Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang

 

Normenkette

BGB § 613a; ZPO §§ 139, 286, 515a

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 30.11.1988; Aktenzeichen 2 Sa 129/87)

ArbG Reutlingen (Urteil vom 10.11.1987; Aktenzeichen 2 Ca 442/87)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 30. November 1988 – 2 Sa 129/87 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger war seit dem 1. Oktober 1982 bei der A. GmbH (künftig: ADW) gemäß Anstellungsvertrag vom 14. Juni 1982 als „Mitarbeiter im Rahmen der Wirtschaftsberatungsaufgabe der ADW” gegen ein Monatsgehalt von 4.500,– DM brutto beschäftigt.

Unternehmensgegenstand der ADW waren Verkauf, Vertrieb und Vermittlung von Kapitalanlagen jeglicher Art sowie von Versicherungspolicen und Versicherungsleistungen, ferner alle damit zusammenhängenden wirtschaftlichen Beratungs- und sonstigen Dienstleistungen. Die Gesellschaft arbeitete hierbei mit freiberuflich tätigen Beratern zusammen, die für ihre Mitarbeit Provisionen erhielten. Sie unterstützte die Berater durch Serviceleistungen, für die sie sich in erheblichem Umfang der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) bediente. Daneben betreute sie den Bestand der von den für sie tätigen Beratern vermittelten Versicherungsverträgen. Im Rahmen dieser Bestandspflege zog sie von ihren sog. „Produktpartnern”, z. B. Banken und Versicherungsgesellschaften Abschluß-, Bestands- und Folgeprovisionen ein und leitete die Beträge unter Erteilung einer Abrechnung an ihre Berater weiter.

Im Jahre 1986 wurde ihr Stammkapital auf eine Mio. DM erhöht.

Durch Vertrag vom 21. Juni 1985 wurde die beklagte W. GmbH gegründet und der frühere Prokurist der ADW, K. L., zu ihrem Geschäftsführer bestellt. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand dieses Unternehmens insbes.:

  1. Vermittlung des Abschlusses von Versicherungsverträgen aller Art sowie Verträgen auf dem Gebiet der Vermögensberatung in Zusammenarbeit mit Wirtschaftsberatern.
  2. Berechnung und Auszahlung der dabei anfallenden Provisionen (Vermittlungs und Bestandsprovision).
  3. Durchführung aller damit zusammenhängenden allgemeinen Verwaltungsaufgaben.

Die Gesellschaft ist zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die dem Gegenstand des Unternehmens dienen.

Die Beklagte führte ab 21. Juni 1985 die bisher von der ADW ausgeübte Bestandspflegetätigkeit aus. Beide Gesellschaften hatten ihre Geschäftsräume in demselben Gebäude. Die Beklagte benutzte auch die EDV-Anlagen der ADW. Mit Außendienstmitarbeitern schloß sie gemäß einem Vertragsmuster Verträge ab.

Durch Beschluß des Amtsgerichts T. wurde am 10. Februar 1987 über das Vermögen der ADW das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. zum Konkursverwalter bestellt.

Der Kläger hatte im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses bei der ADW die freiberuflichen Mitarbeiter dieser Gesellschaft bei der Kundenberatung in steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht zu unterstützen. Er beriet auch selbst Kunden der ADW.

Die ADW kündigte das Anstellungsverhältnis des Klägers zunächst mit Schreiben vom 15. November 1984 zum 31. Dezember 1984 und erneut mit Schreiben vom 25. Juli 1985 zum 30. September 1985. Sein gegen die erste Kündigung angestrengtes Kündigungsschutzverfahren endete durch rechtskräftiges Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 14. Mai 1986 zu seinen Gunsten. Auf seine gegen die zweite Kündigung erhobene Klage stellte das Arbeitsgericht R. (BeiA – 2 Ca 284/85 –) durch Teilurteil vom 4. Juli 1986 fest, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der ADW durch die Kündigung vom 25. Juli 1985 nicht aufgelöst sei und über den 30. September 1985 hinaus fortbestehe. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg bestätigte durch rechtskräftiges Urteil vom 4. Februar 1987 – 2 Sa 89/86 – diese Entscheidung.

