Entscheidungsstichwort (Thema)

Benachteiligung wegen des Alters. Auswahlverfahren. Entschädigung. Vermutung der Benachteiligung. Stellenausschreibung. mittelbare Benachteiligung. Rechtfertigung. Widerlegung der Vermutung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Darlegungs- und Beweislast für die die Rechtfertigung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG begründenden Tatsachen trägt der Arbeitgeber.

 

Orientierungssatz

1. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in

2. § 3 Abs. 2 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2000/78/EG – und entsprechender Bestimmungen weiterer Richtlinien – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen. Nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG ist bereits der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung nicht erfüllt, wenn diejenigen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die mittelbare Diskriminierungen bewirken können, durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

3. Das mit den neutralen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren verfolgte „rechtmäßige” Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, muss zwar kein „legitimes” Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG sowie von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung sein, sondern schließt andere von der Rechtsordnung anerkannte Gründe für die Verwendung des neutralen Kriteriums ein. Es muss sich aber um ein objektives Ziel handeln, das selbst nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des verbotenen Anknüpfungsgrundes nach § 1 AGG zu tun hat. Rechtmäßige Ziele in diesem Sinne können also nur solche sein, die nicht ihrerseits diskriminierend sind und die auch ansonsten legal sind. Wird ein wirtschaftlicher Grund als objektives Ziel angeführt, kommt nur ein objektiv gerechtfertigter wirtschaftlicher Grund in Frage. Der für die Ungleichbehandlung angeführte Grund muss einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entsprechen.

4. Zudem müssen die differenzierenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels erforderlich und angemessen sein. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen. Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Satz 2 Halbs. 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, sie also dafür geeignet sind, sie zudem im Hinblick auf die Erreichung dieses Ziels erforderlich sind, was nur angenommen werden kann, wenn dieses Ziel durch andere geeignete und weniger einschneidende Mittel nicht erreicht werden kann, und wenn die Mittel ferner im Hinblick auf das angestrebte Ziel angemessen sind, was bedeutet, dass die Mittel nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der Personen führen, die wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden.

5. Die Darlegungs- und Beweislast für die die Rechtfertigung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG begründenden Tatsachen trägt der Arbeitgeber. Dies ergibt die Auslegung von § 3 Abs. 2 AGG unter Berücksichtigung der Vorgaben des Unionsrechts.

 

Normenkette

AGG §§ 1, 3 Abs. 1-2, § 6 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 9-11, 15 Abs. 1-2, 4, § 22; Richtlinie 2000/78/EG Art. 2 Abs. 2 Buchst. b), Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 6, 10; Richtlinie 2000/43/EG Art. 8; Richtlinie 2006/54/EG Art. 19

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 09.06.2015; Aktenzeichen 16 Sa 1279/14)

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 14.11.2014; Aktenzeichen 14 Ca 4050/14)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2015 – 16 Sa 1279/14 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

Der Kläger, der zum Zeitpunkt seiner Bewerbung bei der Beklagten 36 Jahre alt war, verfügt über eine Ausbildung zum Industriekaufmann und über eine mehr als zehnjährige Berufserfahrung; er übte Tätigkeiten als Buchhalter, Finanzbuchhalter und Debitorenbuchhalter aus.

Die Beklagte betreibt ein Reiseinformationsportal im Internet. Sie hat rund 400 Beschäftigte, deren Durchschnittsalter bei 27 Jahren liegt. Zu Beginn des Jahres 2014 veröffentlichte sie die folgende Stellenanzeige:

„Junior Sachbearbeiter Kreditorenbuchhaltung (m/w)

Für unseren Hauptsitz in D suchen wir eine Person, die gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommt und Freude daran hat, gelerntes Wissen in einem einzigartigen Unternehmen einzubringen. In dieser Funktion unterstützt du das Finance Team in der Kreditorenbuchhaltung und erhältst dadurch spannende Einblicke in die Buchhaltungsprozesse eines internationalen Unternehmens.

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Dein Profil:

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…”

Der Kläger bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle online. Seinem Bewerbungsschreiben vom 11. Februar 2014 fügte er einen tabellarischen Lebenslauf bei.

Mit E-Mail vom 19. Februar 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit:

„Hallo P,

wir freuen uns, dass Du gerne Teil des t-Teams werden möchtest.

Für die ausgeschriebene Stelle „Junior Sachbearbeiter Kreditorenbuchhaltung (m/w)” haben sich mehrere Bewerber gemeldet, daher hat es etwas gedauert, bis wir uns entschieden haben. Leider ist Deine Bewerbung nicht in die nähere Auswahl gekommen.

Diesmal hat es nicht geklappt, aber wir sind regelmäßig auf der Suche nach qualifizierten Bewerbern und veröffentlichen alle freien Stellen auf unserer Homepage. Schau bei Gelegenheit doch wieder vorbei.

Viel Erfolg für Deine weitere Suche!

Freundliche Grüße

…”

Mit Schreiben vom 17. April 2014, der Beklagten zugegangen am 19. April 2014, machte der Kläger gegenüber der Beklagten erfolglos einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. 7.500,00 Euro geltend.

