Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit. Arbeitsunfähigkeit. Aufstockungsleistungen

 

Orientierungssatz

  • Während eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf das seiner tatsächlichen Arbeitsleistung entsprechende Teilzeitentgelt und zusätzlich auf die vereinbarten Aufstockungsleistungen (Mindestnettobetrag und zusätzliche Rentenbeiträge).
  • Wird der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase infolge Krankheit arbeitsunfähig, erhält er Entgeltfortzahlung nach den auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden gesetzlichen, tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen. Fortzuzahlen sind das für die geleistete Arbeitszeit geschuldete Arbeitsentgelt sowie die Aufstockungsleistungen.
  • Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz TV ATZ besteht der Anspruch auf die Aufstockungsleistungen längstens für die Dauer der Entgeltfortzahlung; die an den Arbeitnehmer fließenden Aufstockungsleistungen (§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 TV ATZ) sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz zusätzlich zu zahlen, solange der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Krankengeld schuldet.
  • Ist der Arbeitnehmer über diese Fristen hinaus arbeitsunfähig erkrankt, so besteht kein Anspruch auf weitere Austockungsleistungen.
 

Normenkette

Manteltarifvertrag für Angestellte (MTV Ang), abgeschlossen zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. und ver.di (ehemals ÖTV, DAG, DBB, jeweils Hamburg) i.d.F. vom 23. März 1993 §§ 37, 71; Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 (

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 08.09.2005; Aktenzeichen 8 Sa 34/05)

ArbG Hamburg (Urteil vom 08.02.2005; Aktenzeichen 9 Ca 419/04)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 8. September 2005 – 8 Sa 34/05 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Aufstockung des Krankengeldes für die Zeit vom 16. April 2004 bis 30. April 2005.

Der Kläger ist seit 1986 bei der Beklagten, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, angestellt. In dem Anstellungsvertrag ist die Anwendung des Manteltarifvertrags für Angestellte (MTV Ang), geschlossen zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. und ver.di, in der jeweiligen Fassung vereinbart. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers belief sich bis April 2002 auf 2.194,70 Euro. Der Kläger war in Vollzeit tätig.

Im April 2002 vereinbarten die Parteien, ihr Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Gesetzes zur Altersteilzeit und des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 (TV ATZ) in der jeweils geltenden Fassung ab dem 1. Mai 2002 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzusetzen. Die Arbeitsphase sollte vom 1. Mai 2002 bis zum 30. April 2006 und die sich anschließende Freistellungsphase bis zum 30. April 2010 dauern. Der Änderungsvertrag lautet auszugsweise:

“§ 3

Arbeitsentgelt, Aufstockungsleistungen

(1) Der Arbeitnehmer erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt entsprechend der reduzierten Amtszeit. Das Arbeitsentgelt ist unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend zu zahlen.

(2) Außerdem erhält der Arbeitnehmer Aufstockungsleistungen gemäß § 5 TV ATZ. Dieser Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, daß der Arbeitnehmer 83 % des Nettobetrages des ihm bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitarbeitsentgeltes erhält (Mindestnettobetrag). …

§ 4

Krankheit, Ruhen der Aufstockungsleistungen

(1) Nach § 8 Abs. 1 TV ATZ besteht bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers der Anspruch auf Aufstockungsleistungen gemäß § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ bis zum Ablauf der Fristen für die Zahlung von Krankenbezügen (Entgeltfortzahlung und Krankengeldzuschuß).

(2) Über diesen Zeitpunkt hinaus besteht kein Anspruch auf Aufstockungsleistungen.

(3) Ist der Arbeitnehmer, der die Altersteilzeit im Blockmodell ableistet, während der Arbeitsphase über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung hinaus arbeitsunfähig erkrankt, verlängert sich die Arbeitsphase um die Hälfte des den Entgeltfortzahlungszeitraums übersteigenden Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit, in dem gleichen Umfang verkürzt sich die Freistellungsphase.”

In § 8 TV ATZ in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 heißt es auszugsweise:

“§ 8

Nichtbestehen bzw. Ruhen der Aufstockungsleistungen

(1) In den Fällen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit besteht der Anspruch auf die Aufstockungsleistungen (§ 5) längstens für die Dauer der Entgeltfortzahlung (z.B. § 37 Abs. 2 BAT/BAT-O), der Anspruch auf Aufstockungsleistungen nach § 5 Abs. 1 und 2 darüber hinaus längstens bis zum Ablauf der Fristen für die Zahlung von Krankenbezügen (Entgeltfortzahlung und Krankengeldzuschuss). Für die Zeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung wird der Aufstockungsbetrag in Höhe des kalendertäglichen Durchschnitts des nach § 5 Abs. 1 und 2 in den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten maßgebenden Aufstockungsbetrags gezahlt. Einmalzahlungen bleiben unberücksichtigt.”