Mit Schreiben vom 13. Januar 1987 kündigte die ADW das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nochmals vorsorglich zum 31. März 1987 mit folgender Begründung:

„Der Betrieb der A. GmbH ist mit Beschluß der Gesellschafter vom 19.12.1986 zum 31.03.1987 stillgelegt.

In der Belegschaftsversammlung vom 19.12.1986 wurde dies den Mitarbeitern mitgeteilt.

Zur Folge der Bestriebsstillegung kündige ich in meiner Eigenschaft als Geschäftsführer höchst vorsorglich, d. h. für den Fall, daß die bisher ausgesprochenen Kündigungen nicht bestätigt wurden, das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.03.1987.

Ergänzend darf noch darauf hingewiesen werden, daß am 23.12.1986 das Insolvenzverfahren eingeleitet wurde.”

Mit Schreiben vom 11. Februar 1987 kündigte der Konkursverwalter das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der ADW nochmals vorsorglich zum 31. März 1987 mit der Begründung, daß er mangels liquider Mittel den Betrieb der ADW nicht mehr weiterführen könne und ihn mit sofortiger Wirkung stillege. Mit Schreiben vom selben Tag kündigte er auch den übrigen Arbeitnehmern der ADW. Er beschäftigte noch einen Buchhalter mit Abwicklungsarbeiten und einen Programmierer für die EDV-Anlage weiter.

Mit den zunächst getrennt erhobenen und später verbundenen Klagen hat sich der Kläger gegen die beiden letzten Kündigungen gewandt. Sie waren Gegenstand des ebenfalls am 31. Mai 1989 verhandelten Rechtsstreits – 2 AZR 624/88 –. Der Senat hat durch ein am selben Tag verkündetes Urteil der Klage mit der Begründung stattgegeben, beide Kündigungen seien wegen Verstoßes gegen § 17 KSchG unwirksam.

Mit Schreiben vom 12. August 1987 hat die Beklagte dem Kläger vorsorglich für den Fall, daß rechtskräftig ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und ihm festgestellt werden sollte, „mangels Einsatzfähigkeit” zum 30. September 1987 gekündigt.

Mit der am 1. September 1987 bei Gericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und ferner die Verurteilung der Beklagten beantragt, ihn weiterzubeschäftigen. Zur Begründung hat er vorgetragen:

Nach Gründung der Beklagten seien durch Vereinbarung vom 21. Juni 1985 sämtliche Bestände der ADW aus ihrer Vermittlungstätigkeit und damit ein wesentlicher Betriebsteil der ADW auf die Beklagte übertragen worden. Zum 1. Juli 1985 sei der Vertrieb und damit ein weiterer wesentlicher Bestandteil der ADW auf die Beklagte übergeleitet worden. Hierdurch sei auch der Umsatz der ADW zurückgegangen und die ADW schließlich in Konkurs gefallen. Die Beklagte arbeite mit denselben Außendienstmitarbeitern wie zuvor die ADW zusammen. Sie habe somit aus Anlaß dieses Betriebsübergangs gekündigt. Die Kündigung sei auch sozial ungerechtfertigt, da die Beklagte die Geschäfte der ADW fortführe und ihn daher einsetzen könne.

Der Kläger hat beantragt

  1. festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch die Kündigung der Beklagten vom 12. August 1987 nicht aufgelöst worden ist und über den 30. September 1987 hinaus fortbesteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger arbeitsvertragsgemäß als Angestellten weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zur Begründung vorgetragen:

Das Anstellungsverhältnis des Klägers mit der ADW sei nicht auf sie übergegangen. Sie habe dem Kläger im Hinblick auf seine Streitverkündung in seinem Prozeß gegen den Konkursverwalter nur vorsorglich gekündigt. Weder sei der gesamte Betrieb der ADW noch ein Betriebsteil auf sie übergegangen. Sie habe von der ADW lediglich eine einzige Funktion, nämlich die Abrechnung der Provisionen der freien Mitarbeiter der ADW, die sog. Bestandspflege übernommen. Die ADW habe keine Bestände aus Vermittlungstätigkeiten gehabt und solche deshalb auch nicht auf sie, die Beklagte, übertragen können. Sie habe von der ADW auch keine Vertriebsaufgaben übernommen. Beide Gesellschaften seien 1 1/2 Jahre nebeneinander geschäftlich tätig gewesen. Sie habe im übrigen auch keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger, da bei ihr lediglich Schreib- und Buchhaltungsarbeiten – im Rahmen der Bestandspflege – anfielen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit seiner Berufung hat der Kläger nur noch seinen Feststellungsantrag weiterverfolgt. Er hat vorgetragen, das Betriebsvermögen der ADW habe im wesentlichen aus immateriellen Vermögensgegenständen, nämlich aus ihren Rechten auf Abschluß-, Bestands- und Folgeprovisionen aus Vermittlungstätigkeit für ihre Geschäftsberater bestanden. Diese Rechte habe die ADW durch Vereinbarung vom 21. Juni 1985 auf die Beklagte übertragen. Damit sei die Grundlage dafür gelegt worden, daß die ADW wirtschaftlich ausgeblutet, später in Konkurs gefallen und die Beklagte an ihre Stelle getreten sei. Daneben sei in zeitlichem Abstand auch der Vertrieb ab Anfang 1986 auf die Beklagte vertraglich übergeleitet worden. Die Beklagte habe die bisherigen Vertriebsmitarbeiter übernommen. Damit sei ein wesentlicher Betriebsteil, in dem er beschäftigt gewesen sei, auf die Beklagte übergegangen. Die danach noch bei der ADW verbliebenen Vermögensgegenstände seien im Verhältnis dazu gering. Für die freiberuflich tätigen Mitarbeiter der Beklagten bestehe nach wie vor ein Bedürfnis dafür, in steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht beraten zu werden, und deshalb auch eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn. Die Beklagte habe ihre Geschäfte in den Geschäftsräumen der ADW abgewickelt. Ihr Geschäftsführer sei bei der Gründung der Beklagten am 21. Juni 1985 Prokurist der ADW gewesen; seine Prokura sei erst am 30. Juli 1985 erloschen. Gesellschafter D. sei auch eine maßgebliche Führungskraft der ADW gewesen.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, in welcher Weise für sein Arbeitsverhältnis erhebliche Betriebsteile oder Betriebsmittel der ADW auf sie übertragen worden seien. Die ADW habe lediglich die Bestandsverwaltung und die auf sie entfallenen Provisionsspitzen übertragen. Ansprüche ihrer Mitarbeiter hätten nicht der ADW zugestanden und deshalb von ihr auch nicht übertragen werden können. Sie sei auch nicht durch Bestandsübertragung an die Stelle der ADW getreten. Sie habe aufgrund Gesellschafterbeschlusses vom 29. Januar 1986 ihr Stammkapital von 50.000,– DM auf 1 Mio. DM erhöht. Bereits die Tatsache eines Kapitalzuflusses von 950.000,– DM schließe es aus, daß die ADW wegen Bestandsübertragung in Konkurs gefallen sei. Sie habe keine Vertriebsmitarbeiter der ADW übernommen. Durch die Übertragung der Bestandspflege auf sie habe der Vertrieb der ADW gewährleisten wollen, daß die Provisionsabrechnungen unabhängig von der ADW aufgrund von Dienstleistungsverträgen zwischen ihr und der ADW erstellt würden. Die übrige Angebotspalette der ADW habe bei dieser verbleiben sollen. Um Verträge abrechnen zu können, habe sie die Verträge mit der Versicherung übernommen. Die Vertriebsmitarbeiter hätten ihre Mitarbeiter werden müssen. Diese hätten jedoch ihre Vertriebstätigkeit weiterhin für die ADW ausgeführt. Somit seien nicht wesentliche Betriebsgrundlagen der ADW auf sie übertragen worden. Sie habe im selben Gebäude, aber nicht in denselben Geschäftsräumen wie die ADW gearbeitet. Es bestünden auch keine engen persönlichen Verflechtungen zwischen den Gesellschaftern und Geschäftsführern der beiden Gesellschaften. Der Kläger sei nicht ihr Arbeitnehmer geworden. Die von ihm ausgeübte Beratungstätigkeit sei nach ihrer Gründung weiterhin bei der ADW verblieben. Er behaupte selbst nicht, im Rahmen der Bestandspflege mit Provisionsabrechnungen beschäftigt gewesen zu sein.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger neben seinem Feststellungsantrag auch den lediglich in erster Instanz gestellten Weiterbeschäftigungsantrag. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision bleibt erfolglos.

