Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalratsanhörung

 

Leitsatz (amtlich)

  • Ist bei einer Kündigung die Anhörung des Personalrats erforderlich, so ist es allein der Sphäre des Personalrats zuzurechnen und macht die Anhörung nicht unwirksam, wenn die abschließende Stellungnahme des Personalrats zu der Kündigungsabsicht entgegen zwingender gesetzlicher Regelung (hier: § 31 Abs. 2 Satz 2 LPVG SA) lediglich durch ein gruppenfremdes Personalratsmitglied unterzeichnet ist.
  • Ob eine landesgesetzliche Regelung gegen Bundesrecht verstößt, wenn dort für bestimmte Fälle nur eine “Anhörung” des Personalrats vorgesehen ist, ohne daß daran bei unterlassener Anhörung die Folge der Unwirksamkeit der Kündigung geknüpft ist, bleibt offen.
 

Normenkette

LPVG SA § 67 Abs. 2, § 7 Abs. 1, 3, § 31 Abs. 2 S. 2; BPersVG § 108 Abs. 2; GG Art. 75 Nr. 1, Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 25.04.1995; Aktenzeichen 8 Sa 834/94)

ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 22.04.1994; Aktenzeichen 10 Ca 416/93)

 

Tenor

Auf die Revision des beklagten Landes werden die Urteile des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. April 1995 – 8 Sa 834/94 – und des Arbeitsgerichts Halle vom 22. April 1994 – 10 Ca 416/93 – aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin war seit dem 14. Juni 1993 bei dem beklagten Land als Bürokraft im Schulaufsichtsamt M… beschäftigt. Es war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Das beklagte Land beabsichtigte, das Arbeitsverhältnis während der Probezeit zu kündigen. Zuständig für Personalentscheidungen, die Angestellte der Schulaufsichtsämter betreffen, ist das Regierungspräsidium. Mit Schreiben vom 22. Oktober 1993 bat der Leiter des Dezernates Lehrerpersonalien beim Regierungspräsidium H…, Oberregierungsrat J…, den dort eingerichteten Bezirkspersonalrats um Zustimmung zur Kündigung. Die Sache wurde noch am gleichen Tag in einer Sitzung des Bezirkspersonalrats behandelt und der Bezirkspersonalrat leitete das Anhörungsschreiben mit dem aufgestempelten Vermerk “zugestimmt” an die Personalabteilung zurück. Der Vermerk trägt die Unterschrift des stellvertretenden Vorsitzenden des Bezirkspersonalrats, der der Gruppe der Arbeiter angehört. Der Vorsitzende des Bezirkspersonalrats, zugleich Gruppenvertreter der Angestellten, war an diesem Tag krankheitsbedingt abwesend. Mit Schreiben vom 22. November 1993, der Klägerin zugegangen am 24. November 1993, kündigte das beklagte Land, vertreten durch Oberregierungsrat J…, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Dezember 1993.

Die Klägerin hält die Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Personalratsanhörung für unwirksam. Sie hat geltend gemacht, es sei schon nicht ersichtlich, daß der Dienststellenleiter bei Einleitung des Anhörungsverfahrens ordnungsgemäß vertreten gewesen sei. Ein Verhinderungsfall des Regierungspräsidenten habe nicht vorgelegen. Eine ausdrückliche Zustimmung der Personalvertretung zum Tätigwerden eines sonstigen Vertreters habe ebenso gefehlt wie dessen Entscheidungsbefugnis in der Sache. Außerdem habe der Bezirkspersonalrat nicht vor Ausspruch der Kündigung wirksam seine Zustimmung erklärt.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22. November 1993 nicht beendet worden ist.

