Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitgegenstand

 

Orientierungssatz

1. In der Revisionsinstanz können Antragsänderungen aus prozessökonomischen Gründen zumindest dann zugelassen werden, wenn es sich dabei um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt, der neue Sachantrag sich auf den in der Berufungsinstanz festgestellten Sachverhalt stützt und berechtigte Interessen des Gegners nicht beeinträchtigt werden.

2. Ein öffentlicher Arbeitgeber, der auf eine landesgesetzliche Umwandlung einer öffentlich-rechtlich organisierten Einrichtung in eine privatrechtlich organisierte Einrichtung hinwirkt, macht sich jedenfalls dann gegenüber seinen Arbeitnehmern nicht schadensersatzpflichtig, wenn diese dadurch zwar Vorteile verlieren, jedoch das einschlägige Landesgesetz umfassende Arbeitnehmerschutzvorschriften enthält.

 

Normenkette

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 264; BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1; SGB VI § 5 Abs. 1 Nr. 2; SGB § 230 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 09.05.2006; Aktenzeichen 5 Sa 591/05)

ArbG Kiel (Urteil vom 27.10.2005; Aktenzeichen ö. D. 3 Ca 1117 c/05)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 9. Mai 2006 – 5 Sa 591/05 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die beklagte Aktiengesellschaft ist auf Grund Verschmelzung im Laufe des Verfahrens Rechtsnachfolgerin der Landesbausparkasse Schleswig-Holstein AG geworden. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die Nachteile auszugleichen hat, die dem Kläger dadurch entstehen, dass er nach der Privatisierung der Landesbausparkasse Schleswig-Holstein nicht mehr versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung ist und ihm der Arbeitnehmeranteil des Gesamtversorgungsbeitrags vom Arbeitsentgelt abgezogen wird.

Der Kläger ist am 26. Mai 1945 geboren. Seit dem 1. Oktober 1964 war er zunächst bei der Landesbank Schleswig-Holstein, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Er war dort im zwar rechtlich unselbständigen aber organisatorisch abgeteilten “Zentralbereich Bausparkasse” tätig. Seine betriebliche Altersversorgung war seit dem Jahre 1984 ohne inhaltliche Änderungen durch Dienstvereinbarung, zuletzt durch die “Dienstvereinbarung Nr. 1” vom 7. Juli 1997 (hiernach: DV 1997) geregelt. Danach stand dem Kläger eine Gesamtversorgung in Höhe von 75 % des zuletzt bezogenen Gehalts zu, auf die ua. Renten, die der Versorgungsberechtigte auf Grund nicht ausschließlich eigener Leistung von der Sozialversicherung erhält, anzurechnen sind.

Nach dem durch das Rentenreformgesetz 1992 vom 1. Januar 1992 eingeführten § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sind versicherungsfrei Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, denen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbstätigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet ist, wenn die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist. Das Gesetz verlangt ferner, dass bei der Landesaufsicht unterliegenden Rechtsträgern das Vorliegen der Voraussetzungen von der zuständigen Landesbehörde bestätigt wird. Soweit Personen am 31. Dezember 1991 noch versicherungspflichtig waren, ist nach § 230 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ein entsprechender Antrag zu stellen.

Die Landesbank machte von dieser Möglichkeit zunächst keinen Gebrauch, jedoch wurde seit 1994 der Gesamtpersonalrat initiativ. Der Vorstand der Landesbank beschloss deshalb am 10. August 1996, für die der einschlägigen Dienstvereinbarung unterliegenden Beschäftigten mit deren Zustimmung einen Antrag auf Befreiung von der Sozialversicherung zu stellen, soweit bestimmte – beim Kläger vorliegende – Voraussetzungen erfüllt waren. Bei Versicherungsfreiheit erhöhen sich die vom Arbeitgeber zu zahlenden Renten im Rahmen der Gesamtversorgung wegen der geringeren Ansprüche auf gesetzliche Rente. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden durch ein umfassendes Merkblatt sowie ein Anschreiben unterrichtet. Darin war klargestellt, dass mit einem vom Mitarbeiter und der Bank gemeinsam zu stellenden Antrag bei der Sozialversicherung die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit erfüllt sind. Ferner heißt es in dem Anschreiben an die betroffenen Arbeitnehmer:

“…

Sofern der Antrag positiv von der Rentenversicherung beschieden wird, wirkt die Befreiung ab Eingang des Antrages bei dem Träger der Rentenversicherung. Ab diesem Zeitpunkt werden wir, solange dafür die Voraussetzungen vorliegen, keine Rentenversicherungsbeiträge … mehr abführen.