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, zwischen den Parteien habe kein Arbeitsverhältnis bestanden und die Feststellungsklage sei deshalb unbegründet.

I. Soweit der Kläger den lediglich in erster Instanz gestellten Weiterbeschäftigungsantrag in der Revisionsinstanz erneut aufgreift, ist die Revision unzulässig. Der Kläger ist insoweit durch das angefochtene Urteil nicht beschwert. Der Antrag ist auch als Klageerweiterung in der Revisionsinstanz unzulässig. § 561 Abs. 1 ZPO, nach dem in der Revisionsinstanz keine neuen Tatsachen berücksichtigt werden, gilt auch für die Sachanträge. Der Schluß der Berufungsverhandlung bildet grundsätzlich nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge die Urteilsgrundlage für das Revisionsgericht (BAG Teilurteil vom 25. Juni 1981 – 2 AZR 219/79 – AP Nr. 1 zu § 256 ZPO 1977, zu 1 der Gründe).

II.1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Feststellungsklage nur Erfolg haben kann, wenn zwischen den Parteien im Zeitpunkt der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Der allgemeine Kündigungsschutz kann darüber hinaus nur eingreifen, wenn dieses Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate bestanden und der Kläger damit die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt hat. Für beide Voraussetzungen trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast (KR-Becker, 3. Aufl., § 1 KSchG Rz 75; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 1 Rz 38).

Wie das Berufungsgericht weiter richtig gesehen hat, folgt daraus für den vorliegenden Fall, daß der Kläger darlegen und beweisen muß, sein Arbeitsverhältnis mit der ADW sei gemäß § 613 a Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen. Nur auf diesem Wege kann mit der Beklagten ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sein, da der Kläger selbst nicht behauptet, unmittelbar mit der Beklagten einen Arbeitsvertrag abgeschlossen zu haben. Bei rechtsgeschäftlichem Übergang des Betriebes oder des Betriebsteils tritt der Erwerber gemäß § 613 a Abs. 1 BGB kraft Gesetzes in die bestehenden Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer ein. Die bei dem früheren Betriebsinhaber zurückgelegte Betriebszugehörigkeit wird dann auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG angerechnet (KR-Becker, aaO, § 1 Rz 66; Hueck, aaO, § 1 Rz 29).

2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe die Voraussetzungen eines zum Eintritt der Beklagten in sein Arbeitsverhältnis führenden Betriebs- oder Betriebsteilsübergangs nicht ausreichend dargelegt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe im Berufungsverfahren nicht behauptet, der gesamte Betrieb der ADW sei auf die Beklagte übergegangen. Nach seinem Vortrag sei nur ein wesentlicher Betriebsteil übergegangen. Im übrigen habe die ADW bis zum 11. Februar 1987 ihren Unternehmenszweck, Serviceleistungen für freiberufliche Wirtschaftsberater und für ihre Tochterunternehmen zu erbringen, verfolgt. Dieser arbeitstechnische Zwecke könne deshalb bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf die Beklagte übergegangen sein. Auch der Kläger behaupte nicht, daß die für die Verfolgung dieses arbeitstechnischen Zwecks verwendeten sachlichen und immateriellen Betriebsmittel nach der Stillegung des Betriebes der ADW auf die Beklagte übergegangen seien. Er trage ferner nicht vor, die Beklagte habe vom 11. Februar 1987 bis 30. September 1987 diese arbeitstechnischen Zwecke verfolgt.

Der Kläger behaupte, ein wesentlicher Betriebsteil der ADW, nämlich die Betreuung der für sie von den freiberuflichen Mitarbeitern vermittelten Versicherungsverträge, die vor allem darin bestanden habe, Abschluß-, Bestands- und Folgeprovisionen von ihren sog. „Produktpartnern” einzuziehen und die eingenommenen Beträge abzüglich einer der ADW verbleibenden „Provisionsspitze” an die Berater weiterzuleiten, sei nach ihrer Gründung am 21. Juni 1985 auf die Beklagte übergegangen, ab Anfang 1986 auch der Vertrieb, wobei die bisherigen Mitarbeiter der ADW von der Beklagten übernommen worden seien. Die Beklagte räume ein, daß die sog. Bestandspflege auf sie übergegangen sei und die Versicherungsgesellschaften das Recht zur Betreuung der von der ADW vermittelten Versicherungsbestände durch gesonderte Vereinbarung auf sie übertragen hätten. Sie gestehe ferner zu, die Vertriebsmitarbeiter seien ihre Mitarbeiter insoweit geworden, als dies erforderlich sei, um nur über die Provisionsansprüche abrechnen zu können. Die Beklagte bestreite allerdings, daß die Mitarbeiter ihre Vertriebstätigkeit nach dem 21. Juni 1985 für sie erbracht hätten; sie hätten sich nach wie vor als ADW-Berater dargestellt.