Das beklagte Land hat zur Stützung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, die Zustimmung des Personalrats sei vor Absendung des Kündigungsschreibens in der Personalabteilung eingegangen. In der Zustimmung des Bezirkspersonalrats habe zugleich auch die Zustimmung zur Vertretung der Dienststellenleitung durch Oberregierungsrat J… gelegen. Dieser sei durch ausdrückliche Erklärung des Regierungspräsidenten zur Erledigung der Personalangelegenheiten des nichtlehrenden Personals der Schulaufsichtsämter bevollmächtigt worden. Seine Anträge seien auch vom Bezirkspersonalrat stets kommentarlos entgegen genommen und immer bearbeitet worden. Die Zustimmung des Bezirkspersonalrats habe jedenfalls dessen abschließende Stellungsnahme zu der Kündigungsabsicht beeinhaltet. Daß die Erklärung von einem Mitglied der Gruppe der Arbeiter unterzeichnet gewesen sei, stehe der Wirksamkeit der Erklärung nicht entgegen und sei auch zunächst nicht aufgefallen. Die Sachbearbeiterin und der Dezernent seien jedenfalls von einer ordnungsgemäßen Stellungnahme des Bezirkspersonalrats ausgegangen.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Kündigung des beklagten Landes ist weder nach § 108 Abs. 2 BPersVG noch nach anderen Vorschriften rechtsunwirksam. Die Klage ist deshalb unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, § 67 Abs. 2 des Personalvertretungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (LPVG SA) verstoße gegen Bundesrecht, wenn dort entgegen § 108 Abs. 2 BPersVG ein Anhörungsrecht der Personalvertretung bei Probezeitkündigungen zwar vorgesehen sei, daran aber nicht die Folge der Unwirksamkeit der Kündigung bei unterlassener Anhörung angeknüpft werde. Nach § 108 Abs. 2 BPersVG scheitere die Wirksamkeit der Kündigung allerdings nicht an einer fehlerhaften Einleitung des Anhörungsverfahrens. Der betroffene Arbeitnehmer könne sich auf einen etwaigen Mangel bei der Vertretung des Dienststellenleiters dann nicht berufen, wenn der Personalrat insoweit keine ordnungsgemäße Rüge erhoben habe. Das Anhörungsverfahren sei aber deshalb fehlerhaft und damit die Kündigung unwirksam, weil das beklagte Land vor Abschluß des Anhörungsverfahrens gekündigt habe. Eine ordnungsgemäße Stellungnahme des Bezirkspersonalrats, die eine Kündigung vor Ablauf der Anhörungsfrist von drei Tagen ermöglicht hätte, habe nicht vorgelegen. Eine abschließende Stellungnahme könne für den Personalrat wirksam nur durch seine hierzu berufenen Mitglieder erklärt werden, also nicht durch ein gruppenfremdes Personalratsmitglied. Der Arbeitgeber habe hier das Handeln eines nicht berechtigten Vertreters des Personalrats ausgenutzt, um vor Ablauf der Äußerungsfrist zu kündigen. Er habe den Fehler überdies ohne weiteres erkennen können.

