Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitzuschlag für Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen. Tarifauslegung. Arbeit an gesetzlichem Wochenfeiertag. Zeitzuschlag bei bezahltem Freizeitausgleich

 

Orientierungssatz

1. Für die Tarifauslegung sind vorrangig der Tarifwortlaut und der tarifliche Gesamtzusammenhang maßgebend.

2. Ein Beschäftigter, der an einem gesetzlichen Wochenfeiertag dienstplanmäßig arbeitet, kann nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK lediglich den Zeitzuschlag von 35 % und nicht den von 135 % beanspruchen, wenn er für diese Arbeitsleistung den bezahlten Freizeitausgleich nach § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK erhält.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Eifelhöhen-Klinik i.d.F. des 23. Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom 2. November 2001 §§ 9, 12 und 18

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 12.05.2006; Aktenzeichen 11 Sa 132/06)

ArbG Bonn (Urteil vom 20.10.2005; Aktenzeichen 2 Ca 2145/05)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Mai 2006 – 11 Sa 132/06 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des tariflichen Zeitzuschlags nach einem Haustarifvertrag für Arbeit an Feiertagen.

Der Kläger ist bei der Beklagten in deren Klinik in Nettersheim-Marmagen seit 1996 als Koch bei einer Bruttostundenvergütung von zuletzt 10,99 Euro beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Eifelhöhen-Klinik (MTV-EHK).

Der Kläger arbeitete dienstplanmäßig an folgenden gesetzlichen Feiertagen:

1.

Freitag

18. April 2003 9 h

Karfreitag

2.

Donnerstag

1. Mai 2003 7,5 h

Maifeiertag

3.

Freitag

3. Oktober 2003 7,5 h

Tag der Dt. Einheit

4.

Samstag

1. November 2003 7,5 h

Allerheiligen

5.

Donnerstag

25. Dezember 2003 10 h

1. Weihnachtstag

6.

Donnerstag

1. Januar 2004 7,5 h

Neujahr

7.

Montag

12. April 2004 7,5 h

Ostermontag

8.

Samstag

1. Mai 2004 7,5 h

Maifeiertag

9.

Montag

31. Mai 2004 7,5 h

Pfingstmontag

10.

Sonntag

3. Oktober 2004 7,5 h

Tag der Dt. Einheit

11.

Montag

1. November 2004

Allerheiligen

12.

Sonntag

26. Dezember 2004 7,5 h

2. Weihnachtstag

13.

Sonntag

1. Mai 2005 7,5 h

Maifeiertag

14.

Sonntag

15. Mai 2005 7,5 h

Pfingstsonntag

15.

Donnerstag

26. Mai 2005 7,5 h

Fronleichnam

Für diese Feiertagsarbeit gewährte die Beklagte dem Kläger jeweils zeitnah einen der Arbeitszeit entsprechenden – bezahlten – Freizeitausgleich. Sie zahlte zusätzlich dafür – eine von ihr zugesicherte Nachzahlung von 5 % für den 1. Mai 2004 unterstellt – einen Feiertagszuschlag in Höhe von 35 % und – soweit der Feiertag auf einen Sonntag fiel – einen Zeitzuschlag von 30 %.

Der Kläger verlangt von der Beklagten “gemäß § 18 MTV-EHK” die Zahlung eines weiteren Feiertagszeitzuschlags in Höhe von 100 % der Stundenvergütung. Die für den Streitfall vorrangig maßgebenden Vorschriften des MTV-EHK lauten:

“§ 9 Regelmässige Arbeitszeit

1.) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 37,5 Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von acht Wochen zugrunde zu legen. Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für jeden gesetzlich anerkannten Feiertag, der auf einen Werktag fällt, um die ausgefallenen oder geleisteten dienstplanmäßigen Stunden.

2.) …

3.) … Die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit an einem Sonntag ist durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag oder ausnahmsweise an einem Wochenfeiertag der laufenden oder der folgenden Woche auszugleichen. Erfolgt der Ausgleich an einem Wochenfeiertag, wird für jede auszugleichende Arbeitsstunde die Stundenvergütung nach dem Vergütungstarifvertrag gezahlt.

Die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit an einem Wochenfeiertag soll auf Antrag des Beschäftigten durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag der laufenden oder der folgenden Woche unter Fortzahlung der Vergütung und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen ausgeglichen werden, wenn die betrieblichen Verhältnisse es zulassen.

4.) …

5.) …

Dienstplanmäßige Arbeit ist die Arbeit, die die innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an den nach dem Dienstplan festgelegten Kalendertagen regelmäßig zu leisten ist.

Wochenfeiertage sind die Werktage, die gesetzlich oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften durch behördliche Anordnung zu gesetzlichen Feiertagen erklärt sind und für die Arbeitsruhe angeordnet ist.