…”

Auf Grund eines von der Landesbank zur Verfügung gestellten Formulars für einen “Antrag auf Befreiung von der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 5 I Nr. 2 SGB VI i.V.m. § 230 II SGB VI” stellte die Landesbank auch für den Kläger den entsprechenden erfolgreichen Antrag bei der Rentenversicherung.

Durch Gesetz vom 7. Mai 2003 wurde die Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale neu strukturiert. Art. 4 dieses Gesetzes enthält das Gesetz über die Ausgliederung der Landesbausparkasse Schleswig-Holstein aus dem Vermögen der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale (LBSG). Nach dessen § 1 Abs. 1 wird “die als rechtlich unselbstständiger Zentralbereich der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale betriebene Landes-Bausparkasse Schleswig-Holstein (LBS) … aus dem Vermögen der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale ausgegliedert und auf eine dadurch gegründete Aktiengesellschaft übertragen”. Nach § 6 LBSG gelten die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausgliederung bestehenden Dienstvereinbarungen in der Aktiengesellschaft als Betriebsvereinbarung bis zum Inkrafttreten neuer Betriebsvereinbarungen fort. § 5 LBSG enthält Bestimmungen zum Übergangsmandat des Personalrats. Die Wahl der Rechtsform der Aktiengesellschaft erfolgte auf Betreiben des Vorstands und der Eigentümer der Landesbank.

Seit Juni 2003 behalten die Landesbausparkasse Schleswig-Holstein AG und die Beklagte den Arbeitnehmeranteil der Rentenversicherungsbeiträge vom Entgelt des Klägers ein und führen ihn ab. Der Kläger hat sich mit dieser Handhabung nicht einverstanden erklärt. In erster Instanz hat er vorgebracht: Ihm entstehe dadurch ein Schaden, dass seit dem 1. Juni 2003 sein Bruttogehalt mit Arbeitnehmerbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung belastet werde. Sein ihm zur Verfügung stehendes Nettoentgelt vermindere sich, ohne dass seine Gesamtversorgung durch diese Beiträge erhöht werde, da die Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung in vollem Umfange auf diese Versorgung angerechnet werde. Die Landesbank habe eine Gesamtzusage erteilt, ihn von der Rentenversicherungspflicht zu befreien. Auf Grund der Entscheidung der Landesbank sei die Landesbausparkasse Schleswig-Holstein in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. Deshalb sei die Erfüllung der Gesamtzusage unmöglich, was von der Landesbank Schleswig-Holstein zu vertreten sei. Dafür habe die Landesbausparkasse Schleswig-Holstein AG als Rechtsnachfolgerin einzustehen. Der Schaden entstehe ihm dadurch, dass die Arbeitgeberin Rentenversicherungsbeiträge abführe, wozu sie nicht berechtigt sei, weil sie den Eintritt des Schadens zu vertreten habe und verpflichtet sei, dies zu vermeiden.

