten.

Die durchschnittlichen Filialkostensätze der Jahre 1993 bis 1995 sind der nachstehenden Aufstellung zu entnehmen:

1993

DM 66,68 je NG

1994

DM 64,50 je NG

1995

DM 70,76 je NG

Bitte informieren Sie Herrn V… über diesen Sachverhalt.”

Dem Schreiben beigefügt war ein Blatt “Pensionsüberprüfung 1996”, in dem die einzelnen Zahlen zu Produktion, Storno und Kosten für die Jahre 1993, 1994 und 1995 für die G 131 wie folgt aufgelistet waren:

“Produktion

NG

Stg. in %

Kriterium erfüllt?

1993

20.807,16

– 1,27

nein

1994

19.959,72

6,67

ja

1995

24.035,42

20,40

ja

Storno (S1 in %)

Durchschnitt *1

GST

Kriterium erfüllt?

1993

10,11

8,21

ja

1994

10,84

9,80

ja

1995

11,67 *2

11,66

ja

Kosten (ÄAK DM je NG)

Durchschnitt *1

GST

Kriterium erfüllt?

1993

66,68

78,23

nein

1994

64,50

75,82

nein

1995

70,76

72,06

nein

*1 Durchschnitt aller Geschäftsstellen der Organisation, ohne OL- und Landesdirektionsgeschäftsstellen

*2 S1 ab 1995 = (UG + WG – WG/WZA) in % zu (BG + WG – WG/WZA)”

Mit Schreiben vom 27. Oktober 1998 bat der Kläger den Gesamtbetriebsrat, die Angelegenheit seiner Pensionszusage an geeigneter Stelle zu klären. Unter dem 4. Dezember 1998 erläuterte die Beklagte gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dass sie an der Auffassung festhalte, dass dem Kläger eine Pensionszusage nicht zustehe. In dem Schreiben heißt es zur Begründung ua. wie folgt:

“Die von Herrn V… vertretene Auffassung, wonach als Vergleich der Kostensatz der HO einschließlich der Kooperationspartner zugrunde gelegt wurde, trifft nicht zu. Auch zum damaligen Zeitpunkt wurde der Kostensatz um die Landesdirektions- und Kooperationsgeschäftsstellen bereinigt. …”

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete auf Grund eines Aufhebungsvertrages vom 27./28. Dezember 2000 mit Ablauf des 31. März 2001. Mit Bescheid vom 30. Januar 2003 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Wirkung zum 1. Dezember 2002.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe sowohl auf Grund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes als auch auf Grund betrieblicher Übung Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung. Während der Tätigkeit seines Vorgesetzten Hi… sei sämtlichen unter dessen Leitung stehenden Geschäftsstellenleitern – bis auf ihn und einen Geschäftsstellenleiter, der noch nicht lange genug dabei gewesen sei – eine Versorgungszusage erteilt worden. Konkret habe es sich um den Leiter der Geschäftsstelle I…, Herrn Hil…, den Leiter der Geschäftsstelle R…, Herrn B…, den Leiter der Geschäftsstelle M…, Herrn E… und den Leiter der Geschäftsstelle W…, Herrn L… gehandelt. Dass bei der Beklagten eine entsprechende betriebliche Übung existiert habe, folge sowohl aus dem Protokoll der Gesamtsprechertagung von November 1985 als auch aus dem Protokoll der Sitzung vom 28./29. Juni 1995. Er habe die in den Protokollen erwähnten Kriterien in den Jahren 1993 bis 1995 erfüllt, insbesondere sei der Kostensatz in seiner Geschäftsstelle im Jahre 1995 niedriger gewesen als der durchschnittliche Kostensatz aller Neugeschäftsstellen der Organisation. Zu den Neugeschäftsstellen der Organisation zählten nämlich auch die Landesdirektionsgeschäftsstellen. Die Kosten seiner Geschäftsstelle (72,06 Euro) seien mit dem Durchschnitt der Kosten aller Geschäftsstellen ohne Kooperationsgeschäftsstellen (72,94 Euro) zu vergleichen und damit niedriger gewesen.

