Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeitverkürzung bei rollierender Arbeitszeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Fällt in einem rollierenden Arbeitszeitsystem mit Fünf- Tage-Woche bei sechstägiger Öffnungszeit der freie Tag auf einen Wochenfeiertag, entsteht nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer im Einzelhandel in Bayern vom 3.5.1985 kein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung, weil der Arbeitnehmer an diesem Tag keinen Arbeitsausfall hat und nur am Feiertag ohne diesen anfallende Arbeitsstunden als geleistet gelten.

 

Normenkette

TVG § 1; FeiertLohnzG § 1

 

Verfahrensgang

LAG München (Entscheidung vom 26.06.1987; Aktenzeichen 8 (9) Sa 677/86)

ArbG München (Entscheidung vom 15.07.1986; Aktenzeichen 11 Ca 6363/86)

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Beklagten, die in Süddeutschland mehrere Bau- und Heimwerker-Märkte betreibt, seit 1. Mai 1983 als Verkäufer im Baumarkt an der B-Straße in München zu einem Bruttoentgelt von zuletzt 2.460,-- DM pro Monat beschäftigt. Aufgrund der zwischen der Beklagten und deren Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung vom 20. Februar 1986 und der hierzu zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat des Bau- und Heimwerker-Marktes München-B-Straße vereinbarten Ergänzung regelt sich die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit der Mitarbeiter dieses Marktes auf die einzelnen Wochentage nach einem (vorwärts)rollierenden System. Danach erhält jeder Mitarbeiter in jeder Woche einen arbeitsfreien Tag, der von Woche zu Woche auf einen anderen Wochentag fällt. Da dieses System von Montag bis einschließlich Samstag praktiziert wird, wurden die Mitarbeiter der Beklagten im Bau- und Heimwerker-Markt B-Straße in sechs Gruppen eingeteilt. Hat beispielsweise die Arbeitsgruppe 1 in der ersten Kalenderwoche des Jahres am Montag einen freien Tag, so ist in der zweiten Kalenderwoche der Dienstag arbeitsfrei und in der folgenden Woche der Mittwoch. In dieser Weise wird das System über das gesamte Jahr hinweg praktiziert. Zu Beginn des Kalenderjahres händigt die Beklagte jedem Mitarbeiter einen aufgrund dieser Regelung erarbeiteten Arbeitszeitplan aus, so daß der Mitarbeiter weiß, an welchen Tagen er im laufenden Jahr frei hat.

Der Kläger, der der Arbeitsgruppe 2 angehört, hatte aufgrund dieser Regelung am 28. März 1986 und am 1. Mai 1986 einen freien Wochentag. Beide Tage waren gesetzliche Feiertage (Karfreitag und 1. Mai).

Mit seiner am 16. Mai 1986 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger für diese beiden Tage Mehrarbeitsvergütung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 272,48 DM sowie die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, soweit ein freier Tag im rollierenden System auf einen gesetzlichen Wochenfeiertag entfällt, die dabei anfallenden Arbeitsstunden nachzugewähren.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach § 6 Ziff. 2 des allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer im Einzelhandel in Bayern vom 3. Mai 1985, gültig ab 1. Januar 1985, dürfe von der grundsätzlichen Geltung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden nur abgewichen werden, wenn sich bei Anwendung des rollierenden Freizeitsystems im Durchschnitt des Kalenderjahres eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden ergebe. § 6 Ziff. 1 Abs. 2 MTV bestimme, daß ein auf einen Werktag fallender gesetzlicher Feiertag die wöchentliche Arbeitszeit um die an diesem Tag anfallenden Arbeitsstunden vermindere. Diese würden als geleistet gelten. Bei einer solchen Regelung sei deshalb die von vornherein festliegende Freizeit aufgrund des gesetzlichen Wochenfeiertages als geleistet zu betrachten. Insoweit würde die 38,5 Stunden-Woche überschritten, wenn nicht das entsprechende Äquivalent an Freizeit gewährt werde. Da die Beklagte für die beiden auf seinen freien Wochentag fallenden gesetzlichen Feiertage keine zusätzliche Freizeit gewährt habe, seien Mehrarbeitsstunden entstanden, die abzugelten seien.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

