Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadenersatz wegen nicht erteilter Drittschuldnererklärung

 

Leitsatz (redaktionell)

Verletzt der Arbeitgeber als Drittschuldner die ihm nach § 840 Abs 1 ZPO obliegende Erklärungspflicht, umfaßt der Anspruch des Pfändungsgläubigers auf Schadenersatz gemäß § 840 Abs 2 Satz 2 ZPO auch die Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten zur Eintreibung der gepfändeten Forderung (Aufgabe von BAG Urteil vom 18.12.1972, 5 AZR 248/72 = BAGE 24, 486 = AP Nr 13 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; BAG Urteil vom 2.5.1968, 5 AZR 190/67 = BAGE 21, 1 = AP Nr 10 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; BAG Urteil vom 23.9.1960, 5 AZR 258/59 = AP Nr 3 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten).

 

Normenkette

ZPO § 840

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 17.11.1989; Aktenzeichen 9 Sa 906/89)

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 19.07.1989; Aktenzeichen 5 K Ca 630/89)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Gläubigerin eines ehemaligen Arbeitnehmers der Beklagten (Schuldner), von dem sie nach dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Germersheim vom 5. Mai 1981 - B 210/81 - DM 5.263,58 zuzüglich 11,75 % Zinsen aus DM 4.908,09 seit dem 24. Februar 1981 sowie insgesamt DM 88,22 bisheriger Kosten beanspruchen kann. Wegen dieser Forderung hat die Klägerin die Ansprüche des Schuldners gegen die Beklagte auf Zahlung von Arbeitseinkommen pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Der entsprechende Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Emmendingen vom 22. Juni 1988 - 6 M 607/88 - wurde der Beklagten am 29. Juni 1988 zugestellt mit der Aufforderung, binnen zwei Wochen eine Drittschuldnererklärung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO abzugeben.

Nachdem die Beklagte sich nicht äußerte, erhob die Klägerin am 22. März 1989 beim Amtsgericht Siegburg Klage auf Zahlung eines Teilbetrags in Höhe von DM 3.000,--. Sie trug dazu vor, der Schuldner sei seit mindestens dem 23. Januar 1988 bei der Beklagten als Dachdecker beschäftigt und erhalte einen monatlichen Bruttolohn von rd. DM 4.000,--. Die Abführung des hieraus pfändbaren Betrags an die Klägerin sei der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen.

Das Amtsgericht Siegburg gab den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Siegburg ab. Nach der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht am 26. April 1989 teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. Juni 1989 mit, daß der Schuldner bis zum 19. Dezember 1988 bei ihr beschäftigt gewesen sei und ein monatliches Nettoeinkommen von DM 2.221,-- erhalten habe. Bereits Ende November 1987 habe jedoch das Finanzamt Emmendingen das Arbeitseinkommen des Schuldners wegen einer Forderung in Höhe von DM 17.950,23 gepfändet, so daß die Pfändung der Klägerin nicht habe bedient werden können.

Daraufhin hat die Klägerin im Kammertermin am 28. Juni 1989 den Rechtsstreit für erledigt erklärt und, nachdem die Beklagte dem widersprach, beantragt

festzustellen, daß der Rechtsstreit durch

Erledigungserklärung beendet wurde.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, eine Erledigung des Rechtsstreits sei nicht eingetreten, da die Klage von Anfang an unbegründet gewesen sei. Das Arbeitsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf DM 3.000,-- festgesetzt.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin weiterhin die Ansicht vertreten, die Hauptsache sei erledigt. Da die Beklagte zunächst ihrer Erklärungspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO nicht nachgekommen sei, habe sie Klage erheben können. Sie habe von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen dürfen. Die Aussichtslosigkeit der Zahlungsklage habe sich erst aus der verspäteten Drittschuldnererklärung ergeben. Hilfsweise hat die Klägerin in der Berufungsinstanz Schadenersatz wegen der ihr bis zur Erklärung der Beklagten vom 16. Juni 1989 angefallenen Rechtsanwaltskosten begehrt und diese im einzelnen mit DM 688,32 beziffert.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt festzustellen,

daß die Hauptsache erledigt ist,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläge-

rin DM 688,32 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie vertritt zum Hilfsantrag die Auffassung, Rechtsanwaltskosten, die in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren des ersten Rechtszugs entstünden, seien nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht erstattungsfähig. Das gelte auch, wenn der Rechtsstreit, in dem die Kosten entstanden seien, deshalb geführt worden sei, weil der Drittschuldner keine Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO abgegeben habe und der Gläubiger daher von einem zu seinen Gunsten pfändbaren Betrag ausgegangen sei.

Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Hilfsantrag erkannt und im übrigen die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung in vollem Umfang. Prozessuale Rügen erhebt sie nicht mehr. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang mit Recht stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin DM 688,32 zu zahlen. Diesen in seiner rechnerischen Höhe unstreitigen Betrag schuldet die Beklagte als Schadenersatz, weil sie die Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig abgegeben und dadurch die Klägerin zu einer aussichtslosen Klageerhebung auf Zahlung gepfändeten Lohns veranlaßt hat. Der der Klägerin entstandene und mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Schaden besteht in den Rechtsanwaltskosten, die die Klägerin für den nutzlosen Zahlungsprozeß aufgewendet hat.

Nach § 840 Abs. 1 ZPO hat der Drittschuldner auf Verlangen des Gläubigers binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger die in § 840 Abs. 1 ZPO angeführten Erklärungen abzugeben, aus denen der Gläubiger insbesondere ersehen kann, ob Vorpfändungen vorliegen und er mit einer Pfändung zum Zuge kommen kann. Kommt der Drittschuldner einem entsprechenden Verlangen des Gläubigers, das hier vorlag und in die Zustellungsurkunde aufgenommen war, nicht nach, haftet er dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Erklärungspflicht entstehenden Schaden (§ 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die Beklagte hat zwar mit Schriftsatz vom 16. Juni 1989 die geforderte Auskunft erteilt und eine vorgehende Pfändung gemäß § 840 Abs. 1 Nr. 3 ZPO mitgeteilt. Dies geschah jedoch nicht binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 29. Juni 1988. Da die Beklagte nicht dargelegt hat, daß sie an der fast einjährigen Verspätung der Auskunftserteilung kein Verschulden trifft, haftet sie für den Schaden der Klägerin, der durch deren Entschluß verursacht ist, die gepfändete Forderung geltend zu machen (BGH Urteil vom 25. September 1986 - IX ZR 46/86 - LM Nr. 11 zu § 840 ZPO). Dazu gehören auch die Kosten eines nutzlos geführten Prozesses einschließlich der bis zur verspäteten Auskunftserteilung angefallenen Anwaltskosten.

§ 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließt einen Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten, die in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren auf Zahlung des gepfändeten Lohns entstanden sind, nicht aus. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestimmt lediglich, daß im Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten besteht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin im Zahlungsprozeß gerade nicht obsiegt hat, ihr Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache vielmehr mit Recht und rechtskräftig abgewiesen wurde. Der Zahlungsanspruch war wegen der vorhergehenden Pfändung von vornherein unbegründet (vgl. BAGE 19, 342, 347 = AP Nr. 13 zu § 91 a ZPO).

Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat allerdings in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, der Schadenersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO umfasse nicht die Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten, weil insoweit die arbeitsgerichtsgesetzliche Regelung über den Ausschluß der Kostenerstattung maßgeblich sei (BAGE 10, 39 = AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten mit ablehnender Anmerkung Bötticher; BAGE 21, 1 = AP Nr. 10 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten mit ablehnender Anmerkung Grunsky; BAGE 24, 486 = AP Nr. 13 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten mit ablehnender Anmerkung Lüke). Zur Begründung hat er zunächst angeführt, daß § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG (jetzt: § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG) als "Sonderregelung für das Prozessieren vor einem Arbeitsgericht erster Instanz" anzusehen sei, die "von jedem Rechtsgenossen das soziale Opfer verlangt, den damit verbundenen Zeitaufwand und die damit etwa verbundenen Kosten für einen Prozeßbevollmächtigten selbst zu tragen". Dieses hinzunehmende Opfer sei "nichts anderes als eine durch soziale Gesichtspunkte und durch soziale Rücksichtnahme gebotene Pflicht, die .. nicht nur für den prozessualen Erstattungsanspruch kraft richterlichen Kostenspruchs, sondern auch für den materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch deshalb gelten muß, weil sozialwidriges Verhalten mit § 242 BGB unvereinbar" sei (BAGE 10, 39, 45 = AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten). In späteren Entscheidungen hat der Fünfte Senat darauf hingewiesen, daß die Vorschriften über die prozessuale Kostenerstattung die Pflicht zum Ersatz von Prozeßkosten abschließend regeln und über das Maß der nach prozessualen Vorschriften erstattungsfähigen Kosten eine Erstattung aus sachlich-rechtlichen Gründen nicht verlangt werden könne. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, den Umfang des Anspruchs aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO an den Umfang der im arbeitsgerichtlichen Prozeß bestehenden Kostenerstattungspflicht anzugleichen (BAGE 21, 1, 4 f. = AP Nr. 10 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten). Falls der Drittschuldner überhaupt keine Erklärung abgebe, so werde er im Prozeß unterliegen, und der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Pfändungsgläubigers sei durch die Einschränkung der Kostenerstattung im arbeitsgerichtlichen Verfahren beschränkt. In diesem Falle sei es ausgeschlossen, dem obsiegenden Pfändungsgläubiger auf der materiell-rechtlichen Grundlage des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der ausgeschlossenen Kosten zu gewähren. Das müsse erst recht gelten, wenn der Drittschuldner im Laufe des Prozesses die geforderte Auskunft erteile und der Pfändungsgläubiger danach in der Hauptsache nicht obsiege (BAGE 24, 486, 489 ff. = AP Nr. 13 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten).