§ 12 Überstunden / Rufbereitschaft

1.) Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen.

§ 18 Zeitzuschläge

1.) Für die in Satz 2 genannten Arbeiten erhält der Beschäftigte Zeitzuschläge. Sie betragen je Stunde:

a)

für Arbeit an Sonntagen

30 v.H.

b)

für nicht dienstplanmäßige Sonntagsarbeit, die keine Überstundenarbeit ist

50 v.H.

c)

für Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen, auch wenn sie auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag und nach Pfingstsonntag

135 v.H.

bei Freizeitausgleich

35 v.H.

e)

für Überstunden und Mehrarbeitsstunden

30 v.H.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe nach § 18 MTV-EHK ein höherer Zeitzuschlag zu. Die Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach § 9 Abs. 1 Satz 3 MTV-EHK um die ausgefallenen oder dienstplanmäßig geleisteten Stunden stelle keinen Freizeitausgleich iSd. § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK dar. Denn § 18 MTV-EHK sei eine abschließende Regelung. Nichts spreche für eine Bezugnahme auf § 9 MTV-EHK. § 9 Abs. 1 Satz 3 MTV-EHK entspreche § 15 Abs. 1 BAT in der Fassung bis zum 30. September 1974. Diese Regelung des MTV-EHK sei im Jahre 1977 vereinbart worden. Daraus sei zu folgern, dass die Tarifvertragsparteien des MTV-EHK eine bewusste Besserstellung der Beschäftigten hätten herbeiführen wollen, indem ungeachtet des – bezahlten – Freizeitausgleichs nach § 9 Abs. 3 MTV-EHK ein Feiertagszuschlag gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK in Höhe von 135 % oder ein zusätzlicher freier Tag und 35 % Zuschlag zu gewähren seien. Die Rechtsprechung zur Auslegung des § 15 BAT nF könne daher nicht herangezogen werden. Ein anderes Verständnis der §§ 9, 18 MTV-EHK verstoße auch gegen § 11 ArbZG, nach welchem der Ersatzruhetag zwingend zu gewähren sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien eine gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßende Regelung hätten vereinbaren wollen. Eine von § 11 ArbZG abweichende tarifliche Regelung iSd. § 12 ArbZG liege erkennbar nicht vor. Daraus folge, dass er bei der Arbeitsleistung an einem Wochenfeiertag nicht nur Anspruch auf Freistellung nach § 9 MTV-EHK habe, sondern gemäß § 18 MTV-EHK Anspruch auf einen weiteren – zweiten – Freizeittag. Für den Fall, dass dieser zweite Freizeittag nicht gewährt werde, er also nur einen Tag Freizeitausgleich erhalte, sei ein Zuschlag in Höhe von 135 % zu zahlen. Hieraus ergebe sich die – der Höhe nach unstreitige – Klageforderung.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 634,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Mai 2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, § 18 MTV-EHK könne nur im Zusammenhang mit § 9 MTV-EHK gesehen werden. § 18 MTV-EHK betreffe nicht etwa einen von § 9 MTV-EHK unabhängigen Freizeitausgleich, sondern den in § 9 Abs. 3 MTV-EHK geregelten Ausgleich. Da es weder eine gesetzliche noch eine außerhalb von § 9 Abs. 3 MTV-EHK liegende tarifliche Anspruchsgrundlage für einen Freizeitausgleich für Arbeit an einem Wochenfeiertag gebe, müsse § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK ausschließlich den Freizeitausgleich iSd. § 9 Abs. 3 MTV-EHK meinen. Der Kläger verkenne den Regelungsgehalt des § 9 Abs. 1 Satz 3 MTV-EHK. Die Norm stelle lediglich sicher, dass Feiertagsarbeit gleichzeitig als Mehrarbeit mit dem Überstundenzuschlag nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. e) MTV-EHK vergütet werde, indem diese Zeit begrifflich nicht der regelmäßigen Arbeitszeit zugerechnet werde. Dies sei erforderlich, weil § 12 Abs. 1 MTV-EHK Überstunden als diejenige Arbeitszeit definiere, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehe. Die Tarifauslegung des Klägers führe zu einem “Zuschlag” von insgesamt 235 %; das sehe der MTV-EHK aber nicht vor.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage mit Recht abgewiesen.

I. Dem Kläger steht die begehrte Zahlung nicht zu. Er konnte für die Feiertage, für die er einen weiteren Zeitzuschlag von 100 % beansprucht, gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c Alt. 2 MTV-EHK nur den ihm gewährten Zeitzuschlag von 35 % verlangen.

1. Der MTV-EHK gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis der Parteien (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG).

