Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung eines Sporttrainervertrages

 

Orientierungssatz

1. Befristeter Arbeitsvertrag zwischen einem Landessportbund und einem Landestrainer.

2. Zur Frage, ob die Befristung von Trainerverträgen mit Landestrainer üblich und diese Üblichkeit nach Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner berechtigt ist.

 

Normenkette

ZPO § 139; BGB § 620 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Entscheidung vom 28.06.1985; Aktenzeichen 10 Sa 29/85)

ArbG Berlin (Entscheidung vom 21.01.1985; Aktenzeichen 38 Ca 321/84)

 

Tatbestand

Der Beklagte ist die Dachorganisation der Einzelsportverbände Berlins und stellt für die einzelnen Sportverbände auf deren Vorschlag Landestrainer ein. Insgesamt beschäftigt er zur Zeit in Berlin 53 Landestrainer. Mit dem Kläger hat der Beklagte auf Vorschlag des Berliner Fechterbunds e.V. am 4. Oktober 1974 einen für die Zeit vom 16. September 1974 bis zum 15. September 1976 befristeten Arbeitsvertrag geschlossen. Dieser Vertrag wurde insgesamt viermal jeweils um zwei Jahre verlängert. Bereits vor der letzten Verlängerung wurde dem Kläger aber mitgeteilt, er könne nicht mehr mit einer Anstellung als vollberuflicher Landestrainer rechnen, sondern nur mit einer halbtägigen Beschäftigung. Dementsprechend bewarb sich der Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1983 nur noch um eine Halbtagsbeschäftigung als Landestrainer und erhielt für die Zeit bis zum 30. September 1984 noch einen Arbeitsvertrag mit einer Arbeitszeit von 20 Stunden in der Woche zu einem Bruttogehalt von 2.100,-- DM. Zu den Aufgaben des Klägers gehörte insbesondere, den Berliner Fechternachwuchs zu sichten und zu fördern sowie Fechtmannschaften heranzubilden und bestehende Mannschaften an die bundesdeutsche und internationale Spitze heranzuführen. Mit Schreiben vom 6. Februar 1984 teilte der Beklagte dem Kläger mit, eine weitere Verlängerung seines Vertrages erfolge nicht, daher ende der Vertrag mit Ablauf des 30. September 1984.

Mit der am 8. September 1984 bei Gericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewendet.

Er hat vorgetragen, die Befristung sei unwirksam, denn es gebe keinen sachlichen Grund für die Befristung eines Landestrainervertrages. Zwar sei die Befristung von Trainerverträgen üblich, jedoch setze die Arbeit eines Landestrainers Kontinuität voraus und sei mit einer Vereinstrainertätigkeit nicht vergleichbar. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, daß es sich beim Fechten nicht um eine Mannschaftssportart handele und im Hinblick darauf andere Kriterien für den Erfolg des Trainers eine Rolle spielten als bei einem Mannschaftssport. Im übrigen sei die Berufung auf die Befristung im vorliegenden Falle auch treuwidrig, da die Entscheidung über die Nichtverlängerung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Erkrankung gestanden habe, die ihn gezwungen habe, sich im Februar 1984 einer Bandscheibenoperation zu unterziehen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis mit dem

Beklagten über den 30. September 1984 hinaus

fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er vorgetragen, bei der Entscheidung über einen Trainerwechsel habe die damalige Erkrankung des Klägers keine Rolle gespielt. Vielmehr sei der Vertrag nicht verlängert worden, weil der Kläger in seiner Arbeit erfolglos gewesen sei. Er habe keinen Fechter in die deutsche Spitzengruppe gebracht. Vielmehr habe der einzige Berliner Fechter, der wenigstens dem C-Kader angehört habe, Berlin verlassen, weil er die Trainingsvoraussetzungen bei dem Kläger für nicht ausreichend gehalten habe. Bei der Nachwuchsarbeit habe der Kläger auch aussichtsreiche Möglichkeiten nicht genutzt, beispielsweise den Aufbau einer Neigungsgruppe an der Waldoberschule. Die Befristung von Trainerverträgen bei Mannschafts- und Einzelsportarten sei üblich. Sie entspreche auch der Auffassung vernünftiger und verantwortungsbewußter Vertragsparteien, weil der Erfolg und Mißerfolg eines Trainers auf Unwägbarkeiten beruhten, die durchaus nicht auf einer schlechten oder guten Leistung des Trainers beruhen müßten. Bei Erfolglosigkeit habe allerdings eine weitere Zusammenarbeit mit den betreuten Sportlern keinen Sinn. In diesem Falle müsse der Arbeitgeber sich von dem Trainer lösen können. Wäre eine Befristung unzulässig, sei eine Trennung gegen den Willen des Trainers nicht möglich, weil es dem Arbeitgeber nicht möglich sei nachzuweisen, daß die Erfolglosigkeit auf einem in der Person oder in dem Verhalten des Trainers beruhenden Umstand begründet sei. Alle Trainerverträge mit den vom Deutschen Sportbund angestellten Bundestrainern und den von den Landessportbünden beschäftigten Landestrainern würden auch seit 1980 ausnahmslos befristet. Dies gelte auch für Vereinstrainer.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts, während der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

A. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, nach dem Kenntnisstand der Kammer sei in Berlin die Befristung von Trainerverträgen auf der Vereins- oder Verbandsebene nicht generell üblich. Eine derartige Üblichkeit möge allenfalls im Mannschaftssport vorliegen. Für eine Üblichkeit auch bei Einzelsportarten habe der Beklagte keine Tatsachen vorgetragen. Die von der Beklagten beschäftigten Landestrainer würden zwar üblicherweise befristet eingestellt werden, dies könne aber vorliegend keine rechtserhebliche Bedeutung haben. Im übrigen sei die Befristung von Arbeitsverträgen mit Trainern für Einzelsportarten auch nicht aus sachlichen Gründen erforderlich. Das wäre allenfalls denkbar, wenn und soweit ein Landestrainer mit der Betreuung eines oder einiger bestimmter Spitzensportler beauftragt wäre und sich dann später im Verhältnis dieses Landestrainers zu seinem oder seinen Schützlingen Schwierigkeiten bzw. Differenzen ergäben, deren Ursachen nur schwer zu ermitteln seien. Derartige Voraussetzungen seien jedoch vorliegend nach dem Sachvortrag des Beklagten nicht gegeben.

Abgesehen davon liege kein sachlicher Grund für die Befristung des Vertrages gerade auf die Dauer von zwei Jahren vor, denn der Kläger habe keine Arbeitsleistung zu erbringen, die aller Voraussicht nach innerhalb von zwei Jahren beendet sei.

B. Der Senat hat den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht folgen können:

I. Nach den vom Großen Senat (Beschluß vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - BAG 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) aufgestellten und von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fortgeführten Grundsätzen (vgl. u.a. BAG 32, 85; 37, 283; 37, 305; 38, 31; 38, 372; 41, 381 und 44, 107) ist die an sich zulässige Befristung von Arbeitsverträgen dann unwirksam, wenn dadurch Kündigungsschutzbestimmungen umgangen werden und hierfür kein sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Befristete Arbeitsverträge müssen ihre sachliche Rechtfertigung, und zwar auch hinsichtlich der Vertragsdauer, so in sich tragen, daß sie die Kündigungsschutzvorschriften sachlich nicht beeinträchtigen. Bereits bei Abschluß des jeweiligen Arbeitsvertrages muß ersichtlich sein, daß sowohl die Befristung, als auch die Zeitdauer des Vertrages entweder im Arbeitsleben üblich ist, sofern dies der Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner entspricht oder nach den konkreten, sich auf das jeweilige Arbeitsverhältnis auswirkenden Umständen des Einzelfalles sachlich gerechtfertigt ist. Fehlt es für die Befristung oder deren Dauer an einem sachlichen Grund, dann wird das unwirksam befristete Arbeitsverhältnis durch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ersetzt.

Zur Konkretisierung des sachlichen Grundes bilden generelle Merkmale den Ausgangspunkt in der Weise, daß auf die Üblichkeit im Arbeitsleben abzustellen ist. Die Üblichkeit muß nach Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner berechtigt sein. Die Umstände des Einzelfalles gewinnen Bedeutung, wenn die damit verbundenen Interessen ein solches Gewicht haben, daß es geboten ist, sie vor den generellen Umständen zu berücksichtigen (BAG 25, 125 = AP Nr. 38 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

II. Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Urteil des Berufungsgerichts nicht schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil es von einer Darlegungslast des Beklagten ausgegangen ist. Nach den vom Großen Senat (aaO) aufgestellten Grundsätzen trägt zwar grundsätzlich der Arbeitnehmer die Darlegungslast dafür, daß ein sachlicher Grund für die Befristung fehlt. Etwas anderes gilt aber, wenn die äußere Form eines unzulässigen Kettenarbeitsvertrages vorliegt. In einem solchen Falle trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß ein sachlicher Grund für die Befristung vorliegt (BAG 37, 283 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

III. Zutreffend hat vorliegend das Landesarbeitsgericht auch zunächst geprüft, ob die Befristung von Trainerverträgen mit Landestrainern üblich und diese Üblichkeit nach Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner berechtigt ist. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht festgestellt, nach dem Kenntnisstand der Kammer könne nicht davon ausgegangen werden, daß in Berlin die Befristung von Trainerverträgen auf der Vereins- oder Verbandsebene generell und damit ohne jede Einschränkung allgemein üblich sei. Eine derartige Üblichkeit möge allenfalls hinsichtlich des Mannschaftssports, nicht aber bei den Einzelsportarten gegeben sein. Wenigstens habe der Beklagte insoweit keine Tatsachen vorgetragen, die einen derartigen Schluß rechtfertigen könnten.

1. Die in diesem Zusammenhang von dem Beklagten erhobenen Prozeßrügen sind begründet:

Die Revision hat vorgetragen, das Landesarbeitsgericht hätte die Parteien darauf hinweisen müssen, wenn es Zweifel an der Üblichkeit der Befristung von Sporttrainerverträgen in Berlin gehabt habe, denn der Beklagte habe bereits in erster Instanz im Schriftsatz vom 27. September 1984 vorgetragen, daß er seit je her mit den bei ihm beschäftigten Landestrainern ausschließlich befristete Arbeitsverträge abschließe und immerhin zur Zeit 53 Landestrainer beschäftige. Außerdem habe er vorgetragen, die Befristung von Trainerverträgen sei auch auf der Verbands- und Vereinsebene in Berlin und im Bundesgebiet allgemein üblich. Er habe sich bei dieser Behauptung auf die entsprechende Feststellung im Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Mai 1979 (- 34 Ca 71/79 - DB 1980, 111) gestützt. Dementsprechend habe auch das Arbeitsgericht festgestellt, daß die Befristung von Trainerverträgen allgemein üblich sei. Wenn das Landesarbeitsgericht Zweifel an der Üblichkeit der Befristung von Trainerverträgen geäußert hätte, hätte der Beklagte Gelegenheit gehabt, auf eine Vielzahl befristeter Sporttrainerverträge in Berlin hinzuweisen und ebenfalls darzulegen, daß jedenfalls seit 1980 beim Deutschen Sportbund alle beschäftigten Bundestrainer nur noch aufgrund befristeter Arbeitsverträge beschäftigt würden. Diese Handhabung beruhe auf einer ausführlichen Stellungnahme der beim Deutschen Sportbund bestehenden Trainerkommission, der eine solche Befristung schon seit langem befürwortet habe. Der Beklagte hätte dann weiter vorgetragen, daß Trainerverträge sowohl auf Vereins- als auch auf Verbandsebene üblicherweise befristet seien, sei auch in einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Münster vom 7. Mai 1985 (- 3 Ca 13/85 -) ausdrücklich für das Bundesgebiet festgestellt worden.

a) Das angefochtene Urteil kann aber nur auf einer Verletzung von § 139 ZPO beruhen, wenn die unterstellte Üblichkeit auch nach Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner berechtigt ist. Das ist dann der Fall, wenn es sich bei der Trainertätigkeit um einen sogen. Verschleißtatbestand (vgl. dazu KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 620 BGB Rz 194 ff.) handelt, wie dies bei der Tätigkeit von künstlerischen Bühnenmitgliedern bejaht wird, sofern es sich nicht um Chorsänger handelt.

b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Befristung des Arbeitsvertrages mit einem Landestrainer im Bereich einer Einzelsportart entspreche dann der Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner, wenn dieser mit der Betreuung eines oder einiger bestimmter Spitzensportler beauftragt sei. Ausschlaggebend hierfür ist, daß der Trainer Sportler zu Höchstleistungen führen soll. Der Erfolg des Trainers wird dabei durch vielerlei Unwägbarkeiten bestimmt. Es entscheiden nicht nur die Trainingsmethoden, sondern auch die Wirkung der Persönlichkeit des Trainers über Erfolg und Mißerfolg einer Trainerarbeit. Bei dieser Arbeit stellt sich bei immer gleichbleibender Umgebung eine Ermüdung und ein Verschleiß ein, die die Entwicklung der zu betreuenden Sportler hemmen können. Letzten Endes können zufällige und irrationale Momente über Erfolg und Mißerfolg der Trainerarbeit entscheiden.