§ 8 Abs. 2 TV ATZ entspricht § 4 Abs. 3 des Änderungsvertrags.

Nach § 37 Abs. 2 MTV Ang “Krankenbezüge” erhält der Angestellte bis zur Dauer von sechs Wochen Krankenbezüge in Höhe der Urlaubsvergütung, die ihm zustehen würde, wenn er Erholungsurlaub hätte. Nach Ablauf dieses Zeitraumes erhält er für den Zeitraum, für den ihm Krankengeld oder die entsprechenden Leistungen aus der gesetzlichen Renten- oder Unfallversicherung oder nach dem Bundesversorgungsgesetz gezahlt werden, als Krankenbezüge einen Krankengeldzuschuss, längstens bis zum Ende der 26. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (§ 37 Abs. 3 und Abs. 4 MTV Ang). Anstelle des § 37 MTV Ang greift für Angestellte, die am 30. Juni 1994 in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben, das am 1. Juli 1994 zu demselben Arbeitgeber fortbestanden hat, die Übergangsregelung des § 71 MTV Ang. Nach einer Dienstzeit von mindestens zehn Jahren erhalten sie als Krankenbezüge die Urlaubsvergütung bis längstens 26 Wochen seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (§ 71 Abs. 2 MTV Ang).

Während der Arbeitsphase erkrankte der Kläger an Kehlkopfkrebs. Die Beklagte zahlte an ihn für die Dauer von 26 Wochen die tariflich bestimmten Leistungen, bestehend aus Teilzeitentgelt und Aufstockung, zuletzt monatlich 2.241,19 Euro netto. Weitere Zahlungen lehnte sie ab. Seit dem 29. März 2004 bezog der Kläger Krankengeld auf der Grundlage des bisherigen Teilzeitentgelts von monatlich 1.395,60 Euro. Im November 2004 vereinbarten die Parteien eine Vorverlegung der Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet danach nunmehr mit dem 30. April 2008. Die Arbeitsphase bei sich anschließender Freistellung wurde auf den 30. April 2005 befristet.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung hinaus das Krankengeld entsprechend ihrer bisherigen Abrechnung um monatlich 845,59 Euro aufzustocken. Das ergebe sich aus § 8 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.569,87 Euro zu zahlen nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten von 2.959,56 Euro seit dem 19. August 2004 und von 3.382,36 Euro seit dem 2. Dezember 2004.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Aufstockungsleistung für den streitbefangenen Zeitraum. Das haben die Vorinstanzen zutreffend entschieden.

1. Der Anspruch ergibt sich nicht aus dem Änderungsvertrag der Parteien zur Begründung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. In § 4 Abs. 1 des Änderungsvertrags ist unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 TV ATZ geregelt, dass bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf Aufstockungsleistungen gem. § 5 Abs. 1 und 2 TV ATZ bis zum Ablauf der Fristen für die Zahlung von Krankenbezügen (Entgeltfortzahlung und Krankengeldzuschuss) besteht. Die Bezugsdauer ist mithin auf diesen Zeitpunkt begrenzt. Das stellt § 4 Abs. 2 des Änderungsvertrags ausdrücklich klar.

Nach der für den Kläger auf Grund seiner Beschäftigungsdauer geltenden Übergangsvorschrift des § 71 MTV Ang hatte er für 26 Wochen Anspruch auf Krankenbezüge in Form der Entgeltfortzahlung. Dieser Zeitraum war spätestens am 15. April 2004 abgelaufen. Folgerichtig geht deshalb auch der Kläger nicht davon aus, die Beklagte habe einzelvertraglich das Krankengeld für die streitbefangenen Monate aufzustocken.

