Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständige Betriebsabteilung im Sinne des BauRTV

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Tarifvertrag für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe (Isoliergewerbe) vom 24. Juli 1987 ergänzt den Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe.

2. Werden in einem Unternehmen des Baugewerbes in verschiedenen als Profitcenter geführten selbständigen Abteilungen unterschiedliche Arbeiten ausgeführt, so sind diese Abteilungen "Betriebe" im Sinne des Tarifvertrages. Nach ihrem betrieblichen Geltungsbereich finden die jeweils ergänzenden Tarifverträge, hier der des Isoliergewerbes, in diesen Abteilungen Anwendung.

 

Orientierungssatz

1. Hinweise des Senats: "Geltungsbereich des Tarifvertrages für das Isoliergewerbe."

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine selbständige Betriebsabteilung eine Abteilung, die, bezogen auf einen konkreten Gesamtbetrieb, eine personelle Einheit darstellt, organisatorisch abgrenzbar ist, die über eigene technische Betriebsmittel verfügt sowie einen spezifischen eigenen Zweck verfolgt. Die besonderen Kriterien einer selbständigen Betriebsabteilung sind darüber hinaus eine deutliche räumliche und organisatorische Abgrenzung sowie ein besonders ausgeprägter arbeitstechnischer Zweck.

 

Normenkette

TVG § 1; BauRTV § 1

 

Verfahrensgang

LAG München (Entscheidung vom 20.11.1990; Aktenzeichen 3 Sa 522/89)

ArbG München (Entscheidung vom 18.05.1989; Aktenzeichen 29 Ca 12555/88)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Kläger Anspruch auf Fahrtkostenersatz sowie den Ersatz von Aufwendungen für den Einsatz auf auswärtigen Baustellen entsprechend den Regelungen des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 (BRTV-Bau) haben oder aber nach dem darüber hinausgehenden Tarifvertrag für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe (Isoliergewerbe) vom 24. Juli 1987.

Die Kläger und die Beklagte sind Mitglied der Tarifvertragsparteien.

Die Beklagte hat ihr Unternehmen seit dem 1. Januar 1986 nach der sog. Matrix-Organisation gegliedert. Unterhalb der Geschäftsführungsebene bestehen fünf operative Bereiche, nämlich die Geschäftsbereiche technischer Wärmeschutz, Sonderbau, Innenausbau, Fassadentechnik und Schiffbau. Daneben besteht eine Reihe von Zentralbereichen als Stabsstellen, die die operativen Bereiche zu unterstützen haben und Koordinationsfunktionen erfüllen, so z.B. die Zentralbereiche Personal- und Sozialwesen, Finanzwesen, Entwicklung, usw. Die einzelnen Geschäftsbereiche sind ihrerseits eigene sog. Profitcenter mit selbständiger Leitung, eigenem Personal, eigenen Materialien, eigenen Maschinen, eigener Akquisition und eigener Bauabrechnung. Sie arbeiten jeweils völlig unabhängig von den anderen Geschäftsbereichen, kein Geschäftsbereich leistet Vorarbeiten für einen anderen, jeder hat sein eigenes Produktionsziel, und der Einsatz der Arbeitnehmer erfolgt ausschließlich in dem Geschäftsbereich, in dem sie angestellt sind. Die Dienstleistungen der Zentralbereiche werden jeweils dem Geschäftsbereich, dem sie zugute kommen, intern in Rechnung gestellt.

Die Geschäftsbereiche sind ihrerseits in einen Zentralbereich sowie Gebietsbereiche gegliedert. Sämtliche Kläger sind im Geschäftsbereich Innenausbau, Gebietsbereich Süd, beschäftigt. Ihr Beschäftigungsbetrieb liegt in P bei München.

Auf dem Betriebsgelände in P , von dem aus die Kläger eingesetzt werden, befinden sich neben dem Gebietsbereich Süd des Geschäftsbereiches Innenausbau mit 12 Angestellten und 40 Arbeitern auch die Gebietsbereiche Süd der Geschäftsbereiche technischer Wärmeschutz mit 16 Angestellten, 65 Arbeitern und 3 Auszubildenden, Sonderbau mit 9 Angestellten und 10 Arbeitern sowie Fassadentechnik mit 4 Angestellten und 12 Arbeitern.