aa) Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Beklagte habe vorliegend keine Tatsachen vorgetragen, aus denen geschlossen werden könne, daß der Kläger mit der Betreuung von Spitzensportlern beauftragt worden sei, hat die Revision mit einer Prozeßrüge nach § 139 ZPO angegriffen und hierzu vorgetragen, der Beklagte habe bereits in der Klageerwiderung vom 27. September 1984 vorgetragen, der Schwerpunkt der Arbeit des Klägers liege tatsächlich auch darin, besonders talentierte Fechtsportler in Berlin zu finden und sie zu Spitzenleistungen zu bringen, die im bundesdeutschen oder sogar im internationalen Vergleich Bestand hätten. Der Kläger habe diese Behauptung auch in seinem Schriftsatz vom 14. November 1984 nicht bestritten, sondern behauptet, er habe entsprechende Erfolge bei der Heranbildung von Spitzensportlern in Berlin gehabt. Dementsprechend habe auch das Arbeitsgericht im unstreitigen Teil des Tatbestandes ausgeführt, zum Aufgabenbereich des Klägers habe es insbesondere gehört, den Berliner Fechternachwuchs zu sichten, zu fördern sowie Fechtmannschaften heranzubilden und bestehende Mannschaften an die bundesdeutsche und internationale Spitze heranzuführen. Wenn das Landesarbeitsgericht Zweifel an dieser Aufgabenstellung des Klägers gehabt habe, hätte es dem Beklagten einen Hinweis geben müssen, damit dieser in der Lage gewesen wäre, diese Zweifel zu zerstreuen.

bb) Diese Prozeßrüge ist begründet. Nach § 139 ZPO hat der Vorsitzende dahin zu wirken, daß die Parteien über alle erheblichen Tatsachen sich vollständig erklären, insbesondere auch ungenügende Angaben der geltend gemachten Tatsachen ergänzen und die Beweismittel bezeichnen. Er hat zu diesem Zwecke, soweit erforderlich, das Sach- und Streitverhältnis mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen.

Vorliegend hat der Beklagte nicht damit rechnen können, das Berufungsgericht habe Zweifel daran, daß der Kläger damit beauftragt war, Talente zu sichten und zu Spitzensportlern heranzubilden sowie vorhandene Spitzensportler auf ein internationales Niveau zu bringen, da das Arbeitsgericht in dem unstreitigen Teil des Tatbestandes gerade dies festgestellt hatte. Der Beklagte hat um so weniger annehmen können, daß das Berufungsgericht seinen Vortrag insoweit für nicht ausreichend hielt, als der Kläger seinerseits die Behauptungen des Beklagten nicht bestritten, sondern darauf abgestellt hatte, er habe Erfolg bei der Betreuung von Spitzensportlern gehabt.

Die Revision hat die Prozeßrüge auch insofern ordnungsgemäß begründet, als sie dargelegt hat, was sie vorgetragen hätte, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Hinweis erteilt hätte: In diesem Falle hätte der Beklagte nämlich im einzelnen vorgetragen, wie die Tätigkeit des Klägers als Landestrainer in das Leistungssportkonzept des Deutschen Sportbundes eingebunden sei und aus welchen Einzeltatsachen sich ergebe, daß der Kläger fast ausschließlich zur Förderung des Leistungs- und Spitzensports in Berlin beschäftigt wurde. Die Aufgaben seien nämlich in dem "Kooperationsmodell zur Förderung des Leistungssports" des Deutschen Sportbundes aus dem Jahre 1975 näher beschrieben, das der Beklagte der Revisionsbegründung ebenso beigelegt hat wie eine Fotokopie des Förderungskonzepts für den Leistungssport in Berlin, das von den Vorsitzenden der Landesausschüsse Leistungssport einheitlich für alle Bundesländer verabschiedet worden sei und seinerseits die Grundlage für die finanzielle Unterstützung des Leistungssportes durch die öffentliche Hand darstellen soll. Danach ist Ziel des Förderungskonzeptes das Erreichen und Halten des nationalen und internationalen Leistungsniveaus in der jeweiligen Sportart. Die jeweilige Förderungsstufe einer Sportart soll sich nach Erfolg oder Mißerfolg der einzelnen Sportler oder Mannschaften bemessen, die nach einem bestimmten Punktsystem bewertet werden. 75 der 100 erreichbaren Punkte für die Förderung seien abhängig von entsprechenden Erfolgen der durch die Landestrainer betreuten Spitzensportler in Berlin, nämlich abhängig von Anteilen des Berliner Fachverbandes an den Bundeskadern, Erfolgen bei Wettkämpfen im Nachwuchsbereich und der Landestrainerqualifikation sowie der Leistungsentwicklung gegenüber den Vorjahren.