Der Kläger hat zuletzt – soweit für die Revision von Bedeutung – sinngemäß beantragt,

1. festzustellen, dass er gegenüber der Beklagten Anspruch auf Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung iHv. monatlich 279,68 Euro brutto hat;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.593,60 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 279,68 Euro seit dem 1. Juni 2003, dem 1. Juli 2003, dem 1. August 2003, dem 1. Oktober 2003, dem 1. November 2003, dem 1. Dezember 2003, dem 1. Januar 2004, dem 1. Februar 2004, dem 1. März 2004, dem 1. April 2004, dem 1. Mai 2004, dem 1. Juni 2004, dem 1. Juli 2004, dem 1. August 2004.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat zunächst behauptet, vor Abschluss der Betriebsvereinbarung habe sie Versorgungszusagen lediglich im Rahmen freiwilliger Einzelentscheidungen in den Fällen erteilt, in denen sie es nach freiem Ermessen für angemessen gehalten habe, das herausragende Geschäft der betreffenden leistungsstarken und erfolgreichen Außendienstführungskräfte anzuerkennen und sie dadurch für die Zukunft zu motivieren. Sodann hat sie vorgetragen, hinsichtlich der Erteilung von Versorgungszusagen sei es immer auf die subjektive Entscheidung (“Befürwortung”) durch den jeweiligen Orga-Leiter angekommen. Die Erfüllung von fünf der neun Kriterien iSd. Anlage 2 sei lediglich eine Mindestvoraussetzung für die Pensionszusage gewesen. Selbst wenn ein Geschäftsstellenleiter diese Voraussetzungen erfüllt habe, habe dies nicht bedeutet, dass ihm eine Pensionszusage auch erteilt worden wäre. Dies sei vielfach nicht der Fall gewesen. Keine Chance auf eine Pensionszusage habe ein Geschäftsstellenleiter beispielsweise gehabt, wenn dem Erreichen der Kriterien ein erhebliches Verfehlen anderer Kriterien gegenübergestanden habe. Auch wenn der jeweilige Orga-Leiter den Eindruck gehabt habe, dass eine Produktionssteigerung nicht auf Verdienste des Geschäftsstellenleiters zurückzuführen war, sei eine Pensionszusage nicht erteilt worden. Eine verbindliche Regelung für die Erteilung von Pensionszusagen habe es vor dem Abschluss der Betriebsvereinbarung im Jahre 1997 auch deshalb nicht geben können, weil sie, die Beklagte, mit solchen Regelungen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 BetrVG verletzt hätte. Abgesehen davon, dass es für eine betriebliche Übung an dem notwendigen Zeitmoment fehle, habe der Kläger bereits die in den Protokollen genannten drei Grundkriterien nicht erfüllt. Das Kriterium des Kostensatzes sei dahin zu verstehen, dass nur derjenige Geschäftsstellenleiter berücksichtigt werde, der mit seiner Filiale für den genannten Zeitraum den absolut besten Kostensatz erzielt habe. Bei der Ermittlung eines durchschnittlichen Kostensatzes seien sowohl die Kosten der Kooperationspartner als auch die Kosten der Geschäftsstellen der Landesdirektionen herauszurechnen. Im Übrigen hat die Beklagte gegenüber den Forderungen des Klägers die Einrede der Verjährung erhoben.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer durch Beschluss des Senats vom 27. Februar 2007 (– 3 AZN 826/05 –) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Bei der Beklagten bestand zwar eine betriebliche Übung dahingehend, dass Geschäftsstellenleiter bei Erreichen bestimmter Kennzahlen in den drei Kategorien Produktion, Storno und Kosten über einen Zeitraum von drei Jahren einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage hatten. Allerdings kann auf Grund des bisherigen Vortrags der Parteien und der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entschieden werden, ob der Kläger überhaupt die Voraussetzungen für die Erteilung der Pensionszusage erfüllte, so dass der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen war (§ 563 Abs. 1 ZPO).

I. Bei der Beklagten bestand eine bundesweite betriebliche Übung dahingehend, dass den Geschäftsstellenleitern eine Versorgungszusage erteilt wurde, die die Kriterien in den Kategorien Produktion, Storno und Kosten entsprechend dem Protokoll der Gesamtsprechertagung vom 26./27. November 1985 und dem Protokoll über die Sitzung vom 10. Juli 1995 (Punkt IV. “Pensionszusage für die GSTL” nebst Anlagen 1 und 2) erfüllten.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die betriebliche Übung ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestaltet und geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen durften, ihnen werde die Leistung auch künftig gewährt (zB BAG 31. Juli 2007 – 3 AZR 189/06 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 79, zu B II der Gründe; 16. Juli 1996 – 3 AZR 352/95 – AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 7 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 1, zu B I und II der Gründe). Auch Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung können durch betriebliche Übung begründet werden. Im Bereich des Betriebsrentenrechts ist die betriebliche Übung als Rechtsquelle vom Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Ob eine betriebliche Übung zustande gekommen ist und welchen Inhalt sie hat, unterliegt dabei der vollen revisionsgerichtlichen Überprüfung (BAG 31. Juli 2007 – 3 AZR 189/06 – aaO, zu B I der Gründe; 28. Juni 2006 – 10 AZR 385/05 – BAGE 118, 360, zu II 2d aa der Gründe mwN unter Aufgabe der früheren Rspr., zB 16. Januar 2002 – 5 AZR 715/00 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37, zu I 3 der Gründe).