Dieser Rechtsprechung des Fünften Senats ist ein Teil der Literatur (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 12 a Rz 11; Zöller/Stöber, ZPO, 15. Aufl., § 840 Rz 14) und Rechtsprechung (LG Saarbrücken, Urteil vom 28. Juli 1988 - 2 S 52/87 - NJW RR 1989, 63) gefolgt, während die herrschende Meinung sie ablehnt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 48. Aufl., § 840 Anm. 3 C; Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 12 a Rz 3; Thomas/Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 840 Anm. 2 b; Bötticher, Anm. zu AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; Grunsky, Anm. zu AP Nr. 10 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; Lüke, Anm. zu AP Nr. 13 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; Becker-Eberhard, Grundlagen der Kostenerstattung bei der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche, 1985, S. 196 ff.; Loritz, Die Konkurrenz materiellrechtlicher Ersatzansprüche und prozessualer Kostenerstattungsansprüche und -normen bei Anspruchsentstehung und -durchsetzung, 1979, S. 126 f.; Schaub, NJW 1968, 480, 483 f.; LG Rottweil, Urteil vom 9. August 1989 - 1 S 115/89 - EzA § 12 a ArbGG 1979 Nr. 8; LG Tübingen, Urteil vom 9. Juni 1982 - 1 S 41/82 - AP Nr. 1 zu § 12 a ArbGG 1979; LG Hamburg, Urteil vom 22. Oktober 1964 - 9 S 146/64 - MDR 1965, 587; vgl. auch die Nachweise zur älteren Literatur bei Linke, ZZP Bd. 87 (1974), S. 311 Fn 127). Gegen die Auffassung des Fünften Senats wird im wesentlichen angeführt, die Ausdehnung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG auch auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch sei eine unvertretbare Beschränkung des Schadenersatzanspruchs nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO, die letztlich den Drittschuldner dazu verleite, die berechtigten Interessen des Zwangsvollstreckungsgläubigers zu mißachten. Außerdem widerspreche sie dem Zweck des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der mit der Verbilligung des erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahrens nur die Arbeitnehmer schützen wolle, welche aber im Verfahren des Pfändungsgläubigers gegen den Drittschuldner in der Regel gar nicht beteiligt seien.

