Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliches Weihnachtsgeld. Tarifauslegung

 

Orientierungssatz

Die Regelungen des Weihnachtsgeld-TV 1998 idF des Ergänzungs-TV 2001 für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des IB enthalten keine Befristung des Anspruchs auf Weihnachtsgeld bis zum Jahr 2001. Diese Tarifverträge regeln vielmehr Voraussetzungen und Höhe des Weihnachtsgelds auch für die Folgezeit.

 

Normenkette

TVG § 1 Auslegung, § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag; BGB § 613a Abs. 1; Ergänzungstarifvertrag dazu vom 31. Oktober 2001 (Ergänzungs-TV 2001)

 

Verfahrensgang

LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 05.09.2006; Aktenzeichen 5 Sa 372/05)

ArbG Rostock (Urteil vom 23.06.2005; Aktenzeichen 2 Ca 229/05)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 5. September 2006 – 5 Sa 372/05 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Weihnachtsgeld für das Jahr 2004.

Der Kläger war seit dem Jahr 1991 als Fachtheorielehrer bei dem Internationalen Bund für Sozialarbeit – Jugendsozialwerk e. V. (im Folgenden: IB e.V.) beschäftigt. § 3 des zunächst befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages zwischen dem Kläger und dem IB e.V. vom 25./15. November 1991 lautet:

“Die Satzung des IB in jeweils geltender Fassung, der Manteltarifvertrag Nr. 2 vom 27. Februar 1984 und die ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und die Arbeitsordnung des IB in jeweils geltender Fassung sind Bestandteile des Arbeitsvertrages.”

§ 9 (1) der Arbeitsordnung lautet auszugsweise:

“§ 9 Rechte und Pflichten des/der Mitarbeiters/in

(1) Rechte und Pflichten des/der Mitarbeiters/in ergeben sich aus den jeweils geltenden

• Gesetzen

• Tarifverträgen

• Betriebsvereinbarungen

• sowie dem Arbeitsvertrag mit seinen Ergänzungen oder sonstigen einzelvertraglichen Regelungen und den für die Konkretisierung des Arbeitsverhältnisses erlassenen Dienstanweisungen.”

Der Kläger ist nicht tarifgebunden. Während seiner Beschäftigung beim IB e.V. wurden auf das Arbeitsverhältnis alle mit der Gewerkschaft ver.di ausgehandelten Haustarifverträge angewandt.

Mit Datum vom 18. Juni 1998 schlossen der IB e.V. und die Gewerkschaft ÖTV, diese zugleich handelnd für den Hauptvorstand der Gewerkschaft GEW, am 24. Juli 1998 einen Weihnachtsgeldtarifvertrag (Weihnachtsgeld-TV 1998), der auch im Arbeitsverhältnis des Klägers angewandt wurde. Dieser lautet auszugsweise:

“§ 2 Anspruchsvoraussetzungen und Höhe der Weihnachtsgratifikation

(1) Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Weihnachtsgratifikation, sofern er den ganzen Monat Dezember in einem Arbeitsverhältnis zum IB steht.

(2) Die Höhe der Gratifikation beträgt in den Jahren 1998 bis zum Ablauf des Jahres 2000 für die Arbeitnehmer im Tarifgebiet West 80 v.H., im Tarifgebiet Ost 80 v.H. von 75 v.H. der Bruttobezüge einschließlich der regelmäßig zu zahlenden Überstundenvergütungen, Zulagen und Zuschläge des Monats Oktober.

Sofern für den Monat Oktober keine Bezüge gezahlt wurden, wird die Gesamtvergütung zugrunde gelegt, die bei normaler Arbeitsleistung hätte gezahlt werden müssen.

§ 3 Inkrafttreten, Laufzeit

(1) Dieser Tarifvertrag tritt am 01.01.1998 in Kraft. Er kann erstmals zum 31.12.2000 gekündigt werden.

(2) Damit werden die bisher bestehenden Tarifverträge zur Weihnachtsgratifikation ersetzt.”

Mit Datum vom 31. Oktober 2001 wurde zwischen dem IB e.V. und der Gewerkschaft ver.di, diese wiederum zugleich handelnd für den Hauptvorstand der Gewerkschaft GEW, ein Ergänzungstarifvertrag zu § 2 des Weihnachtsgeld-TV 1998 geschlossen (im Folgenden: Ergänzungs-TV 2001). Dieser lautet:

“Das Weihnachtsgeld für das Kalenderjahr 2001 beträgt 80 % der Bemessungsgrundlage West (diese beträgt 100 % der Vergütung für den Monat Oktober) und 80 % der Bemessungsgrundlage Ost (diese beträgt 75 % der Vergütung für den Monat Oktober).