Mit seiner am 3. Juli 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 10. Juli 2014 zugestellten Klage hat der Kläger sein Begehren nach Zahlung einer Entschädigung iHv. 7.500,00 Euro weiter verfolgt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn entgegen den Vorgaben von § 7 Abs. 1 AGG wegen seines Alters benachteiligt. Dies folge bereits daraus, dass die Beklagte mit ihrer Stellenanzeige einen „Junior Sachbearbeiter” Kreditorenbuchhaltung gesucht habe, der zudem „frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung” kommt. Typischerweise seien dies Personen im Alter bis zu ca. 26 Jahren. Hierdurch würden ältere Personen – wie er – benachteiligt. Insgesamt zeige die Stellenanzeige der Beklagten, dass diese ihre junge Unternehmensstruktur mit einem Durchschnittsalter von 27 Jahren beibehalten wolle. Eine Rechtfertigung für die in der Stellenausschreibung genannten Anforderungen sei nicht gegeben.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.750,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. April 2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne die Vermutung, dass er wegen seines Alters benachteiligt worden sei, nicht auf die Stellenausschreibung stützen. Diese verstoße nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Mit der Stellenbezeichnung „Junior Sachbearbeiter” werde lediglich eine Ebene in der unternehmensinternen Hierarchie bezeichnet. Ein „Junior Sachbearbeiter” trage im Verhältnis zu einem „Senior Sachbearbeiter”, den sie im Übrigen auch beschäftige, eine geringere Verantwortung. Die Anforderung, wonach die gesuchte Person „frisch gebacken aus der kaufmännischen Ausbildung” kommen sollte, könne auch ein Quereinsteiger erfüllen, der erst in höherem Alter eine entsprechende Ausbildung absolviert habe. Desungeachtet seien die Anforderungen in der Stellenausschreibung gerechtfertigt. Sie habe ein rechtlich geschütztes Interesse daran, die bei ihr vorhandene Unternehmenshierarchie aufrecht zu erhalten. Dies rechtfertige es, zwischen erfahrenen und weniger erfahrenen Mitarbeitern zu differenzieren. Eine solche Differenzierung sei erforderlich, um der weitergehenden Verantwortung und Entscheidungskompetenz Rechnung zu tragen, die mit übergeordneten Positionen verbunden sei und für die regelmäßig eine durch längere Tätigkeit im Betrieb erworbene Kenntnis der betrieblichen Abläufe vorausgesetzt werde. Besetze sie die Stelle eines „Junior Sachbearbeiters” mit einem Bewerber, der – wie der Kläger – über eine mehrjährige Berufserfahrung verfüge, würde diese hierarchische Ordnung im Unternehmen gestört. Konflikte durch eine mangelnde Unterordnung unter die „Senior Sachbearbeiter” und Rangordnungskämpfe zwischen den in der Buchhaltung beschäftigten „Junior Sachbearbeitern” und „Senior Sachbearbeitern” wären zu befürchten. Zudem bestünde die Gefahr, dass ein berufserfahrener „Junior Sachbearbeiter” infolge mangelnder Auslastung frustriert werde. Demgegenüber spreche ein erst kürzlich erfolgter Ausbildungsabschluss – bei mittel-/langfristiger Aufstiegschance – für eine bessere Unterordnung und Formbarkeit nach ihren eigenen unternehmerischen Vorstellungen und für eine größere Nähe zu den in der Ausbildung erworbenen theoretischen Kenntnissen.

Im Übrigen sei der Kläger mit einer mehr als zehnjährigen Berufserfahrung in der Buchhaltung, die die ihrer „Senior Sachbearbeiter” übersteige, für eine Stelle als „Junior Sachbearbeiter” objektiv ungeeignet. Es komme hinzu, dass er mit dem von ihm genannten Jahreseinkommen iHv. 42.000,00 Euro völlig überzogene Gehaltsvorstellungen geäußert habe. Tatsächlich belaufe sich das Jahresgehalt eines „Junior Sachbearbeiters” bei ihr auf 28.000,00 Euro.

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung iHv. 2.750,00 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Es hat zu Recht angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte nach § 15 Abs. 2 AGG einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung iHv. 2.750,00 Euro hat. Die Stellenausschreibung der Beklagten enthält eine Anforderung, durch die ältere Personen – wie der Kläger – gegenüber jüngeren Personen mittelbar benachteiligt werden iSv. § 3 Abs. 2 AGG und begründet deshalb die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger, der durch die Absage der Beklagten eine ungünstigere Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG erfahren hat als der letztlich eingestellte Bewerber, entgegen §§ 1, 7 Abs. 1 AGG wegen seines Alters unmittelbar diskriminiert wurde. Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Die Beklagte hat auch nicht dargetan, dass die unmittelbare Diskriminierung, die der Kläger wegen seines Alters erfahren hat, ausnahmsweise nach § 8 Abs. 1, § 10 AGG zulässig ist. Über die Höhe der Entschädigung streiten die Parteien nicht.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der persönliche Anwendungsbereich des AGG eröffnet ist. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff (vgl. näher ua. BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 62). Die Beklagte ist Arbeitgeber iSv. § 6 Abs. 2 AGG.

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).

III. Der Kläger wurde dadurch, dass er von der Beklagten nicht eingestellt wurde, auch iSv. § 3 AGG benachteiligt. Allerdings wurde er durch die Nichteinstellung – entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts – nicht mittelbar iSv. § 3 Abs. 2 AGG, sondern unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt.

Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Demgegenüber liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Letzteres ist der Fall, denn der Kläger hat durch die Nichteinstellung eine ungünstigere Behandlung erfahren als der letztlich von der Beklagten eingestellte Bewerber.