II. Dem folgt der Senat nicht.

1. Es kann dahinstehen, ob der Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils, eine ohne ordnungsgemäße Anhörung nach § 67 Abs. 2 LPVG SA ausgesprochene Kündigung während der Probezeit sei nach § 108 Abs. 2 BPersVG unwirksam, zutrifft. Für die Personalvertretung im Bereich der Länder hat der Bund gem. Art. 75 Nr. 1 GG das Recht, unter den Voraussetzungen des Art. 72 GG Rahmenvorschriften zu erlassen. Die bundesrechtliche Regelung muß als ganzes auf Ausfüllung durch die Landesgesetzgebung hin angelegt sein. Dem Landesgesetzgeber muß in der sachlichen Rechtsgestaltung Raum für eigene Willensentschließungen von substantiellem Gehalt bleiben (BVerfG Beschluß vom 27. März 1979 – 2 BvL 2/77 – BVerfGE 51, 43, 54). Durch § 108 Abs. 2 BPersVG hat der Bundesgesetzgeber nur die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Beteiligung einheitlich geregelt, um insoweit eine mögliche Rechtszersplitterung im arbeitsrechtlichen Bereich des Kündigungsschutzes (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) zu verhindern. Weder der Kreis der Angelegenheiten, in denen die Personalvertretung zu beteiligen ist, noch Inhalt und Umfang der Beteiligungsrechte für bestimmte Angelegenheiten sind bundesrechtlich verbindlich festgelegt. Dem Landesgesetzgeber ist es nicht verwehrt, von einer Mitwirkung der Personalvertretung bei Kündigungen in bestimmten Fällen ganz abzusehen oder andere Formen der Beteiligung zu entwickeln, als sie im Bundesgesetz vorgesehen sind. Daher würde einer landesgesetzlichen Regelung, die eine Beteiligung des Personalrats bei Probezeitkündigungen überhaupt nicht vorsieht, nichts entgegenstehen. Man könnte deshalb immerhin erwägen, ob nicht lediglich die Bezeichnung als “Anhörung” in § 67 Abs. 2 LPVG SA mißverständlich ist und der Landesgesetzgeber die Probezeitkündigungen ebenso wie die Abmahnungen von einer echten Personalratsbeteiligung ausnehmen und dem Arbeitgeber nur eine Mitteilungsobliegenheit zur Wahrung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auferlegen wollte, die im Falle ihrer Verletzung folgenlos bleiben sollte. Immerhin zeigt die Senatsrechtsprechung zur Betriebsratsanhörung in den ersten sechs Monaten (Senatsurteil vom 18. Mai 1994 – 2 AZR 920/93 – AP Nr. 64 zu § 102 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), daß eine solche Regelung durchaus Sinn machen kann, weil bei Probezeitkündigungen der Kündigungsentschluß des Arbeitgebers häufig von dem einer Erörterung mit der Personalvertretung kaum zugänglichen Werturteil des Arbeitgebers abhängen wird, der Arbeitnehmer habe die Probezeit eben nicht bestanden. Ob § 108 Abs. 2 BPersVG dem Landesgesetzgeber allgemein oder zumindest für Probezeitkündigungen wirklich den Spielraum zu einer solchen Lösung läßt (dafür: Reich, PersVG Sachsen-Anhalt, § 67 Rz 16), muß aber nicht abschließend entschieden werden. Selbst wenn man insoweit dem Landesarbeitsgericht folgt, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, denn der Personalrat ist im vorliegenden Fall ordnungsgemäß angehört worden.

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Wirksamkeit der Anhörung nicht daran scheitert, daß das Verfahren nach § 67 Abs. 2 LPVG SA nicht durch den Dienststellenleiter, den Regierungspräsidenten, eingeleitet worden ist und das beklagte Land auch zur Frage einer Verhinderung des Regierungspräsidenten an dem betreffenden Tag keine näheren Umstände vorgetragen hat. Zwar handelt nach § 7 Abs. 1 LPVG SA für die Dienststelle ihre Leiterin oder ihr Leiter und die Dienststellenleitung kann sich ohne Zustimmung der Personalvertretung (vgl. dazu § 7 Abs. 3 LPVG SA) nur im Verhinderungsfall durch andere Beschäftigte vertreten lassen. Wie der Senat aber bereits zu der vergleichbaren Vorschrift des § 7 BPersVG entschieden hat (Urteil vom 26. Oktober 1995 – 2 AZR 743/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen), ist ein etwaiger Mangel in dieser Richtung dann unbeachtlich, wenn der Personalrat daran keinen Anstoß nimmt.

Im vorliegenden Fall hat der Dezernatsleiter, der mit den sachlich notwendigen Vollmachten ausgestattet war, das Verfahren nach § 67 LPVG SA eingeleitet, ohne daß der Personalrat Zweifel am Vorliegen eines Verhinderungsfalles geltend gemacht und gegenüber dem Dienststellenleiter angezeigt hätte. Die Klägerin kann sich damit nicht mehr darauf berufen, der Regierungspräsident sei tatsächlich nicht verhindert gewesen.

Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob nicht auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts zutrifft, daß aus der ständigen Handhabung derartiger Verfahren zwischen dem Bezirkspersonalrat und dem Dezernenten geschlossen werden muß, daß die Zustimmung des Bezirkspersonalrats zu der ständigen Vertretung des Dienststellenleiters durch den Dezernenten bei derartigen Verfahren vorlag, die nach § 7 Abs. 3 LPVG SA eine Vertretung des Dienststellenleiters durch diesen Dezernenten auch unabhängig vom Fall einer Verhinderung zugelassen hätte.