Die Bemessungsgrundlage umfasst die regelmäßig zu zahlenden Grundvergütungen einschließlich der Überstundenvergütungen, Überstundenvergütungszuschläge und der tariflichen Zulagen.

Das Weihnachtsgeld wird im November 2001 zu 30 Prozentpunkten und im Dezember 2001 zu 50 Prozentpunkten ausgezahlt.

Im Übrigen gelten die anderen Regelungen des Tarifvertrages über eine Weihnachtsgratifikation für die Arbeitnehmer/innen des Internationalen Bundes vom 18.06.1998.”

Der Kläger erhielt vom IB e.V. bis einschließlich 2002 Weihnachtsgeld in der Höhe, die sich aus den Tarifverträgen ergibt. Das Arbeitsverhältnis ging zum 1. September 2003 auf die nicht tarifgebundene Beklagte, eine Tochtergesellschaft des IB e.V. über. Der IB e.V. kündigte den Weihnachtsgeld-TV 1998 und den Ergänzungstarifvertrag vom 31. Oktober 2001 mit Schreiben vom 9. Juni 2004 zum 30. September 2004. Im Jahr 2004 schloss der IB e.V. einen Weihnachtsgeldtarifvertrag mit ver.di, erneut zugleich handelnd für den Hauptvorstand der Gewerkschaft GEW, wonach für das Jahr 2004 nur noch Weihnachtsgeld iHv. 450,00 Euro und für das Jahr 2005 im Tarifgebiet West von 1.200,00 Euro und im Tarifgebiet Ost von 1.000,00 Euro gezahlt werden sollte (Weihnachtsgeld-TV 2004).

Der Kläger – und die anderen vom IB e.V. übernommenen Arbeitnehmer – erhielt für das Jahr 2004 kein Weihnachtsgeld. Mit seiner Klage nimmt er die Beklagte auf dessen Zahlung iHv. 1.796,61 Euro in Anspruch. Er hat die Auffassung vertreten, der Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 gelte im Arbeitsverhältnis der Parteien als einzelvertragliche Abrede nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB weiter. Auch wenn in den Tarifverträgen dem Wortlaut nach nur das Weihnachtsgeld für die Jahre 1998 bis 2000 sowie für das Jahr 2001 geregelt sei, ergebe sich doch aus dem Gesamtzusammenhang, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen seien, das Weihnachtsgeld müsse darüber hinaus in der zuletzt ausgehandelten Höhe gezahlt werden. Bei der Berechnung der Höhe des Weihnachtsgeldes habe er das ihm auf Grund des Bewährungsaufstieges zustehende Gehalt zugrunde gelegt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.796,61 Euro nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB auf 673,73 Euro seit dem 1. Dezember 2004 sowie aus 1.122,88 Euro seit dem 1. Januar 2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Weihnachtsgeldtarifverträge 1998 bis 2001 könnten den Klaganspruch nicht stützen, da in diesen die Ansprüche bewusst auf die Jahre 1998 bis 2000 sowie auf das Jahr 2001 begrenzt worden seien. Der IB e.V. und sie – die Beklagte – hätten 2002 und 2003 das Weihnachtsgeld nicht auf tarifvertraglicher Grundlage, sondern auf Grund jeweiliger auf ein Jahr beschränkter Gesamtzusage gezahlt. Dies führe aber ebenfalls nicht zu einer Bindung des Arbeitgebers für das Jahr 2004. Die Tarifverträge, auf die sich der Kläger berufe, seien auf Grund Ablösung durch den Weihnachtsgeld-TV 2004 endgültig untergegangen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis mit Recht stattgegeben.

I. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag sowie dem Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001.

1. Der Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers gemäß der in § 3 des Arbeitsvertrages enthaltenen Bezugnahmeklausel Anwendung. Hieran ist die Beklagte gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden.

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Klausel zutreffend dahin ausgelegt, dass die Bezugnahme auch die Weihnachtsgeldtarifverträge erfasst.

aa) Bei dem Arbeitsvertrag vom 25./15. November 1991 handelt es sich um einen Formulararbeitsvertrag, in den die persönlichen Daten des Klägers, seine Funktion, die Dienststellung, der Umfang der Wochenarbeitszeit, die Vergütung und zwei zusätzliche Vereinbarungen eingesetzt worden sind. Die Auslegung eines solchen Formulararbeitsvertrages durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur Senat 30. August 2000 – 4 AZR 581/99 – BAGE 95, 296 mwN).

bb) Nach den §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind aber auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (Senat 26. September 2001 – 4 AZR 544/00 – BAGE 99, 120). Dies gilt auch für die dynamische Verweisungsklausel (Senat 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35).

cc) Die Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass § 3 des Arbeitsvertrages auch den Weihnachtsgeld-TV 1998 in der Fassung vom 31. Oktober 2001 in Bezug nimmt.