2. Der Anspruch lässt sich nicht aus § 8 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ herleiten.

a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob der MTV Ang auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifbindung unmittelbar und zwingend anzuwenden ist (§ 4 Abs. 1 TVG). Von daher kann der Senat nicht beurteilen, ob § 4 Abs. 2 des Änderungsvertrags möglicherweise schon deshalb nicht zur Anwendung gelangt, weil die vertragliche Regelung zu Ungunsten des Klägers von § 8 Abs. 1 TV ATZ abweicht (§ 4 Abs. 3 TVG). Die fehlende Feststellung ist unschädlich. Die vertragliche Begrenzung des Anspruchs auf die Dauer der Entgeltfortzahlung entspricht der tariflichen Vorschrift.

b) § 8 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ enthält, wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, lediglich eine Berechnungsregelung für den Fall, dass der Arbeitnehmer Krankenbezüge in Form eines Zuschusses zum Krankengeld erhält. Für Angestellte, die wie der Kläger Entgeltfortzahlung für die Dauer von 26 Wochen beanspruchen können, ist sie ohne Bedeutung.

aa) Das auf die Eingangsformulierung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TV ATZ abstellende Verständnis des Klägers, “Für die Zeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung …”, mag auf den ersten Blick dessen Auslegung stützen. Indessen spricht schon der grammatikalische Zusammenhang mit Satz 1 dagegen. Gezahlt wird “der” Aufstockungsbetrag; das bezieht sich auf die vorab genannten Aufstockungsleistungen. Festgelegt wird lediglich, wie dieser Betrag zu berechnen ist.

bb) Gegen die Auslegung des Klägers sprechen Regelungsinhalt und systematischer Zusammenhang. § 8 TV ATZ knüpft an die tariflichen Regelungen an, nach denen sich die während der Altersteilzeit zu zahlende Altersteilzeitvergütung bemisst. Diese setzt sich aus den Bestandteilen “Teilzeitentgelt” und “Aufstockungsleistungen” zusammen.

(1) Teilzeitentgelt ist das dem Arbeitnehmer für die geschuldete Arbeitsleistung zustehende steuer- und sozialabgabenpflichtige Entgelt, das sich nach dem Verhältnis zu den Bezügen eines Vollbeschäftigten bemisst (§ 4 TV ATZ). Es wird für die tatsächliche Arbeit gezahlt und für die Zeiten der Nichtbeschäftigung, in denen der Arbeitnehmer gleichwohl Anspruch auf Vergütung hat. Dauer und Höhe der bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitgeber geschuldeten Leistungen richten sich nach den einschlägigen manteltariflichen Vorschriften des MTV Ang, hier also wegen der Dauer des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses nach § 71 MTV Ang und nicht nach § 37 MTV Ang.

(2) Die dem Angestellten während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zustehenden Aufstockungsleistungen ergeben sich aus § 5 TV ATZ. Das ist zum einen der ihm zufließende steuer- und sozialversicherungsfreie Aufstockungsbetrag, dessen Höhe sich nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 TV ATZ bemisst. Danach hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen Aufschlag von 20 vH des Bruttoteilzeitentgelts, der mindestens so hoch sein muss, dass der Arbeitnehmer 83 vH des Nettobetrags des bei bisheriger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Außerdem hat der Arbeitgeber neben den Sozialabgaben für das Teilzeitentgelt nach § 5 Abs. 4 TV ATZ zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten.

(3) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz TV ATZ besteht in den Fällen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf die Aufstockungsleistungen längstens für die Dauer der Entgeltfortzahlung. Mit der Verweisung auf § 5 TV ATZ ist klargestellt, dass der Arbeitgeber während dieses Zeitraumes auch sämtliche dort geregelten Leistungen zu erbringen hat. Es ist mithin nicht nur der Mindestnettobetrag zu zahlen, sondern es sind auch die zusätzlichen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten.

(4) Der 2. Halbsatz betrifft dagegen lediglich die Aufstockung des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 TV ATZ. Diese Leistungen sind längstens bis zum Ablauf der Fristen für die Zahlung von Krankenbezügen zu erbringen. Was unter “Krankenbezügen” zu verstehen ist, wird im Klammerzusatz beschrieben. Erfasst werden sowohl die Entgeltfortzahlung als auch der Krankengeldzuschuss, der gemäß § 37 MTV Ang nach Ablauf der Fristen der Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber zu dem von der Krankenkasse gezahlten Krankengeld zu zahlen ist. Arbeitnehmer in Altersteilzeit erhalten mithin auch dann noch die Aufstockung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 TV ATZ, wenn der Arbeitgeber lediglich einen Zuschuss zu dem von der Krankenkasse gezahlten Krankengeld zahlt. Da die Aufstockung bei Zahlung eines bloßen Zuschusses zum Krankengeld nicht (mehr) auf der Grundlage des Teilzeitentgelts des Arbeitnehmers bemessen werden kann, bedurfte es der besonderen Berechnungsregel.