Der Kläger hat ausdrücklich klargestellt, er behaupte nicht, zwischen ihm und seiner damaligen Arbeitgeberin sei eine Vereinbarung getroffen worden, auf Grund derer diese sich verpflichtete, ihn losgelöst von den gesetzlichen Voraussetzungen von der Sozialversicherungspflicht bei der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Er hat behauptet, ihm habe ein Anspruch gegen die Landesbank zugestanden, dass diese mit seinem Einverständnis den Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht stelle und alles unterlasse, was die dadurch erlangte Rechtsposition beeinträchtige. Da die Arbeitgeberin keine Anstalt des öffentlichen Rechts mehr sei, sei er, der Kläger, nunmehr sozialversicherungspflichtig. Für die Gründung der Landesbausparkasse in Form einer Aktiengesellschaft sei aber die Landesbank – seine frühere Arbeitgeberin – verantwortlich. Die Unmöglichkeit, die weitere Sozialversicherungsfreiheit zu erhalten, und damit die vertragliche Verpflichtung zur Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht einzuhalten, beruhe auf Entscheidungen des Vorstands und der Eigentümer der Landesbank. Sie hätten es für wirtschaftlich sinnvoll gehalten, die Landesbausparkasse als Aktiengesellschaft auszugliedern und seien deshalb für diese Entscheidung verantwortlich.

Das sei vergleichbar mit der Lage, die entstehe, wenn ein Mitgliedsunternehmen der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder privatisiert werde und nach der Privatisierung die Aufrechterhaltung von Anwartschaften bei dieser Versorgungsanstalt nicht mehr möglich sei. Für diese Fallgestaltung habe das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in einem anderen Verfahren die Ansicht vertreten, es liege ein Unvermögen der Arbeitgeberseite vor, die durch ihr eigenes Verhalten entstanden ist und damit von ihr zu vertreten sei. Ein begründeter Anspruch dürfe, so hat der Kläger weiter vorgetragen, nur nach Maßgabe des Vertragsrechts entzogen werden. Das Handeln der Landesbank im Zuge der Umstrukturierung begründe den Anspruch des Klägers auf Schadensersatz.

Als entscheidende Frage hat es der Kläger bezeichnet, ob die Landesbank es zu vertreten habe, dass die Befreiung des Klägers von der gesetzlichen Rentenversicherung nach der Privatisierung unmöglich geworden ist und ob die Arbeitgeberseite dafür verantwortlich sei. Er hat insofern auf den entscheidenden Einfluss der damaligen Arbeitgeberin und ihrer Eigentümer auf die Rechtsformwahl als Aktiengesellschaft verwiesen und dabei betont, es habe eine Gesamtzusage vorgelegen, die einen Anspruch begründet habe, dessen Erfüllung nachträglich unmöglich geworden sei. Ihm sei ein Schaden in der Höhe der einbehaltenen Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung entstanden, weil die Arbeitgeberseite es zu vertreten habe, dass die ihm zugesagte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach der Privatisierung nicht mehr möglich sei. Die Beklagte dürfe deshalb von der gesetzlichen Möglichkeit des Abzugs der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung vom Entgelt keinen Gebrauch mehr machen, weil diese im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu einem Schaden führe, der seinerseits einen Schadensersatzanspruch auslöse.

Ergänzend hat der Kläger seinen Anspruch noch darauf gestützt, dass die Landesbank einen Antrag auf Vorruhestand, den er im Vorfeld der Privatisierung gestellt hatte, entgegen den einschlägigen betrieblichen Regelungen abgelehnt habe.

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, die Parteien stritten “über die Zahlung von Schadensersatz in Höhe des monatlichen Einbehalts des Arbeitnehmeranteils zur Rentenversicherung”.

Auch in der Berufungsinstanz hat sich der Kläger auf eine Schadensersatzpflicht der Arbeitgeberin berufen. Er hat sich darauf gestützt, mit der Privatisierung des Zentralbereichs Landesbausparkasse sei die Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht entfallen. Die Belastung seiner monatlichen Bruttovergütung mit den Arbeitnehmerbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung stelle sich als Schaden dar, da die höhere Rentenleistung auf die Gesamtversorgung angerechnet werde. Er verfüge über weniger Einkünfte, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. Diese Schadensentstehung sei der Arbeitgeberseite zuzurechnen und von ihr zu vertreten. Es handele sich nicht um ein allgemeines Lebensrisiko. Vielmehr hafte die Arbeitgeberseite unter dem Gesichtspunkt der nachträglich eingetretenen Unmöglichkeit, die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht aufrecht zu erhalten.