3. Es ist jedoch rechtsfehlerhaft, wenn das Landesarbeitsgericht die Wirksamkeit der Personalratsanhörung daran hat scheitern lassen, daß die Zustimmungserklärung von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Bezirkspersonalrats, der der Gruppe der Arbeiter angehört, unterschrieben worden ist. Durch den Zustimmungsvermerk hatte der Bezirkspersonalrat dem beklagten Land angezeigt, daß aus seiner Sicht das Anhörungsverfahren abgeschlossen war. Ein Fehler bei der Unterzeichnung des Vermerks ist der Sphäre des Bezirkspersonalrats zuzurechnen und kann dem beklagten Land deshalb nicht entgegengehalten werden. Die Kündigung konnte deshalb am 22. November 1993 nach Eingang des Zustimmungsvermerks ausgesprochen werden, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Anhörungsfrist des § 67 Abs. 2 Satz 3 LPVG SA noch nicht abgelaufen war.

a) Ist zu einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Maßnahme keine Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats, sondern wie nach § 67 Abs. 2 LPVG SA nur dessen Anhörung erforderlich, so gilt nach der ständigen Senatsrechtsprechung (BAGE 27, 209, 213 f. = AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972, zu III der Gründe; Urteile vom 2. April 1976 – 2 AZR 513/75 – AP Nr. 9 zu § 102 BetrVG 1972 und vom 23. August 1984 – 2 AZR 391/83 – AP Nr. 17 zu § 103 BetrVG 1972), an der festzuhalten ist, die sog. Sphärentheorie. Während bei einer Zustimmungsbedürftigkeit etwa nach § 103 Abs. 1 BetrVG die Abgabe einer rechtlich verbindlichen Zustimmungserklärung Voraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung ist (vgl. BAG Urteil vom 24. April 1979 – 6 AZR 409/77 – AP Nr. 1 zu § 87 LPVG Berlin), ist in den Fällen, in denen der Betriebs- oder Personalrat zu einer Kündigung lediglich anzuhören ist, überhaupt keine Stellungnahme des Betriebs- bzw. Personalrats erforderlich. Wird der Personalrat zu einer Kündigung angehört und schweigt er auf die Mitteilung des Arbeitgebers, so hat der Arbeitnehmer die Folgen des Verhaltens des Personalrats zu tragen; denn nach Ablauf der Anhörungsfrist kann der Arbeitgeber kündigen. Dieser Rechtsnachteil muß den Arbeitnehmer erst recht in dem weniger schwerwiegenden Fall treffen, in dem der Personalrat tätig wurde und dem Arbeitgeber eine abschließende Stellungnahme zu der beabsichtigen Kündigung übermittelt hat, diese aber in einem fehlerhaften Verfahren zustandegekommen ist. Es ist ein überflüssiger Formalismus, vom Arbeitgeber in einem solchen Fall auch noch zu verlangen, vor Ausspruch der Kündigung den Ablauf der Anhörungsfrist abzuwarten (so schon BAGE 27, 209, 215 = AP, aaO, zu III 3 der Gründe). Mängel bei der Anhörung, die in den Zuständigkeitsbereich und Verantwortungsbereich des Personalrats fallen, berühren damit die Ordnungsmäßigkeit des Anhörungsverfahrens nicht und wirken sich auch nicht auf die Rechtswirksamkeit der Kündigung aus, selbst wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder vermuten kann, daß die Behandlung der Angelegenheit durch den Personalrat nicht fehlerfrei gewesen ist. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn der Arbeitgeber durch unsachgemäßes Verhalten Mängel bei der Beteiligung des Personalrats veranlaßt oder sonst in unzulässiger Weise auf die Entscheidung des Personalrats Einfluß genommen hat (vgl. Lorenzen/Schmitt/Etzel/Gerhold/Albers/Schlatmann, BPersVG, Stand: Mai 1990, § 79 Rz 144 f.).