In P bestand in dem hier streitigen Zeitraum - 1988 - ein einheitlicher Betriebsrat. Einzige gemeinsame Sozialeinrichtung ist ein Tennisplatz. Es gibt einen Niederlassungsleiter, der jedoch keine Personalkompetenz hat. Einstellungen und Entlassungen werden für den einzelnen Geschäftsbereich jeweils von den örtlichen Geschäftsbereichsleitern (Abteilungsleitern) vorgenommen. Die Arbeitszeiten werden für jeden Geschäftsbereich gesondert und untereinander teilweise abweichend von den Abteilungsleitern mit dem Betriebsrat geregelt. Die Reisekostenabrechnungen werden von der Hauptverwaltung vorgenommen, über Reisekostenvorschüsse entscheidet der örtliche Geschäftsbereichsleiter. Die Vorschüsse werden aus einer gemeinsamen Reisekostenvorschußkasse in P bezahlt. Transportleistungen werden für den jeweiligen Geschäftsbereich von Fremdspeditionen durchgeführt. Daneben gibt es in P einen älteren LKW, der nach Bedarf für die verschiedenen Geschäftsbereiche Fahrten durchführt. Jedes Gerüst ist einem bestimmten Geschäftsbereich zugeordnet, allerdings entsteht hin und wieder über die Besitzverhältnisse an einem bestimmten Gerüst Streit unter den Arbeitnehmern. Inwieweit Schrauben, Dübel und ähnliches gemeinsam oder nach Geschäftsbereichen getrennt verwaltet werden und ob ein gemeinsames Lager für alle in P vertretenen Geschäftsbereiche besteht, ist zwischen den Parteien streitig.

Bis einschließlich Juni 1988 zahlte die Beklagte Fahrtkosten und Aufwendungsersatz für Mehraufwendungen anläßlich auswärtiger Beschäftigung nach den Regelungen des Zusatz-Isoliertarifvertrages vom 24. Juli 1987 (zuvor vom 27. Januar 1983). Da der Geschäftsbereich Innenausbau seit Jahren erhebliche Verluste erwirtschaftete, beabsichtigte die Beklagte bereits 1987, diesen Geschäftsbereich in eine selbständige GmbH zu überführen. Dem trat der Gesamtbetriebsrat entgegen. In einer Betriebsvereinbarung vom 15. Dezember 1987 ist niedergelegt, der Gesamtbetriebsrat erkenne die aus der bisher angewandten Regelung des Isolier-TV resultierenden erheblichen Mehraufwendungen in Höhe von knapp 2 Millionen DM an und schließe sich der Auffassung der Beklagten an, der Geschäftsbereich Innenausbau sei schon in seiner derzeitigen Form eine organisatorisch und wirtschaftlich selbständige Einheit, die Arbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36und 37 BRTV-Bau ausführe, so daß allein dessen Regelungen auf die Arbeitsverhältnisse der in diesem Geschäftsbereich Beschäftigten anzuwenden seien. Durch eine weitere Betriebsvereinbarung vom 10. März 1988 wurden gegenüber der Regelung des § 7 BRTV-Bau günstigere Regelungen wegen des Fahrgeldes und der Arbeit mit nicht allseits abgedecktem Mineralfasermaterial ab 1. Juli 1988 vereinbart.

Die Beklagte zahlte daraufhin ab 1. Juli 1988 nur noch die nach BRTV-Bau in Verb. mit der Betriebsvereinbarung vom 10. März 1988 zu zahlenden Fahrtkosten und Mineralfaserzuschläge.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1990 hat die Beklagte den Geschäftsbereich Innenausbau in eine selbständige GmbH überführt, die die Arbeitsverhältnisse der Kläger mit allen Rechten und Pflichten (§ 613 a BGB) übernommen hat.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarungen vom 15. Dezember 1987 und 10. März 1988 seien wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Denn die Niederlassung der Beklagten in P sei ein einheitlicher Betrieb, in dem überwiegend Isolierarbeiten im Sinne des Isoliertarifvertrages ausgeführt würden.

Mit ihren Klagen machen sie die Differenz zwischen dem ihnen gezahlten Aufwendungsersatz und den sich bei Anwendung des Isoliertarifvertrages ergebenden Sätzen für die Monate Juli bis September und teilweise Oktober 1988 in - bis auf den Kläger zu 1) - rechnerisch unstreitiger Höhe geltend.