Jedenfalls sei die jeweilige Arbeitgeberin nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils zu nehmen. Für beide Seiten des Arbeitsverhältnisses erwachse hieraus die Pflicht, bei der Durchführung Schädigungen des anderen Teils zu vermeiden. Zwar entstehe daraus kein Leistungsanspruch des Arbeitnehmers, die Pflichtverletzung begründe aber Schadensersatzansprüche. Die damalige Arbeitgeberin habe bei der Wahl der Rechtsform ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund gestellt, ohne Rücksicht auf seine, des Klägers, Interessen zu nehmen. Dadurch, dass die Beklagte von der gesetzlichen Möglichkeit des Lohnabzugs in Bezug auf den Arbeitnehmerbeitrag zur Rentenversicherung Gebrauch mache, erleide er einen Vermögensschaden, der auszugleichen sei.

Seinen Vortrag zur Verweigerung der Vorruhestandsvereinbarung hat der Kläger in der Berufungsinstanz nicht mehr weiterverfolgt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.944,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von seiner monatlichen Bruttovergütung den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung einzubehalten.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, keinen Schadensersatz zu schulden. Die Umstrukturierung beruhe allein auf einer Entscheidung des Landesgesetzgebers, der im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten gehandelt habe. Die Landesbank habe im Übrigen von vornherein keine Verpflichtung getroffen, unabhängig von den gesetzlichen Rahmenbedingungen eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung herbeizuführen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Er beruft sich nunmehr auch auf § 4 LBSG und die EG-Betriebsübergangsrichtlinie. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der von dem Kläger wirksam im Verfahren zur Entscheidung gestellte Streitgegenstand rechtfertigt den von ihm gestellten Antrag nicht.

I. Zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits bedarf es zunächst der Feststellung des maßgeblichen Streitgegenstandes. Insoweit gilt:

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Diese Angaben sind notwendig, damit nach Abschluss des Rechtsstreits feststeht, worüber in dem gerichtlichen Verfahren entschieden worden ist, welcher Streitgegenstand also einer rechtskräftigen Klärung zugeführt wurde. Zum Streitgegenstand sind dabei alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat (vgl. BGH 24. Januar 2008 – VII ZR 46/07 – MDR 2008, 500, zu II 1 und 2a der Gründe).

2. Da der Kläger die Frage der Verweigerung des Eintritts in den Vorruhestand in der Berufungsinstanz nicht mehr weiterverfolgt, stützt sich sein Rechtsschutzbegehren – so wie es in den Tatsacheninstanzen vorgebracht ist – darauf, dass die Landesbank als Rechtsvorgängerin der Beklagten seinen vertraglichen Anspruch beseitigt habe. Sie habe eine Änderung der Rechtsform herbeigeführt, dadurch sei die Möglichkeit der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung entfallen. Seitdem sei die Arbeitgeberin berechtigt, von seinem Bruttoeinkommen wieder den Rentenversicherungsbeitrag einzubehalten. Der Kläger hat daraus unter dem Gesichtspunkt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten dieses Verhalten seiner Auffassung nach zu vertreten hat, abgeleitet, unter Schadensersatzgesichtspunkten sei die Beklagte verpflichtet, von dieser ihr rechtlich gegebenen Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen. Zu diesem Klagebegehren gehört daher entscheidend, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten einen dem Kläger zustehenden Anspruch beseitigt hat, indem sie auf einen Rechtsformwechsel hingewirkt hat und die Beklagte ihn deshalb so zu stellen hat, als wäre dieser Anspruch noch gegeben.