Es spreche viel dafür, daß mit der Übertragung der sog. Bestandspflege auf die Beklagte ein Betriebsteil der ADW durch Rechtsgeschäft ab 21. Juni 1985 auf die Beklagte übergegangen sei. Dies könne jedoch dahingestellt bleiben, weil in einem solchen Fall nach § 613 a Abs. 1 BGB nur die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer auf den Erwerber übergingen, die in diesem Betriebsteil beschäftigt gewesen seien. Der Kläger behaupte jedoch nicht, im Rahmen der Bestandspflege eingesetzt gewesen zu sein.

Nichts anderes ergebe sich, wenn man jedenfalls hinsichtlich der abzurechnenden Provisionen zusätzlich berücksichtige, daß die Beklagte nach der Behauptung des Klägers am Anfang des Jahres 1986 auch Verträge mit freiberuflichen Mitarbeitern der ADW abgeschlossen habe, die diese zu Mitarbeitern der Beklagten gemacht hätten. Es sei fraglich, ob es sich bei einer „Betriebsübernahme” dieses Inhalts um den Übergang eines weiteren Betriebsteils der ADW auf die Beklagte handele. Jedoch habe die Beklagte den Kläger auch in diesem Teilbereich nicht eingesetzt. Sein vertragliches Aufgabengebiet sei gewesen, die freiberuflich tätigen Mitarbeiter bei der Beratung von Kunden in steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht zu unterstützen und darüber hinaus selbst Kunden der ADW zu beraten. Der Kläger sei bei der ADW jedoch in dem weiteren Unternehmensbereich der wirtschaftlichen Beratung und sonstiger Dienstleistungen beschäftigt gewesen. Dies ergebe sich aus der Struktur der ursprünglich von der ADW verfolgten unternehmerischen Zwecke sowie daraus, daß gerade dieser Dienstleistungsbereich bei der ADW verblieben sei. Die Beratungsaufgabe des Klägers sei daher in diesen unternehmerischen Teilbereich gefallen. Da die ADW diesen Unternehmenszweck bis zur Betriebsstillegung am 11. Februar 1987 weiterverfolgt habe, und der Kläger in diesem Bereich tätig gewesen sei, sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf die Beklagte übergegangen.

Der Kläger habe nicht dargetan, daß die Beklagte nach dem 11. Februar 1987 bis zum 30. September 1987 diesen Beratungsdienst übernommen habe.

Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

3. Das Berufungsgericht hat im unstreitigen Teil des Tatbestandes seines Urteils festgestellt, der Kläger sei aufgrund Anstellungsvertrages vom 14. Juni 1982 seit 1. Oktober 1982 bei der ADW gegen ein Monatsgehalt von 4.500,– DM brutto beschäftigt gewesen. Soweit die Revision vom 14. Juni 1982 als Vertragsbeginn ausgeht, verwechselt sie offenbar das Datum des Vertragsabschlusses mit dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses. Jedenfalls steht für den Senat gemäß § 561 Abs. 1 ZPO der 1. Oktober 1982 als Vertragsbeginn fest, da keine der Parteien Tatbestandsberichtigung beantragt hat. Dies gilt auch für die Beklagte, sofern ihrer Revisionsbeantwortung nicht zu entnehmen sein sollte, sie wende sich lediglich gegen eine Verlegung des Vertragsbeginns vor den 1. Oktober 1982 durch den Kläger.

4. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, die Gesellschafter hätten am 19. Dezember 1986 die endgültige Stillegung des Betriebes zum 31. März 1987 beschlossen. Die ADW habe bis zum 11. Februar 1987 jedenfalls noch wirtschaftliche Beratung und sonstige Dienstleistungen erbracht. Der Tätigkeitsbereich des Klägers, nämlich die Betreuung der freiberuflichen Mitarbeiter der ADW bei der Beratung von Kunden in steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht sowie auch unmittelbare Kundenberatung, sei diesem bei der ADW verbliebenen Bereich der wirtschaftlichen Beratung zuzuordnen. Es hat deshalb unterstellt, daß es sich bei der – als unstreitig angesehenen Übertragung der Bestandspflege zum 1. Juli 1985 und der nachfolgenden – streitigen – Übertragung ihres Vertriebs auf die Beklagte um den Übergang von Betriebsteilen im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB gehandelt habe. Es hat ferner festgestellt, der Kläger habe selbst nicht vorgetragen, daß die Beklagte nach Einstellung der Betriebstätigkeit der ADW am 11. Februar 1987 den dieser verbliebenen Bereich der wirtschaftlichen Beratung übernommen habe.

5. Auch diese tatsächlichen Feststellungen sind für den Senat bindend, weil die hiergegen von der Revision erhobenen Verfahrensrügen nicht durchgreifen (§ 561 ZPO). Der Senat sieht gemäß § 565 a ZPO von einer näheren Begründung ab und beschränkt sich auf folgende Hinweise:

Mit ihrem Vortrag, der Kläger gehe davon aus, daß ein wesentlicher Betriebsteil, nämlich die sog. „Bestandspflege”, nach Gründung der Beklagten auf diese übergegangen sei, gibt die Revision nur die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts wieder. Die von ihr weiter angenommene Übertragung auch des Vertriebs der ADW auf die Beklagte Anfang 1986 hat das Berufungsgericht unterstellt.

Mit ihrem weiteren Vortrag, mit dem Übergang der Rechte auf Provisionen aus Vermittlungstätigkeit sei das Hauptvermögen der ADW auf die Beklagte übergegangen, hat die Revision keine zulässige Rüge der Verletzung des § 139 ZPO erhoben, weil sie nicht im einzelnen angegeben hat, welche Fragen das Berufungsgericht hätte stellen müssen und was der Kläger darauf erwidert hätte.

Soweit die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe sich nicht mit der im Schriftsatz vom 21. April 1988 enthaltenen Darstellung des Ablaufs der Übertragung und der Tätigkeitsbereiche auseinandergesetzt, rügt sie in der Sache eine Verletzung des § 286 ZPO. Diese Rüge ist unzulässig. Die Revision hätte vortragen müssen, welche konkreten Umstände vom Kläger hierzu vorgetragen worden und vom Berufungsgericht unberücksichtigt geblieben sind, und daß diese Umstände zu einer anderen, dem Kläger günstigeren Würdigung hätten führen müssen.

6. Die materiell-rechtliche Würdigung des vom Berufungsgericht festgestellten bzw. unterstellten Sachverhalts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Auch wenn, wie das Berufungsgericht zugunsten des Klägers unterstellt, die Bereiche Bestandspflege und Vertrieb auf die Beklage übergegangen sind und es sich hierbei um Betriebsteile im Sinne des § 613 a Abs. 1 BGB handelt, ist hierdurch die Beklagte nicht in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit der ADW eingetreten. Denn mit dem rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebsteils gehen nur die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer auf den Erwerber über, die überwiegend für diesen Betriebsteil gearbeitet haben (BAG Urteil vom 15. November 1978 – 5 AZR 199/77 – AP Nr. 14 zu § 613 a BGB, zu II 1 a der Gründe; BAGE 39, 208 = AP Nr. 31 zu § 613 a BGB). Der Kläger hat jedoch nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht für diese Betriebsteile, sondern für den bei der ADW verbliebenen Unternehmensbereich gearbeitet.

b) Hat die ADW den Geschäftsbereich wirtschaftliche Beratung und sonstige Dienstleistungen bis zum 11. Februar 1987 fortgeführt, so greift § 613 a Abs. 1 BGB nicht schon dann ein, wenn die ADW, wie der Kläger vorgetragen hat und auch die Revision geltend macht, die wesentlichen finanziellen Mittel sukzessive seit Juli 1985 auf die Beklagte übertragen hat.