IV. Der Kläger hat die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG auch wegen seines Alters erfahren. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Formulierung in der Stellenausschreibung, mit der eine Person gesucht wurde, die „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommt”, mangels einer Rechtfertigung (§ 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG) ältere Personen – wie den Kläger – gegenüber jüngeren Personen mittelbar benachteiligt iSv. § 3 Abs. 2 AGG und deshalb die Vermutung iSv. § 22 AGG begründet, dass der Kläger entgegen §§ 1, 7 Abs. 1 AGG wegen seines Alters unmittelbar diskriminiert wurde iSv. § 3 Abs. 1 AGG. Ebenso revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Beklagte diese Vermutung nicht widerlegt hat.

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen verbietet.

a) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst allerdings nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Für den Kausalzusammenhang ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht – gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder” des Verhaltens – handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 62; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 53; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 34 mwN).

b) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 mwN; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN).

aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist (vgl. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 24; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN). Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; vgl. auch EuGH 19. April 2012 – C-415/10 – [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 31 mwN).

bb) Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 85; 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 – C-54/07 – [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 24; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 mwN; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN).

c) Schreibt der Arbeitgeber eine Stelle entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG aus, so kann dies die Vermutung iSv. § 22 AGG begründen, dass der/die erfolglose Bewerber/in im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines Grundes iSv. § 1 AGG benachteiligt wurde. Zwar verweist § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG, allerdings muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und damit ein Verstoß gegen § 11 AGG nicht vorliegt, wenn eine mögliche mittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG oder eine unmittelbare Benachteiligung nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig ist (näher etwa BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 55).

d) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die vom jeweiligen Kläger/von der jeweiligen Klägerin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, sind nur eingeschränkt revisibel. In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf zu überprüfen, ob das Landesarbeitsgericht sich den Vorgaben von § 286 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 17. März 2016 – 8 AZR 677/14 – Rn. 33 mwN).

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass Indizien vorliegen, die eine unzulässige Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters vermuten lassen.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Formulierung in der Stellenausschreibung, mit der die Stelle eines „Junior Sachbearbeiter Kreditorenbuchhaltung (m/w)” ausgeschrieben wurde, wegen der Verwendung des Begriffs „Junior” eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters bewirkt oder ob es sich – wie die Beklagte meint – um eine altersunabhängige branchentypische Stellenbeschreibung handelt, mit der lediglich die konkrete Stellung in der Betriebs- bzw. Unternehmenshierarchie bezeichnet wird. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Formulierung in der Stellenausschreibung, mit der eine Person gesucht wurde, die „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommt”, ältere Personen gegenüber jüngeren Personen mittelbar benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG und dass diese Anforderung nicht nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG gerechtfertigt ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Formulierung in der Stellenausschreibung, mit der eine Person gesucht wurde, die „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommt”, ältere Personen gegenüber jüngeren Personen mittelbar benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

aa) Die Auslegung veröffentlichter Stellenanzeigen durch das Landesarbeitsgericht unterliegt – wie die Auslegung typischer Willenserklärungen bzw. Allgemeiner Geschäftsbedingungen – der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Unter einer Ausschreibung iSv. § 11 AGG ist die an eine unbekannte Vielzahl von Personen gerichtete Aufforderung eines Arbeitgebers zu verstehen, sich auf die ausgeschriebene Stelle zu bewerben (vgl. Suckow in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 11 Rn. 13; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 11 Rn. 10). Danach ist die Stellenausschreibung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers zugrunde zu legen sind (vgl. etwa BAG 16. Dezember 2015 – 5 AZR 567/14 – Rn. 12).

bb) Die in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderung „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung” kann ältere Personen gegenüber jüngeren Personen in besonderer Weise benachteiligen iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG. Sie bewirkt, soweit es an einer Rechtfertigung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG fehlt, eine mittelbare Diskriminierung wegen des höheren Lebensalters.

(1) Gerade „frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung” kommen typischerweise Bewerber/innen, die keine bzw. kaum Berufserfahrung haben. Zudem heißt es im Abschnitt „Dein Profil” der Stellenausschreibung, dass der Bewerber/die Bewerberin „eine kaufmännische Ausbildung erfolgreich abgeschlossen” hat und „dadurch erste Erfahrungen im Bereich Rechnungswesen sammeln” konnte. Auch damit wird unterstrichen, dass Bewerber/innen ohne Erfahrung in dem Ausbildungsberuf gesucht werden.

(2) Die Anforderung „ohne nennenswerte Berufserfahrung”, ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – mittelbar iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter” verknüpft. Denn bei der Berufserfahrung handelt es sich um ein Kriterium, das dem Anschein nach neutral ist iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG. Unmittelbar wird damit nicht auf ein bestimmtes Alter Bezug genommen. Jedoch ist das Kriterium der Berufserfahrung mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter” verbunden. Bewerber/innen mit einer (längeren) Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit erster oder kurzer Berufserfahrung typischerweise ein höheres Lebensalter auf (vgl. nur BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 73; 18. August 2009 – 1 ABR 47/08 – Rn. 33, BAGE 131, 342).

(3) Da die Beklagte mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung” signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, ist diese Anforderung geeignet, ältere gegenüber jüngeren Personen wegen des Alters in besonderer Weise zu benachteiligen. Typischerweise werden ältere Personen allein wegen dieser Anforderung häufig von vornherein von einer Bewerbung absehen. Daran ändert es nichts, dass es gelegentlich – aber nicht typischerweise – Quereinsteiger gibt.