3. Erstmals in der Revisionsinstanz hat sich der Kläger auf § 4 Abs. 1 LBSG und die EG-Betriebsübergangsrichtlinie (Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001, ABl. Nr. L 82 vom 22. März 2001 S. 16) gestützt. Der Kläger macht nunmehr geltend, dass mit der durch Gesetz erfolgten Übertragung der organisatorischen Einheit Bausparkasse von der Anstalt des öffentlichen Rechts Landesbank auf die Landesbausparkasse Schleswig-Holstein AG als Rechtsvorgängerin der Beklagten Schutzregelungen ausgelöst wurden, die ihm seinen Anspruch – wenngleich in einer möglicherweise veränderten Form – gerade erhalten haben. Über diesen Erfüllungsanspruch haben die Parteien in den Vorinstanzen nicht gestritten. Der Kläger hat damit einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt und die Klage erweitert. Klageerweiterungen in der Revisionsinstanz sind grundsätzlich unzulässig. Antragsänderungen können zwar aus prozessökonomischen Gründen zumindest dann zugelassen werden, wenn es sich dabei um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt, der neue Sachantrag sich auf den in der Berufungsinstanz festgestellten Sachverhalt stützt und berechtigte Interessen des Gegners nicht beeinträchtigt werden (BAG 18. September 2007 – 3 AZR 560/05 – Rn. 14, NZA-RR 2008, 320). Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Streitgegenstand ist also weiterhin nur ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers.

II. Auf den vom Kläger danach wirksam in das Verfahren eingeführten Tatsachenkomplex kann er keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Leistung stützen.

1. Schadensersatzansprüche deswegen, weil auf Grund einer Einwirkung der Rechtsvorgänger der Beklagten die sozialrechtliche Gestaltung, die zu den Vorteilen im Versorgungssystem geführt hat, nicht mehr möglich ist, bestehen nicht.

a) Derartige Schadensersatzansprüche setzen nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Unabhängig davon, ob man in grundlegenden geschäftspolitischen Entscheidungen, soweit sie sich im üblichen Rahmen halten, eine Vertragsverletzung gegenüber den Arbeitnehmern sehen kann, liegt jedenfalls im vorliegenden Fall keine Vertragsverletzung vor. Die gesetzlichen Regelungen, die zum Wegfall der sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungen für den Kläger geführt haben, haben nämlich nicht nur dieses Ergebnis gehabt. Vielmehr hat der Landesgesetzgeber in Schleswig-Holstein mit der Regelung über den Übergang der Arbeitsverhältnisse, mit der Festlegung eines Übergangsmandats und mit Regelungen über die Fortgeltung von Dienstvereinbarungen (§§ 4 bis 6 LBSG) Schutzvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer erlassen. Selbst wenn man davon ausginge, diese bewirkten nicht, dass die hier streitgegenständliche Position dem Kläger zumindest wirtschaftlich erhalten bliebe, ist es keine Vertragspflichtverletzung, auf ein Gesetz hinzuwirken, das derart umfassende Schutzregeln enthält.

b) Vor diesem Hintergrund kommt auch eine Anwendung von § 241 Abs. 2 BGB nicht in Betracht, auf Grund derer die Beklagte verpflichtet wäre, von gesetzlichen Möglichkeiten des Abzugs der Rentenversicherungsbeiträge abzusehen. Die Rechtsfolgen der Umstrukturierung durch den Landesgesetzgeber sind landesgesetzlich im Einzelnen geregelt. Damit ist zugleich eine gesetzliche Wertung erfolgt, wie weit der Arbeitnehmerschutz gehen soll. Zu einer weitergehenden Rücksichtnahme ist die Beklagte nicht deswegen verpflichtet, weil ihre Rechtsvorgängerin auf eine landesrechtliche Regelung hingewirkt hat, die derart umfassende Schutzrechte enthält.

2. Nicht zu entscheiden war, inwieweit diese landesrechtlichen Schutzregelungen, insbesondere § 4 Abs. 1 LBSG ggf. iVm. der EG-Betriebsübergangsrichtlinie, die Beklagte verpflichten, den Kläger so zu stellen, als wären die innerbetrieblichen einvernehmlichen Handhabungen zur Herbeiführung der gesetzlichen Sozialversicherungsfreiheit weiter möglich.

 

Unterschriften

Reinecke, Zwanziger, Knüttel, Suckale

RiBAG Kremhelmer ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert.

Reinecke

 

Fundstellen

Haufe-Index 2076376

FA 2009, 59

ZTR 2009, 220

AP, 0

NZA-RR 2009, 506

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