(1) § 3 des Arbeitsvertrages nimmt auf die Satzung des IB in jeweils geltender Fassung, den Manteltarifvertrag Nr. 2 vom 27. Februar 1984 und die ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und die Arbeitsordnung des IB in jeweils geltender Fassung ausdrücklich Bezug. Weder dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel noch dem des Manteltarifvertrages Nr. 2 ist zu entnehmen, ob es sich bei den Weihnachtsgeldtarifverträgen um den Manteltarifvertrag ergänzende Tarifverträge handelt. Es ergibt sich jedoch aus dem langjährigen entsprechenden Verhalten der Arbeitsvertragsparteien, dass sie die Klausel in diesem Sinne verstanden haben. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurden jedenfalls in der Zeit bis zum Betriebsübergang auf das Arbeitsverhältnis alle “mit ver.di” – gemeint: auch mit deren Rechtsvorgängerin ÖTV – abgeschlossenen Tarifverträge angewandt. Dies belegt, dass die Weihnachtsgeldtarifverträge vom IB e.V. wie auch von seinen Arbeitnehmern als den Manteltarifvertrag ergänzende Tarifverträge im Sinne der formularmäßigen arbeitsvertraglichen Verweisung verstanden wurden (ebenso Senat in der den IB e.V. betreffenden Entscheidung vom 17. Mai 2000 – 4 AZR 216/99 – BAGE 94, 349 für eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Verweisungsklausel).

(2) Die diesbezüglich von der Beklagten erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.

(a) Die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft “einfach ohne jeden Beleg unterstellt”, dass die Vertragsparteien stets alle Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis angewandt hätten, ist unstatthaft. Das Landesarbeitsgericht hat im unstreitigen Teil des Tatbestandes festgestellt, dass “während der Zeit beim IB e.V. … im Arbeitsverhältnis der Parteien alle mit ver.di ausgehandelten Tarifverträge angewendet” worden seien. Wenn die Beklagte der Auffassung ist, diese Feststellung sei unrichtig, hätte sie dagegen mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung vorgehen können. Da sie diesen Weg nicht beschritten hat, kann sie in der Revisionsinstanz nicht damit gehört werden, das Urteil gehe von einer Tatsache aus, die in Wirklichkeit unrichtig oder zumindest streitig gewesen sei (BAG 21. Januar 1982 – 2 AZR 759/79 –).

(b) Soweit die Beklagte vorträgt, das Landesarbeitsgericht habe es versäumt, während der Verhandlung darauf hinzuweisen, es unterstelle die allgemeine Anwendung der Tarifverträge über die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, ist diese Verfahrensrüge unzulässig. Mit ihrer Rüge behauptet die Beklagte eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 139 Abs. 2 ZPO). Wird die Verletzung der richterlichen Hinweispflicht gerügt, muss die Revisionsbegründung gem. § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben. Der Revisionskläger hat anzugeben, was er auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht hätte. Dabei ist der unterbliebene Vortrag vollständig nachzuholen und darzulegen, dass hierdurch die Entscheidung beeinflusst worden wäre (BAG 12. April 2000 – 5 AZR 704/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 72 mwN; 3. Dezember 2003 – 10 AZR 107/03 –). Die Beklagte hat zwar dargelegt, welche Rechtsausführungen sie im Falle eines richterlichen Hinweises gemacht hätte. Es fehlt aber die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Bei Unterstellung der Entscheidungserheblichkeit des nachgeholten Vortrages wäre die Verfahrensrüge jedenfalls unbegründet. Denn eine Hinweispflicht des Landesarbeitsgerichts bestand nicht. Bereits das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass die Weihnachtsgeldtarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar waren. Die Beklagte hat in ihren Schriftsätzen in der Berufungsinstanz Ausführungen zum Umfang der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel gemacht, diese Problematik also selbst gesehen. Sie hätte daher bereits dabei die nunmehr nachgeholten Erwägungen vortragen können. Bei dieser Sachlage musste das Landesarbeitsgericht nicht darauf hinweisen, dass es von einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme der Weihnachtsgeldtarifverträge ausgehe.

dd) Die zusätzliche arbeitsvertragliche Inbezugnahme der Arbeitsordnung steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen.