Sie haben behauptet, keine Abteilung sei organisatorisch und personell selbständig. Dies folge schon aus dem Bestehen eines einzigen, gemeinsam gewählten Betriebsrates, aus der Existenz eines Niederlassungsleiters, einem gemeinsamen Lager für Schrauben, Dübel usw., der gemeinsamen Nutzung von Gerüsten und LKW, einer gemeinsamen Vorschußkasse sowie dem Vorhandensein von Zentralbereichen am Unternehmenssitz und der einheitlichen Geschäftsführung des Unternehmens. Darüber hinaus werde das Lager auch von zwei Lageristen gemeinsam für alle Geschäftsbereiche geführt.

Die Kläger haben weiter vorgetragen, auch wenn man den Geschäftsbereich Innenausbau als selbständig ansehe, sei der Zusatztarifvertrag Isoliergewerbe anzuwenden. Denn auch in dieser Abteilung seien 90 % der anfallenden Arbeitsstunden Isolierarbeiten, da auch das Errichten von Zwischenwänden aus Rigips Isoliertätigkeit sei. Auch Zwischenwände dienten der Schall- und Wärmeisolierung. Das gleiche gelte für den Dachausbau und das Anbringen von Gipskartondecken. Gerade beim Innenausbau eines Gebäudes sei die Isolierwirkung und nicht baustatische Gesichtspunkte das Entscheidende. So enthielten alle verwendeten Fertigbauteile in irgendeiner Form Isoliermaterial.

Die Kläger haben beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 1)

a) 764,80 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 382,40 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988,

c) 860,40 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 2)

a) 869,18 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 735,46 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988,

c) 735,46 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 3)

a) 633,-- DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 696,30 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988,

c) 664,65 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 4)

a) 647,01 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 677,82 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988,

c) 677,82 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 5)

a) 1.004,01 DM netto nebst 4 % Zinsen

hieraus seit dem 1. August 1988,

b) 1.048,60 DM netto nebst 4 % Zinsen

hieraus seit dem 1. September 1988,

c) 812,77 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 6)

a) 670,11 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 529,87 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 7)

a) 711,92 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 711,92 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988 zu zah-

len.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 8)

a) 903,98 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 698,53 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988,

c) 862,89 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 9)

a) 971,88 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 1.018,16 DM netto nebst 4 % Zinsen

hieraus seit dem 1. September 1988,

c) 879,32 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 10)

a) 377,37 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 922,46 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988,

c) 335,44 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

11. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 11)

a) 208,88 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 417,76 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988,

c) 398,40 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988,

d) 357,-- DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. November 1988 zu zah-

len.

12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

zu 12)

a) 908,80 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. August 1988,

b) 431,36 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. September 1988,

c) 593,12 DM netto nebst 4 % Zinsen hier-

aus seit dem 1. Oktober 1988 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Umorganisation zum 1. Januar 1986 sei der Geschäftsbereich Innenausbau schon in der streitbefangenen Zeit eine selbständige Betriebsabteilung innerhalb ihres Unternehmens. Die Kläger verwechselten die Begriffe "Betrieb" und "Unternehmen". Innerhalb des Bereichs Innenausbau in P fielen höchstens 10 % Isolierarbeiten im Sinne des Tarifvertrages an. Der sog. Trockenbau falle nicht unter den Geltungsbereich des Zusatz-TV, weil es sich dabei allein um den sog. Innenausbau handele und nicht um spezielle Isolierarbeiten. Folge man der Auffassung der Kläger, unterfalle der gesamte Hoch- und Tiefbau dem Isolier-TV, denn alle Bauten dienten in irgendeiner Weise der Isolierung vor Wärme, Kälte oder Schall.

Das Arbeitsgericht hat den Klagen in vollem Umfang entsprochen, bis auf der des Klägers zu 1), die es der Höhe nach teilweise abgewiesen hat. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen, ohne über die Anschlußberufung des Klägers zu 1) zu entscheiden. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter, der Kläger zu 1) nur noch in der vom Arbeitsgericht zuerkannten Höhe. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Denn der Geschäftsbereich Innenausbau, Gebietsbereich Süd, ist ein selbständiger Betriebsteil, der nicht dem Isolier-TV unterfällt.

I. Nach seinem betrieblichen Geltungsbereich werden von dem Tarifvertrag für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe (Isoliergewerbe) vom 24. Juli 1987 (bzw. 27. Januar 1983) nur Betriebe des Isoliergewerbes erfaßt, die Arbeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 3, Abschn. V Nr. 8 des BRTV-Bau ausführen. Es muß sich also um Betriebe des Baugewerbes handeln, die Arbeiten nach § 1 Abschn. V Nr. 8 ausführen.