Hätte das Landesarbeitsgericht diesen Vortrag des Beklagten berücksichtigen können, wäre es möglicherweise zu demselben Ergebnis wie das Arbeitsgericht gekommen, nämlich daß der Kläger als Landestrainer mit der Betreuung von Spitzensportlern beauftragt gewesen sei. Und in diesem Falle wäre dem Kläger auch nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts eine Aufgabe übertragen gewesen, die einen Verschleißtatbestand darstellt und deshalb die Befristung des Arbeitsvertrages dem Grunde nach rechtfertigen kann.

Dementsprechend sind beide Prozeßrügen begründet.

2. Zu Unrecht rügt die Revision dagegen, das Berufungsgericht habe die ständige Praxis des Beklagten, alle Trainerverträge zu befristen, bei der Prüfung, ob eine Üblichkeit für die Befristung von Trainerverträgen im Lande Berlin bestehe, ausgeklammert. Das Landesarbeitsgericht hat auf Seite 9 der Entscheidungsgründe dazu nur ausgeführt, diese "ständige Praxis" n u r des Beklagten könne vorliegend keine rechtserhebliche Bedeutung haben. Damit hat das Berufungsgericht allein ausgeführt, für eine Üblichkeit für die Befristung von Trainerverträgen komme es nicht nur auf die Handhabung bei dem Beklagten an, sondern auch auf die Praxis bei den anderen Arbeitgebern. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Dem Landesarbeitsgericht kann aber nicht gefolgt werden, wenn es die Auffassung vertritt, zwar könne der Abschluß von befristeten Trainerverträgen im Mannschaftssport sachlich gerechtfertigt sein, nicht aber bei Einzelsportarten. Hier übersieht das Landesarbeitsgericht schon, daß die Grenzen zwischen Einzel- und Mannschaftssport fließend sind: Zum Beispiel werden in den verschiedenen Fechtarten (Florett, Degen, Säbel) sowohl Einzelwettbewerbe wie auch Mannschaftswettkämpfe ausgetragen. Auch wenn sich jeweils nur zwei Fechter auf der Planche gegenüberstehen, ist die Situation anders, als wenn jemand nur für sich selbst oder für eine Mannschaft kämpft. Dementsprechend laufen auch bei einem Mannschaftswettbewerb im Fechten gruppendynamische Prozesse ab, die von klassischen Mannschaftssportarten (Fußball, Eishockey usw.) bekannt sind. In beiden Fällen hängt die Effektivität eines Trainers und der daraus folgende Erfolg der von ihm betreuten Sportler nur zum Teil von seinem Ausbildungs- und Wissensstand ab. Es spielt eine untergeordnete Rolle, ob der Trainer bestimmte Lizenzen erworben oder Ausbildungs- und Fortbildungslehrgänge absolviert hat. Entscheidend ist allein seine Fähigkeit, Leistungsvermögen und Leistungswillen der Betreuten zu wecken. Der Erfolg dieses Bemühens ist fast ausschließlich abhängig von der Individualität und Persönlichkeit des Trainers und seinen Intuitionen, aber auch davon, wie lange er bereits mit bestimmten Sportlern zusammengearbeitet hat. Die meisten Sporttrainer verlieren nach Ablauf eines unterschiedlich langen Zeitraums die Fähigkeit, die von ihnen betreuten Sportler zu besonderen oder gar zu Höchstleistungen zu motivieren. Trotz unverminderter eigener Anstrengung und größtem Pflichtbewußtsein kann das von beiden Parteien des Trainervertrags gewollte Ziel verfehlt werden. Wäre es den Parteien des Trainervertrages verwehrt, befristete Verträge abzuschließen, hätte der Arbeitgeber des Trainers keine Möglichkeit, den Vertrag gegen dessen Willen zu beenden, weil die ordentliche Kündigung jedenfalls im Normalfall ausgeschlossen wäre, weil Kündigungsgründe nicht vorliegen würden. Deshalb entspricht eine Üblichkeit, Trainerverträge zu befristen, der Auffassung verständiger und verantwortungsbewußter Vertragspartner, so daß im Falle der Üblichkeit die Befristung auch im vorliegenden Falle dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt wäre.

