Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialkassenverfahren. Arbeitnehmerüberlassung. Unzulässige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes. Anspruch der ZVK auf Beiträge zu den Sozialkassen. Voraussetzungen der Anwendung von Rechtsvorschriften im Wege der Analogie

 

Leitsatz (amtlich)

Während bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer nach § 10 Abs. 1 Satz 1, § 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen gilt, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hatte, führt eine nach § 1b Satz 1 AÜG unzulässige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes nicht zu einem Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer. Einer analogen Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1, § 9 Nr. 1 AÜG steht entgegen, dass keine unbewusste, planwidrige Regelungslücke vorliegt.

 

Orientierungssatz

  • Die analoge Anwendung von Rechtsvorschriften setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegt und diese Planwidrigkeit auf Grund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann.
  • Diese Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1, § 9 Nr. 1 AÜG liegen nicht vor, wenn ein Verleiher, der die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hat, Leiharbeitnehmer entgegen § 1b Satz 1 AÜG in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten überlässt, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden. In einem solchen Fall unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung kommt ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer nicht zustande.
 

Normenkette

AÜG § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung, § 1b S. 1, § 9 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 6 in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 1 S. 1, § 13 in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung, § 16 Abs. 1 Nr. 1b; AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung § 4; AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung § 12a S. 1; AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung § 228 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen 15 Sa 511/03)

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 25.02.2003; Aktenzeichen 8 Ca 3933/01)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen Sozialkassenbeiträge iHv. 12.851,99 Euro für die Monate Oktober 1997 bis Oktober 1999 an die Klägerin zu leisten haben.

Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK). Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Den Beitragseinzug regelte im Anspruchszeitraum der für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 in den jeweils gültigen Fassungen.

Die Beklagte zu 1 betreibt ein Bauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Ihre persönlich haftende Gesellschafterin ist die Beklagte zu 2. Von Oktober 1997 bis Oktober 1999 überließ die M-Gebäudemanagement GmbH (M GmbH) der Beklagten zu 1 sechs gewerbliche Leiharbeitnehmer zur Arbeitsleistung. Die M… GmbH verfügte über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.

Die ZVK hat gemeint, die Beklagte zu 1 habe Sozialkassenbeiträge für die sechs ihr von der M… GmbH überlassenen Leiharbeitnehmer zu leisten. Die Arbeitnehmerüberlassung sei gemäß § 1b Satz 1 AÜG unzulässig gewesen. Die analoge Anwendung von § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG sei auf Grund des Schutzbedürfnisses der rechtswidrig in den Baubetrieb der Beklagten zu 1 überlassenen Leiharbeitnehmer geboten. Sie bewirke, dass Arbeitsverhältnisse zwischen der Beklagten zu 1 und den sechs Leiharbeitnehmern zustande gekommen seien. Die Beklagte zu 2 hafte für die Beitragsschuld der Beklagten zu 1.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 12.851,99 Euro zu zahlen.

Die Beklagten haben zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, eine analoge Anwendung von § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG käme nur bei einer planwidrigen Gesetzeslücke in Betracht. Eine solche liege nicht vor.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die ZVK ihren Klageantrag weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision der ZVK zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der ZVK hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Zwischen der Beklagten zu 1 und den ihr von der M… GmbH zur Arbeitsleistung überlassenen sechs gewerblichen Arbeitnehmern sind Arbeitsverhältnisse nicht zustande gekommen. Der ZVK stehen deshalb die beanspruchten Beiträge nicht zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zusammengefasst angenommen, die Beklagte zu 1 sei nicht Arbeitgeberin der Leiharbeitnehmer geworden. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG seien nicht gegeben. Eine Regelungslücke liege nicht vor. Die Arbeitsverträge zwischen der M… GmbH und den der Beklagten zu 1 überlassenen Leiharbeitnehmern seien auf Grund des Verstoßes gegen § 12a Satz 1 AFG, § 1b Satz 1 AÜG nicht unwirksam gewesen. Die ZVK habe nicht behauptet, dass mit diesen Arbeitnehmern ausschließlich Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes vereinbart war. Der Gesetzgeber habe Verstöße gegen das grundsätzliche Verbot der Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes als Ordnungswidrigkeit und mit gewerberechtlichen Folgen sanktioniert. Weitergehende Konsequenzen habe er bewusst nicht getroffen.

II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.

1. Die Voraussetzung, unter der nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gilt, ist nicht erfüllt. Die Verträge zwischen der M… GmbH und den sechs der Beklagten zu 1 zur Arbeitsleistung überlassenen Leiharbeitnehmern waren nicht nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam. Die M… GmbH verfügte über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.

2. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht eine analoge Anwendung von § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG bei Arbeitnehmerüberlassung entgegen § 1b Satz 1 AÜG für nicht zulässig gehalten. Es liegt keine unbewusste, planwidrige Gesetzeslücke vor, die in einer für die ZVK anspruchsbegründenden Weise ausgefüllt werden müsste. Der Gesetzgeber hat es nicht versehentlich unterlassen, in § 9 Nr. 1 AÜG zu regeln, dass Verträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam sind, wenn letztere entgegen § 1b Satz 1 AÜG in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten überlassen werden, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden.

a) Eine Analogie ist die Übertragung der Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestandes auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand. Die analoge Anwendung gesetzlicher Bestimmungen setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegt und diese Planwidrigkeit auf Grund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers – also der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will – als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte (BGH 13. April 2006 – IX ZR 22/05 – BGHZ 167, 178; zum Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke als Voraussetzung einer analogen Anwendung gesetzlicher Bestimmungen vgl. auch BAG 2. März 2006 – 8 AZR 124/05 – AP BGB § 419 Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 48, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 2. Juni 2005 – 2 AZR 296/04 – AP BGB § 622 Nr. 63 = EzA BGB 2002 § 622 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 13. Mai 2004 – 8 AZR 92/03 – ZTR 2004, 633; 24. Oktober 2002 – 6 AZR 632/00 – BAGE 103, 180; 15. März 2000 – 10 AZR 101/99 – BAGE 94, 73).

b) Konkrete Anhaltspunkte, auf Grund derer eine planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung positiv festgestellt werden könnte, sind nicht zu erkennen. Vielmehr sprechen mehrere Umstände dafür, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolgen gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis des Verleihers und die Rechtsfolgen unzulässiger gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes durch einen Verleiher mit Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung unterschiedlich regeln wollte und damit keine unbewusste, planwidrige Gesetzeslücke vorliegt.

aa) Schon die Tatsache, dass der Gesetzgeber trotz der Augenfälligkeit der Problemlage es unterlassen hat zu regeln, dass bei nach § 1b Satz 1 AÜG unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung die Verträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam sind, deutet auf ein “beredtes” Schweigen des Gesetzgebers hin. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber in § 16 Abs. 1 Nr. 1b AÜG bestimmt hat, dass ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 1b Satz 1 AÜG gewerbsmäßig Arbeitnehmer überlässt oder tätig werden lässt. Diese Regelung belegt, dass der Gesetzgeber sich möglicher Verstöße gegen das Überlassungsverbot bewusst war. Wenn er dennoch nur bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis des Verleihers geregelt hat, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gilt (§ 10 Abs. 1 Satz 1, § 9 Nr. 1 AÜG), spricht dies dafür, dass er bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung entgegen § 1b Satz 1 AÜG diese Rechtsfolge nicht wollte, sondern es für ausreichend und angemessen gehalten hat, den Gesetzesverstoß als Ordnungswidrigkeit zu ahnden und ihn bei der Beurteilung der für die Ausübung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erforderlichen Zuverlässigkeit des Verleihers (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 3 AÜG) zu berücksichtigen.

bb) Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 1b Satz 1 AÜG und den zahlreichen Gesetzesänderungen wird deutlich, dass eine unbewusste, planwidrige Gesetzeslücke nicht vorliegt. Für die Zeit vom 1. Oktober 1997 bis zum 31. Dezember 1997 ergab sich das Verbot der Überlassung gewerblicher Arbeitnehmer in Betriebe des Baugewerbes aus § 12a Satz 1 AFG. Diese Vorschrift hatte der Gesetzgeber am 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1497) mit Wirkung zum 1. Januar 1982 in das AFG eingefügt und am 20. September 1994 (BGBl. I S. 2456) novelliert. Danach lautete die Bestimmung:

“Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, ist unzulässig. Sie ist zwischen Betrieben des Baugewerbes gestattet, wenn diese Betriebe von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen oder von deren Allgemeinverbindlichkeit erfaßt werden.”