272,48 DM brutto zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet

ist, soweit ein freier Tag im

rollierenden System auf einen gesetzlichen

Wochenfeiertag entfällt, die dabei anfallenden

Arbeitsstunden nachzugewähren.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der Kläger könne schon deshalb keine Vergütung für die wegen der Feiertage ausgefallene Arbeitszeit verlangen, weil für ihn der Arbeitsausfall nicht auf dem gesetzlichen Feiertag beruhe, sondern aufgrund seines planmäßigen freien Tages eintrete. Der Kläger habe auch keine Mehrarbeit i.S. von § 7 Ziff. 1 MTV geleistet, so daß ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nicht entstanden sei. Nach § 6 Ziff. 1 Abs. 2 MTV würde nämlich nur die Arbeitszeit als geleistet gelten, die an diesem Feiertag für den einzelnen Arbeitnehmer angefallen wäre, wenn er gearbeitet hätte. Beim Kläger seien aber keine Arbeitsstunden angefallen, da er wegen seines freien Wochentages zur Arbeitsleistung nicht verpflichtet gewesen sei. Diese Vorschrift habe zudem - wie sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergebe - ausschließlich den Sinn und Zweck, es der Arbeitgeberseite unmöglich zu machen, bei einer Woche mit gesetzlichem Wochenfeiertag die ausfallenden Arbeitsstunden vor- bzw. nacharbeiten zu lassen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz hat der Kläger seinen Feststellungsantrag in folgender Form zur Entscheidung gestellt:

Es wird festgestellt, daß sich die Wochenarbeitszeit

des Klägers, dann, wenn ein freier Tag im rollierenden

System auf einen Wochenfeiertag fällt, um die Arbeitsstunden

vermindert, die beim Kläger angefallen wären,

wenn er an diesem Tag nicht seinen freien Tag im

rollierenden System gehabt hätte.

Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision war zurückzuweisen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Der vom Kläger in zweiter Instanz gestellte Feststellungsantrag ist zulässig. Mit seiner Leistungsklage verlangt der Kläger nur Vergütung für die gesetzlichen Wochenfeiertage des Karfreitag und des 1. Mai 1986. Sein Feststellungsbegehren erstreckt sich dagegen auf künftig mit freien Wochentagen zusammenfallende gesetzliche Wochenfeiertage und deren Auswirkung auf die Wochenarbeitszeit. Die Frage, ob sich mit freien Tagen zusammenfallende Wochenfeiertage auf die Wochenarbeitszeit auswirken und wie sie gegebenenfalls zu vergüten sind, ist Bestandteil des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses und damit als rechtliche Beziehung zwischen den Arbeitsvertragsparteien aus einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis zur Feststellung für die Zukunft geeignet. Da der Kläger auch weiterhin in einem rollierenden System mit freien Tagen arbeitet, kann der freie Tag auch in Zukunft wieder mit einem gesetzlichen Wochenfeiertag zusammenfallen. Weil die Beklagte die Mehrarbeitsvergütung für diesen dann ausfallenden Tag verweigert, kann der Kläger auch für die Zukunft feststellen lassen, ob diese Rechtsfolge bei der Durchführung des rollierenden Systems bei der Beklagten auch für die folgenden Fälle eintritt. Daran besteht ein rechtliches Interesse des Klägers (§ 256 Abs. 1 ZPO).

Dem Kläger steht jedoch ein Anspruch auf die begehrte Mehrarbeitsvergütung weder für den Karfreitag und den 1. Mai 1986 noch für die Zukunft zu. In der Revisionsinstanz geht der Kläger selbst davon aus, daß ein solcher Anspruch nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen besteht. Mit Recht hat dazu das Landesarbeitsgericht ausgeführt, daß ein Anspruch auf Feiertagsbezahlung nur dann entsteht, wenn der Feiertag die alleinige Ursache des Arbeitsausfalles ist (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. BAGE 1, 241; 8,80; 42, 324 = AP Nr. 1, Nr. 6, Nr. 39 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; Urteil vom 5. Februar 1965 - 3 AZR 497/63 - AP Nr. 17 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; BAGE 44, 160 = AP Nr. 41 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG). Danach steht fest, daß vorliegend ein Anspruch auf Feiertagsvergütung nicht besteht, weil der Kläger an diesen Tagen dienstplanmäßig von der Arbeit freigestellt war. Das gehört zu den Gründen, die die Arbeit am Feiertag nicht wegen des Feiertages, sondern wegen der ohnehin erfolgenden Freistellung ausfallen läßt.