(1) Die Beklagte ist der Auffassung, die Bezugnahme auf den Manteltarifvertrag Nr. 2 vom 27. Februar 1984 könne auch deswegen nicht umfassend gemeint sein, weil eine solche umfassende Verweisung der ebenfalls in Bezug genommenen Arbeitsordnung vorbehalten sei. Die zusätzliche Inbezugnahme der Arbeitsordnung ist jedoch für die Frage, welchen Umfang die Verweisung auf den Manteltarifvertrag hat, ohne Belang. Sie hätte, folgt man den Überlegungen der Beklagten, allenfalls dann eine Bedeutung, wenn die umfassende Interpretation der Bezugnahme auf den Manteltarifvertrag dazu führte, dass die Verweisung auf die Arbeitsordnung sinnlos wäre. Dies ist aber schon deshalb nicht der Fall, weil diese in § 9 nicht nur auf die Tarifverträge, sondern auch auf die Gesetze, Betriebsvereinbarungen sowie die einzelvertraglichen Regelungen und Dienstanweisungen Bezug nimmt.

(2) Der arbeitsvertragliche Verweis auf die Arbeitsordnung ist zudem keine eigenständige konstitutive Inbezugnahme der tarifvertraglichen Regelungen. Hiergegen spricht bereits der Wortlaut des § 9 der Arbeitsordnung. Danach “ergeben” sich die Rechte und Pflichten der Mitarbeiter aus den aufgeführten Normwerken. Aus dieser Formulierung lässt sich entnehmen, dass die Betriebsparteien eine deklaratorische und nicht eine konstitutive Verweisung geregelt haben. Anderenfalls hätte es nahegelegen, zB die “Anwendbarkeit” oder die “Geltung” der Normwerke zu vereinbaren. Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass die Betriebsparteien lediglich eine deklaratorische Verweisung vereinbart haben. Hierfür spricht, dass eine konstitutive Inbezugnahme des Gesetzes sowie des Arbeitsvertrages überflüssig ist. Die Anwendbarkeit dieser Normwerke auf das Arbeitsverhältnis ist selbstverständlich. Wenn es sich danach insoweit nur um eine deklaratorische Verweisung handelt, muss dasselbe auch für den Verweis auf die Tarifverträge und die Betriebsvereinbarungen gelten. Für eine gegenteilige Annahme bestehen nach Wortlaut und Gesamtzusammenhang keine Anhaltspunkte.

b) Die Beklagte ist an die arbeitsvertragliche Verweisung auf den Weihnachtsgeld-TV 1998 in der Fassung vom 31. Oktober 2001 gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gebunden. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorliegen eines Betriebsübergangs bindend festgestellt. Die Beklagte hat auch diesbezüglich keine zulässige und begründete Verfahrensrüge erhoben.

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 1. September 2003 “nach § 613a BGB auf die Beklagte … übergegangen”. Der erstmals in der Revision vorgebrachte Einwand der Beklagten, die Parteien seien zwar übereinstimmend von einer “Betriebsübernahme” ausgegangen, dem Landesarbeitsgericht hätten aber keine ausreichenden Tatsachen vorgelegen, “um eine eindeutige Klassifizierung der Übernahme der Mitarbeiter im Sinne des § 613a BGB zu treffen”, ist unbeachtlich. Die Tatsache eines Betriebsübergangs auf die Beklagte zum 1. September 2003 gehört zu den vom Berufungsgericht auf Grund des übereinstimmenden Parteivortrages festgestellten Tatsachen, an die das Revisionsgericht gem. § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist.

(1) Von der Vorschrift des § 559 Abs. 2 ZPO erfasste Tatsachen sind nicht allein einzelne Umstände als tatbestandliche Voraussetzungen von Rechtsfolgen. Tatsachen können vielmehr von den Parteien auch als Erklärungen über Rechtstatsachen durch allgemein geläufige Rechtsbegriffe in das Verfahren eingeführt werden (Zöller/Greger ZPO 26. Aufl. § 138 Rn. 2). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Tatsachen einkleidende Rechtsbegriffe Tatsachenbehauptungen gleichzustellen sind, wenn ein einfacher Rechtsbegriff verwandt wird, der jedem Teilnehmer des Rechtsverkehrs geläufig ist (BGH 19. März 2004 – V ZR 104/03 – BGHZ 158, 295). Maßgebend ist allein, ob der Begriff eine solche Einfachheit für sich beanspruchen kann. Darauf, ob die Feststellung seiner Voraussetzungen rechtlich und tatsächlich schwierig sein kann, kommt es nicht an (BGH 13. März 1998 – V ZR 190/97 – LM BGB § 1004 Nr. 234; 14. März 1997 – V ZR 9/96 – BGHZ 135, 92).