2. Bei Gewährung von Freizeitausgleich nach § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK hat der Beschäftigte nur Anspruch auf einen Zeitzuschlag in Höhe von 35 % der Stundenvergütung. Das folgt aus dem Wortlaut und Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages als den für die Tarifauslegung vorrangig maßgebenden Auslegungskriterien (st. Rspr., zB Senat 30. Mai 2001 – 4 AZR 269/00 – BAGE 98, 35, 38 f.; 17. Oktober 2007 – 4 AZR 1005/06 – Rn. 40, AP TVG § 1 Nr. 40 = EzA TVG § 1 Nr. 48).

a) Bereits aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK ergibt sich, dass der Feiertagszeitzuschlag “bei Freizeitausgleich” lediglich 35 % der Stundenvergütung beträgt. Der Beschäftigte hat danach nur dann Anspruch auf einen Zeitzuschlag von 135 %, wenn er keinen Freizeitausgleich erhalten hat.

b) Dies entspricht dem Zweck der Tarifregelung, wie er aus dem Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages folgt. Dieser besteht darin, Feiertagsarbeit eines Beschäftigten an einem Wochenfeiertag möglichst durch Verkürzung der Arbeitszeit durch “eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Wochentag der laufenden oder der folgenden Woche unter Fortzahlung der Vergütung” auszugleichen (§ 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK). Der Zuschlag beträgt in diesem Fall nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nur 35 %, weil im Ergebnis keine zusätzliche Arbeit geleistet wird.

c) Die Auffassung des Klägers, ein Beschäftigter, der zwar den Freizeitausgleich nach § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK erhalten habe, nicht aber den davon zu unterscheidenden – “zweiten” – Freizeitausgleich nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c Alt. 2 MTV-EHK habe Anspruch auf einen Feiertagszeitzuschlag von 135 %, verkennt den systematischen Zusammenhang der beiden Tarifnormen.

aa) Für die vom Kläger vorgenommene Unterscheidung ist ein hinreichender Anhaltspunkt im MTV-EHK nicht zu erkennen. § 9 MTV-EHK befasst sich mit der “regelmäßigen Arbeitszeit” des Beschäftigten. Zu deren Bestimmung sieht er einen Anspruch des Beschäftigten auf Ausgleich für die Arbeit an einem Wochenfeiertag durch entsprechende zusammenhängende bezahlte Freizeit vor. § 18 MTV-EHK ist demgegenüber eine Vergütungsregelung; er befasst sich mit den “Zeitzuschlägen” für bestimmte Arbeitszeiten sowie für Mehrarbeit und Überstunden. Eine solche Vergütungsregelung enthält die Norm auch für die Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen. Bezüglich der Arbeit an solchen ergänzen sich die Regelungen in § 9 und § 18 MTV-EHK. Sie betreffen aber ein- und denselben Freizeitausgleich. Es ist nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien in einer Zuschlagsregelung einen Anspruch auf Freizeitausgleich begründen wollen, wenn sie dafür an anderer Stelle – hier in der Tarifnorm zur regelmäßigen Arbeitszeit – bereits eine Regelung getroffen haben (vgl. BAG 18. März 1986 – 3 AZR 541/84 – zu II 1b (3) der Gründe, AP BAT § 35 Nr. 3).

bb) Entscheidend spricht gegen die Auslegung des Klägers, der MTV-EHK sehe neben dem Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich nach § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 – “erster Freizeitausgleich” – einen Anspruch auf einen “zweiten Freizeitausgleich” in § 18 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK vor, dass der MTV-EHK nicht den Anspruch des Beschäftigten auf einen Zeitzuschlag von 235 % für den Fall der Nichtgewährung beider Freizeitausgleichsansprüche vorsieht. Der Fall der Nichtgewährung des – im Sinne der Tarifauslegung des Klägers “zweiten” – Freizeitausgleichs nach § 18 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK ist dort geregelt: In diesem Fall hat der Beschäftigte Anspruch auf einen Zeitzuschlag von 135 %. Folgt man dem Kläger darin, dass § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK einen davon zu unterscheidenden Anspruch des Beschäftigten auf einen “ersten” Freizeitausgleichsanspruch begründet, fehlt eine Zeitzuschlagsregelung für den Fall der Nichterfüllung dieses Anspruchs. Eine solche hätten die Tarifvertragsparteien insbesondere deshalb vorsehen müssen, weil der Freizeitausgleich nach § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK zum einen von einem Antrag des Beschäftigten abhängig ist, zum anderen davon, ob die betrieblichen Verhältnisse den Freizeitausgleich in der laufenden oder der folgenden Woche zulassen. Seine Erfüllung kann daher am Fehlen der einen wie der anderen Voraussetzung scheitern. Die Regelungsbedürftigkeit der Rechtsfolge in einem solchen Falle – sieht man diese wie der Kläger nicht in § 18 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK – wäre offensichtlich.

Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt der in diesem Sinne ausgelegte Tarifvertrag nicht gegen § 11 ArbZG. Der Kläger macht geltend, nach § 11 ArbZG sei die Gewährung des Ersatzruhetages für Arbeit an einem Wochenfeiertag zwingend und stehe weder zur Disposition des Arbeitgebers noch der des Arbeitnehmers. Demzufolge sei eine Ausgleichsregelung für die Nichtgewährung dieses Freizeitausgleichs nicht zulässig und demzufolge für eine solche kein Anlass. Diese Auffassung ist unzutreffend. Zwar ist in § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG bestimmt, dass Arbeitnehmer, die an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt werden, einen Ersatzruhetag haben müssen, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch gemäß § 12 Satz 1 Nr. 2 ArbZG tarifdispositiv. Danach kann in einem Tarifvertrag zugelassen werden, dass abweichend von § 11 Abs. 3 ArbZG der Wegfall von Ersatzruhetagen für auf Werktage fallende Feiertage vereinbart wird. Zu einem solchen Wegfall kommt es nach § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK, wenn der Arbeitnehmer einen Antrag auf Freizeitausgleich nicht stellt. Diese Regelung des MTV-EHK verstößt damit nicht gegen das Arbeitszeitgesetz.

cc) Zudem wäre der MTV-EHK bei Annahme von zwei verschiedenen Freizeitausgleichsansprüchen hinsichtlich einer weiteren Fragestellung lückenhaft. Er enthielte dann nämlich lediglich zum “ersten” Freizeitausgleich nach § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK eine Regelung zu Voraussetzungen und Inhalt des zu gewährenden Ausgleichs, während eine solche zum “zweiten” Freizeitausgleich nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK fehlen würde.

dd) Die Ausführungen des Klägers zu den Unterschieden in der Tarifrechtshistorie und dem Regelungsinhalt des § 15 BAT einerseits und § 9 MTV-EHK andererseits sind unerheblich. Schon mangels Identität der Tarifvertragsparteien dieser Tarifverträge auf Arbeitgeberseite kann nicht vom Inhalt eines dieser Tarifverträge auf den des anderen geschlossen werden. Unabhängig davon wirkt sich die dort im BAT lediglich zur Klarstellung gestrichene Regelung (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand August 2003 § 35 Rn. 16) mit dem Inhalt des § 9 Abs. 1 Satz 3 MTV-EHK auf den Zuschlag nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK nicht aus.

(1) Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit, also der für den Erwerb der vollen Monatsvergütung geschuldeten Arbeitszeit, um die ausgefallenen Stunden eines gesetzlich anerkannten Feiertags, der auf einen Werktag fällt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 MTV-EHK), bewirkt nichts anderes als den Erhalt des Anspruchs auf die volle Monatsvergütung trotz der Nichtarbeit aufgrund des Feiertags. Dies entspricht der zwingenden Regelung des § 2 Abs. 1 EFZG.

(2) Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit um die geleisteten dienstplanmäßigen Stunden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 MTV-EHK) bewirkt wiederum nichts anderes, als dass diese Arbeitszeit den Charakter von Überstunden erhält. Das folgt aus dem Regelungszusammenhang mit § 12 Abs. 1 Satz 1 MTV-EHK, wonach Überstunden die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden sind, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen.

d) Nach alledem schuldet der Arbeitgeber dem Beschäftigten neben dem entsprechenden Freizeitausgleich für die Arbeit an einem gesetzlichen Wochenfeiertag nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c Alt. 2 MTV-EHK einen Zeitzuschlag von 35 %. Da der entsprechende Freizeitausgleich der Wochenfeiertagsarbeit im MTV-EHK – im Unterschied zur Sonntagsarbeit (vgl. § 9 Abs. 3 Unterabs. 1 MTV-EHK) – nicht zwingend zu erfolgen hat, mussten die Tarifvertragsparteien die Gegenleistung für Arbeit an Wochenfeiertagen alternativ regeln. Dem trägt § 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c MTV-EHK Rechnung. Der Freizeitausgleich des § 9 Abs. 3 Unterabs. 2 MTV-EHK ist dort lediglich als eine Variante der Gegenleistung des Arbeitgebers für die Wochenfeiertagsarbeit des Beschäftigten aufgeführt, die insgesamt 135 % des Stundenentgelts beträgt.

3. Der Anspruch des Klägers auf den Feiertagszeitzuschlag ist von der Beklagten erfüllt worden und demzufolge gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Denn die Beklagte hat dem Kläger für dienstplanmäßige Feiertagsarbeit bezahlten Freizeitausgleich sowie zusätzlich einen Feiertagszeitzuschlag von 35 % gewährt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Bepler, Creutzfeldt, Bott, Kiefer, Pieper

 

Fundstellen

Haufe-Index 2136898

NZA 2009, 752

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