1. Zwischen den Parteien unstreitig und auch rechtlich unbedenklich unterfällt der Bereich Innenausbau der Beklagten in P dem betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau vom 3. Februar 1981 in der im Anspruchszeitraum geltenden Fassung vom 29. April 1988. Heranzuziehen ist dabei § 1 Abs. 2 BRTV-Bau mit folgendem Wortlaut:

(2) Betrieblicher Geltungsbereich

Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Be-

triebe, die unter einen der nachfolgenden

Abschnitte I bis IV fallen.

Abschnitt V

Zu den in den Abschnitten I bis III genann-

ten Betrieben gehören z.B. diejenigen, in

denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten

Art ausgeführt werden:

.....

8. Dämm-(Isolier-)Arbeiten (z.B. Wärme-, Käl-

te-, Schallschutz-, Schallschluck-, Schall-

verbesserungs-, Schallveredelungs-arbeiten)

einschließlich Anbringung von Unterkon-

struktionen.

.....

36. Trocken- und Montagebauarbeiten (z.B. Wand-

und Deckeneinbau bzw. Verkleidungen) ein-

schließlich des Anbringens von Unterkon-

struktionen und Putzträgern.

37. Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit

anderen baulichen Leistungen

.....

Abschnitt VI

Betriebe, soweit in ihnen die unter den Ab-

schnitten I bis V genannten Leistungen

über-wiegend erbracht werden, fallen grund-

sätzlich als Ganzes unter diesen Tarifver-

trag. Selbständige Betriebsabteilungen sind

Betriebe im Sinne dieses Tarifvertrages.

Werden in Betrieben des Baugewerbes in

selb-ständigen Abteilungen andere Arbeiten

ausgeführt, so werden diese Abteilungen

dann nicht von diesem Tarifvertrag erfaßt,

wenn sie von einem spezielleren Tarifver-

trag erfaßt werden.

Da die Beklagte in ihrem Geschäftsbereich Innenausbau unstreitig überwiegend Trocken- und Montagebauarbeiten im Sinne der Nr. 36 und Verlegen von Fußböden in Verbindung damit im Sinne der Nr. 37 ausführt, fällt dieser Bereich schon allein deshalb unter den betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau, ohne daß es auf die zwischen den Parteien streitige Frage ankommt, ob und in welchem Umfang sie auch Dämm-( Isolier-) Arbeiten im Sinne der Nr. 8 ausführt.

2. Nach § 18 BRTV-Bau haben sich die Tarifvertragsparteien verpflichtet, besondere Lohn- und Arbeitsbedingungen u.a. für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe zu vereinbaren. In Erfüllung dieser Verpflichtung haben sie unter dem 24. Juli 1987 einen Tarifvertrag für das wärme-, kälte- und schallschutztechnische Gewerbe (Isoliergewerbe) abgeschlossen, der nach seiner Präambel den BRTV-Bau auch für Betriebe des Isoliergewerbes mit den besonders geregelten Abweichungen für anwendbar erklärt. Dieser Zusatztarifvertrag "ergänzt" unter I den § 3-Arbeitszeit BRTV, unter III wird § 6-Erschwerniszuschläge BRTV "durch die folgende Regelung ersetzt", nach IV Akustik- und Trockenbauarbeiten gelten die §§ 3 und 6 BRTV-Bau mit der folgenden Ergänzung und schließlich wird unter V Fahrtkosten- und Mehraufwandsabgeltung der "§ 7 Nr. 3 BRTV-Bau durch die folgende Regelung ergänzt". Das zeigt, daß die Tarifvertragsparteien mit dem Isolier-TV nicht etwa den BRTV-Bau für das Isoliergewerbe gänzlich ersetzen wollten, sondern lediglich in Teilbereichen zusätzliche, auf dieses Gewerbe zugeschnittene Regelungen vereinbart haben. Daraus folgt aber, daß die übrigen Bestimmungen des BRTV-Bau unverändert anzuwenden sind und die Begriffsbestimmungen in § 1 Abs. 2 Abschnitt VI BRTV-Bau für den Begriff "Betrieb" auch im Rahmen des Isolier-TV anzuwenden sind.