(4) Aus der Entscheidung des Senats vom 24. Januar 2013 (– 8 AZR429/11 – Rn. 41) folgt entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nichts Abweichendes. In diesem Urteil hat der Senat eine Stellenausschreibung, die neben den Kriterien „Hochschulabsolvent” und „Berufsanfänger” auch das Kriterium „Young Professionels” enthielt, nicht dahin gewürdigt, dass die Anforderungen „Hochschulabsolvent” und „Berufsanfänger” keine mittelbare Diskriminierung iSv. § 3 Abs. 2 AGG bewirken können, sondern angenommen, dass die Formulierungen in ihrer Zusammenschau eine unmittelbare Diskriminierung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen des Alters bewirkten.

b) Auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Anforderung in der Stellenausschreibung „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommend” nicht gerechtfertigt ist iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG läge eine mittelbare Benachteiligung dann nicht vor, wenn das dem Anschein nach neutrale Anforderungskriterium der Stellenanzeige „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommend”, das Personen – wie den Kläger – wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter” gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen kann, durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt wäre und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich wären.

(1) § 3 Abs. 2 AGG dient der Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2000/78/EG – und entsprechender Bestimmungen weiterer Richtlinien – in das nationale Recht. § 3 Abs. 2 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit den Richtlinien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen. Danach ist bereits der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung nicht erfüllt, wenn diejenigen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die mittelbare Diskriminierungen bewirken können, durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Sie entgehen dann der Qualifikation als Diskriminierung (so ausdrücklich EuGH 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 59, Slg. 2009, I-1569).

(2) Das mit dem neutralen Kriterium verfolgte „rechtmäßige” Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, muss zwar kein „legitimes” Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG sowie von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung sein, sondern schließt andere von der Rechtsordnung anerkannte Gründe für die Verwendung des neutralen Kriteriums ein. Es muss sich aber um ein objektives Ziel handeln, das selbst nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des verbotenen Anknüpfungsgrundes nach § 1 AGG zu tun hat (vgl. etwa EuGH 20. März 2003 – C-187/00 – [Kutz-Bauer] Rn. 50 mwN, Slg. 2003, I-2741; 17. Juni 1998 – C-243/95 – [Hill und Stapleton] Rn. 34 mwN, Slg. 1998, I-3739). Rechtmäßige Ziele in diesem Sinne können also nur solche sein, die nicht ihrerseits diskriminierend sind und die auch ansonsten legal sind (vgl. BAG 12. November 2013 – 9 AZR 484/12 – Rn. 19; 20. Juni 2013 – 6 AZR 907/12 – Rn. 49; 28. Januar 2010 – 2 AZR 764/08 – Rn. 19, BAGE 133, 141). Wird ein wirtschaftlicher Grund als objektives Ziel angeführt, kommt nur ein objektiv gerechtfertigter wirtschaftlicher Grund in Frage (EuGH 31. März 1981 – C-96/80 – [Jenkins] Rn. 12, Slg. 1981, 911). Der für die Ungleichbehandlung angeführte Grund muss einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entsprechen (EuGH 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 67, Slg. 2001, I-4961).

(3) Zudem müssen die differenzierenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels erforderlich und angemessen sein. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. ua. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 113 ff.; zu den gleichlautenden Begriffen in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. etwa EuGH 9. September 2015 – C-20/13 – [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 55 f.; 22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] Rn. 62, Slg. 2005, I-9981). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, sie also dafür geeignet sind, sie zudem im Hinblick auf die Erreichung dieses Ziels erforderlich sind, was nur angenommen werden kann, wenn dieses Ziel durch andere geeignete und weniger einschneidende Mittel nicht erreicht werden kann, und wenn die Mittel ferner im Hinblick auf das angestrebte Ziel angemessen sind, was bedeutet, dass die Mittel nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der Personen führen, die wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden (EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 118 ff., 122 ff.; zu den gleichlautenden Begriffen in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. EuGH 9. September 2015 – C-20/13 – [Unland] aaO; 26. Februar 2015 – C-515/13 – [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25 ff., 44; 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 56, 59 ff.; 5. Juli 2012 – C-141/11 – [Hörnfeldt] Rn. 38 ff.; 22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981).

(4) Die Darlegungs- und Beweislast für die die Rechtfertigung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG begründenden Tatsachen trägt entgegen der – sich auf einzelne Stimmen in der Literatur (Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 3 Rn. 94 mwN; Bauer/Krieger AGG 4. Aufl. § 3 Rn. 37) stützenden – Auffassung des Landesarbeitsgerichts allerdings nicht der Beschäftigte, sondern der Arbeitgeber (vgl. ua. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 116 f.; BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 477/14 – Rn. 80 ff.).