Diese Vorschrift setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils, für den der Arbeitnehmer gearbeitet hat, auf den Erwerber voraus. Das ist nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegend nicht geschehen. Ein Betriebsteil ist anzunehmen, wenn es sich um eine Teileinheit, d. h. um eine Vielfalt von Gegenständen handelt, die in ihrer Gesamtheit innerhalb des Betriebes eine bestimmte Teilaufgabe wahrnehmen und nicht nur unerhebliche Hilfsfunktionen ausüben (BAGE 48, 365, 371 = AP Nr. 42 zu § 613 a BGB, zu II 1 der Gründe; vgl. ferner Urteil vom 29. November 1988 – 3 AZR 250/87 – NZA 1989, 425, zu I 1 der Gründe). Handelte es sich, wovon das Berufungsgericht ausgeht, bei den Bereichen Bestandspflege und Vertrieb um solche Teileinheiten, und sind diese auf die Beklagte übertragen worden, so ist damit der gesamte Betrieb der ADW auch dann nicht auf die Beklagte übergegangen, wenn diese Bereiche die ertragreichsten Betriebsteile darstellten und die ADW durch ihre Übertragung wirtschaftliche Nachteile erlitt. Stellte sie, wie das Berufungsgericht bindend festgestellt hat, mit dem bei ihr verbliebenen Bereich der wirtschaftlichen Beratung und der sonstigen Dienstleistungen noch eine funktionsfähige Einheit dar, so ist diese nicht auf die Beklagte übergegangen. Wie sie finanziell ausgestattet blieb, ist für die Frage des Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 1 BGB unerheblich.

c) Ohne Erfolg bleibt deshalb die – dem materiellen Recht zuzuordnende – Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe Beweislastgrundsätze verletzt.

In dem von ihr angezogenen Urteil vom 5. Mai 1985 – 5 AZR 276/84 – (BAGE 48, 345, 349 = AP Nr. 41 zu § 613 a BGB, zu II 2 b der Gründe) hat das Bundesarbeitsgericht zwar ausgeführt, wenn der Arbeitnehmer darlege, daß der in Anspruch genommene Betriebserwerber die wesentlichen Betriebsmittel nach Einstellung des Geschäftsbetriebs des bisherigen Geschäftsinhabers verwende, um einen gleichartigen Geschäftsbetrieb zu führen, spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß dies aufgrund eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 613 a BGB geschehe. Diese Entscheidung ist aber nicht einschlägig. Sie enthält nur Beweisregeln zum Vorliegen eines Rechtsgeschäfts, wenn der neue Geschäftsinhaber wesentliche Betriebsmittel des bisherigen Geschäftsinhabers verwendet und einen gleichartigen Geschäftsbetrieb führt. Im vorliegenden Fall unterstellt das Berufungsgericht jedoch einen rechtsgeschäftlichen Übergang der Betriebsteile Bestandsverwaltung und Vertrieb von der ADW auf die Beklagte und stellt zugleich fest, daß die ADW einen andersartigen Geschäftsbereich fortgeführt hat, in dem der Kläger weiter tätig gewesen ist.

Das weiter angezogene Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. November 1984 – 3 AZR 584/83 – (BAGE 47, 206 = AP Nr. 38 zu § 613 a BGB) befaßt sich mit der Anwendung des § 613 a BGB bei treuhänderischer Übernahme aller wesentlichen Betriebsmittel eines notleidenden Unternehmens durch eine Auffanggesellschaft und ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles ebenfalls nicht einschlägig. Denn hier hat die Beklagte, wie ausgeführt, allenfalls Betriebsteile der ADW übernommen.

d) Ist somit weder der gesamte Betrieb der ADW noch ein Betriebsteil, für den der Kläger tätig gewesen ist, auf die Beklagte übertragen worden, so ist die Beklagte nicht gemäß § 613 a Abs. 1 BGB in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der ADW eingetreten. Nur auf diesem Wege hätte aber ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande kommen können. Deshalb ist die auf die Feststellung des Fortbestehens eines solchen Arbeitsverhältnisses und gegen die vorsorgliche Kündigung der Beklagten gerichtete Klage von den Vorinstanzen zu Recht für unbegründet angesehen worden.

 

Unterschriften

Hillebrecht, Triebfürst, Bitter, Dr. Wolter, Mauer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI732497

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