(2) Der Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB ist ein einfacher Rechtsbegriff, der den Teilnehmern am Arbeitsleben geläufig ist. Die Übernahme eines Betriebs oder Teilbetriebs mit der Rechtsfolge des Fortbestands der dort bestehenden Arbeitsverhältnisse beim Erwerber ist ein häufiger Vorgang, den eine Vielzahl von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bereits erfahren hat. Zwar können die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs im Einzelfall schwierig festzustellen sein. Dies ändert aber nichts daran, dass der Begriff einen einfachen rechtlichen Gehalt hat. Jedenfalls wenn, wie vorliegend, Rechtsanwälte für die Parteien vortragen, ist die Behauptung, ein Betriebsübergang habe stattgefunden, eine rechtliche Einkleidung tatsächlicher Umstände, die einer bindenden tatsächlichen Feststellung zugänglich ist.

bb) Soweit die Beklagte die Frage stellt, ob das Landesarbeitsgericht “seiner Anleitungspflicht nach § 139 ZPO ausreichend nachgekommen ist”, handelt es sich nicht um eine zulässige Verfahrensrüge.

(1) Wird eine Verletzung der dem Landesarbeitsgericht obliegenden Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) gerügt, reicht es nicht aus, pauschal auf die Verletzung der Aufklärungspflicht hinzuweisen. Es muss vielmehr im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger auf Grund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen und welche weiteren erheblichen Tatsachen der Revisionskläger dann in der Berufungsinstanz vorgebracht hätte (Senat 27. August 1986 – 4 AZR 592/85 – mwN; ArbGG-Düwell 2. Aufl. § 74 Rn. 52). Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung möglicherweise für das Urteil kausal war (BAG 5. Juli 1979 – 3 AZR 197/78 – BAGE 32, 56; 12. April 2000 – 5 AZR 704/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 72; 6. Januar 2004 – 9 AZR 680/02 – BAGE 109, 145).

(2) Danach ist die Verfahrensrüge der Beklagten unzulässig. Die Beklagte hat über die bloße Frage nach der Erfüllung der Hinweispflicht hinaus nicht dargetan, welche Tatsachen sie im Falle eines richterlichen Hinweises vorgetragen hätte. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, ob die mögliche Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Berufungsgericht für sein Entscheidungsergebnis kausal war.

2. Die Geltung des in Bezug genommenen Weihnachtsgeld-TV 1998 in der Fassung vom 31. Oktober 2001 endete entgegen der Auffassung der Revision nicht auf Grund vereinbarter Befristung. Zwar kann ein Tarifvertrag befristet werden, so dass er mit Fristablauf endet (allgemeine Meinung, statt vieler: Däubler/Deinert TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 74; Kempen/Zachert/Stein TVG 4. Aufl. § 4 Rn. 146). Die Auslegung des Weihnachtsgeld-TV 1998 in der Fassung vom 31. Oktober 2001 ergibt jedoch, dass dieser keine Befristung enthält.

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebende Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (zB Senat 30. Mai 2001 – 4 AZR 269/00 – BAGE 98, 35 mwN; 7. Juli 2004 – 4 AZR 433/03 – BAGE 111, 204).

b) Nach diesen Grundsätzen gelten die Regelungen der Weihnachtsgeldtarifverträge noch für das Weihnachtsgeld im Jahre 2004.

aa) Gegenstand der Auslegung ist zunächst der Weihnachtsgeld-TV 1998. Dieser enthält in § 3 eine Kündigungsregelung, welche überflüssig gewesen wäre, wenn die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen wären, dass der Tarifvertrag ohne Weiteres auf Grund einer Befristung enden würde. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Vereinbarung einer Befristung. Vielmehr sollen die Arbeitnehmer gem. § 2 Abs. 1 Weihnachtsgeld-TV 1998 “in jedem Kalenderjahr” eine Weihnachtsgratifikation erhalten. Lediglich die Höhe der Gratifikation ist nur für die Jahre 1998 bis 2000 geregelt. Dies entspricht der Laufzeit des Tarifvertrages bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit. Daraus lässt sich entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien den Arbeitnehmern einen unbefristeten Weihnachtsgeldanspruch für jedes Kalenderjahr einräumen wollten, dabei aber davon ausgingen, dass es im Anschluss an den zeitlichen Ablauf der ersten Kündigungsmöglichkeit zu neuen Verhandlungen über die konkrete Höhe des Weihnachtsgeldes kommen werde. Sie hielten es deshalb zunächst nicht für erforderlich, Bestimmungen zur Höhe des Weihnachtsgeldes über das Jahr 2000 hinaus zu treffen.