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist von der oben beschriebenen betrieblichen Übung auszugehen. Der Kläger, den für das Bestehen einer anspruchsbegründenden, auch ihn erfassenden betrieblichen Übung die Darlegungs- und Beweislast traf (vgl. BAG 12. Juni 1990 – 3 AZR 166/89 – AP BetrAVG § 1 Nr. 25 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 57, zu I 2 der Gründe; 29. Oktober 1985 – 3 AZR 462/83 – AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 2 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 38, zu B II der Gründe), hat ausreichende Anhaltspunkte für die von ihm behauptete betriebliche Übung vorgetragen. Dies betrifft insbesondere den Inhalt des Protokolls über die Gesamtsprechertagung vom 26./27. November 1985 sowie des Protokolls vom 10. Juli 1995 über die Sitzung vom 28./29. Juni 1995. Beide Protokolle geben die Voraussetzungen wieder, unter denen den Geschäftsstellenleitern regelmäßig eine Pensionszusage erteilt wurde. Dabei stimmen die Voraussetzungen ihrem Inhalt nach mit den vom Kläger für die Ereilung einer Pensionszusage angeführten Voraussetzungen überein. Bedeutung kommt ferner dem Umstand zu, dass sämtlichen vom Kläger benannten anderen Geschäftsstellenleitern der Landesdirektion M…/N… tatsächlich Versorgungszusagen erteilt worden waren und dass der Anspruch des Klägers ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 9. Mai 1996 an Herrn Hi… lediglich daran scheitern sollte, dass es ihm nicht gelungen sei, mit dem Kostensatz der G 131 den durchschnittlichen Filialkostensatz aller Geschäftsstellen der HO zu unterschreiten.

Dem hierdurch vermittelten Eindruck einer betrieblichen Übung ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Im Gegenteil, sie hat mit ihren Ausführungen, hinsichtlich der Erteilung von Versorgungszusagen sei es immer auf die subjektive Entscheidung (“Befürwortung”) durch den jeweiligen Orga-Leiter angekommen, die Erfüllung von fünf der neun Kriterien iSd. Anlage 2 sei lediglich eine Mindestvoraussetzung für die Pensionszusage gewesen, nicht in jedem Fall sei dann auch die Pensionszusage erteilt worden, die betriebliche Übung selbst eingeräumt. Danach wurden Versorgungszusagen regelmäßig erteilt, wenn die Kriterien in den Kategorien Produktion, Storno und Kosten entsprechend der Ziff. II. der Anlage 2 zu Pkt. IV. “Pensionszusage für die GSTL” des Protokolls über die Sitzung vom 10. Juli 1995 erfüllt wurden. An ihrem Vorbringen, vor Abschluss der Betriebsvereinbarung habe sie Versorgungszusagen lediglich im Rahmen freiwilliger Einzelentscheidungen nur in den Fällen erteilt, in denen sie es nach freiem Ermessen für angemessen gehalten habe, das herausragende Geschäft der betreffenden leistungsstarken und erfolgreichen Außendienstführungskräfte anzuerkennen und sie dadurch für die Zukunft zu motivieren, hat die Beklagte danach letztlich nicht mehr festgehalten.