Bei § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG handelt es sich um eine für den Arbeitgeber günstige Bestimmung, weshalb diesen bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in dieser Regelung enthaltenen Voraussetzungen trifft. Für eine solche Auslegung von § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG spricht bereits die Formulierung „es sei denn”, mit der – wortgleich mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. b) Halbs. 2 Ziff. i der Richtlinie 2000/78/EG – eine Ausnahme von dem in § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG niedergelegten Grundsatz eingeleitet wird. Entscheidend kommt hinzu, dass der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung nicht erfüllt ist, wenn diejenigen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die mittelbare Diskriminierungen bewirken können, durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entstehungsgeschichte von § 3 Abs. 2 AGG. Zwar ist der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung davon ausgegangen, dass der sehr weite Anwendungsbereich, der von § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG eröffnet werde, nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG einer Einschränkung bedürfe, für die der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast trage (BT-Drs. 16/1780 S. 33). Diese Vorstellung des nationalen Gesetzgebers ist jedoch unbeachtlich (ebenso BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 477/14 – Rn. 81). Eine Auslegung von § 3 Abs. 2 AGG dahin, dass der Arbeitnehmer, der den Grund für die neutralen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren iSv. § 3 Abs. 2 AGG regelmäßig nicht kennt, darzulegen und zu beweisen hätte, dass die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung nicht vorliegen, wäre unvereinbar mit den Vorgaben des Unionsrechts, wonach dem Arbeitnehmer die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung – hier: die Richtlinie 2000/78/EG – verliehenen Rechte nicht übermäßig erschwert werden darf (vgl. etwa EuGH 16. Januar 2014 – C-429/12 – [Pohl] Rn. 23). Im Übrigen trägt auch nur eine Auslegung von § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG dahin, dass den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die die Rechtfertigung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG begründenden Tatsachen trifft, dem Art. 8 der Richtlinie 2000/43/EG, Art. 10 der Richtlinie 2000/78/EG sowie Art. 19 der Richtlinie 2006/54/EG zugrundeliegenden Rechtsgedanken Rechnung, wonach stets der Beklagte zu beweisen hat, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat (vgl. etwa EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 55; 17. Juli 2008 – C-303/06 – [Coleman] Rn. 54, Slg. 2008, I-5603).

bb) Danach hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Anforderung in der Stellenausschreibung „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommend” nicht gerechtfertigt ist iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

(1) Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die Anforderung in der Stellenausschreibung „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommend” zur möglichst optimalen Erledigung der Arbeit erforderlich und angemessen war.

(a) Zwar kann das Kriterium der Berufserfahrung beim Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 3 Abs. 1 a der Richtlinie 2000/78/EG) – einschließlich der Auswahlkriterien – für eine möglichst optimale Erledigung der anfallenden Arbeit von Bedeutung sein. Setzt der Arbeitgeber eine gewisse Berufserfahrung voraus, fordert er also nicht „wenig”, sondern „viel” an Berufserfahrung, kann dies, obwohl dadurch regelmäßig jüngere Personen benachteiligt werden, für viele Tätigkeiten gerechtfertigt sein. Größere Berufserfahrung befähigt den Arbeitnehmer nämlich in der Regel, seine Arbeit besser zu verrichten (vgl. zur mittelbaren Entgeltdiskriminierung bezogen auf das „Geschlecht” EuGH 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 34 f., Slg. 2006, I-9583). Allgemein wird es als Vorteil angesehen, wenn Bewerber bereits über Berufserfahrung verfügen, da sie diese Kenntnisse dem neuen Arbeitgeber zur Verfügung stellen können (BAG 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – Rn. 58). Darum geht es vorliegend jedoch nicht. Denn obwohl eine größere Berufserfahrung regelmäßig dazu befähigt, die Arbeit besser zu verrichten, sucht die Beklagte Bewerber/innen ohne Berufserfahrung.

(b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Beklagte mit ihrer lediglich pauschalen und nicht belegten Bezugnahme auf „noch präsente Ausbildungsinhalte”, die für die Tätigkeit als „Junior Sachbearbeiter Kreditorenbuchhaltung” zudem nur „hilfreich” sein sollen, sowie mit ihrem Hinweis auf eine größere Nähe zu den in der Ausbildung erworbenen theoretischen Kenntnissen die mögliche mittelbare Diskriminierung älterer Personen gegenüber jüngeren Personen nicht gerechtfertigt hat iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG.

Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass das von der Beklagten verfolgte Ziel in der bestmöglichen Verrichtung der Arbeit liegt, obwohl sie Bewerber/innen ohne Berufserfahrung sucht. Insoweit könnte aktuelles Spezialwissen, das außerhalb der Ausbildung nicht erworben werden kann und über das Personen, die die entsprechende Ausbildung bereits länger abgeschlossen haben, mithin nicht verfügen können, für eine bessere Verrichtung der Arbeit erforderlich sein. Hierzu hat die Beklagte allerdings schon nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.

(2) Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung einer möglichen mittelbaren Diskriminierung auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe ein rechtlich geschütztes Interesse daran, die bei ihr vorhandene Unternehmenshierarchie aufrecht zu erhalten.

Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, fehlt es auch insoweit an einem hinreichend substantiierten Vorbringen der Beklagten. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, sie habe ein berechtigtes Interesse, in der betrieblichen Ordnung zwischen erfahrenen und weniger erfahrenen Mitarbeitern zu unterscheiden, ist dies eine allgemeine Behauptung ohne weitergehenden Erklärungswert. Dasselbe gilt für das Vorbringen der Beklagten, eine Differenzierung zwischen verschiedenen Hierarchieebenen sei regelmäßig erforderlich, um der weitergehenden Verantwortung und Entscheidungskompetenz Rechnung zu tragen, die mit übergeordneten Positionen verbunden sei und für die regelmäßig eine durch längere Tätigkeit im Betrieb erworbene Kenntnis der betrieblichen Abläufe vorausgesetzt werde. Im Übrigen hat die Beklagte weder vorgetragen, dass „Junior Sachbearbeiter” regelmäßig nach dem Erwerb einer gewissen Berufserfahrung automatisch zum „Senior Sachbearbeiter” aufsteigen, noch ansatzweise erklärt, warum sich die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen „Junior Sachbearbeitern” und „Senior Sachbearbeitern” in Abhängigkeit von einer bestimmten Berufserfahrung nur bei einer Neueinstellung, nicht hingegen bei im Unternehmen langjährig tätigen „Junior Sachbearbeitern” stellt.