Aber auch aus § 7 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer im Einzelhandel in Bayern (MTV) vom 3. Mai 1985 entsteht entgegen der Auffassung des Klägers kein Anspruch auf die begehrte Mehrarbeitsvergütung, wie das Landearbeitsgericht zutreffend festgestellt hat. Die Parteien sind an diesen Tarifvertrag gebunden; er ist auch durch Erklärung vom 23. Dezember 1985 mit Wirkung vom 1. Januar 1985 für allgemeinverbindlich erklärt worden (BANz. Nr. 25 vom 6. Februar 1986, S. 1399). Die Vorschrift des § 7 Ziffer 1 MTV lautet:

"Mehrarbeit ist die über die gemäß § 6 Ziffer 1 bis 4

festgelegte regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete

Arbeit."

Dazu bestimmt § 6 Ziffer 1 und 2 MTV:

"Arbeitszeit und Pausen

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt

ausschließlich der Pausen 40 Stunden, ab 1. Januar

1986 38,5 Stunden.

Fällt ein gesetzlicher Feiertag auf einen Werktag,

so vermindert sich die regelmäßige wöchentliche

Arbeitszeit um die an diesem Tag anfallenden

Arbeitsstunden, die als geleistet gelten.

2. Eine von Ziffer 1 abweichende Einteilung der regelmäßigen

wöchentlichen Arbeitszeit ist unter Berücksichtigung

der betrieblichen Erfordernisse zulässig,

sofern die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit

auf die einzelnen Werktage sowie die Festlegung der

Pausen in Betrieben mit einem Betriebsrat durch

Betriebsvereinbarung, in Betrieben ohne Betriebsrat

durch Einzelarbeitsverträge vereinbart wird, wobei

zur Erreichung von zusammenhängenden Freizeiten mindestens

ein halber Arbeitstag - die Wochenarbeitszeit

so einzuteilen ist, daß

a) sich bei im voraus festgelegten Freizeiten, z.B.

rollierenden Freizeitsystem oder bei festen

Freizeittagen bzw. Freizeithalbtagen im Durchschnitt

eines Kalenderjahres eine wöchentliche

Arbeitszeit von 38,5 Stunden ergibt.

....."

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beträgt bei der Beklagten in Übereinstimmung mit dieser tariflichen Regelung die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nicht jeweils 38,5 Stunden, da durch das rollierende Freizeitsystem unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten insbesondere dann anfallen, wenn der planmäßige freie Tag auf einen Samstag fällt. Zutreffend weist das Landesarbeitsgericht dazu auch darauf hin, daß nach der Ergänzung zur Betriebsvereinbarung die Arbeitszeiten der verschiedenen Gruppen von Woche zu Woche wechseln. Damit ist von der in § 6 Ziffer 2 a MTV vorgesehenen Regelung Gebrauch gemacht worden, daß die Arbeitszeit abweichend verteilt werden kann, wenn sie wöchentlich im Jahresdurchschnitt 38,5 Stunden insgesamt ausmacht. Nach der Ergänzung der Gesamtbetriebsvereinbarung ist eine Jahresarbeitszeit von 2004 Stunden zu erbringen. Bei 52 Wochen pro Jahr ergibt das eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist bei der Errechnung des Durchschnitts nach § 6 Ziffer 2 a MTV die an einem gesetzlichen Feiertag anfallende Arbeitszeit dann nicht als geleistet zu berücksichtigen, wenn an diesem Tag der freie Tag nach dem bestehenden rollierenden System anfällt. Nach § 6 Ziffer 1 Abs. 2 MTV vermindert sich vielmehr die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nur dann, wenn ein gesetzlicher Feiertag auf den Werktag fällt und an diesem Werktag sonst Arbeitsstunden anfallen. Nur diese ohne den Feiertag angefallenen Arbeitsstunden gelten als geleistet. Schon aus dem Tarifwortlaut als maßgeblichen Auslegungsmaßstab (vgl. BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung) ergibt sich, daß nur die Arbeitsstunden als geleistet gelten, die aus Anlaß des Feiertages ausfallen. Dies folgt aus der Formulierung "um die an diesem Tag anfallenden Arbeitsstunden". Man kann zwar mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgehen, daß diese Formulierung sprachlich nicht ganz korrekt ist, weil an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag Arbeitsstunden üblicherweise nicht anfallen. Die Vorschrift besagt aber, daß solche Stunden als geleistet gelten, die angefallen wären, wenn gearbeitet worden wäre. Die Worte "an diesem Tag" beziehen sich nämlich auf den Werktag, auf den der gesetzliche Feiertag fällt. Dann können mit den "an diesem Tag anfallenden Arbeitsstunden" nur die Stunden gemeint sein, die zu leisten gewesen wären, wenn an diesem Tag kein gesetzlicher Feiertag gewesen wäre. Das ist besonders in den Fällen einleuchtend, in denen an den einzelnen Werktagen wie an Samstagen unterschiedliche Arbeitszeiten geleistet werden. Fällt daher der Feiertag auf einen Samstag, ist eine andere Zahl von Arbeitsstunden als geleistet anzusehen als an anderen Werktagen, an denen voll gearbeitet wird.