3. Soweit die Beklagte nunmehr geltend macht, von der oben angeführten Regel habe es auch Ausnahmen gegeben, die in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien seien lediglich Mindestvoraussetzungen gewesen, letztlich habe die Entscheidung im Ermessen der jeweiligen Orga-Leiter gestanden, kann sie hieraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dabei kann offenbleiben, ob derartige Ausnahmen tatsächlich gemacht wurden; insoweit hat die Beklagte nicht im Ansatz substantiiert vorgetragen, wem – aus welchem Grunde – eine Pensionszusage erteilt wurde und wem sie – mit welcher Begründung – trotz Erfüllens der “Mindestvoraussetzungen” nicht erteilt wurde. Der Vortrag der Beklagten, sie habe trotz Erfüllung der Voraussetzungen keine Versorgungszusage erteilt, wenn dem ein “erhebliches Verfehlen anderer Kriterien” gegenübergestanden habe und wenn der jeweilige Orga-Leiter den Eindruck gehabt habe, eine Produktionssteigerung sei nicht auf Verdienste des Geschäftsstellenleiters zurückzuführen, ist unerheblich. Diese Kriterien für die Ermessensausübung entsprechen wegen Verstoßes gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht billigem Ermessen und sind deshalb unverbindlich.

a) Es ist anerkannt, dass der Arbeitgeber bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen – und hierzu gehören Leistungen der betrieblichen Altersversorgung – einen von den Gerichten zu respektierenden Gestaltungs- bzw. Ermessensspielraum hat (BAG 22. Dezember 1970 – 3 AZR 52/70 – AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 2, zu II 3a der Gründe; 18. September 2001 – 3 AZR 656/00 – BAGE 99, 53, zu 2a der Gründe). Das bedeutet allerdings nicht, dass die Leistung in das freie Belieben bzw. freie Ermessen des Arbeitgebers gestellt wäre; seine Entscheidungen müssen billig und gerecht sein. Insbesondere müssen die Leistungsvoraussetzungen dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung tragen, sofern – wie hier – die Entscheidung über die Begünstigung nicht unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall (zu den Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes vgl. BAG 13. Februar 2002 – 5 AZR 713/00 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 184 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 87, zu II 1 der Gründe) erfolgt.

Der von der Beklagten zu beachtende Grundsatz der Gleichbehandlung verbot es ihr zwar nicht ohne Weiteres, einzelne Geschäftsstellenleiter von den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auszuschließen. Allerdings durfte sie bei der Frage, wem eine Pensionszusage erteilt wurde, nicht nach Gutdünken verfahren oder nach nicht sachgerechten oder nicht bestimmbaren Kriterien. Vielmehr hätte sie, wollte sie die Pensionszusagen nicht allen Geschäftsstellenleitern erteilen, in einer allgemeinen Ordnung die Voraussetzungen festlegen müssen, nach denen sich die Entscheidung richten sollte. Dabei hätte sie diese Voraussetzungen nach sachgerechten und objektiven Merkmalen bestimmen und abstufen müssen. Nur in diesem Rahmen stand ihr in der Auswahl der Bedingungen ein weiter Ermessensspielraum offen (BAG 22. Dezember 1970 – 3 AZR 52/70 – AP BGB § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 2, zu II 3a der Gründe). Daran fehlt es hier.

b) Das Kriterium “kein erhebliches Verfehlen anderer Kriterien” ist mangels hinreichender Bestimmtheit nicht verbindlich. Es fehlt an jeglichem Maßstab dafür, wann von einem erheblichen Verfehlen auszugehen ist. Bei dem Kriterium, dass der jeweilige Orga-Leiter nicht den Eindruck hatte, dass eine Produktionssteigerung nicht auf Verdienste der Geschäftsstellenleiter zurückzuführen war, handelt es sich von vornherein nicht um ein objektives Kriterium. Bei beiden Kriterien kann von den Gerichten im Streitfall also nicht überprüft werden, ob die Entscheidungen der Beklagten in der Sache letztlich billig und gerecht sind. Beide Kriterien überlassen der Beklagten vielmehr einen gerichtlich nicht kontrollierbaren Auswahlspielraum. Dies ist mit den Anforderungen, die der Gleichbehandlungsgrundsatz stellt, nicht zu vereinbaren.