b) Der Fehler, der hier dem Bezirkspersonalrat unterlaufen ist, ist allein dessen Sphäre zuzurechnen. Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 LPVG SA vertritt der Vorsitzende den Personalrat in Angelegenheiten, die nur eine Gruppe betreffen, gemeinsam mit einem der Gruppe angehörenden Vorstandsmitglied, wenn er nicht selbst dieser Gruppe angehört. Ist das Vorstandsmitglied, das derselben Gruppe angehört wie der betroffene Arbeitnehmer, verhindert, so ist eine Vertretungsregelung zu treffen, die jedenfalls die mit dem Gesetz bezweckte wirksame Prävention gegen ein Überspielen des Gruppenprinzips und des darin enthaltenen Minderheitenschutzes verhindert. Die alleinige Vertretung des Personalrats durch ein gruppenfremdes Vorstandsmitglied ist danach unzulässig. Der Bezirkspersonalrat hat offenbar keine ausreichende Vertretungsregelung aufgestellt bzw. praktiziert, die verhinderte, daß er in Gruppenangelegenheiten bei Verhinderung des Gruppensprechers allein durch ein nichtgruppenangehöriges Vorstandsmitglied vertreten wurde.

c) Das beklagte Land hat auf das Verfahren des Bezirkspersonalrats keinerlei Einfluß genommen. Auch das Landesarbeitsgericht geht davon aus, daß weder die Sachbearbeiterin noch der Dezernent überhaupt Kenntnis davon hatte, wer den Zustimmungsvermerk unterschrieben hatte und welcher Gruppe der Betreffende angehörte. Es ist, wie die Revision zu Recht rügt, rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf abstellt, das beklagte Land habe den Fehler erkennen können. Mängel, die in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Personalrats fallen, machen die Kündigung – wie bereits dargelegt – selbst dann nicht unwirksam, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder vermuten kann, daß die Behandlung der Angelegenheiten durch den Personalrat nicht fehlerfrei gewesen ist. Nicht einmal in dem Fall, daß die Zustimmung des Personalrats erforderlich ist, trifft den Arbeitgeber eine Erkundigungspflicht nach den näheren Umständen, die eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Personalratsverfahrens begründen könnten (Senatsurteil vom 23. August 1984 – 2 AZR 391/83 – BAGE 46, 258 = AP Nr. 17 zu § 103 BetrVG 1972). Eine solche mutet das Landesarbeitsgericht dem beklagten Land aber zu: Wenn, wovon offenbar aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme auch das Landesarbeitsgericht ausgeht, weder die Sachbearbeiterin noch der Dezernent wußten, von wem die unleserliche Unterschrift unter dem Zustimmungsvermerk stammte, so hätten sie erst weitere Erkundigungen einziehen müssen, um überhaupt feststellen zu können, ob der Zustimmungsvermerk von einem Gruppenvertreter oder einem gruppenfremden Vorstandsmitglied unterzeichnet war. Die bloße Tatsache, daß der Zustimmungsvermerk nur eine Unterschrift trug, war insoweit nicht hinreichend aussagekräftig, denn der gruppenangehörige Vorsitzende des Bezirkspersonalrats hätte den Vermerk allein unterzeichnen können, und es konnte eine Vertretungsregelung bestehen, die im Falle seiner Verhinderung die Alleinunterzeichnung durch einen anderen Gruppenangehörigen zuließ.

4. Sonstige Fehler der Personalratsanhörung sind nicht gerügt. Insbesondere ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß das beklagte Land dem Bezirkspersonalrat die Umstände, aus denen es subjektiv seinen Kündigungsbeschluß herleitete, nicht ausreichend mitgeteilt hätte (vgl. zur Anhörung in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses Senatsurteil vom 18. Mai 1994 – 2 AZR 29/93 – AP Nr. 64 zu § 102 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

5. Scheitert die Wirksamkeit der Kündigung nach alledem nicht an § 108 Abs. 2 BPersVG, so hat die Kündigung des beklagten Landes das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1993 aufgelöst. Das Kündigungsschutzgesetz ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar und sonstige Unwirksamkeitsgründe hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

 

Unterschriften

Etzel, Bröhl, Fischermeier, Baerbaum, Fischer

 

Fundstellen

Haufe-Index 884808

NZA 1997, 545

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