§ 228 Abs. 1 Nr. 3 AFG legte fest, dass ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig als Verleiher mit einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1 AÜG oder als Entleiher dem Verbot des § 12a Satz 1 AFG zuwider handelt. § 12a AFG wurde am 24. März 1997 (BGBl. I S. 594, 714) mit Wirkung zum 1. Januar 1998 als § 1b in Art. 1 AÜG eingefügt und zugleich in § 16 Abs. 1 Nr. 1b AÜG geregelt, dass ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 1b Satz 1 AÜG gewerbsmäßig Arbeitnehmer überlässt oder tätig werden lässt. Hätte der Gesetzgeber dieselben Rechtsfolgen bei fehlender Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG) und unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes (§ 12a Satz 1 AFG, § 1b Satz 1 AÜG) gewollt, wäre es naheliegend gewesen, anlässlich der Einfügung des § 12a Satz 1 AFG als § 1b AÜG oder einer anderen der zahlreichen Gesetzesänderungen im Wege der Normergänzung zu regeln, dass auch bei unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert wird.

cc) Schließlich hindert auch der Umstand, dass der Gesetzgeber § 13 AÜG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung (§ 13 AÜG aF) mit Gesetz vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594, 715) aufgehoben hat, die Annahme eines versehentlichen Unterlassens des Gesetzgebers. Nach § 13 AÜG aF konnten, wenn ein Arbeitsverhältnis auf einer entgegen § 4 AFG ausgeübten Arbeitsvermittlung beruhte, die arbeitsrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber dieses Arbeitsverhältnisses nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden. Die Bestimmung regelte ihrem Wortlaut nach nur den Arbeitsentgeltschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 23. November 1988 – 7 AZR 34/88 – BAGE 60, 205, 211) erschlossen sich Sinn und Zweck der Vorschrift für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung jedoch erst auf Grund des Zusammenhangs mit der in § 1 Abs. 2 AÜG getroffenen Regelung, wonach vermutet wird, dass der Überlassende Arbeitsvermittlung betreibt, wenn Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden und der Überlassende nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko übernimmt. § 13 AÜG aF wurde als eine § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ergänzende Regelung verstanden, durch die bei einer als unerlaubte Arbeitsvermittlung anzusehenden Überlassung nach § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG (in den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassungen) kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher begründet wurde (vgl. BAG 10. Februar 1977 – 2 ABR 80/76 – BAGE 29, 7, 12 f.; 23. November 1988 – 7 AZR 34/88 – BAGE 60, 205, 211; 21. März 1990 – 7 AZR 198/89 – BAGE 65, 43, 55; 1. Juni 1994 – 7 AZR 7/93 – BAGE 77, 52; 26. April 1995 – 7 AZR 850/94 – BAGE 80, 46, 50; 19. März 2003 – 7 AZR 267/02 – BAGE 105, 317, 321; 24. Mai 2006 – 7 AZR 365/05 –), wobei das Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher bestehen blieb (BAG 15. April 1999 – 7 AZR 437/97 – BAGE 91, 200; 22. März 2000 – 7 AZR 758/98 – BAGE 94, 130, 137). Wenn der Gesetzgeber § 13 AÜG aF in Kenntnis dieser Rechtsprechung aufgehoben und auf eine entsprechende Nachfolgeregelung bei unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes verzichtet hat, spricht das Schweigen des Gesetzgebers dafür, dass er nicht regeln wollte, dass bei unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande kommt.

3. Soweit die ZVK rügt, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung entgegen § 1b Satz 1 AÜG nichtig sei, und auf die Schutzbedürftigkeit von Leiharbeitnehmern bei unzulässiger gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes hinweist, hilft ihr das nicht weiter. Auf die Frage, ob die Situation dieser Leiharbeitnehmer vergleichbar ist mit der Situation solcher Leiharbeitnehmer, die von einem Verleiher ohne Erlaubnis zur Arbeitsüberlassung Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden, kommt es nicht an. Deshalb kann auch offen bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit der Arbeitsvertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer unwirksam ist, wenn letzterer entgegen § 1b Satz 1 AÜG zur Arbeitsleistung überlassen wird. Für die analoge Anwendung der für einen Tatbestand im Gesetz gegebenen Regel auf einen vom Gesetz nicht geregelten Tatbestand reicht die Begründung, dass beide Tatbestände infolge ihrer Ähnlichkeit in den für die gesetzliche Bewertung maßgebenden Hinsichten gleich zu beurteilen sind, nur bei einem versehentlichen Regelungsversäumnis des Gesetzgebers und damit bei einer unbewussten, planwidrigen Gesetzeslücke aus.

 

Unterschriften

Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, Lindemann, Petri

 

Fundstellen

BAGE 2008, 352

BB 2007, 610

EBE/BAG 2007

FA 2007, 119

NZA 2007, 751

AP 2007

EzA-SD 2007, 7

EzA

MDR 2007, 593

MDR 2008, 243

AUR 2007, 143

SPA 2007, 4

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge