Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrentenanpassung. Wertzuwächse des Unternehmens. nachträgliche und nachholende Anpassung. wirtschaftliche Lage des Unternehmens. angemessene Eigenkapitalverzinsung. Eigenkapitalausstattung. Investitionen. Abschreibungen. Berechnungsdurchgriff im Konzern. Störung der Geschäftsgrundlage. Rechtsfortbildung. Gleichbehandlungsgrundsatz. Betriebliche Altersversorgung. Gleichbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Anpassungsentscheidung nach § 16 BetrAVG sind Wertzuwächse des Unternehmens nur insoweit zu berücksichtigen, als sie zu bilanzieren sind und ohne Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze verwertet werden können.

 

Orientierungssatz

  • Von der nachholenden Anpassung ist die nachträgliche zu unterscheiden. Eine nachträgliche Anpassung liegt vor, wenn die Anpassungsentscheidung zu einem früheren Anpassungsstichtag als im aktuellen – ausgehend von der damaligen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens – getroffen werden soll. Die streitbeendende Wirkung einer früheren, nicht gerügten Anpassungsentscheidung begrenzt nach den vom Senat entwickelten Grundsätzen die Verpflichtung zu nachträglichen Anpassungen.
  • Der Arbeitgeber darf wegen der wirtschaftlichen Lage eine Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG ablehnen, soweit die Wettbewerbsfähigkeit seines Unternehmens gefährdet würde. Sie wird nicht nur beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird, sondern auch wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt.

    • Bei einer ungenügenden Eigenkapitalverzinsung reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus.
    • Bei einer ungenügenden Eigenkapitalausstattung muß verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden.
  • Die handelsrechtlich vorgeschriebenen Abschreibungen tragen der durchschnittlichen Lebensdauer der Anlagen Rechnung und entsprechen den Anforderungen, die an die Wirtschaftsführung eines vorsichtigen, gewissenhaften Kaufmanns zu stellen sind.
  • Wertzuwächse des Unternehmens sind bei der Anpassungsentscheidung nach § 16 BetrAVG nur insoweit zu berücksichtigen, als sie zu bilanzieren sind und ohne Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze verwertet werden können.

    • Die Zuführung weiteren Kapitals durch die Gesellschafter steht im Interesse der Substanzerhaltung des Unternehmens nicht für Betriebsrentenerhöhungen zur Verfügung.
    • Die Investitionen führen zu keinen verfügbaren Wertsteigerungen des Unternehmens. Durch Investitionen entsteht zunächst lediglich eine Umschichtung bei den Vermögenswerten des Unternehmens. Die größere Leistungsfähigkeit des Unternehmens spiegelt sich in den verbesserten Jahresergebnissen wider.
  • Da § 16 BetrAVG die formellen und materiellen Voraussetzungen der Anpassung von Betriebsrenten regelt, kommt eine richterliche Rechtsfortbildung nicht mehr in Betracht.
  • Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es dem Arbeitgeber nicht, leitenden und außertariflichen Angestellten eine günstigere Versorgung zuzusagen als den übrigen Arbeitnehmern.
 

Normenkette

BetrAVG §§ 16, 1 Gleichbehandlung; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Urteil vom 27.11.2001; Aktenzeichen 1 Sa 59/01)

ArbG Bremen (Urteil vom 01.11.2000; Aktenzeichen 7 Ca 7441/99)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 27. November 2001 – 1 Sa 59/01 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Betriebsrente des Klägers zum 1. Juli 1995 und zum 1. Juli 1998 angepaßt werden mußte.

Der im Jahre 1922 geborene Kläger war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand viele Jahre bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. Januar 1983 erhielt er von ihr eine Betriebsrente von monatlich 239,10 DM.

Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) der Versorgungsschuldnerin für das Geschäftsjahr 1991/92 ergab einen Fehlbetrag von 98 Mio. DM. Er wurde durch Verlustübernahme ausgeglichen. Am 11. Dezember 1992 beantragte die Versorgungsschuldnerin zur Abwendung des Konkurses die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens. Im Juni 1993 bestätigte das Amtsgericht den zustande gekommenen Vergleich und hob das Vergleichsverfahren auf.

Nach der GuV 1992/1993 belief sich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auf -321,6 Mio. DM bei einem gezeichneten Kapital von 300 Mio. DM. Durch die im Vergleichsverfahren erzielten Gläubigerverzichte wurde ein Verlust vermieden. Die damalige Alleingesellschafterin der Versorgungsschuldnerin veräußerte insgesamt 66,65 % der Geschäftsanteile und vereinbarte dabei Kapitalzuzahlungen der neuen Gesellschafter in Höhe von 250 Mio. DM. Diese Kapitalrücklage wurde zur Vergleichserfüllung und für Sondertilgungen im Rahmen der finanziellen Entflechtung benötigt. Die bisherige Alleingesellschafterin übernahm die in der Zeit vom 1. Oktober 1993 bis zum 14. Februar 1994 angefallenen Verluste von 7 Mio. DM. Im Rumpfgeschäftsjahr 15. Februar 1994 bis 31. Dezember 1994, das durch Umstellung des Geschäftsjahres auf das Kalenderjahr entstand, erwarb die S…, G…, 25,01 % der Geschäftsanteile mit dem Ziel, in der Folgezeit die Industrieführerschaft und die Beteiligungsmehrheit zu übernehmen. Das Ergebnis aus dem operativen Geschäft war in diesem Zeitraum positiv. Erforderliche Teilwertabschreibungen auf das Anlagevermögen des Kaltwalzwerkes wegen dauerhafter Kapazitätsbeschränkungen und die Ausnutzung steuerlicher Sonderabschreibungen führten jedoch insgesamt nur zu einem ausgeglichenen Ergebnis. Der Beklagten wurde weiteres Kapital in Höhe von 125 Mio. DM zugeführt. Das gezeichnete Kapital wurde von 300 Mio. DM auf 400 Mio. DM und die Kapitalrücklage von 250 Mio. DM auf 275 Mio. DM erhöht.

