Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsentgelt für eine Reinigungskraft während der Schulferien

 

Leitsatz (amtlich)

Vereinbaren Arbeitsvertragsparteien, daß sich die Arbeitspflicht einer Arbeitnehmerin im Reinigungsdienst auf die Schultage und die während der Ferienzeit anfallende sogenannte Grundreinigung beschränkt, so kann der Arbeitnehmerin in der übrigen Ferienzeit kein Urlaub gewährt werden.

Die Arbeitnehmerin hat während dieser Zeit keinen Anspruch auf Urlaubsentgelt.

 

Normenkette

Bundesrahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk in der Bundesrepublik Deutschland vom 8. Mai 1987 (RTV) §§ 31-33; BUrlG § 11; BGB § 611

 

Verfahrensgang

LAG Nürnberg (Urteil vom 26.08.1992; Aktenzeichen 4 (2) Sa 190/91)

ArbG Würzburg (Urteil vom 28.03.1991; Aktenzeichen 3 Ca 1116/90)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 26. August 1992 – 4 (2) Sa 190/91 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsentgeltansprüche der Klägerin aus dem Jahr 1990.

Die Klägerin ist bei dem beklagten Reinigungsunternehmen seit dem 1. August 1989 als Reinigungskraft in der Realschule H… beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der für allgemeinverbindlich erklärte Bundesrahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk in der Bundesrepublik Deutschland vom 8. Mai 1987 (RTV) Anwendung.

Die Parteien vereinbarten bei Vertragsschluß, daß sich die Arbeitspflicht der Klägerin auf die Schultage (fünf Tage in der Woche) und die während der Ferienzeit anfallende sog. Grundreinigung beschränkt. Die Arbeitspflicht der Klägerin betrug an den Einsatztagen 3,6 Stunden. Sie bekam zuletzt einen Stundenlohn von 11,58 DM brutto. Die Klägerin erhielt die Vergütung in der Weise ausgezahlt, daß sie monatlich zwölf der Höhe nach gleiche Raten von 795,57 DM bekam. Die monatlichen Zahlungen beruhten auf einer Jahresentgeltberechnung der Beklagten. Diese legte 187 Schultage, 3 Feiertage und 17 Tage Grundreinigung zugrunde und zog einen Wandertag ab, an dem keine Reinigung vorgenommen worden ist. Aus dem so ermittelten Grundbetrag errechnete die Beklagte einen Tagesdurchschnittsverdienst, den sie mit 30 (für 30 Urlaubstage) multiplizierte. Den sich ergebenden Betrag addierte sie zu dem Grundbetrag. Diese Jahresverdienstsumme teilte sie durch zwölf. Die Divisionssumme erhielt die Klägerin auch in der Zeit, in der sie während der Ferien keine Arbeitsverpflichtung hatte.

Die Klägerin hat sich – ausgehend von der Berechnungsart der Beklagten – eine monatliche Pauschale von 826,81 DM und somit für die Monate Juni bis Oktober 1990 einen Nachzahlungsanspruch von 156,20 DM errechnet.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 156,20 DM brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 1. November 1990 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu einer Nachzahlung von 82,40 DM verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung weiter 2,25 DM brutto verurteilt und die Berufung im übrigen zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin nur noch einen Anspruch i. H. von 54,18 DM. Sie rügt Verletzung des § 5 Abs. 2 BUrlG sowie die tarif- und gesetzwidrige Umrechnung des tariflichen Jahresurlaubs. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat für die Monate Juni bis Oktober 1990 keinen Anspruch auf weiteres Arbeitsentgelt, insbesondere nicht auf Urlaubsentgelt.

I. Die Klägerin hat nach dem beiderseitigen Vorbringen der Parteien im Monat Juni 1990 an 11 Tagen, im Juli an 17 Tagen, im September am 14 Tagen und im Oktober an 22 Tagen gearbeitet. Zu diesen 64 Tagen sind 17 Arbeitstage für die Grundreinigung hinzuzurechnen. Für 81 Tagen standen der Klägerin 3.376,73 DM brutto zu. Sie hat für diesen Zeitraum 3.977,85 DM erhalten.

II. Weiteres Arbeitsentgelt für die Zeiten ohne Arbeitsleistung kann die Klägerin nicht verlangen. Insbesondere hat sie keinen Anspruch auf Urlaubsentgelt nach § 32 RTV i. V. mit § 11 BUrlG, § 611 Abs. 1 BGB.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird Urlaub durch die Befreiung des Arbeitnehmers von seiner vertraglichen Arbeitspflicht gewährt (BAGE 39, 53 = AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG Übertragung; BAGE 45, 184 = AP Nr. 14 zu § 3 BUrlG Rechtsmißbrauch). Ein Arbeitnehmer erhält Urlaub, wenn er zu Zeiten, an denen er zur Arbeit verpflichtet ist, freigestellt wird. Urlaub kann nicht zu einer Zeit gewährt werden, in der der Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist.

a) Nach der nicht mit einer Revisionsrüge angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die auf einer übereinstimmenden Protokollerklärung der Parteien beruht, haben diese bei Vertragsschluß u. a. vereinbart, daß sich die Arbeitspflicht der Klägerin auf die Schultage und die während der Ferienzeit anfallende sog. Grundreinigung beschränke. Nur während dieser Zeit konnte der Klägerin Urlaub gewährt werden, nicht aber – wie die Parteien gemeint haben – während der Schulferien, in denen die Klägerin, von den Tagen der Grundreinigung abgesehen, keine Arbeitspflicht hatte.

b) Da der Klägerin also in den Monaten Juni bis Oktober 1990 kein gesetzlicher oder tarifvertraglicher Urlaub gewährt worden ist, kann sie auch kein Urlaubsentgelt verlangen. Soweit die Beklagte in dieser Zeit Entgelt geleistet hat, handelt es sich entweder um Arbeitsentgelt für die Vergangenheit oder für zukünftig zu erwartende Arbeit oder um eine nach Gesetz und Tarifvertrag nicht statthafte Abgeltung des Urlaubsanspruchs im andauernden Arbeitsverhältnis. Darauf hat die Klägerin keinen Anspruch.

2. Angesichts dessen können die unter den Parteien streitigen Berechnungsmethoden ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob es statthaft ist, einen Jahresentgeltbetrag unter Einschluß des Urlaubsentgelts zu errechnen, durch zwölf zu teilen und einen monatlichen Pauschbetrag auszuzahlen. Der Senat weist die Parteien allerdings darauf hin, daß die Klägerin angesichts ihrer reduzierten Arbeitszeit keinen Anspruch auf 30 Tage tarifvertraglichen Urlaub hat, sondern einen entsprechend ihrer Arbeitsverpflichtung verkürzten Anspruch (BAGE 54, 141 = AP Nr. 30 zu § 13 BUrlG; BAGE 67, 217 = AP Nr. 1 zu § 3 BUrlG Teilzeit; Senatsurteil vom 14. Januar 1992 – 9 AZR 148/91 – AP Nr. 5 zu § 3 BUrlG). Das hat zur Folge, daß sie bereits deswegen keinen weiteren Urlaubsentgeltanspruch hätte, wenn die Freizeit während der Schulferien als Urlaub zu bewerten gewesen wäre.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dörner, Düwell, Dr. Mikosch, R. Schmidt, Dr. Kappes

 

Fundstellen

Haufe-Index 856693

BAGE, 244

BB 1994, 1360

BB 1994, 1569

NZA 1994, 899

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