(3) Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung einer möglichen mittelbaren Diskriminierung vorliegend auch nicht mit Erfolg auf personalpolitische Erwägungen berufen, die die Mitarbeiterzufriedenheit, eine nachhaltige Personalplanung und die Aufrechterhaltung einer hierarchischen Ordnung zum Ziel haben.

(a) Insoweit hat die Beklagte in erster Linie lediglich Behauptungen, Befürchtungen und Vermutungen geäußert. Das reicht indes nicht aus. Bloße Vermutungen oder Befürchtungen des Arbeitgebers können eine AGG-widrige Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen (vgl. ua. BAG 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – Rn. 46; 29. September 2011 – 2 AZR 177/10 – Rn. 17; 8. Dezember 2010 – 7 ABR 98/09 – Rn. 62; 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07 – Rn. 55, BAGE 129, 181).

(b) Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, ein erst kürzlich erfolgter Ausbildungsabschluss stehe für eine bessere Fähigkeit zur Unterordnung und eine bessere Formbarkeit des/der Beschäftigten bzw. seiner/ihrer beruflichen Persönlichkeit und Prägung nach ihren eigenen unternehmerischen Vorstellungen, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Abgesehen davon, dass es insoweit an jeglichem Vorbringen der Beklagten zur Erforderlichkeit und Angemessenheit der Anforderung fehlt, ist bereits die Grundannahme, dass zwischen einem kürzlich erfolgten Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung und einer „besseren Unterordnung und Formbarkeit” eine Wechselwirkung im Sinne einer kausalen Beziehung besteht, durch nichts belegt.

(c) Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung einer möglichen mittelbaren Diskriminierung vorliegend auch nicht mit Erfolg darauf berufen, bei einer Einstellung von Personen mit vorhandener Berufserfahrung auf „Junior”-Positionen seien Frustration wegen mangelnder Auslastung und Rangordnungskämpfe zu befürchten. Abgesehen davon, dass die Beklagte auch insoweit nicht zur Erforderlichkeit und Angemessenheit vorgetragen hat, behauptet sie eine Regelhaftigkeit, für die sie keinerlei Beleg vorträgt. Allgemeine Annahmen reichen zur Rechtfertigung nicht aus.

(4) Soweit sich die Beklagte auf ihre durch Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 14 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG geschützte unternehmerische Freiheit beruft, führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Die grundrechtlich geschützte unternehmerische Handlungsfreiheit (zur Berufsfreiheit insoweit ua. BVerfG 11. Juli 2012 – 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 – Rn. 88, BVerfGE 132, 99) hindert entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daran, die Vorschriften des AGG anzuwenden und ihre Ausschreibung an den Vorgaben dieses Gesetzes zu messen und gebietet bereits deshalb keine andere Bewertung.

cc) Die Beklagte kann sich schließlich zur Rechtfertigung der durch die Stellenausschreibung bewirkten mittelbaren Benachteiligung wegen des Alters auch nicht mit Erfolg auf § 8 Abs. 1 AGG und § 10 AGG berufen. Sowohl § 8 Abs. 1 AGG als auch § 10 AGG stellen an die Rechtfertigung einer Benachteiligung keine geringeren, sondern strengere Anforderungen als § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG.

3. Danach besteht die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger die ungünstigere Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seines Alters erfahren hat.

Hiergegen kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, der Kläger gehöre mit seinen 36 Jahren bei typisierender Betrachtung noch in die Gruppe der Bewerber mit „erster Berufserfahrung” im Bereich Rechnungswesen, weshalb eine ggf. diskriminierende Stellenausschreibung kein Indiz für eine Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters sei. Die Beklagte hat keinerlei Anhaltspunkte oder Umstände vorgetragen, die geeignet wären, ihre Behauptung zu belegen. Tatsächlich spricht auch nichts dafür, dass der Kläger noch zur Gruppe derjenigen Bewerber gehört, die die Beklagte mit ihrer Ausschreibung ansprechen wollte. Die tatsächlichen Daten zum Alter von Auszubildenden in Deutschland – wie etwa die vom Kläger vorgelegten sowie weitere aus öffentlich zugänglichen Analysen – zeigen ein anderes Bild. Berufsausbildungen werden in der Regel bis Mitte zwanzig abgeschlossen und Beschäftigte im Alter des Klägers haben – wie dieser – typischerweise eine ca. zehnjährige Berufserfahrung. Im Übrigen hat die Beklagte insoweit auch widersprüchlich vorgetragen, als sie an anderer Stelle ausdrücklich den Standpunkt vertritt, dass eine Berufserfahrung von einer solchen Dauer keine „erste Berufserfahrung” sei.

4. Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Beklagte die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger die ungünstigere Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seines Alters erfahren hat, nicht widerlegt hat. Die Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe, hier: das Alter, zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben, dh. dass in ihrem Motivbündel das Alter weder als negatives noch als positives Kriterium enthalten war (zu dieser Anforderung vgl. etwa BAG 20. Januar 2016 – 8 AZR 194/14 – Rn. 27 mwN; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 35 mwN).

a) Andere als die in § 1 AGG genannten Gründe können im Einzelfall zwar darin liegen, dass das entsprechende Auswahlverfahren aus sachlichen und nachvollziehbaren Gründen, zB weil zwischenzeitlich das Erfordernis, die Stelle überhaupt (neu) zu besetzen, entfallen ist, abgebrochen wurde, bevor die Bewerbung der klagenden Partei eingegangen ist, oder dass das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war, bevor die Bewerbung der klagenden Partei eingegangen ist, oder dass die klagende Partei eine formale Qualifikation nicht aufweist oder eine formale Anforderung nicht erfüllt, die unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit/des Berufs an sich ist (näher dazu vgl. ua. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 89 ff.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 87 ff.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 477/14 – Rn. 83 ff.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 583/14 – Rn. 79 ff.). Derartige Umstände hat die Beklagte indes nicht vorgetragen.

b) Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass die Bewerbung des Klägers aufgrund eines bestimmten Verfahrens ausgeschieden wurde, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt.

aa) Der Arbeitgeber kann die Vermutung, er habe die klagende Partei wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt, auch dadurch widerlegen, dass er substantiiert dazu vorträgt und im Bestreitensfall beweist, dass er bei der Behandlung aller Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren vorgegangen ist, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt. Dies kann zum Beispiel anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber ausnahmslos alle Bewerbungen in einem ersten Schritt daraufhin sichtet, ob die Bewerber/innen eine zulässigerweise gestellte Anforderung erfüllen und er all die Bewerbungen von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheidet, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Arbeitgeber, der sich hierauf beruft, muss dann allerdings nicht nur darlegen und ggf. beweisen, dass ein solches Verfahren praktiziert wurde, sondern auch, dass er das Verfahren konsequent zu Ende geführt hat. Deshalb muss er auch substantiiert dartun und im Bestreitensfall beweisen, wie viele Bewerbungen eingegangen sind, welche Bewerber/innen aus demselben Grund ebenso aus dem Auswahlverfahren ausgenommen wurden, welche Bewerber/innen, weil sie die Anforderung erfüllten, im weiteren Auswahlverfahren verblieben sind und dass der/die letztlich ausgewählte Bewerber/in die Anforderung, wegen deren Fehlens die klagende Partei aus dem weiteren Auswahlverfahren vorab ausgenommen wurde, erfüllt (näher zu den Vorgaben ua. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 92 f.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 89 f.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 477/14 – Rn. 84 f.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 583/14 – Rn. 81 f.).

bb) Soweit die Beklagte anführt, sie habe den Kläger wegen seiner „Überqualifizierung” und wegen seiner überzogenen Gehaltsvorstellung nicht weiter im Bewerbungsverfahren für die ausgeschriebene Stelle als „Junior Sachbearbeiter” berücksichtigt, fehlt es nicht nur an jeglichem Vortrag dazu, dass alle Bewerbungen dementsprechend behandelt wurden; die von der Beklagten insoweit genannten Gründe für die Herausnahme des Klägers aus dem weiteren Auswahlverfahren sind selbst nicht frei von Diskriminierung.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, sie habe den Kläger allein wegen seiner „Überqualifizierung” nicht berücksichtigt, geht es ihr dabei nicht um eine Überqualifizierung durch eine höhere formale Berufsqualifikation als sie für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich ist (im Hinblick auf Universitätsabschlüsse bei Bewerbungen für Stellen des „gehobenen” öffentlichen Dienstes vgl. BAG 20. Januar 2016 – 8 AZR 194/14 – Rn. 46 f.), sondern ausschließlich um die aus ihrer Sicht zu umfangreiche Berufserfahrung des Klägers. Anders als eine Differenzierung nach einem formalen Ausbildungsabschluss ist eine Differenzierung nach der Berufserfahrung jedoch vorliegend typischerweise mittelbar mit dem Alter verbunden und deshalb selbst nicht frei von Diskriminierung. Auch soweit die Beklagte das Ausscheiden des Klägers aus dem Auswahlverfahren damit begründet, dieser habe eine überzogene Gehaltsvorstellung geäußert, hat sie dies mit seiner Berufserfahrung und damit mittelbar mit seinem Alter verknüpft.

c) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Auswahlverfahrens seien in ihrer Buchhaltungsabteilung acht Beschäftigte tätig gewesen, davon drei mit Ende 30 und insgesamt fünf mit über fünfjähriger Berufserfahrung, ist dieses Vorbringen von vornherein nicht geeignet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Alters iSv. § 22 AGG zu widerlegen. Dieser Umstand sagt nichts über das den vorliegenden Rechtsstreit betreffende Auswahlverfahren aus.

V. Die unmittelbare Benachteiligung, die der Kläger durch seine Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren wegen seines Alters erfahren hat, ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 1 oder § 10 AGG zulässig.