Auch im Geschäftsjahr 1995 wurde trotz eines positiven Ergebnisses aus dem operativen Geschäft insgesamt nur ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt. Dies beruhte wiederum auf Teilwertabschreibungen beim Anlagevermögen des Kaltwalzwerkes wegen dauerhafter Kapazitätsbeschränkungen, der Ausnutzung von steuerlichen Sonderabschreibungen, der Anpassung der Gebäudewerte auf die beizulegenden Werte sowie der Einstellung einer Verbindlichkeit für die Rückzahlung von Strukturhilfen. Nach der GuV 1996 wurde ein Jahresfehlbetrag von 64,61 Mio. DM erwirtschaftet. Deshalb verringerte sich das Eigenkapital von 675 Mio. DM auf 610,39 Mio. DM. In diesem Kalenderjahr waren Teilwertabschreibungen auf das Anlagevermögen des Kaltwalzwerkes in Höhe von 6,9 Mio. DM erforderlich. Die GuV 1997 wies ein Jahresfehlbetrag von 65,556 Mio. DM aus. Der damit verbundenen Einbuße an Eigenkapital stand eine Erhöhung der Kapitalrücklage durch die Gesellschafter um 150 Mio. DM gegenüber. Dieses zusätzliche Kapital wurde zur Absicherung der Maßnahmen zur Modernisierung und Produktivitätserhöhung der Anlagen eingebracht. Das Eigenkapital belief sich am 31. Dezember 1997 auf 694,834 Mio. DM.

Mittelbare Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten war zwischenzeitlich die S…, G…, geworden. Sie ist eine Tochtergesellschaft der A… mit Sitz in L.…

Durch Gesellschafterbeschluß vom 25. Juni 1998 wurden das Stammkapital und die Kapitalrücklage der Beklagten jeweils um 125 Mio. DM erhöht, um die Durchführung eines Investitionsprogramms in den Jahren 1998 bis 2003 in Höhe von 1,3 Mrd. DM zu unterstützen. Die Beklagte erzielte nach ihrer GuV vom 1. Januar bis 31. Dezember 1998 einen Überschuß von 48,382 Mio. DM. Das Eigenkapital hatte sich dementsprechend am 31. Dezember 1998 auf insgesamt 993,216 Mio. DM erhöht. Dagegen war nach der GuV vom 1. Januar bis 31. Dezember 1999 ein Jahresfehlbetrag von 170,310 Mio. Euro (= 333,097 Mio. DM) zu verzeichnen. Entsprechend hatte sich das Eigenkapital der Beklagten am 31. Dezember 1999 verringert.

Die Betriebsrente des Klägers war seit Eintritt des Versorgungsfalles im Jahre 1983 nicht angehoben worden. Soweit die Beklagte Arbeitnehmer zum Essener Verband angemeldet hatte, wandte sie dessen Leistungsordnung an und erhöhte die Betriebsrenten dieser Arbeitnehmer entsprechend den Anpassungsbeschlüssen des Essener Verbandes. Mit Schreiben vom 4. Mai 1999 verlangte der Kläger eine Anpassung seiner Werksrente nach dem Betriebsrentengesetz. Die Beklagte lehnte dies ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe durch nachholende Anpassung den seit Eintritt des Versorgungsfalles zu verzeichnenden Kaufkraftverlust ausgleichen müssen. Sie habe nicht ausreichend vorgetragen, daß die wirtschaftliche Lage des Unternehmens diese Anpassung nicht zugelassen habe. Insbesondere habe sie nicht substantiiert dargelegt, daß die in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen Abschreibungen nicht überhöht gewesen seien. Selbst wenn die Eigenkapitalverzinsung unzureichend gewesen sei, hätten die beträchtlichen Investitionen zu einem erheblichen Wertzuwachs des Unternehmens geführt. Auch derartige Wertzuwächse ermöglichten Betriebsrentenerhöhungen. Abgesehen davon komme es nicht nur auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten, sondern auch auf die wirtschaftliche Lage des den Konzern beherrschenden Unternehmens an. Die Voraussetzungen eines Berechnungsdurchgriffs lägen vor. Keinesfalls könne dem Kläger eine weitere Auszehrung seiner Betriebsrente zugemutet werden. Die Kaufkraft sei vom Eintritt des Versorgungsfalles am 1. Januar 1983 bis zum 1. Juli 1995 um 34,36 % und bis zum 1. Juli 1998 um 40,28 % gesunken. Damit sei die Opfergrenze überschritten. Außerdem könne die Klageforderung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden. Die Beklagte wende zwei Versorgungssysteme an, die zu einem eklatanten Auseinanderfallen der Anpassungsentscheidungen führten. Die Betriebsrenten der zum Essener Verband angemeldeten Arbeitnehmer seien zumindest in Höhe des Kaufkraftverlustes laufend erhöht worden, während die nach der Pensionsordnung der Beklagten gezahlten Betriebsrenten seit 1982 unverändert geblieben seien. Für diese schwerwiegende Ungleichbehandlung gebe es keine einleuchtenden Gründe. Die Zuordnung zu den Versorgungssystemen sei nach sachfremden Kriterien erfolgt. Die Beklagte habe sich nicht darauf beschränkt, leitende und außertarifliche Angestellte beim Essener Verband anzumelden. Auch die acht dem stellvertretenden Abteilungsleiter Adam unterstellten Angestellten in der Funktion vom Gruppenleitern, die nach den tarifvertraglichen Gehaltsgruppen T 6 bzw. K 6 zu vergüten gewesen seien, und ein Betriebsratsmitglied, das keinesfalls leitender Angestellter sein könne, würden nach der Leistungsordnung des Essener Verbandes versorgt.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

  • die Betriebsrente des Klägers rückwirkend zum 1. Juli 1995 um 31,26 Euro (61,14 DM) monatlich anzupassen,
  • die Betriebsrente des Klägers rückwirkend zum 1. Juli 1998 um weitere 3,85 Euro (7,53 DM) monatlich anzupassen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne sich nicht mehr auf die in der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes entwickelte Opfergrenze berufen. § 16 BetrAVG enthalte eine spezialgesetzliche Regelung für die Anpassungsentscheidung. Die Beklagte sei nach dieser Vorschrift wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage ihres Unternehmens nicht zu den verlangten Anpassungen verpflichtet gewesen. Auf die wirtschaftliche Lage der herrschenden Konzerngesellschaft komme es nicht an. Bei der Ausübung der Konzernleitungsmacht sei auf die Belange der Beklagten angemessen Rücksicht genommen worden. Den Gleichbehandlungsgrundsatz habe die Beklagte nicht verletzt. Sie habe die Betriebsrenten der zum Essener Verband gemeldeten Versorgungsberechtigten deshalb erhöht, weil sie dazu verpflichtet gewesen sei. Gegenüber den nicht zum Essener Verband gemeldeten Versorgungsberechtigten habe eine derartige Rechtspflicht nicht bestanden. Zum Essener Verband seien ausschließlich leitende und außertarifliche Angestellte gemeldet worden. Diese Abgrenzung sei sachgerecht. Sie sei auch bei den vom Kläger genannten neun Arbeitnehmern beachtet worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klageforderung kann weder auf § 16 BetrAVG noch auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Äquivalenzstörung noch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden.

  • Die Anpassungsentscheidungen der Beklagten zum 1. Juli 1995 und zum 1. Juli 1998 sind nach § 16 BetrAVG nicht zu beanstanden.

    I. Der Kläger kann einen Anspruch auf nachträgliche Anpassung seiner Betriebsrente zum 1. Juli 1995 noch geltend machen.

    1. Eine nachträgliche Anpassung liegt vor, wenn die Anpassungsentscheidung zu einem früheren Anpassungsstichtag als dem aktuellen – ausgehend von der damaligen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens – getroffen werden soll. Der Kläger hat mit Schreiben vom 4. Mai 1999 zunächst eine Erhöhung seiner Betriebsrente zum 1. Januar 1996 und im Laufe des Rechtsstreits zum 1. Juli 1995 verlangt. Mit dieser Korrektur hat er lediglich der Bündelung der Anpassungsentscheidungen Rechnung getragen. Auch im Mai 1999 war jedoch aktueller Anpassungsstichtag nicht mehr der 1. Juli 1995, sondern der 1. Juli 1998.

    2. Die streitbeendende Wirkung einer früheren, nicht gerügten Anpassungsentscheidung begrenzt die Verpflichtung zu nachträglichen Anpassungen. Wenn der Versorgungsempfänger die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers für unrichtig hält, muß er dies vor dem nächsten Anpassungsstichtag dem Arbeitgeber gegenüber wenigstens außergerichtlich geltend machen. Mit dem nächsten Anpassungsstichtag entsteht ein neuer Anspruch auf Anpassungsprüfung. Der Anspruch auf Korrektur einer früheren Anpassungsentscheidung erlischt (BAG 17. April 1996 – 3 AZR 56/95 – BAGE 83, 1, 8 f.). Hat sich der Versorgungsschuldner bis zum nächsten Anpassungsstichtag (hier den 1. Juli 1998) nicht geäußert und die Betriebsrenten nicht erhöht, so hat er damit stillschweigend erklärt, daß er zum zurückliegenden Anpassungsstichtag (hier den 1. Juli 1995) keine Anpassung vornehmen wolle. Diese stillschweigende Ablehnung einer Anpassung kann der Versorgungsberechtigte bis zum übernächsten Anpassungstermin (hier den 1. Juli 2001) rügen (BAG 17. April 1996 – 3 AZR 56/95 – BAGE 83, 1, 9).

    Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß dem Kläger gegenüber lediglich eine derartige stillschweigende Anpassungsentscheidung erging. Die Beklagte hatte es zwar in der von ihr vorgelegten Mitteilung vom 23. Februar 1996 wegen der wirtschaftlichen Lage ihres Unternehmens abgelehnt, die Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG zum 1. Juli 1995 zu erhöhen. Der Kläger hat aber behauptet, er habe keine Kenntnis von dieser Mitteilung der Beklagten erlangt. Die Beklagte hat nicht unter Beweis gestellt, daß ihm diese Mitteilung zuging oder er von der Beklagten vor dem 1. Juli 1998 auf andere Weise über die zum 1. Juli 1995 getroffene Anpassungsentscheidung unterrichtet wurde. Für den Zugang einer ausdrücklichen Anpassungsentscheidung ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.