4. Die Revision rügt zu Unrecht, das Landesarbeitsgericht habe im Rahmen der Prüfung des Bestehens einer betrieblichen Übung das nach der Rechtsprechung erforderliche Zeitmoment nicht berücksichtigt. Eine betriebliche Praxis der Gewährung von Vorteilen an die Arbeitnehmer verdichtet sich erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einer betrieblichen Übung. So wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation auf Grund betrieblicher Übung erst bei mindestens dreimaliger vorbehaltloser Gewährung der Leistung erworben (vgl. BAG 4. Mai 1999 – 10 AZR 290/98 – BAGE 91, 283, zu II 1 der Gründe mwN). Im Hinblick auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hat der Senat jedenfalls eine Gewährung über einen Zeitraum von fünf bzw. acht Jahren für ausreichend erachtet (vgl. BAG 23. April 1963 – 3 AZR 173/62 – BAGE 14, 174; 30. Oktober 1984 – 3 AZR 236/82 – BAGE 47, 130). Dabei tritt die bindende Wirkung einer betrieblichen Übung auch gegenüber dem Arbeitnehmer ein, der zwar unter der Geltung der Übung im Betrieb gearbeitet, selbst jedoch die Vergünstigung noch nicht erhalten hat, weil er die nach der Übung vorausgesetzten Bedingungen noch nicht erfüllte (vgl. BAG 5. Februar 1971 – 3 AZR 28/70 – BAGE 23, 213, zu I 3 der Gründe; 5. Juli 1968 – 3 AZR 134/67 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 6, zu I 1 der Gründe).

Der Kläger, der bereits seit 1973 bei der Beklagten beschäftigt war, hat durch Vorlage des Protokolls der Gesamtsprechertagung von November 1985 dargelegt, dass die Regelungen über die Gewährung der in Rede stehenden Pensionszusagen zumindest seit dem Jahre 1985 zur Anwendung kamen. Er selbst erfüllte spätestens mit seiner Ernennung zum Leiter der Filialdirektion K… zum 1. Mai 1989 die persönlichen Voraussetzungen für die Pensionszusage. Soweit er sich darauf beruft, am Ende des Jahres 1995 sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Pensionszusage erfüllt zu haben, so war jedenfalls zu dem Zeitpunkt das Zeitmoment erfüllt.

5. Einem etwaigen Anspruch des Klägers aus betrieblicher Übung steht nicht entgegen, dass die Beklagte vor dem Jahre 1997 die Erteilung der Pensionszusage nicht durch Betriebsvereinbarung und damit unter Umständen unter Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats geregelt hat.

Hat sich – wie hier – der Arbeitgeber verpflichtet, selbst Versorgungsleistungen zu erbringen, so ergibt sich das Recht des Betriebsrats, bei der Regelung von Fragen der betrieblichen Altersversorgung mitzubestimmen, aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Dabei ist allerdings zu unterscheiden zwischen den mitbestimmungsfreien unternehmerischen Grundentscheidungen und der konkreten Ausgestaltung der Leistungsordnung, die ihrerseits mitbestimmungspflichtig ist. Zwar ist die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er überhaupt eine betriebliche Altersversorgung gewährt, welche Mittel er hierfür zur Verfügung stellt und welcher Personenkreis bedacht werden soll, mitbestimmungsfrei. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat allerdings bei allen Regeln beteiligen, mit denen die zur Verfügung stehenden Mittel auf die Begünstigten verteilt werden (BAG 21. Januar 2003 – 3 AZR 30/02 – AP BetrAVG § 3 Nr. 13 = EzA BetrAVG § 3 Nr. 9, zu III 1 der Gründe mwN). Fehler im Mitbestimmungsverfahren führen nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung dazu, dass die getroffene Regelung grundsätzlich unwirksam ist (BAG 29. Januar 2008 – 3 AZR 42/06 – Rn. 23, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 14; Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 4. Aufl. Anh. § 1 Rn. 440).

Vorliegend ist es bereits zweifelhaft, ob das Mitbestimmungsverfahren tatsächlich nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Insoweit ist zu beachten, dass eine Einigung unter den Betriebspartnern nicht notwendig in einer Betriebsvereinbarung (§ 77 Abs. 2 bis 6 BetrVG) niedergelegt sein muss. Eine Regelungsabrede als formlose Betriebsabsprache ist ebenfalls zulässig (BAG 29. Januar 2008 – 3 AZR 42/06 – EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 14, zu II 2 der Gründe). Vor diesem Hintergrund legen es bereits der Inhalt des Protokolls der Gesamtsprechertagung vom 26./27. November 1985 sowie das Protokoll über die Sitzung vom 28./29. Juni 1995 nahe, dass die Beklagte die Regeln über die Vergabe von Pensionszusagen an Geschäftsstellenleiter immer im Einvernehmen mit den Arbeitnehmervertretungen aufgestellt und geändert hat.