3. Nach § 1 Abs. 2 Abschn. VI Abs. 1 BRTV-Bau fallen Betriebe, "soweit in ihnen die unter den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden", grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag. Selbständige Betriebsabteilungen sind aber auch Betriebe im Sinne dieses Tarifvertrages (Abschn. VI Abs. 1 S. 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 19. September 1973 - BAGE 25, 313, 319 f. = AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Urteil vom 8. Oktober 1975 - 4 AZR 432/74 - AP Nr. 25 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) knüpfen die Tarifvertragsparteien bei ihrer Begriffsbildung in Abschn. VI des § 1 Abs. 2 BRTV-Bau an den allgemeinen arbeitsrechtlichen Begriff der Betriebsabteilung an (vgl. auch Blumensaat/Sperner/ Unkelbach/Weimer, Kommentar zum BRTV-Bau 1972, § 1 Anm. 52, S. 122). Danach ist eine selbständige Betriebsabteilung eine Abteilung, die, bezogen auf einen konkreten Gesamtbetrieb, eine personelle Einheit darstellt, organisatorisch abgrenzbar ist, die über eigene technische Betriebsmittel verfügt sowie einen spezifischen eigenen Zweck verfolgt (vgl. hierzu auch schon BAG Urteil vom 30. Mai 1958 - 1 AZR 478/57 - AP Nr. 13 zu § 13 KSchG).

Die besonderen Kriterien einer selbständigen Betriebsabteilung sind darüber hinaus eine deutliche räumliche und organisatorische Abgrenzung sowie ein besonders ausgeprägter arbeitstechnischer Zweck (BAG Urteil vom 8. Oktober 1975, aaO). Dem ist die Kommentarliteratur zum BRTV-Bau gefolgt (vgl. Brocksiepe/Sperner, BRTV-Bau, Sonderdruck 1981, S. 91/92; Karthaus/Müller, BRTV-Bau 1987, S. 58/59). Dabei ist ein nach Organisationseinheiten getrenntes Auftrags- und Rechnungswesen ein Indiz für die Aufgliederung in selbständige Betriebsabteilungen (vgl. LAG Frankfurt am Main, Urteil vom 23. September 1980 - 5 Sa 1284/79 - nicht veröffentlicht; zum ganzen vgl. auch Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 4 Rz 16 bis 18).

4. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, die einzelnen in P angesiedelten Geschäftsbereiche seien personell völlig voneinander getrennt. Jeder Arbeitnehmer sei nur in seinem Geschäftsbereich tätig. Vorgesetzter der Arbeitnehmer sei nicht der Leiter der Niederlassung, sondern der jeweilige Abteilungsleiter. Organisatorisch sei jeder Bereich ebenfalls selbständig, operiere selbständig am Markt, sei für das Hereinholen von Aufträgen selber zuständig, kalkuliere selbständig, stelle seine eigenen Rechnungen und werde auch im Rahmen des Gesamtunternehmens als eigenes Profitcenter geführt. Kein Geschäftsbereich erbringe für den anderen Vorleistungen, jeder setze sein eigenes technisches Know-how selbständig ein. Der Niederlassungsleiter in P habe keine erheblichen Kompetenzen, insbesondere sei er nicht berechtigt, den Arbeitnehmern der Geschäftsbereiche personelle, fachliche oder technische Weisungen zu erteilen. Er sei nicht der Gegenspieler des örtlichen Betriebsrats, weder in Fragen der Arbeitseinteilung noch in Personalangelegenheiten.

5. Diese Feststellungen sind von der Revision nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffen worden. Sie sind für den Senat daher bindend (§ 561 ZPO). Danach stellt der Geschäftsbereich Innenausbau aber zumindest eine selbständige Betriebsabteilung der Beklagten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschn. VI Abs. 1 Satz 2 BRTV-Bau dar. Die Auffassung der Revision, diese Regelung finde nur auf solche selbständigen Betriebsabteilungen von Betrieben Anwendung, die im übrigen branchenfremd organisiert sind und deshalb vom Geltungsbereich des BRTV-Bau nicht ausgeschlossen sind, findet weder im Wortlaut noch im Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages eine Stütze. Durch diese Regelung wird vielmehr klargestellt, daß zwar einerseits der BRTV-Bau alle diejenigen Betriebe insgesamt erfassen soll, in denen die in den Abschn. I bis V genannten Arbeiten überwiegend ausgeführt werden, andererseits jedoch selbständige Betriebsabteilungen nicht das rechtliche Schicksal des Gesamtbetriebes teilen müssen, sondern selbst als "Betrieb" im Tarifsinne gelten (vgl. Brocksiepe/Sperner, aaO, S. 91/92; Karthaus/Müller, aaO, S. 58). Daraus folgt aber, daß es auf die Verhältnisse innerhalb dieser selbständigen Betriebsabteilungen ankommt. Entscheidend ist also, ob und in welcher Form in dieser "Betriebsabteilung" bauliche Leistungen nach Abschn. V überwiegend erbracht werden.