    Der Kläger hat sich mit Schreiben vom 4. Mai 1999 und vom 30. Juli 1999 sowie mit der Klageschrift vom 4. November 1999 rechtzeitig gegen die stillschweigende Anpassungsentscheidung zum vorausgegangenen Anpassungsstichtag gewandt.

    II. Die Beklagte war nach § 16 BetrAVG weder zum 1. Juli 1995 noch zum 1. Juli 1998 zu einer Anpassung der Betriebsrente verpflichtet. Bei der Anpassungsentscheidung sind die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Das vorliegende Anpassungsbegehren trägt den Belangen des Versorgungsempfängers Rechnung. Die Beklagte hat sich jedoch zu Recht auf die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens berufen.

    1. Die Belange des Versorgungsempfängers werden durch den Anpassungsbedarf bestimmt. Der Anpassungsbedarf hing bis zum 31. Dezember 2002 von der Veränderung des Preisindex ab, den das Statistische Bundesamt für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalts mit mittlerem Einkommen ermittelt hat (st. Rspr. des Senats seit 16. Dezember 1976 – 3 AZR 795/75 – BAGE 28, 279, 291; vgl. § 30c Abs. 4 BetrAVG nF). Entscheidend ist der bis zum Anpassungsstichtag eingetretene Kaufkraftverlust.

    Zutreffend haben sowohl die Parteien als auch die Vorinstanzen den 1. Juli 1995 und den 1. Juli 1998 als maßgebliche Anpassungsstichtage angesehen. Die Bündelung aller in einem Unternehmen anfallenden Prüfungstermine zu einem einheitlichen Jahrestermin ist zulässig (BAG 21. August 2001 – 3 AZR 589/00 – BAGE 98, 349, 353). Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht nicht auf den Kaufkraftverlust der letzten drei Jahre vor dem Anpassungsstichtag, sondern auf den Kaufkraftverlust vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag abgestellt. Wurde in der Vergangenheit wegen der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens kein voller Teuerungsausgleich gewährt, so war nach der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung des § 16 BetrAVG der noch offene Anpassungsbedarf bei den späteren Anpassungsentscheidungen zu berücksichtigen (st. Rspr. seit BAG 28. April 1992 – 3 AZR 142/91 – BAGE 70, 137, 141 ff.; vgl. ua. 23. Januar 2001 – 3 AZR 287/00 – AP BetrAVG § 16 Nr. 46 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 38, zu 1 der Gründe mwN). Eine Verpflichtung zu dieser sog. nachholenden Anpassung entfiel erst durch den am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen § 16 Abs. 4 BetrAVG. Diese Gesetzesänderung gilt nicht für die vor dem 1. Januar 1999 zu treffenden Anpassungsentscheidungen. Auf die Übergangsvorschrift des § 30c Abs. 2 BetrAVG kommt es nicht an.

    2. Wegen der wirtschaftlichen Lage ihres Unternehmens durfte die Beklagte eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers sowohl zum 1. Juli 1995 als auch zum 1. Juli 1998 ablehnen.

    a) Das Unternehmen darf durch die Betriebsrentenerhöhung nicht übermäßig belastet werden. Der Arbeitgeber muß in der Lage sein, den Teuerungsausgleich aus den Erträgen des Unternehmens und dessen Wertzuwachs in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen (st. Rspr. des Senats vgl. ua. 23. Oktober 1996 – 3 AZR 514/95 – BAGE 84, 246, 250 mwN). Die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens darf nicht gefährdet werden. Sie wird nicht nur beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird, sondern auch wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt (vgl. BAG 23. Januar 2001 – 3 AZR 287/00 – AP BetrAVG § 16 Nr. 46 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 38, zu 2 der Gründe). Bei einer ungenügenden Eigenkapitalausstattung muß verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalverzinsung reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus. Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht aus einem Basiszins und einem Risikozuschlag. Der Basiszins entspricht der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt für alle Unternehmen einheitlich 2 % (BAG 23. Mai 2000 – 3 AZR 146/99 – AP BetrAVG § 16 Nr. 45 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 37, zu II 2c der Gründe).

    b) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Anpassungsstichtag. Entscheidend ist zwar die voraussichtliche künftige Belastbarkeit des Unternehmens in den nächsten drei Jahren. Die wirtschaftliche Entwicklung in der Zeit vor dem Anpassungsstichtag liefert aber die benötigten Anhaltspunkte für die vom Arbeitgeber zu erstellende Prognose, soweit daraus Schlüsse für die weitere Entwicklung des Unternehmens gezogen werden können (vgl. ua. BAG 23. April 1985 – 3 AZR 156/83 – BAGE 48, 272, 281). Die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag ist nur insoweit zu berücksichtigen, als sie die getroffene Prognose bestätigen oder entkräften kann. Spätere, unerwartete Veränderungen spielen für die Anpassungspflicht keine Rolle (BAG 17. April 1996 – 3 AZR 56/95 – BAGE 83, 1, 9 f.).

    c) Die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse bieten den geeigneten Einstieg für die Feststellung sowohl der erzielten Betriebsergebnisse als auch des jeweils vorhandenen Eigenkapitals (vgl. BAG 17. April 1996 – 3 AZR 56/95 – BAGE 83, 1, 10). Betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen sind vorzunehmen. Dies gilt vor allem für die in den Bilanzen enthaltenen Scheingewinne und für betriebswirtschaftlich überhöhte Abschreibungen (BAG 23. Mai 2000 – 3 AZR 146/99 – AP BetrAVG § 16 Nr. 45 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 37, zu II 2b bb der Gründe). Der Sachvortrag der Parteien muß jedoch ausreichende Anhaltspunkte dafür enthalten, daß derartige Korrekturen nötig sind (vgl. BAG 23. Januar 2001 – 3 AZR 287/00 – AP BetrAVG § 16 Nr. 46 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 38, zu 2c aa (4) der Gründe) und einen für die Anpassungsentscheidung erheblichen Umfang haben können. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Jahresabschlüsse handelsrechtlich ordnungsgemäß erstellt wurden. Soweit der Versorgungsberechtigte die Fehlerhaftigkeit testierter Jahresabschlüsse geltend machen will, hat er die seiner Ansicht nach unterlaufenen Fehler näher zu bezeichnen. Hat er die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabschlüsse substantiiert bestritten, so hat der Arbeitgeber vorzutragen und unter Beweis zu stellen, weshalb die Jahresabschlüsse insoweit nicht zu beanstanden sind.

    d) Das Landesarbeitsgericht hat sich an diese Grundsätze gehalten und ist nach eingehender Sachverhaltswürdigung rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte an den Anpassungsstichtagen 1. Juli 1995 und 1. Juli 1998 annehmen durfte, die in ihrem Unternehmen zu erwartende Eigenkapitalverzinsung lasse keine Betriebs- rentenanpassung nach § 16 BetrAVG zu. Dagegen hat sich der Kläger im Revisionsverfahren nicht gewandt. Seinen in den Vorinstanzen vorgebrachten Argumenten ist das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt.

    aa) Den Vortrag des Klägers zu den Abschreibungen hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend als rechtlich nicht erheblich angesehen. Die handelsrechtlich vorgesehenen Abschreibungen tragen grundsätzlich den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen Rechnung. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, daß bei der Erstellung der Jahresabschlüsse handelsrechtliche Vorschriften mißachtet wurden. Sein Vortrag enthält auch keine Anhaltspunkte dafür, daß betriebswirtschaftliche Korrekturen notwendig gewesen wären und sich im Ergebnis auf die Anpassungsentscheidung ausgewirkt hätten. Die Beklagte mußte zu den Abschreibungen nur insoweit näher Stellung nehmen, als der Vortrag des Klägers dazu Anlaß bot. Der Kläger hatte sich zwar darauf berufen, daß die vollständig abgeschriebenen Anlagen trotzdem einen erheblichen wirtschaftlichen Wert gehabt hätten. Dieser Einwand ist aber nicht stichhaltig.

    (1) Die Abschreibungen tragen der durchschnittlichen Lebensdauer der Anlagen Rechnung und entsprechen den Anforderungen, die an die Wirtschaftsführung eines vorsichtigen, gewissenhaften Kaufmanns zu stellen sind. Ob vollständig abgeschriebene Anlagen überhaupt noch einen nennenswerten wirtschaftlichen Wert haben, ist zumindest sehr ungewiß. Von den jeweiligen Marktverhältnissen hängt es ab, ob sie überhaupt veräußerbar sind oder sogar noch Entsorgungskosten anfallen. Bei einer handelsrechtlich ordnungsgemäßen Abschreibung ist ein etwa zu realisierender Restwert gemessen am Anschaffungswert in der Regel allenfalls gering. Ungewisse Chancen auf höhere Veräußerungserlöse spielen für die vom Arbeitgeber zu erstellende Prognose keine entscheidende Rolle.

    (2) Außerdem hat der Kläger übersehen, daß ordnungsgemäß vollständig abgeschriebene Anlagen in der Regel veraltet sind und im Interesse der Konkurrenzfähigkeit eine Ersatzinvestition angezeigt ist. Gerade der vorliegende Fall zeigt eindrucksvoll, daß bei abgeschriebenen Anlagen zur Substanzerhaltung und zur Sicherung der Konkurrenzfähigkeit Investitionen dringend erforderlich sind. Sie erfordern in der Regel vor allem wegen des zwischenzeitlichen technischen Fortschritts deutlich mehr Mittel als die frühere Anschaffung der ersetzten Anlagen. Dementsprechend ist das gezeichnete Kapital der Beklagten von 300 Mio. DM im Jahre 1993 auf 400 Mio. DM bis zum 1. Juli 1995 und auf 525 Mio. DM durch Gesellschafterbeschluß vom 25. Juni 1998 erhöht worden. Zusätzlich sind bei der Beklagten Kapitalrücklagen von 275 Mio. DM bis zum 1. Juli 1995 und von weiteren 275 Mio. DM bis zum 1. Juli 1998 gebildet worden.

    bb) Der Kläger hat gemeint, die Investitionen hätten zu erheblichen Wertsteigerungen des Unternehmens geführt und daraus könnten die von ihm geforderten Be-triebsrentenerhöhungen bestritten werden. Dieser Auffassung ist das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt.