Im Ergebnis kann es jedoch dahinstehen, ob das Mitbestimmungsverfahren jeweils ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, so würde dies nicht dazu führen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Pensionszusage auf Grund betrieblicher Übung hätte. Der Zweck der gesetzlichen Mitbestimmung des Betriebsrats besteht darin, dem einzelnen Arbeitnehmer einen kollektiven Schutz zu vermitteln. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts deshalb Wirksamkeitsvoraussetzung nur für Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer, dh. für Maßnahmen, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern (vgl. BAG 19. Juli 2005 – 3 AZR 472/04 – AP BetrAVG § 1 Nr. 42 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 7, zu II 2 der Gründe). Dies ist bei den von der Beklagten aufgestellten Kriterien über die Erteilung einer Pensionszusage und deren Inhalt nicht der Fall.

II. Auf Grund des bisherigen Vortrags der Parteien und der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann derzeit noch nicht entschieden werden, ob der Kläger sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Pensionszusage erfüllt hat. Zwar hat er in den Jahren 1994 und 1995 die nach der betrieblichen Übung bestehenden Anforderungen hinsichtlich der Produktionssteigerung und in den Jahren 1993, 1994 und 1995 auch hinsichtlich der Stornoquote erfüllt. Unter den Parteien ist bislang jedoch streitig geblieben, ob der Kläger im Jahre 1995 auch die Voraussetzungen des Kriteriums Kostensatz erfüllt hatte. Dies hängt davon ab, ob die Kosten der Landesdirektionsgeschäftsstellen mit in die Vergleichsberechnung einzubeziehen sind oder nicht. Sollte dies der Fall sein, so wären im Jahre 1995 die Kosten der Geschäftsstelle des Klägers (72,06 Euro) niedriger gewesen als die durchschnittlichen Kosten aller Geschäftsstellen ohne Kooperationsgeschäftsstellen (72,94 Euro) und der Kläger hätte Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt.

1. Soweit die Beklagte zunächst geltend gemacht hat, das Kriterium des Kostensatzes sei so zu verstehen, dass nur derjenige Geschäftsstellenleiter berücksichtigt werde, der mit seiner Filiale für den genannten Zeitraum den absolut besten Kostensatz erzielt habe, so ist dieses Vorbringen unbeachtlich. Es steht im Widerspruch zu dem weiteren Vorbringen und eigenen Verhalten der Beklagten, wonach es auf den durchschnittlichen Kostensatz ankommt. Dieser Parameter findet sich nicht nur in ihrem an Herrn Hi… gerichteten Anschreiben vom 9. Mai 1996, sondern auch in dem diesem Schreiben beigefügten Blatt “Pensionsüberprüfung 1996” und wird dort sogar in einer *-Fußnote erläutert.

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann die Frage, ob die Kosten der Niederlassungsgeschäftsstellen mit in die Vergleichsberechnung einzubeziehen sind, nicht durch eine Auslegung des Protokolls der Gesamtsprechertagung aus dem Jahre 1985, in dem es heißt “Kostensatz unter dem Kostensatz aller Filialen und Bereiche der jeweiligen Organisation (incl. FL-/OBL-Bezüge ohne SK)” beantwortet werden. Entscheidend für das Entstehen und für den Inhalt einer betrieblichen Übung ist das gleichförmige und wiederholte Verhalten des Arbeitgebers. Es kommt darauf an, ob die Arbeitnehmer dem Verhalten des Arbeitgebers einen Verpflichtungswillen entnehmen können. Steht der genaue Inhalt einer betrieblichen Übung im Streit, so ist zu ermitteln, welche Handlungen der Arbeitgeber tatsächlich wiederholt vorgenommen hat und welchen Verpflichtungswillen die Arbeitnehmer daraus entnehmen durften. Hierfür kann der Wortlaut eines Sitzungsprotokolls ein Indiz sein, mehr jedoch nicht.

3. Der Kläger hat auch hinreichend substantiiert behauptet, dass bei den anderen Geschäftsstellenleitern, die eine Pensionszusage erhielten, die Kosten der Landesdirektionsgeschäftsstellen mit einberechnet wurden.