Demgegenüber wendet die Revision zu Unrecht ein, daß § 6 Ziffer 1 Abs. 2 MTV nicht auf das konkrete Einzelarbeitsverhältnis, sondern auf die abstrakte betriebliche Regelung abstelle. Sie meint, es komme nicht darauf an, ob einzelne Arbeitnehmer an dem durch den gesetzlichen Feiertag ausgefallenen Wochenarbeitstag gearbeitet hätten, sondern ob im Betrieb an diesem Tage gearbeitet worden wäre. Das folgert die Revision aus dem Wesen der normativen Bestimmungen eines Tarifvertrages und daraus, daß es sich bei § 6 MTV um eine Betriebsnorm handele.

Obwohl richtig ist, daß tarifliche Normen im Regelfalle abstrakten, generellen Charakter haben, regeln sie gleichwohl in solcher Weise den Inhalt des einzelnen Arbeitsverhältnisses. Die Regelung der Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, wie sie in § 6 Ziffer 1 Abs. 1 MTV erfolgt ist, ist geradezu eine klassische Inhaltsnorm eines Tarifvertrages. Wenn Abs. 2 dieser Vorschrift regelt, wie sich ein Wochenfeiertag auf die geschuldete Arbeitszeit auswirkt, ist diese Vorschrift ebenfalls eine Inhaltsnorm. Sie regelt die Auswirkungen des Wochenfeiertages auf das Einzelarbeitsverhältnis. Es handelt sich damit bei § 6 MTV nicht um eine Betriebsnorm, die die Organisationsgewalt zum Regelungsgegenstand hat. § 6 MTV regelt nicht die Lage der Arbeitszeit, sondern setzt eine solche Regelung voraus. Er bestimmt, daß dann, wenn die Arbeitszeit anders verteilt wurde, sich für den einzelnen Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt eine Arbeitszeit von 38,5 Stunden ergeben muß. Auch das ist eine den Inhalt des einzelnen Arbeitsverhältnisses regelnde Norm. Auch wenn sich diese Vorschriften auf alle vom Geltungsbereich erfaßten Arbeitsverhältnisse auswirken, folgt daraus noch nicht, daß sie zu gleichen Ergebnissen führt. Das Wesen einer generellen Norm liegt darin, daß sie für einen bestimmten Sachverhalt eine bestimmte Rechtsfolge anordnet. Bei unterschiedlichen Sachverhalten können sich daraus unterschiedliche Rechtsfolgen im Einzelfall ergeben. Das wird besonders dann deutlich, wenn der Wochenarbeitsfeiertag auf einen Samstag oder einen anderen Arbeitstag fällt, weil dann im jeweiligen Fall unterschiedliche Arbeitszeiten ausfallen. Unterschiede ergeben sich dann vor allem aber daraus, daß an gesetzlichen Wochenfeiertagen diejenigen Arbeitnehmer keinen Arbeitsausfall haben, die an diesem Tag ohnehin nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wären, weil sie an diesem Tag ihren freien Tag haben.