bb) Auch der Abschluss des “Ergänzungstarifvertrages” im Jahr 2001 bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass nunmehr eine befristete tarifliche Vereinbarung getroffen werden sollte. Zwar enthält diese Vereinbarung lediglich eine Regelung für das Jahr 2001. Bereits aus der Bezeichnung als “Ergänzungstarifvertrag” wird jedoch deutlich, dass dieser die Regelungen des Weihnachtsgeld-TV 1998 lediglich ergänzen, diese nicht aber außerhalb der Ergänzung abändern sollte. Dies ergibt sich auch aus dem letzten Absatz, nach welchem “im Übrigen … die anderen Regelungen” des Weihnachtsgeld-TV 1998 “gelten” sollten. Da der Ergänzungstarifvertrag lediglich die Höhe des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2001 bestimmt, bleiben sowohl § 2 Abs. 1 Weihnachtsgeld-TV 1998, welcher den unbefristeten Anspruch dem Grunde nach regelt, als auch die Kündigungsregelung des § 3 Weihnachtsgeld-TV 1998, welche der Annahme einer Befristung entgegensteht, unberührt. Gegen die Annahme einer von den Tarifvertragsparteien beabsichtigten Befristung spricht schließlich der Umstand, dass der IB e.V. den Weihnachtsgeld-TV 1998 und den Ergänzungstarifvertrag 2001 zum 30. September 2004 gekündigt hat. Aus der Kündigungserklärung lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass es sich dabei, wie die Revision meint, lediglich um eine vorsorgliche Kündigung handeln sollte.

3. Der Weihnachtsgeld-TV 1998 hat entgegen der Auffassung der Revision auch nicht infolge der durch Verschmelzung auf die Gewerkschaft ver.di erfolgten Auflösung der Gewerkschaft ÖTV seine Wirksamkeit verloren.

a) Die ÖTV ist mit der Verschmelzung mit vier anderen Gewerkschaften zum 1. Juli 2001 als Rechtspersönlichkeit untergegangen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG), und ihr Vermögen ist einschließlich der Verbindlichkeiten auf die Gewerkschaft ver.di übergegangen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Damit sind auch die von den verschmolzenen Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge auf ver.di übergegangen (Senat 11. Mai 2005 – 4 AZR 315/04 – BAGE 114, 332). Das erstmals mit der Revisionsbegründung vorgebrachte Argument der Beklagten, der ursprünglich von der ÖTV abgeschlossene Weihnachtsgeld-TV 1998 habe nicht auf ver.di übergehen können, weil die ÖTV bereits einige Tage vor der Gründung von ver.di aufgelöst worden sei, ist sachlich unzutreffend (vgl. hierzu ausführlich Kempen/Lörcher/Platow/Tiefenbacher/Trümner JbArbR 2001, 65; Wiedemann/Thüsing WM 1999, 2237, 2277).

b) Der Einwand ist zudem vorliegend deshalb unerheblich, weil ver.di im Jahr 2001 selbst den Ergänzungstarifvertrag zum Weihnachtsgeld-TV 1998 unter Bezugnahme auf dessen Inhalt im Übrigen abgeschlossen hat. Daher hat sich ver.di diese Regelungen ausdrücklich zu eigen gemacht und ihnen selbst tarifvertragliche Qualität verliehen, so dass es auf den Übergang des Tarifvertrages im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht ankommt. Darüber hinaus war der Tarifvertrag nicht nur mit der ÖTV bzw. später ver.di, sondern seitens der ÖTV bzw. ver.di zugleich auch handelnd für die durchgehend bestehende Gewerkschaft GEW abgeschlossen worden.

c) Selbst wenn man der Argumentation der Beklagten dahingehend folgen würde, dass eine Übernahme der Tarifverträge durch ver.di aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, hätte der Tarifvertrag jedenfalls mit der GEW fortbestanden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind im Falle der Teilnichtigkeit eines Tarifvertrages die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht zur Teilnichtigkeit von Gesetzen entwickelt hat, anzuwenden. Danach kommt es darauf an, ob der gültige Teil des Tarifvertrages noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält (BAG 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – BAGE 79, 236 mwN aus der Literatur; 27. Februar 1996 – 3 AZR 886/94 – BAGE 82, 193). Das wäre vorliegend der Fall, wenn die ÖTV als Tarifvertragspartner ersatzlos ausgeschieden wäre. Auch aus diesem Grunde ist der Weihnachtsgeld-TV 1998 als Bezugnahmeobjekt nicht mit der Auflösung der Gewerkschaft ÖTV entfallen.