Er hat erstinstanzlich in seinem Schriftsatz vom 8. Juli 2002, S. 4, den Vortrag der Gegenseite aus deren Schriftsatz vom 25. März 2002, Bl. 3, die Kosten der Landesdirektionsgeschäftsstellen seien nicht miteinzubeziehen, bestritten und sich zum Beweis auf das Zeugnis seines Vorgesetzten Hi… sowie der Geschäftsstellenleiter B… und L… berufen. Demgegenüber hat sich die Beklagte auf das Zeugnis des Herrn S…, des Herrn Bl…, der Frau An… und des Herrn T… berufen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger sodann sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 17. März 2005, S. 9, wiederholt; er hat sich hierbei jedoch nunmehr nur noch auf das Zeugnis des Herrn Hi… berufen. Demgegenüber hat die Beklagte in der Berufungsbegründung vom 7. Februar 2005, S. 8, ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und in ihrem Schriftsatz vom 17. Juni 2005, S. 2, 3, ausgeführt, alle von der Gegenseite aufgeführten Geschäftsstellenleiter, nämlich die Herren Hil…, B…, E… und L… hätten sich in der Vergangenheit an einem diesem Kostensatz vergleichbaren Kostensatz messen lassen müssen. Auch diese Herren hätten jeweils einer Überprüfung standhalten müssen, bei der ein entsprechend ermittelter Kostensatz aus den durchschnittlichen Kosten der Neugeschäftsstellen ohne Niederlassungs- und Kooperationsgeschäftsstellen von ihnen in einem gewissen Zeitraum zu unterbieten gewesen sei, bevor ihre Unterlagen zur Überprüfung einer eventuellen Erteilung einer Pensionszusage überhaupt hätten eingereicht werden können. Auf die gleiche Art und Weise sei in den Vorjahren der Kostensatz ermittelt worden, der Grundlage für die Entscheidung der Erteilung von Pensionszusagen der übrigen Geschäftsstellenleiter geworden sei. Für die Richtigkeit dieses Vorbringens hat sich die Beklagte auf das Zeugnis der Frau An berufen.

Obgleich der Kläger ausdrücklich das gegnerische Vorbringen bestritten hat, ist davon auszugehen, dass in diesem Bestreiten zugleich der Vortrag lag, dass bei der Beklagten eine betriebliche Übung dahingehend bestand, dass bei der Ermittlung der Vergleichssumme stets die Kosten der Landesdirektionsgeschäftsstelle mit einbezogen wurden.

Dieses Vorbringen ist hinreichend substantiiert. Zwar trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, also auch für die von ihm behauptete betriebliche Übung. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Darlegung nicht unzumutbar sein. Ein Arbeitnehmer, der keinen Einblick in die Personalakten der anderen Mitarbeiter bzw. keinen Einblick in die Abrechnungsmodalitäten der Gegenseite hat, kann die genauen Berechnungskriterien nicht nennen. Aus dem Grund muss es zunächst genügen, dass der Arbeitnehmer die Umstände darlegt, die den Eindruck einer festen Übung erwecken. Dann obliegt es dem Arbeitgeber, seine Praxis offenzulegen und ggf. den Anschein einer betrieblichen Übung zu erschüttern (vgl. BAG 29. Oktober 1985 – 3 AZR 462/83 – AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 2 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 38, zu B II der Gründe; 16. März 1993 – 3 AZR 350/92 –, zu 2b der Gründe). Hier fehlt es bislang an hinreichend substantiiertem Vorbringen der Beklagten.

Vor diesem Hintergrund wird das Landesarbeitsgericht zunächst beiden Parteien Gelegenheit zu weiterem substantiierten Vorbringen sowie zur Benennung weiterer Zeugen zu geben haben. Nach entsprechendem substantiierten Vortrag der Beklagten – sowie ggf. weiterem Vorbringen des Klägers – wird sodann durch Beweisaufnahme zu klären sein, ob die Kosten der Landesdirektionsgeschäftsstellen in die Berechnung mit einbezogen wurden oder nicht. Erst dann kann festgestellt werden, ob der Kläger sämtliche Kriterien für die Pensionszusage erfüllte.

III. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Kläger im Jahre 1995 auch das Kriterium “Kostensatz” erfüllt hat, hätte er im Jahre 1996 Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Hieraus würde sich der von ihm geltend gemachte Anspruch ergeben, so dass seine Klage begründet wäre.

1. Die Berechnung der Höhe der monatlichen Betriebsrente durch die Vorinstanzen ist nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend auf die neuere Rechtsprechung des Senats zur Berechnung der Betriebsrente des vorzeitig Ausgeschiedenen bei vorgezogener Inanspruchnahme für die Fälle hingewiesen, in denen die Versorgungsordnung keine ausdrückliche Regelung enthält (sog. Auffangregelung, vgl. die Zusammenfassung bei BAG 12. Dezember 2006 – 3 AZR 716/05 – Rn. 20 ff., AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 32 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 88).