    (1) Wertzuwächse sind bei der Anpassungsentscheidung nach § 16 BetrAVG nur insoweit zu berücksichtigen, als sie vom Unternehmen erwirtschaftet wurden und ohne Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze verwertet werden können. Die Zuführung weiteren Kapitals durch die Gesellschafter steht im Interesse der Substanzerhaltung des Unternehmens nicht für Betriebsrentenerhöhungen zur Verfügung. Vom Versorgungsschuldner kann nicht verlangt werden, daß er zur Finanzierung einer Betriebsrentenanpassung in die Vermögenssubstanz des Unternehmens eingreift (vgl. BAG 9. November 1999 – 3 AZR 420/98 – BAGE 92, 349, 355). Ein wettbewerbsfähiges Unternehmen benötigt genügend Eigenkapital. Dem Arbeitgeber ist zuzubilligen, daß er nach Eigenkapitalverlusten möglichst rasch für eine ausreichende Eigenkapitalausstattung sorgt und bis dahin von Betriebsrentenerhöhungen absieht. Die Kapitalrücklagen müssen nicht für Betriebsrentenanpassungen verwandt werden. Von einer Gesundung des Unternehmens kann noch keine Rede sein, wenn das vorhandene Eigenkapital des Unternehmens die Summe aus gezeichnetem Kapital (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB, in § 42 Abs. 1 GmbHG wird es als Stammkapital bezeichnet) und zusätzlich gebildeten Kapitalrücklagen (vgl. § 272 Abs. 2 HGB) noch nicht erreicht hat (vgl. BAG 23. Januar 2001 – 3 AZR 287/00 – AP BetrAVG § 16 Nr. 46 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 38, zu 2d bb (3) der Gründe). Im vorliegenden Fall war demnach die erforderliche Konsolidierung noch nicht abgeschlossen.

    (2) Die Investitionen führten zu keinen verfügbaren Wertsteigerungen des Unternehmens. Durch Investitionen entsteht zunächst lediglich eine Umschichtung bei den Vermögenswerten des Unternehmens. Die liquiden Mittel sinken und der Wert des Anlagevermögens erhöht sich entsprechend. Die größere Leistungsfähigkeit des Unternehmens spiegelt sich in verbesserten Jahresergebnissen wider. Mit der höheren Ertragskraft steigt zwar der bei einer Veräußerung des Unternehmens erzielbare Erlös. Diese Wertsteigerung steht aber, solange das Unternehmen nicht veräußert, sondern fortgeführt wird, für Betriebsrentenerhöhungen nicht zur Verfügung. Bis zur Veräußerung handelt es sich zudem um eine spekulative Größe, die sich jederzeit ändern kann und sich bei der gebotenen wirtschaftlichen Vorsicht nicht als Grundlage für die Erhöhung künftiger Verpflichtungen eignet. Diese Überlegungen liegen auch dem Nie-derstwertprinzip des § 253 HGB zugrunde, wonach beispielsweise bei Grundstücken die Anschaffungskosten anzusetzen sind und Steigerungen des Verkehrswerts nicht berücksichtigt werden.

    3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten als Versorgungsschuldnerin abgestellt. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse eines anderen konzernrechtlich verbundenen Unternehmens kann es nur dann ankommen, wenn ein entsprechender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde oder die konzernrechtlichen Verflechtungen einen sog. Berechnungsdurchgriff rechtfertigen. Auf einen Vertrauenstatbestand hat sich der Kläger nicht berufen. Eine konzernrechtliche Verflechtung führt nur dann bei § 16 BetrAVG zu einem Berechnungsdurchgriff, wenn eine verdichtete Konzernverbindung vorliegt und sich außerdem konzerntypische Gefahren verwirklichen (Rspr. des Senats seit 4. Oktober 1994 – 3 AZR 910/93 – BAGE 78, 87, 100 ff.). Eine verdichtete Konzernverbindung liegt vor, wenn entweder ein Beherrschungs- oder Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen wurde oder wenn ein konzernangehöriges Unternehmen die Geschäfte des Versorgungsschuldners tatsächlich umfassend und nachhaltig führt (vgl. ua. BAG 23. Oktober 1996 – 3 AZR 514/95 – BAGE 84, 246, 254). Eine konzerntypische Gefahr hat sich verwirklicht, wenn das herrschende Unternehmen die Leitungsmacht in einer Weise ausgeübt hat, die keine angemessene Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft genommen, sondern stattdessen die Interessen anderer dem Konzern angehörender Unternehmen oder seine eigenen Interessen in den Vordergrund gestellt hat und dadurch die mangelnde Leistungsfähigkeit des Unternehmens verursacht worden ist (vgl. ua. BAG 17. April 1996 – 3 AZR 56/95 – BAGE 83, 1, 6).

    Die Voraussetzungen für den Berechnungsdurchgriff hat der Betriebsrentner darzulegen und im Streitfall zu beweisen (BAG 4. Oktober 1994 – 3 AZR 910/93 – BAGE 78, 87, 105). Es gibt weder einen allgemeinen Erfahrungssatz, daß die wirtschaftliche Lage eines konzernabhängigen Unternehmens regelmäßig durch nachteilige, im Konzerninteresse erfolgende Vorteilsverschiebungen beeinträchtigt werde noch einen allgemeinen Erfahrungssatz, daß die Allein- oder Mehrheitsgesellschafterin einer Kapitalgesellschaft deren Geschäfte umfassend und nachhaltig führt. Dem Betriebsrentner können zwar Erleichterungen bei der Darlegungslast zugute kommen. Er darf sich aber nicht auf bloße Vermutungen beschränken, sondern muß wenigstens konkrete Tatsachen vortragen, die greifbare Anhaltspunkte für einen Berechnungsdurchgriff liefern. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Vielmehr zeigen die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, daß die Beklagte in ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage von ihrer Konzernmutter nicht im Stich gelassen wurde, sondern der Beklagten bei einem Stammkapital von 300 Mio. DM im Jahre 1993 bis einschließlich 1998 durch Erhöhungen des gezeichneten Kapitals und Kapitalrücklagen insgesamt 775 Mio. DM zugeführt wurden.