Der für das Recht der Zwangsvollstreckung nunmehr allein zuständige Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts kann der Rechtsprechung des Fünften Senats nicht folgen und gibt sie deshalb auf. Wenn der Schadenersatzanspruch aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch auf die Anwaltskosten erstreckt wird, die durch einen vom Drittschuldner verursachten nutzlosen Zahlungsprozeß entstehen, führt dies weder zu einer Umgehung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG noch verletzt es dessen Schutzzweck. Erkennbarer Zweck des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist es, einen sonst nach prozessualen Vorschriften bestehenden Kostenerstattungsanspruch (§ 91 ZPO) auszuschließen. Dieser Zweck kann in Fällen der vorliegenden Art überhaupt nicht erreicht werden. Denn auch ohne die Vorschrift des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG stände dem Gläubiger kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch zu. Der Pfändungsgläubiger, der auf Zahlung einer gepfändeten Forderung klagt und erst während des Prozesses von vorgehenden Pfändungen erfährt, die seiner Klage die Erfolgsaussicht nehmen, hat drei prozessuale Möglichkeiten: Er kann den Rechtsstreit weiterführen, unterliegt dann und hat keinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch gegen den Drittschuldner; er kann die Klage wegen Aussichtslosigkeit zurücknehmen und hat dann gegen den Drittschuldner ebenfalls keinen Kostenerstattungsanspruch, oder er kann die Erledigung der Hauptsache erklären, muß aber mit diesem Antrag unterliegen, weil die Klage von vornherein unbegründet war, dann steht ihm auch in diesem Fall kein Kostenerstattungsanspruch gegen den Drittschuldner zu. Dies zeigt, daß der Schadenersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch überhaupt nichts zu tun hat, so daß auch die Begrenzung für prozessuale Kostenerstattungsansprüche nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht eingreifen kann.

Es trifft zwar zu, daß ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, der in Form eines Schadenersatzanspruchs dadurch entsteht, daß die unterliegende Partei schuldhaft den eingeklagten Anspruch nicht erfüllt oder sich zu Unrecht eines Anspruchs berühmt hat, aufgrund der Vorschrift des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG in demselben Umfang wie der prozeßrechtliche Kostenerstattungsanspruch beschränkt werden muß. Andernfalls liefe § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG im Ergebnis leer, weil dann regelmäßig die prozeßrechtlich ausgeschlossene Kostenerstattung im Wege des Schadenersatzes wieder verlangt werden könnte. Diese Voraussetzungen sind beim Schadenersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO aber nicht gegeben. Dieser Schadenersatzanspruch beruht nicht darauf, daß der Drittschuldner einer Zahlungspflicht schuldhaft nicht nachkommt und deshalb verklagt wird, sondern darauf, daß er durch schuldhaftes Verhalten den Pfändungsgläubiger von einer nicht bestehenden Zahlungspflicht nicht unterrichtet und dadurch in einen aussichtslosen Prozeß treibt. Folglich geht es im letzteren Fall auch nicht um die Erstattung der Anwaltskosten der obsiegenden, sondern der unterliegenden Partei. Damit scheidet auch ein Konkurrenzverhältnis zwischen prozessualem Kostenerstattungsanspruch und Schadenersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO aus (Schaub, NJW 1968, 480, 483). Von einer Umgehung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG kann daher keine Rede sein.

Das Argument, wenn der die gepfändete Forderung einklagende und wegen Schweigens des Arbeitgebers obsiegende Pfändungsgläubiger keine Erstattung seiner Anwaltskosten für die Leistungsklage verlangen könne, müßte dasselbe erst recht für den wegen einer im Laufe des Prozesses vom Drittschuldner erklärten Auskunft unterliegenden Pfändungsgläubiger gelten, überzeugt nicht. Erteilt der Drittschuldner überhaupt keine Auskunft und obsiegt der Pfändungsgläubiger daher im Einziehungsprozeß, hat er mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil einen vorläufig vollstreckbaren Titel (§ 62 Abs. 1 ArbGG), mit dem er sich im Wege der Zwangsvollstreckung befriedigen kann. Als obsiegender Pfändungsgläubiger, der die Erfüllung seiner Forderung erreicht, muß er die Beschränkung der Kostenerstattung gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG hinnehmen. Dagegen treibt der verspätet Auskunft erteilende Drittschuldner in Fällen der vorliegenden Art den Pfändungsgläubiger nicht in einen erfolgreichen, sondern einen von vornherein aussichtslosen Prozeß, den dieser bei rechtzeitiger Auskunft nicht begonnen hätte. Gerade dieser Umstand rechtfertigt den Anspruch auf Erstattung der nutzlos aufgewandten Anwaltskosten.

