Entscheidungsstichwort (Thema)

Wechselschichtzulage

 

Leitsatz (amtlich)

Der Angestellte hat auch dann einen Anspruch auf die Wechselschichtzulage im Sinne von § 33 a Abs. 1 BAT, wenn er in der Früh- oder Spätschicht wegen Urlaub oder Krankheit keine Arbeitsleistung erbringt.

 

Normenkette

BAT § 15 Abs. 8 Unterabs. 6, § 15 Abs. 8 Unterabs. 7, § 33a

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 05.12.1997; Aktenzeichen 4 Sa 1040/97)

ArbG Köln (Urteil vom 17.04.1997; Aktenzeichen 6 Ca 7516/96)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 5. Dezember 1997 – 4 Sa 1040/97 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß sich der Zinsanspruch auf die jeweiligen Nettobeträge bezieht und für die Monate Oktober und November 1994 nicht besteht.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, ob dem Kläger für die Monate April 1994 bis August 1996 ein Anspruch auf Wechselschichtzulage gemäß § 33 a Abs. 1 BAT in Höhe von 200,– DM monatlich zusteht.

Der Kläger ist im Zentrallabor/Notfallabor der Beklagten als medizinisch- technischer Assistent beschäftigt. Dort wird in wechselnden Arbeitsschichten ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonn- und feiertags gearbeitet (Wechselschicht). Der Schichtplan des Klägers sah im Klagezeitraum eine Schicht vor, die montags mit sieben Nachtdiensten in der Zeit von 22.00 Uhr bis 8.00 Uhr begann. Es folgten sechs freie Tage jeweils von Dienstagmorgen bis einschließlich Sonntag. Am darauffolgenden Montag arbeitete der Kläger in der Frühschicht von 8.00 Uhr bis 15.30 Uhr und anschließend wieder in sieben Nachtschichten von 22.00 Uhr bis 8.00 Uhr. Es folgten dann sechs Freischichten. Am darauffolgenden Montag arbeitete der Kläger in der Spätschicht, die um 14.30 Uhr begann und um 22.00 Uhr endete. Der Kläger war im Klagezeitraum durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen worden und leistete dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht. Im Klagezeitraum war der Kläger an mehreren Montagen, an denen er dienstplanmäßig Früh- oder Spätdienst hätte leisten müssen, beurlaubt oder krank. Der Kläger erhielt bis zum Monat September 1994 die Wechselschichtzulage.

Mit Schreiben vom 14. September 1994 forderte die Beklagte die Wechselschichtzulage für die Monate April bis September 1994 zurück und verneinte die Anspruchsvoraussetzung für eine Wechselschichtzulage für die Zukunft. Mit Schreiben vom 7. Oktober 1994 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein und teilte mit, daß er mit dem Wegfall der Wechselschichtzulage nicht einverstanden sei. Der Kläger hat in der Revisionsinstanz seinen Zinsanspruch auf die jeweiligen Nettobeträge reduziert.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.800,00 DM brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich jeweils aus 200,00 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit

15.10.1994,

15.11.1994,

15.12.1994,

15.01.1995,

15.02.1995,

15.03.1995,

15.04.1995,

15.05.1995,

15.06.1995,

15.07.1995,

15.08.1995,

15.09.1995,

15.10.1995,

15.11.1995,

15.12.1995,

15.01.1996,

15.02.1996,

15.03.1996,

15.04.1996,

15.05.1996,

15.06.1996,

15.07.1996,

15.08.1996

zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne die Wechselschichtzulage nicht beanspruchen, weil er überwiegend Nachtschicht leiste und es deswegen an einer persönlichen Belastung infolge von Wechselschichten fehle. Im übrigen stände dem Kläger die Wechselschichtzulage nur für die Monate zu, in denen er in allen drei Schichten gearbeitet habe. Letztlich seien die Ansprüche des Klägers verfallen bzw. verwirkt.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist mit Ausnahme der Zinsforderung für die Monate Oktober und November 1994 unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe für den Klagezeitraum Anspruch auf die Wechselschichtzulage. Tarifrechtlich sei es nicht erforderlich, daß der Angestellte, der ständig nach einem Dienstplan eingesetzt ist, in wechselnden Arbeitsschichten mit ungefähr gleichem zeitlichen Umfang arbeite und im Klagezeitraum tatsächlich in allen Monaten ununterbrochen Früh-, Spät- und Nachtschicht geleistet habe. Der Anspruch auf die Wechselschichtzulage sei darüber hinaus weder verfallen noch verwirkt.

Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

II. Die Klage ist im wesentlichen begründet.

1. Der Kläger hat für den Zeitraum vom April 1994 bis August 1996 Anspruch auf eine Wechselschichtzulage in Höhe von 200,00 DM monatlich gemäß § 33 a Abs. 1 BAT. Danach erhält der Angestellte eine Wechselschichtzulage, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2) vorsieht, und der dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet. Nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 und 7 BAT ist Wechselschichtarbeit die Arbeit nach einem Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen der Angestellte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht (Nachtschichtfolge) herangezogen wird. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht.

a) Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde in dem Labor, in dem der Kläger tätig war, in Wechselschichten gearbeitet. Der Kläger wurde ständig nach einem Dienstplan eingesetzt, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Früh-, Spät- und Nachtschicht vorsah. Er hat dabei im Klagezeitraum längstens nach Ablauf eines Monats in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden Nachtschicht geleistet.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten fordert § 33 a Abs. 1 BAT für einen Anspruch auf eine Wechselschichtzulage nicht, daß der Anteil der wechselnden Arbeitsschichten, d.h. von Früh-, Spät- und Nachtschichten im zeitlichen Umfang in etwa gleich sein muß. Die Wechselschichtzulage ist nicht von der Gleichgewichtigkeit der verschiedenen Schichten abhängig, sondern nur vom schichtplanmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit und dem tariflich erforderlichen Umfang der Nachtarbeit (ständige Rechtsprechung vgl. BAG Urteile vom 13. Oktober 1993 – 10 AZR 294/92 –; vom 18. Mai 1994 – 10 AZR 391/93 – und vom 5. Februar 1997 – 10 AZR 639/96 – AP Nr. 2, 4 und 14 zu § 33 a BAT).

c) Der Anspruch auf eine Wechselschichtzulage entfällt auch nicht in den Monaten, in denen der Kläger nicht in der Früh- und Spätschicht gearbeitet hat. Dies ergibt die Auslegung des § 33 a Abs. 1 BAT.

Nach dem Wortlaut dieser Tarifnorm muß der Arbeitnehmer Nachtschicht „leisten”. Hinsichtlich der übrigen Schichten wird lediglich vorausgesetzt, daß der Angestellte nach einem Schichtplan „eingesetzt” ist, der Wechselschicht „vorsieht”. Bereits aus dieser unterschiedlichen Wortwahl ist zu folgern, daß die Tarifvertragsparteien nur bei der Nachtschicht, nicht jedoch bei Früh- und Spätschicht eine tatsächliche Arbeitsleistung fordern. Dafür spricht auch, daß die Tarifvertragsparteien hinsichtlich dieser Schichten, anders als bei der Regelung der Nachtschicht, tarifrechtlich keinen bestimmten Umfang der Arbeit fordern. Auch der Wortlaut des § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT bestimmt nur, daß in Wechselschichten ununterbrochen gearbeitet wird, nicht jedoch, daß der einzelne Arbeitnehmer „ununterbrochen” arbeitet. Sinn und Zweck der tariflichen Regelung ist es, die sich aus der Wechselschicht und aus der Leistung einer bestimmten Mindestzahl von Arbeitsstunden in der Nachtschicht ergebende generelle Belastung zu vergüten. Dabei kommt es nicht auf die konkreten Belastungsunterschiede für den einzelnen Angestellten an (vgl. ständige Rechtsprechung, BAG Urteil vom 23. Juni 1993 – 10 AZR 127/92 – AP Nr. 1 zu § 34 BAT und Urteile vom 2. Oktober 1996 – 10 AZR 232/96 – AP Nr. 12 zu § 33 a BAT und – 10 AZR 233/96 – n.v. sowie Urteil vom 5. Februar 1997, aaO). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Arbeitet der Kläger, der nach einem Schichtplan eingesetzt ist, der Wechselschicht vorsieht, wegen Krankheit oder Urlaub nicht in der Früh- und Spätschicht, erbringt er aber gleichwohl die in § 33 a Abs. 1 BAT geforderten Mindestarbeitsstunden der Nachtschicht, so muß die darausfolgende Belastung honoriert werden.

2. Der Anspruch auf die Wechselschichtzulage ist auch nicht gemäß § 70 BAT verfallen. Der Kläger hat gegen das Schreiben der Beklagten vom 14. September 1994 mit Schreiben vom 7. Oktober 1994 Widerspruch eingelegt und ausdrücklich erklärt, daß er mit dem Wegfall der Wechselschichtzulage nicht einverstanden sei. Er hat damit deutlich gemacht, daß er auch zukünftig eine Wechselschichtzulage verlange. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann auch nicht angenommen werden, der Anspruch auf die Wechselschichtzulage für die Monate April 1994 bis August 1996 sei verwirkt, weil der Kläger erst nach mehr als 18 Monaten mit Anwaltsschreiben vom 25. April 1996 den Anspruch erneut geltend gemacht habe. Die Beklagte hat keine Umstände dafür vorgetragen, daß sie von der berechtigten Annahme habe ausgehen können, der Kläger werde seine Forderung nicht mehr geltend machen und sie habe sich darauf auch eingerichtet.

II. Der Zinsanspruch für die Monate Oktober und November 1994 ist nicht begründet, so daß insoweit der Revision stattzugeben war. Die Wechselschichtzulagen für die Monate Oktober bis November 1994 sind erst am 15. des übernächsten Kalendermonats fällig (vgl. BAG Urteil vom 28. August 1996 – 10 AZR 174/96 – AP Nr. 8 zu § 36 BAT). Der Zinsanspruch besteht daher erst ab dem 15. Dezember 1994 (§§ 288, 291 BGB).

III. Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Freitag, Dr. Jobs Hauck, Schlaefke, Peters

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 09.12.1998 durch Susdorf, Reg. Hauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 436298

BB 1999, 1170

DB 1999, 1118

NZA 1999, 998

ZTR 1999, 271

AP, 0

ZMV 1999, 241

ZfPR 2000, 80

PflR 1999, 298

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