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben ihrer Berechnung unter Berücksichtigung der in der “Anlage 3 zum Nachtrag Nr. 19 zur Betriebsvereinbarung über die Gestaltung der Außendienst-Verträge (Filialleiter)” unter Ziff. VII. getroffenen Übergangsregelung eine mögliche Vollrente zum 31. Dezember 2007 von 800,00 DM zugrunde gelegt. Mit seinem Ausscheiden zum 31. März 2001 hatte der Kläger ausgehend von einem Beginn des Arbeitsverhältnisse am 1. Oktober 1973 von 411 möglichen Monaten der Betriebszugehörigkeit 330 Monate erreicht (Faktor: 0,803). Im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls am 1. Dezember 2002 hätte er 350 Monate erreicht gehabt (Faktor: 0,852). Gerundet ergibt dies einen Rentenanspruch von 547,00 DM bzw. 279,68 Euro. Die der Berechnung zugrunde liegenden Feststellungen hat die Revision im Übrigen auch nicht mit erheblichen Rügen angegriffen.

2. Verjährung ist nicht eingetreten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) ab dem 1. Januar 2002 anzuwendende § 18a BetrAVG oder das vorher geltende Verjährungsrecht des BGB (aF) anzuwenden sind. In beiden Fällen ist die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen.

a) Nach § 18a Satz 1 BetrAVG verjährt der Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung in 30 Jahren. Satz 2 bestimmt, dass Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen der regelmäßigen Verjährungsfrist nach den Vorschriften des BGB unterliegen. Diese Regelung ist abschließend (BAG 12. Juni 2007 – 3 AZR 186/06 – Rn. 34, AP BetrAVG § 1 Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 90). Gemäß § 200 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit der Entstehung des Anspruchs. Dies setzt bei Ansprüchen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung den Eintritt des Versorgungsfalls voraus (vgl. BAG 18. September 2001 – 3 AZR 689/00 – BAGE 99, 92, zu B III 4b der Gründe). Eine Verjährung während des aktiven Arbeitslebens ist daher nicht möglich (Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 4. Aufl. § 18a Rn. 4). Soweit Ansprüche nicht unter § 18a Satz 2 BetrAVG fallen, verbleibt es bei der 30-jährigen Verjährungsfrist in Satz 1. § 18a Satz 2 BetrAVG unterwirft regelmäßig wiederkehrende Leistungen der kürzeren Verjährungsfrist des BGB.

Der Versorgungsfall ist vorliegend am 1. Dezember 2002 eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt wären auch erstmals wiederkehrende monatliche Ansprüche fällig geworden. Die Klage war bereits seit 22. Oktober 2001 rechtshängig. Verjährung konnte daher nicht eintreten.

b) Nichts anderes gilt bei Anwendung des BGB (aF). Der Senat hat hierzu unterschieden zwischen dem betriebsrentenrechtlichen Stammrecht, das der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB (aF) unterfiel, und einzelnen Betriebsrentenleistungen, auf die die kürzeren zweijährigen Verjährungsfristen nach § 196 Nr. 8 oder 9 BGB (aF) Anwendung fanden (BAG 15. September 1992 – 3 AZR 438/91 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 39, zu II 3b der Gründe; 27. Januar 1998 – 3 AZR 415/96 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 45 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 7, zu B I 5a der Gründe). Auch dieser Unterscheidung lag letztlich die Erwägung zugrunde, dass die dem Arbeitnehmer unmittelbar zugute kommenden Betriebsrentenleistungen wie Lohnleistungen zu behandeln sind, wohingegen grundlegende Ansprüche erst nach 30 Jahren verjähren (BAG 12. Juni 2007 – 3 AZR 186/06 – Rn. 35, AP BetrAVG § 1 Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 90). Auch unter Anwendung dieser Grundsätze war eine Verjährung im Hinblick auf die Klageerhebung im Jahre 2001 ausgeschlossen.

 

Unterschriften

Reinecke, Kremhelmer, Schlewing, Kaiser, Lohre

 

Fundstellen

BAGE 2010, 260

BB 2009, 325

BB 2009, 615

DB 2009, 463

NJW 2009, 874

EBE/BAG 2009

EWiR 2009, 463

JR 2010, 321

NZA 2009, 196

ZIP 2009, 635

AP, 0

EzA-SD 2009, 14

EzA

MDR 2009, 337

AUR 2009, 60

RdW 2009, 383

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