1. § 8 Abs. 1 AGG dient der Umsetzung von ua. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht, § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht (vgl. etwa BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 78, 82). Beide Bestimmungen des AGG sind in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen.

a) Sowohl § 8 Abs. 1 AGG als auch § 10 AGG stellen sich als für den Arbeitgeber günstige Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hier des Alters, dar (vgl. hierzu etwa EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 72, 81, Slg. 2011, I-8003; 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569), weshalb den Arbeitgeber bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in den Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen trifft (zur Darlegungs- und Beweislast nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. etwa EuGH 21. Juli 2011 – C-159/10, C-160/10 – [Fuchs und Köhler] Rn. 83, Slg. 2011, I-6919). Im Übrigen trägt auch nur eine Auslegung von § 8 Abs. 1, § 10 AGG dahin, dass den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die die Rechtfertigung begründenden Tatsachen trifft, dem Art. 8 der Richtlinie 2000/43/EG, Art. 10 der Richtlinie 2000/78/EG sowie Art. 19 der Richtlinie 2006/54/EG zugrundeliegenden Rechtsgedanken Rechnung, wonach stets der Beklagte zu beweisen hat, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat (vgl. etwa EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociatia ACCEPT] Rn. 55; 17. Juli 2008 – C-303/06 – [Coleman] Rn. 54, Slg. 2008, I-5603). Der Arbeitgeber hat hierzu substantiierten Sachvortrag zu leisten.

b) Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist nach § 8 Abs. 1 AGG nur gerechtfertigt, wenn sämtliche in der Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Stellt ein Merkmal, das insbesondere mit dem Alter zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar, kann eine unterschiedliche Behandlung zudem nur unter sehr begrenzten Bedingungen gerechtfertigt sein (EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 71, Slg. 2011, I-8003). Bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 AGG, der demnach eng auszulegen ist, ist zu beachten, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen kann und dass ein solches Merkmal – oder sein Fehlen – nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG ist, wenn davon die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit abhängt (vgl. etwa EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 66, 71 f., aaO; 12. Januar 2010 – C-229/08 – [Wolf] Rn. 35, Slg. 2010, I-1; BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – Rn. 34, BAGE 148, 158).

c) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Tatbeständen, nach denen unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere gerechtfertigt sein können (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – Rn. 45; 25. Februar 2010 – 6 AZR 911/08 – Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07 – Rn. 40, BAGE 129, 181).

Legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG und Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. näher etwa BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 81 ff.), dh. Ziele, die als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind – obgleich die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist (EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 80, Slg. 2011, I-8003) – wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik (vgl. EuGH 21. Januar 2015 – C-529/13 – [Felber] Rn. 30; 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 81, aaO; dazu auch BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 – Rn. 36, BAGE 152, 134; 19. Dezember 2013 – 6 AZR 790/12 – Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als legitim iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele” im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift den Arbeitgebern bei der Verfolgung der sozial-politischen Ziele einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 – C-159/10, C-160/10 – [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Ein unabhängig von Allgemeininteressen verfolgtes Ziel eines Arbeitgebers kann eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 – aaO).

2. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die unmittelbare Diskriminierung, die der Kläger wegen seines Alters erfahren hat, ausnahmsweise nach § 8 Abs. 1, § 10 AGG zulässig ist. Sie kann sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe annähernd doppelt so viel Berufserfahrung wie der potentielle direkte Vorgesetzte. Dieser Umstand ist schon keine berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG. Zu einem legitimen Ziel iSv. § 10 AGG fehlt es an jeglichem Vorbringen der Beklagten.

VI. Die Beklagte kann schließlich auch nicht mit Erfolg einwenden, der Kläger sei – entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts – wegen seiner Überqualifizierung für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet und könne bereits aus diesem Grund keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG beanspruchen.

Zwar hat der Senat in früherer Rechtsprechung angenommen, dass sich eine Person nur dann in einer vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG befindet, wenn sie für die ausgeschriebene Stelle „objektiv geeignet” ist (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 – 8 AZR 118/13 – Rn. 18; 14. November 2013 – 8 AZR 997/12 – Rn. 29; 26. September 2013 – 8 AZR 650/12 – Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 – 8 AZR 180/12 – Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 – 8 AZR 697/10 – Rn. 35; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 26; 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – Rn. 37; ausdrücklich offengelassen neuerdings von BAG 20. Januar 2016 – 8 AZR 194/14 – Rn. 19 ff.; 22. Oktober 2015 – 8 AZR 384/14 – Rn. 21; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

Diese Rechtsprechung hat der Senat allerdings mit Urteilen vom 19. Mai 2016 (– 8 AZR 470/14 – Rn. 22 ff.; – 8 AZR 477/14 – Rn. 58 ff.; – 8 AZR 583/14 – Rn. 55 ff.) aufgegeben, weshalb die objektive Eignung nicht mehr Voraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG ist und es demnach dahinstehen kann, ob das Landesarbeitsgericht die objektive Eignung des Klägers zu Recht bejaht hat.

VII. Die von der Beklagten an den Kläger nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlende Entschädigung beläuft sich auf 2.750,00 Euro. Über die Höhe der Entschädigung besteht unter den Parteien kein Streit mehr.

VIII. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

 

Unterschriften

Schlewing, Winter, Vogelsang, Schuckmann, N. Reiners

 

Fundstellen

Haufe-Index 10556746

BAGE 2017, 296

BB 2017, 1279

BB 2017, 947

BB 2017, 953

DStR 2018, 1929

DStR 2018, 361

FA 2017, 182

JR 2018, 543

NZA 2017, 715

ZIP 2017, 1581

AP 2017

AuA 2018, 314

EzA-SD 2017, 11

EzA 2017

MDR 2017, 654

NZA-RR 2017, 6

AUR 2017, 265

ArbRB 2017, 169

ArbR 2017, 224

AP-Newsletter 2017, 114

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