IV. Da der Senat auch den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Befristungsdauer nicht hat folgen können, war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben.

Das Berufungsgericht hat die Befristung auf zwei Jahre für sachlich nicht begründet gehalten, da der Kläger keine Arbeit zu leisten habe, die aller Voraussicht nach in zwei Jahren beendet sei.

Nach dem vom Kläger gestellten Antrag ist Streitgegenstand der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über die letzte Befristung hinaus im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl. BAG vom 7. Oktober 1976 - 2 AZR 410/75 - nicht veröffentlicht und BAG Urteil vom 31. Mai 1979 - 2 AZR 473/77 - EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 16). Es kommt also nur darauf an, ob die letzte Befristung rechtswirksam ist.

Die Revision hat zu Recht darauf hingewiesen, die Argumentation des Landesarbeitsgerichts, daß ein sachlicher Grund für die Befristungsdauer von zwei Jahren schon deshalb fehle, weil innerhalb dieser Zeit die Arbeit des Klägers nicht beendet sei, würde voraussetzen, daß der Kläger überhaupt mit zeitlich begrenzten Aufgaben betraut worden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Während des gesamten Rechtsstreits hat der Beklagte nicht behauptet, vorliegend sei die Befristung sachlich gerechtfertigt, weil nur eine Beschäftigung von begrenzter Dauer vorliege, sondern beide Parteien haben darüber gestritten, ob ein Verschleißtatbestand vorliegt, der die Befristung rechtfertigt. Mit dieser Frage hat sich auch das Arbeitsgericht auseinandergesetzt. Es ist aber rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht die Befristungsdauer an einem Befristungsgrund mißt, der vorliegend unstreitig nicht vorliegt.

V. Bei der erneuten Verhandlung wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu prüfen haben, ob die Befristung von Trainerverträgen in Berlin der Üblichkeit entspricht. Falls dies so ist, hat das Landesarbeitsgericht der Frage nachzugehen, ob das Schwergewicht der Tätigkeit des Klägers darin lag, Sportler zu Spitzenfechtern auszubilden. Ist auch diese Frage zu bejahen, ist die Befristung dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt.

Bei Beantwortung der Frage, ob die Befristungsdauer sich an dem sachlichen Grund für die Befristung ausgerichtet hat, wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, daß der Beklagte unstreitig vor der letzten Befristung den Kläger darauf hingewiesen hat, daß die Verlängerung des ganztägigen Trainervertrags nicht infrage komme, sondern nur noch ein befristeter Vertrag für zwei Jahre mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und daß der Kläger daraufhin auch nur einen solchen Vertrag verlangt hat. Dies könnte ein Indiz dafür sein, daß bereits bei Abschluß des letzten befristeten Vertrages nach Auffassung des Landesfechtbundes Berlin der Mißerfolg der Arbeit des Klägers weitgehend feststand und dies dem Kläger über die Beklagte oder direkt vom Landesfechtbund auch mitgeteilt worden ist. Das Berufungsgericht wird dies aufzuklären haben, weil der Beklagte bereits in den Tatsacheninstanzen die letzte Befristung zu schlechteren Bedingungen und die Nichtverlängerung damit begründet hatte, der Kläger sei mit seiner Arbeit gescheitert, obwohl man ihm zehn Jahre Zeit gelassen habe. Der einzige Fechter, der wenigstens dem C-Kader angehört habe, habe Berlin wegen der schlechten Trainingsbedingungen verlassen.

Triebfürst Dr. Weller

zugleich für den wegen Urlaubs

an der Unterschrift verhinder-

ten Richter Ascheid

Brocksiepe Schulze

 

Fundstellen

Haufe-Index 438066

SpuRt 1996, 21

SpuRt 1996, 21-24 (ST)

Wüterich / Breucker 2006 2006, 317

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