cc) Die Entstehungsgeschichte des § 8 TV ATZ bestätigt diese Auslegung. Die Vorschrift enthielt ursprünglich keine ausdrückliche Regelung zur Aufstockung im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Das konnte dahin verstanden werden, dass Aufstockungsleistungen nur für die Dauer der Entgeltfortzahlung, nicht aber im Fall der Gewährung des Krankengeldzuschusses geschuldet waren. Mit der Neufassung des § 8 durch den Änderungstarifvertrag vom 15. März 1999 mit Wirkung zum 1. April 1999 haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass auch der Bezug des Krankengeldzuschusses einen Anspruch auf die Aufstockungsleistungen des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 TV ATZ begründet (vgl. LAG Baden-Württemberg 27. Juni 2001 – 3 Sa 13/01 – EzBAT TV Altersteilzeit Nr. 8).

dd) Die vom Kläger dargelegten finanziellen Folgen einer über die Dauer der Entgeltfortzahlung hinausgehenden Erkrankung rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Sie sind in der Tat erheblich, da sich das Krankengeld nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausschließlich nach dem der Beitragspflicht unterliegenden Arbeitsentgelt bemisst. Die sozialversicherungsfreien Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers während der Altersteilzeit bleiben deshalb außer Ansatz. Maßgeblich ist allein das Teilzeitentgelt. Langanhaltende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses führt daher wegen der Höhe des Krankengeldes zu erheblichen Vermögenseinbußen.

Anhalte dafür, dass die Tarifvertragsparteien den Arbeitnehmer von diesem Risiko zu Lasten des Arbeitgebers befreien wollten, ergeben sich indessen nicht. Dass das Risiko gesehen wurde, zeigt § 8 Abs. 2 TV ATZ. Dort haben die Tarifvertragsparteien eine dem Zeitraum der Erkrankung angepasste Verlängerung der Arbeitsphase bei gleichzeitiger Verkürzung der Freistellungsphase vorgesehen.

ee) Die Erwägungen des Klägers zur Gleichbehandlung der Arbeitnehmer führen angesichts des unmissverständlichen Wortlauts des § 8 Abs. 1 TV ATZ zu keinem hiervon abweichenden Auslegungsergebnis.

(1) Zwar ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien Regelungen treffen wollen, die dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gerecht werden. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sie ungleiche Sachverhalte gleich behandeln. Es ist im Gegenteil nachvollziehbar, wenn Tarifvertragsparteien den Umfang der vom Arbeitgeber geschuldeten Leistungen danach bestimmen, ob der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet oder ob er krankheitsbedingt an der Arbeitsleistung verhindert ist. Die unterschiedlichen Sachverhalte rechtfertigen die differenzierte Behandlung. Es ist der Einschätzungsprärogative und dem Beurteilungsspielraum der Tarifvertragsparteien überlassen, das Ausmaß der sozialen Absicherung dauerhaft erkrankter Arbeitnehmer festzulegen.

(2) Der Kläger stützt sein Auslegungsergebnis außerdem auf die finanzielle Besserstellung der Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber eine von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Ersatzkraft einstellt, im Verhältnis zu den Arbeitnehmern, deren Arbeitgeber den infolge des Übergangs in die Altersteilzeit frei werdenden Arbeitsplatz unbesetzt lässt. Daran ist richtig, dass die Bundesagentur für Arbeit nach § 10 Abs. 2 AltTZG bei geförderten Altersteilzeitarbeitsverhältnissen (Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes iSv. § 3 AltTZG) anstelle des Arbeitgebers die Aufstockungsleistungen in Höhe der an den Arbeitgeber zu leistenden Erstattung erbringt. Daraus ergibt sich aber keine Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, bei unterlassener Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes anstelle der – wie hier – nicht erstattungspflichtigen Bundesagentur für Arbeit die finanzielle Absicherung des Arbeitnehmers wiederum auf den Arbeitgeber abzuwälzen.

(3) Die Auffassung des Klägers, der TV ATZ weise eine ausfüllungsbedürftige Lücke aus, trifft nicht zu. Die Tarifvertragsparteien haben in § 8 Abs. 1 Satz 3 TV ATZ ausdrücklich bestimmt, dass der Arbeitnehmer die ihm nach § 10 Abs. 2 AltTZG gegen die Bundesagentur zustehenden Ansprüche an den Arbeitgeber abtritt.

2. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

 

Unterschriften

Düwell, Böck, Reinecke, Bruse, B. Lang

 

Fundstellen

Haufe-Index 1627972

FA 2007, 86

ZTR 2007, 31

AP 2007

EzA-SD 2006, 13

EzA

NZA-RR 2007, 168

PersV 2007, 195

NJOZ 2007, 755

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