4. Der Anwendbarkeit des Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien stehen nicht dessen Kündigung zum 30. September 2004 und der Neuabschluss des Weihnachtsgeld-TV 2004 entgegen. Gegenstand der arbeitsvertraglichen Bezugnahme ist der Weihnachtsgeld-TV 1998 in der Fassung vom 31. Oktober 2001 mit seinem Inhalt zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs.

a) Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel um eine Gleichstellungsabrede. Für Verträge, die vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind, wendet der Senat die Auslegungsregel an, dass bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses und Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge bzw. Tarifwerke stets als Gleichstellungsabrede zu verstehen sind. Diese Auslegungsregel bleibt unter Vertrauensschutzgesichtspunkten für diese sog. Altverträge bestehen, auch wenn der Senat für sog. Neuverträge seine Rechtsprechung zu dieser Auslegungsregel geändert hat (14. Dezember 2005 – 4 AZR 536/04 – BAGE 116, 326; 15. März 2006 – 4 AZR 132/05 – AP TVG § 2 Firmentarifvertrag Nr. 9; 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35). Da der Arbeitsvertrag der Parteien im vorliegenden Fall vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossen wurde, ist die Bezugnahmeklausel nach dieser Auslegungsregel als Gleichstellungsabrede zu qualifizieren. Eine solche soll lediglich hinsichtlich der Tarifgebundenheit eine Gleichstellung zwischen nicht tarifgebundenem und tarifgebundenem Arbeitnehmer bewirken. Sie verfolgt demgegenüber nicht das Ziel, dem nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers eine dauernde Teilhabe an der Tarifentwicklung zu gewährleisten (Senat 26. September 2001 – 4 AZR 544/00 – BAGE 99, 120). Daher endet die Dynamik bei einer so verstandenen Gleichstellungsabrede, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge endet (vgl. nur Senat 30. August 2000 – 4 AZR 581/99 – BAGE 95, 296). An weiteren Entwicklungen und Änderungen der in Bezug genommenen Tarifverträge nimmt der Arbeitsvertrag nach dieser Senatsrechtsprechung zur Gleichstellungsabrede nicht teil.

b) Mit dem Betriebsübergang auf die nicht tarifgebundene Beklagte hat daher die vereinbarte Dynamik geendet. Die in Bezug genommenen Tarifverträge gelten für das Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch statisch, also mit dem Inhalt, mit dem sie zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf das Arbeitsverhältnis anwendbar waren. Die Ablösung des Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 durch den Tarifvertrag vom 8. Dezember 2004 ist deshalb für den Anspruch des Klägers unerheblich. Es ist für einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsteilübergangs übergegangen ist, ohne rechtliche Bedeutung, wenn ein arbeitsvertraglich in Bezug genommener Tarifvertrag, der nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB beim Betriebserwerber weiter gilt, nach dem Betriebsübergang beim Betriebsveräußerer geändert wird.

5. Der Klaganspruch ist schließlich auch nicht durch eine Sozialplanregelung beseitigt worden. Die Beklagte behauptet erstmals in der Revisionsinstanz den Abschluss eines Sozialplans vom 28. August 2003 und beruft sich darauf, dass dieser den Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 abgelöst habe. Der Sozialplan ist jedoch nicht zu den Akten gereicht worden. Der Vortrag kann bereits deshalb nicht berücksichtigt werden, weil er unsubstantiiert ist. Der Senat kann nicht erkennen, durch welche Regelungen der Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 nach der Behauptung der Beklagten abgelöst worden sein soll. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, der Inhalt des Sozialplans sei beim Landesarbeitsgericht gerichtsbekannt, ist dies für das Revisionsverfahren unerheblich. Das Landesarbeitsgericht hat zum Vorliegen eines Sozialplans und dessen Inhalt keine Feststellungen getroffen. Eine Verfahrensrüge hat die Beklagte diesbezüglich nicht erhoben.

6. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, dass sich aus dem Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 der Anspruch für das Jahr 2004 in der geltend gemachten Höhe ergibt.

a) Der Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 enthält keine ausdrückliche Regelung der Höhe des Weihnachtsgeldes für die Zeit nach 2001. Die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen ergibt jedoch, dass sich die Höhe des Weihnachtsgeldes auch für diese Zeit nach den für die Jahre 1998 bis 2001 vereinbarten Sätzen richtet.

aa) Aus § 2 Abs. 1 iVm. § 3 Abs. 1 des Weihnachtsgeld-TV 1998 ergibt sich, wie bereits ausgeführt, der übereinstimmende Wille der Tarifvertragsparteien, den Arbeitnehmern auch über das Jahr 2000 hinaus einen Anspruch auf eine jährliche Weihnachtsgratifikation einzuräumen. Gem. § 2 Abs. 1 Weihnachtsgeld-TV 1998 erhält der Arbeitnehmer “in jedem Kalenderjahr eine Weihnachtsgratifikation”, sofern er den ganzen Monat Dezember in einem Arbeitsverhältnis zum IB steht. Die Kündigungsregelung in § 3 Abs. 1 Weihnachtsgeld-TV 1998 bringt zum Ausdruck, dass die Tarifvertragsparteien eine Kündigung auch für notwendig erachtet haben, um die – grundsätzlich unbefristete – Geltung des Tarifvertrages zu beenden. Hätten die Tarifvertragsparteien Ansprüche auf Weihnachtsgeld für die nachfolgenden Jahre nicht schon zu diesem Zeitpunkt begründen, sondern von erfolgreichen erneuten Tarifverhandlungen abhängig machen wollen, wäre es naheliegend gewesen, die Geltungsdauer des Tarifvertrages von vornherein bis zum 31. Dezember 2000 zu befristen und eine Nachwirkung ausdrücklich auszuschließen. Weder das eine noch das andere ist geschehen. Die Tarifvertragsparteien gingen im Jahre 1998 davon aus, die Regelung der Höhe für die Laufzeit bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit sei ausreichend, offenbar in der Annahme, dass sich Verhandlungen darüber für die Folgejahre zu gegebener Zeit anschließen würden. Konsequenterweise haben sie die Weitergeltung der Regelungen des Weihnachtsgeld-TV 1998 mit dem Ergänzungstarifvertrag vom 31. Oktober 2001 vereinbart und damit den Anspruch auf die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation für die Dauer der Geltung der Weihnachtsgeldtarifverträge bestätigt.

bb) Für die Jahre 1998 bis einschließlich 2000 galt dieselbe Regelung der Höhe der Weihnachtsgratifikation. Für die Arbeitnehmer im Tarifgebiet Ost waren stets 80 vH von 75 vH der Bruttobezüge des Monats Oktober des jeweiligen Jahres zugrunde zu legen, wobei Überstundenvergütungen, Zulagen und Zuschläge mit einzubeziehen waren. Für das Jahr 2001 haben die Tarifvertragsparteien im Ergänzungs-TV vom 31. Oktober 2001 die gleiche Bemessungsgrundlage vereinbart. Diese Gesamtumstände rechtfertigen den Schluss auf den Willen der Tarifvertragsparteien, diese Regeln sollten mangels Zustandekommens einer abweichenden Regelung für die Zukunft gelten.

cc) Bis zum Zeitpunkt des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte sind solche tariflichen Änderungen nicht vereinbart worden. Der IB e.V. hat den Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekündigt. Auch ein Abschluss weiterer Ergänzungstarifverträge ist nicht erfolgt. Der Umstand, dass der IB e.V. als Tarifvertragspartei auch für das Jahr 2002 eine Zahlung des Weihnachtsgeldes nach den tariflichen Regelungen vorgenommen hat, ist ein weiteres Indiz dafür, dass deren weitere Geltung dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprach. Schließlich hat auch die Beklagte nach dem Betriebsübergang die Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2003 nach diesen Regeln vorgenommen und damit zu erkennen gegeben, dass sie ebenfalls den Inhalt des Tarifvertrages im Sinne seiner unveränderten Weitergeltung über das Jahr 2001 hinaus verstanden hat. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die Zahlung sei auf Grund einer Gesamtzusage erfolgt, ist vom Kläger bestritten worden und kann mangels ihrer Feststellung durch das Landesarbeitsgericht vom Senat nicht berücksichtigt werden.

b) Die Berechnung der Höhe seines Anspruchs nach den Bestimmungen des Weihnachtsgeld-TV 1998 idF vom 31. Oktober 2001 durch den Kläger hat die Beklagte nicht bestritten. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist deshalb als zugestanden anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO).

7. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Bepler, Wolter, Bott, H. Scherweit-Müller, Dassel

 

Fundstellen

AP, 0

EzA-SD 2008, 18

NZA-RR 2008, 362

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