Auch der besondere Schutzzweck des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG erfordert nicht den Ausschluß der Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO. § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG will den arbeitsgerichtlichen Prozeß des ersten Rechtszugs verbilligen und "schützt" somit auch den Arbeitgeber, weil ihm die Beschränkung der aufzuwendenden Kosten in gleichem Maße zugute kommt wie dem Arbeitnehmer (ebenso: Germelmann/Matthes/Prütting, aaO, § 12 a Rz 11; a.A. Grunsky, aaO, § 12 a Rz 3 und Anm. zu AP Nr. 10 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten; Becker-Eberhard, aaO, S. 201 f.; Loritz, aaO, S. 126, die den Zweck des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nur im Schutz der Arbeitnehmer sehen). Der Schutzzweck des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG verlangt aber nicht, daß der Arbeitgeber vor Kosten "geschützt" wird, die er einem Dritten, nämlich dem Pfändungsgläubiger, durch eigenes schuldhaftes Verhalten zugefügt hat. Die Erklärungspflicht des § 840 Abs. 1 ZPO ist eine außerhalb des Arbeitsverhältnisses liegende, vom Arbeitgeber als Drittschuldner dem Pfändungsgläubiger selbst geschuldete Obliegenheit, deren Verletzung das Gesetz mit einem Schadenersatzanspruch des Pfändungsgläubigers sanktioniert. Der Arbeitgeber als Drittschuldner hat es selbst in der Hand, durch rechtzeitige Auskunftserteilung die Kosten eines für den Pfändungsgläubiger von vornherein aussichtslosen Prozesses zu vermeiden. Treibt er den Pfändungsgläubiger durch Nichterfüllung seiner Auskunftspflicht in einen aussichtslosen Prozeß, so ist es nicht gerechtfertigt, ihn dafür noch entgegen § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO durch die entsprechende Anwendung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG zu belohnen. Damit wird der Sanktionszweck des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausgehöhlt. Bötticher (Anm. zu AP Nr. 3 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten) spricht mit Recht davon, die Rechtsprechung des Fünften Senats führe zu einer "Prämie für Nachlässigkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber Dritten".

Auch die vom Fünften Senat aus § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG hergeleitete Pflicht der Parteien, den Kostenaufwand eines arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits zu beschränken, rechtfertigt es nicht, die Anwaltskosten nicht zu dem nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu ersetzenden Schaden zu rechnen. Erfüllt der Drittschuldner seine Erklärungspflicht nicht, bleibt dem Pfändungsgläubiger nichts anderes übrig, als die gepfändete Forderung einzuklagen, weil es einen einklagbaren Anspruch auf Auskunft nicht gibt, der Pfändungsgläubiger vielmehr von der Beitreibbarkeit der gepfändeten Forderung ausgehen kann (BGH Urteil vom 17. April 1984 - IX ZR 153/83 - BGHZ 91, 126, 129). In der Beiziehung eines Rechtsanwalts eine den Schadenersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO einschränkende Pflichtverletzung des Pfändungsgläubigers zu sehen, ist mit §§ 11, 11 a ArbGG nicht vereinbar, die den Parteien des Arbeitsgerichtsverfahrens ohne Einschränkung die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gestatten (so zutreffend Lüke, Anm. zu AP Nr. 13 zu § 61 ArbGG 1953 Kosten). Die Anwendung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG auf den Schadenersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO greift deshalb in nicht gerechtfertigter Weise in das zwangsvollstreckungsrechtliche System der Durchsetzung einer Forderungspfändung ein und wird dem Zweck des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht gerecht.

Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Schaub Dr. Freitag Dr. Etzel

Marx Dr. Konow

 

Fundstellen

Haufe-Index 439482

BAGE 65, 139-147 (LT1)

BAGE, 139

BB 1990, 2122

BB 1990, 2122-2123 (LT1)

DB 1990, 1826-1828 (LT1)

NJW 1990, 2643

NJW 1990, 2643-2645 (LT1)

BuW 1991, 78-79 (KT)

EBE/BAG 1990, 122-124 (LT1)

DRsp, IV (424) 140 (ST1)

EWiR 1990, 1037 (L1)

NZA 1991, 27-29 (LT1)

RdA 1990, 317

SAE 1991, 158-161 (LT1)

WM IV 1991, 333-336 (LT1)

WuB, VI E § 840 ZPO 1.91 (LT)

ZAP, EN-Nr 672/90 (S)

ZIP 1990, 1094

ZIP 1990, 1094-1097 (LT1)

AP § 840 ZPO (LT1), Nr 6

AR-Blattei, ES 1130 Nr 67 (LT1)

AR-Blattei, Lohnpfändung Entsch 67 (LT1)

EzA § 840 ZPO, Nr 3 (LT1)

JA 1991, 370-371 (ST)

KKZ 1991, 9-11 (ST)

MDR 1990, 1043-1044 (LT1)

Rbeistand 1991, 96-99 (ST)

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