Es ist auch sonst nicht ersichtlich, daß die Auswirkung der auf Werktage fallenden gesetzlichen Wochenfeiertage betriebsbezogen geregelt werden sollte. Der Betrieb bildet keinen Bezugspunkt in der Regelung des § 6 MTV. Das ist insbesondere aus § 6 Ziffer 2 MTV zu entnehmen, weil die dort festgelegte durchschnittliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden keine betriebliche durchschnittliche Arbeitszeit, sondern eine persönliche durchschnittliche Arbeitszeit für das Gesamtjahr ist. Für den einzelnen Arbeitnehmer muß danach im Jahresdurchschnitt die Arbeitszeit 38,5 Stunden pro Woche betragen. Damit ist eine andere Regelung getroffen als etwa die Arbeitszeitverkürzung in der Metallindustrie, bei der die Wochenarbeitszeit der einzelnen Arbeitnehmer unterschiedlich festgelegt werden kann und nur die betriebliche durchschnittliche Arbeitszeit 38,5 Stunden betragen muß.

Bezieht sich aber damit der Begriff der anfallenden Arbeitsstunden auf das konkrete Arbeitsverhältnis des einzelnen Arbeitnehmers, sind die an diesem Tag anfallenden Arbeitsstunden die Stunden, die der Arbeitnehmer an diesem Tage leisten müßte, wenn kein gesetzlicher Feiertag wäre. Nur solche Arbeitsstunden gelten nach § 6 Ziffer 1 Abs. 2 MTV als geleistet und sind in die Durchschnittsberechnung des § 6 Ziffer 2 a MTV einzubeziehen.

Diese Regelung entspricht auch allein dem Sinn und Zweck der tariflichen Arbeitszeitverkürzung. Die wöchentliche Arbeitszeit sollte damit wenigstens im Jahresdurchschnitt auf 38,5 Stunden begrenzt werden. Würde man für Feiertage, die auf einen freien Tag fallen, zusätzlich die ausgefallenen Arbeitsstunden ansetzen, so ergäbe sich eine verlängerte Wochenarbeitszeit, die gerade durch die tarifliche Regelung verhindert werden sollte. Es soll erreicht werden, daß immer die zu leistende Arbeit für den Arbeitnehmer im Durchschnitt 38,5 Stunden pro Woche beträgt. Arbeiten aber die Arbeitnehmer trotz des Wochenfeiertages schon an allen anderen Wochenarbeitstagen voll, weil sie an dem Feiertag ihren freien Tag haben, würde für sie jeweils die 38,5-Stunden-Woche überschritten werden müssen. Eine solche Regelung wäre der tariflich vorgesehenen Arbeitszeitverkürzung fremd. Es wäre zwar möglich, sie durch die Gewährung eines zusätzlichen freien Tages für den Wochenfeiertag auszugleichen; dann aber wäre das rollierende System beeinträchtigt, weil nicht mehr alle Gruppen gleichmäßig und über das Jahr hinweg eingesetzt würden. Insoweit kann man in dieser Regelung entgegen der Auffassung der Revision auch keine entscheidende Benachteiligung der in einem solchen rollierenden System arbeitenden Arbeitnehmer sehen. Die tarifliche Regelung sollte vielmehr bewirken, daß Arbeitnehmer an Feiertagen ausfallende Arbeitszeit nicht vor- oder nacharbeiten müssen. Das wird dadurch erreicht, daß die ausgefallenen Arbeitsstunden als geleistet fingiert werden. Fallen jedoch an dem Wochenfeiertag keine Arbeitsstunden an, ist kein Raum für die Fiktion und kommt auch ein Vor- und Nachholen nicht in Betracht, weil ohnehin nicht gearbeitet worden wäre. Der Arbeitnehmer erhält den ihm zustehenden freien Tag, auch wenn auf diesen Tag ein Feiertag fällt.

Die Revision war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Freitag

Koerner Dr. Reinfeld

 

Fundstellen

Haufe-Index 439543

DB 1988, 1498-1499 (LT1)

NZA 1988, 587-489 (LT1)

RdA 1988, 256

AP § 1 TVG, Nr 19

AR-Blattei, Arbeitszeit I Entsch 9 (LT1)

AR-Blattei, ES 240.1 Nr 9 (LT1)

AR-Blattei, ES 710 Nr 57 (LT1)

AR-Blattei, Feiertage Entsch 57 (LT1)

EzA § 4 TVG Einzelhandel, Nr 8 (LT1)

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