  • Der Kläger kann seinen Anpassungsanspruch nicht auf eine Störung der Geschäftsgrundlage stützen (§ 242 BGB, nunmehr geregelt in dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen § 313 BGB).

    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und Bundesgerichtshofs vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes mußte der Arbeitgeber wegen Störung der Geschäftsgrundlage mit den Betriebsrentnern über eine Angleichung der Versorgung verhandeln, wenn die Teuerung seit Eintritt des Versorgungsfalles die dem Versorgungsberechtigten zumutbare Stillhaltegrenze überschritt. Bei einer Verteuerung um mindestens 40 % (vgl. BAG 30. März 1973 – 3 AZR 26/72 – BAGE 25, 146, 158) bzw. um 331/3 % (vgl. BGH 4. November 1976 – II ZR 148/75 – AP BGB § 242 Ruhegehalt - Geldentwertung Nr. 7, zu 4 der Gründe) ist eine Überschreitung der Stillhaltegrenze bejaht worden. Konnte der Arbeitgeber mit seinen Betriebsrentnern zu keiner Einigung kommen, so mußte er über die Anpassung nach billigem Ermessen entscheiden. Dabei durfte er seine eigenen billigenswerten Interessen berücksichtigen, insbesondere die Ertragslage seines Unternehmens (BAG 30. März 1973 – 3 AZR 26/72 – BAGE 25, 146, 165 und 167; BGH 4. November 1976 – II ZR 148/75 – aaO). Die durch die Vertragsstörung entstehenden Pflichten des Arbeitgebers ergaben sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

    Diese Grundsätze wurden durch § 16 BetrAVG konkretisiert. Die gesetzliche Vorschrift regelt die formellen und materiellen Voraussetzungen der Anpassung von Betriebsrenten, so daß eine richterliche Rechtsfortbildung nicht mehr in Betracht kommt (BAG 22. März 1983 – 3 AZR 574/81 – BAGE 42, 117, 120). Ebensowenig wie im Urteil vom 22. März 1983 besteht im vorliegenden Fall ein Anlaß zu erörtern, ob ungewöhnlich hohe Inflationsraten zu einem von § 16 BetrAVG unabhängigen Teuerungsausgleich wegen Störung der Geschäftsgrundlage führen können.

  • § 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG aF (= § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung) hat zwar für das Betriebsrentenrecht klargestellt, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt. Dem Sachvortrag des Klägers läßt sich jedoch ein Verstoß der Beklagten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht entnehmen.

    1. Dem Arbeitgeber ist es verboten, in einer von ihm bestimmten Ordnung zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern sachfremd zu differenzieren (vgl. ua. BAG 19. Juli 1983 – 3 AZR 88/81 – BAGE 43, 161, 169; 19. August 1992 – 5 AZR 513/91 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 102 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 52, zu II 3a der Gründe). Die Gruppenbildung muß sachlichen Kriterien gerecht werden. Einzelne Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe dürfen nicht willkürlich schlechter gestellt werden (vgl. ua. BAG 10. Januar 1989 – 3 AZR 308/87 – BAGE 60, 350, 353). Dementsprechend kann der von der Leistung ausgeschlossene Arbeitnehmer entweder die Abgrenzungskriterien oder ihre Anwendung angreifen (vgl. ua. BAG 12. November 1991 – 3 AZR 489/90 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 17 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 1, zu 3b der Gründe).

    2. Nach dem Vortrag des Klägers sind weder die Einteilungsprinzipien der Beklagten noch deren Vollzug im vorliegenden Fall zu beanstanden.

    a) Für den Gleichbehandlungsgrundsatz gilt eine abgestufte Darlegungslast. Der Arbeitgeber muß zunächst darlegen, wie er den begünstigten Personenkreis abgegrenzt hat und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört (vgl. ua. BAG 12. November 1991 – 3 AZR 489/90 – AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 17 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 1). Dies ist geschehen. Die Beklagte hat ausgeführt, daß sie lediglich außertariflichen und leitenden Angestellten eine Versorgung nach den Regelungen des Essener Verbandes gewähre, der Kläger nicht dazugehöre und sie ihre Abgrenzungskriterien auch bei den vom Kläger genannten neun Arbeitnehmern beachtet habe. Die Beklagte hat sich zum Aufgabenbereich und zur tatsächlichen Entlohnung dieser Arbeitnehmer geäußert. Der Kläger hat hierzu nicht näher Stellung genommen, obwohl seinem Schriftsatz vom 14. März 2001 S. 12 zu entnehmen ist, daß er “aus eigener Wahrnehmung” einige Arbeitnehmer genannt habe, die nicht als leitende oder außertarifliche Angestellte bei der Beklagten beschäftigt gewesen und trotzdem zum Essener Verband gemeldet worden seien. Ob der Vortrag des Klägers vor diesem Hintergrund noch ausreichend substantiiert ist, kann dahinstehen. Weder die von der Beklagten behaupteten noch die dem Vortrag des Klägers zu entnehmenden Abgrenzungskriterien verstoßen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch Anwendungsfehler sind nicht ersichtlich.

    b) Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es dem Arbeitgeber nicht, leitenden und außertariflichen Angestellten eine günstigere Versorgung zuzusagen als den übrigen Arbeitnehmern. Die Begünstigung kann auch darin bestehen, daß die Betriebsrenten dynamisiert werden oder eine über § 16 BetrAVG hinausgehende Anpassung vereinbart wird.

    aa) Die Begrenzung auf leitende und außertarifliche Angestellte ist zulässig. Sie widerspricht nicht dem Zweck der betrieblichen Altersversorgung. Da die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nicht nur die wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer im Alter oder bei Invalidität verbessern, sondern in der Regel zugleich die von den Arbeitnehmern erbrachte Betriebstreue fördern und belohnen sollen, darf der Arbeitgeber die günstigeren Versorgungsregelungen auf solche Arbeitnehmer beschränken, die er enger an das Unternehmen binden will (vgl. ua. BAG 22. November 1994 – 3 AZR 349/94 – BAGE 78, 288, 292). Arbeitnehmer mit Leitungs- und Führungsaufgaben sind für das Unternehmen von besonderer Bedeutung (vgl. BAG 17. Februar 1998 – 3 AZR 783/96 – BAGE 88, 23, 26). Der Kläger hat nicht behauptet, daß er als leitender oder außertariflicher Angestellter bei der Beklagten beschäftigt war.

    bb) Die zulässigerweise auf leitende und außertarifliche Angestellte beschränkte Anmeldung zum Essener Verband führt dazu, daß nur gegenüber diesem Personenkreis eine von § 16 BetrAVG unabhängige Pflicht zur Erhöhung der Betriebsrente bestand. Wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, gehen vertragliche Zahlungspflichten einem Anpassungsbegehren nach § 16 BetrAVG vor (BAG 14. Dezember 1993 – 3 AZR 519/93 – AP BetrAVG § 16 Nr. 29 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 26, zu II 2 der Gründe). Die Beklagte mußte entsprechend den Vorstandsbeschlüssen des Essener Verbandes die Betriebsrenten der dort gemeldeten Versorgungsberechtigten erhöhen. Diese Pflicht wäre nur bei einer wirtschaftlichen Notlage entfallen (BAG 25. Juli 2000 – 3 AZR 676/99 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 31 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 25, zu I 2a aa (1) der Gründe) , die unstreitig nicht vorlag. Mit Wirkung zum 1. Januar 1997 wurde zwar die Bindungswirkung von Vorstandsbeschlüssen über die Anpassung von Gruppenbeträgen für Anwärter und von Zahlungsbeträgen für laufende Leistungen in Anlehnung an § 16 BetrAVG eingeschränkt. Diese Satzungsänderung war jedoch unwirksam (BAG 25. Juli 2000 – 3 AZR 676/99 – aaO, zu I 2c der Gründe).

    c) Der Kläger hat geltend gemacht, neben einem Betriebsratsmitglied seien auch nach den tariflichen Gehaltsgruppen T 6 bzw. K 6 zu vergütende Angestellte in der Funktion von Gruppenleitern nach den Regelungen des Essener Verbandes versorgt worden. Er hat nicht behauptet, daß diese Versorgung nach der von der Beklagten aufgestellten Ordnung auf Arbeitnehmer unterhalb der Ebene von Gruppenleitern erstreckt wurde. Im Schriftsatz vom 30. Oktober 2001 S. 6 hat er darauf hingewiesen, daß es sich bei den von ihm genannten Arbeitnehmern, die seiner Ansicht nach nicht zu den leitenden und außertariflichen Angestellten gehörten, um ein Betriebsratsmitglied und “die Angestellten in der Funktion von Gruppenleitern” handele.

    Selbst wenn die Beklagte den nach den tariflichen Gehaltsgruppen T 6 und K 6 entlohnten Gruppenleitern eine betriebliche Altersversorgung nach den Regelungen des Essener Verbandes zugesagt hätte, verstieße die ungünstigere Versorgung der übrigen Arbeitnehmer noch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch Gruppenleiter sind Führungskräfte, die den außertariflichen Angestellten zumindest nahestehen. Die Beklagte hätte ihren Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn sie die Arbeitnehmer dieser Führungsebene enger an das Unternehmen binden wollte. Nach dem Vortrag des Klägers wäre die Beklagte allenfalls verpflichtet gewesen, Arbeitnehmer dieser Führungsebene nach den Regelungen des Essener Verbandes zu versorgen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, ebenso wie die von ihm genannten Arbeitnehmer als Gruppenleiter tätig gewesen zu sein und vergleichbare Funktionen ausgeübt zu haben.

    d) Welche Tätigkeit das vom Kläger genannte Betriebsratsmitglied nach seinem Ausscheiden aus dem Betriebsrat ausübte und wie es vergütet wurde, spielt keine Rolle. Wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer besserstellt, können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten (vgl. ua. BAG 19. August 1992 – 5 AZR 513/91 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 102 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 52, zu II 3a der Gründe). Der Kläger hat zwar behauptet, die Beklagte habe Personen auf Grund von Beziehungen kurz vor Erreichen des Ruhestandes den leitenden Angestellten zugeordnet. Aber auch daraus ergibt sich kein generalisierendes Ordnungsprinzip.

    e) Ob der Kläger einen Anspruch auf Beförderung zum außertariflichen oder leitenden Angestellten gehabt hätte, ist für den geltend gemachten Betriebsrentenanspruch unerheblich. Ein etwa bestehender Beförderungsanspruch hätte vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden müssen.

 

Unterschriften

Reinecke, Kremhelmer, Bepler, Platow, Ludwig

 

Fundstellen

Haufe-Index 985094

BAGE 2004, 72

BB 2003, 2292

DB 2003, 2606

NWB 2003, 3742

ARST 2004, 117

FA 2004, 22

SAE 2004, 39

StuB 2004, 96

AP, 0

EzA-SD 2003, 14

EzA

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