6. Übertragen auf den Begriff "Betrieb" im Isolier-TV kommt es bei selbständigen Betriebsabteilungen im Sinne von Abschn. VI Abs. 1 Satz 2 des § 1 Abs. 2 BRTV-Bau darauf an, ob bei ihnen und nicht im "Gesamtbetrieb" Isolierarbeiten überwiegend ausgeführt werden, oder ob sie andere Bauarbeiten im Sinne der Abschn. I bis V ausführen. Je nachdem kommt entweder neben dem BRTV-Bau zusätzlich der Isolier-TV zur Anwendung oder es verbleibt bei den Regelungen des BRTV-Bau. Soweit die Revision meint, dies hätte eines ausdrücklichen Hinweises im Isolier-TV bedurft, übersieht sie, daß es sich bei diesem nicht um einen eigenständigen Tarifvertrag, sondern um zusätzliche, ergänzende Regelungen, die die allgemeinen Regelungen des BRTV-Bau unberührt lassen, handelt.

Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, für die Abgrenzung von Trockenbauarbeiten im Sinne von Abschn. V Nr. 36 bzw. Verlegen von Fußböden in Verb. mit anderen baulichen Leistungen im Sinn von Abschn. V Nr. 37 einerseits, Dämm-( Isolier-) Arbeiten nach Abschn. IV Nr. 3 und Abschn. V Nr. 8 andererseits sei es entscheidend, ob es sich bei den ausgeführten Arbeiten um die Errichtung eines Gebäudes mit seinen Teilen im eigentlichen Sinne oder um die besondere Arbeitsleistung des "Dämmens (Isolierens)" handelt. Ob die Arbeiten auch der Standsicherheit des Gebäudes dienten, sei dagegen unerheblich.

Dem ist zuzustimmen. Dies zeigt sich schon daran, daß heute selbst bei den eigentlichen Maurertätigkeiten mit im Kern gedämmten Materialien (z.B. Heraklithplatten bei Einbringen von Beton in Decken mit Außenberührung oder bei äußeren Ringankern) gearbeitet wird. Auch bei der Errichtung von nicht tragenden Innenwänden wird - um die geforderten Schall- und Wärmedurchgangswerte zu erreichen - schon im konventionellen Hochbau weitgehend mit bereits bei der Fertigung gedämmten Baustoffen gearbeitet. Gerade der Umstand, daß die Tarifvertragsparteien Isolierarbeiten einerseits, Trocken- und Montagearbeiten sowie das Verlegen von Bodenbelägen andererseits unterscheiden, zeigt im übrigen, daß sie - entsprechend auch die Blätter für Berufskunde - von verschiedenen Gewerken ausgehen. Es mag zutreffen - wie die Revision meint -, daß die Dachisolierung zwischen den Sparren beim Ausbau von Dachgeschossen Isoliertätigkeit im Sinne der Nr. 8 Abschn. V ist. Sie übersieht jedoch, daß die Beklagte sowohl nach Arbeitszeit wie nach Kostenaufwand substantiiert einen Anteil dieser Tätigkeiten in Höhe von 5,23 % bzw. 3,9 % vorgetragen hat. Das Landesarbeitsgericht ist sogar zugunsten der Kläger von 10 % Isolierarbeiten ausgegangen. Die Kläger haben weder hinreichend dargelegt, daß in dem Geschäftsbereich Innenausbau überwiegend Isolierarbeiten vorgenommen werden, noch haben sie die entgegengesetzten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Revision mit zulässigen Revisionsrügen angegriffen. Damit werden aber im Geschäftsbereich Innenausbau nicht überwiegend Isolier-Tätigkeiten ausgeführt, so daß für die Anwendung des Isolier-TV kein Raum besteht.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Schaub Dr. Etzel Schneider

E. Wehner Dr. Knapp

 

Fundstellen

Haufe-Index 439298

DB 1992, 1297-1298 (LT1-2)

NZA 1992, 422

NZA 1992, 422 (LT1-2)

RdA 1992, 62

AP § 1 TVG Tarifverträge Bau (LT1-2), Nr 145

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